TE Vfgh Erkenntnis 1985/10/15 B545/78, B395/83

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Veröffentlicht am 15.10.1985
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Index

32 Steuerrecht
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
UStG 1972 §10 Abs2 Z4

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 10620/1985

Leitsatz

UStG 1972; Aufhebung des Bescheides aus dem Grunde der Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes nach Aufhebung des §10 Abs2 Z4 als verfassungswidrig - Anwendung dieses Gesetzes als nachteilig nicht ausgeschlossen

Spruch

Die Bf. ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. erließ im Instanzenzug an die Bf., welche Eigentümerin eines Weingärten umfassenden Gutsbetriebes ist, Umsatzsteuerbescheide für 1975 und 1976. Sie nahm darin in bezug auf §10 Abs2 Z4 UStG 1972 (hier und im folgenden ist stets die Stammfassung des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223, gemeint) den Standpunkt ein, daß für die Besteuerung der Umsätze mit dem höheren Steuersatz der Stichtag des (innerhalb des Veranlagungszeitraums oder nach dessen Ablauf zugestellten) Einheitswertbescheides maßgebend ist, gemäß dem ein bisher unter

S 250000 liegender Einheitswert der weinbaumäßig genutzten Fläche diesen Wert übersteigt. Die Ansicht der Bf. (welcher ein solcher Einheitswertbescheid auf den 1. 1. 1975 am 14. September 1976 zugestellt worden war), daß die in der bezogenen Gesetzesstelle umschriebene Wirkung erst mit der Zustellung des Einheitswertbescheides herbeigeführt werde, hielt die Abgabenbehörde demnach für verfehlt.

II. §10 Abs2 UStG 1972 bestimmt Fälle, in denen sich die Umsatzsteuer vom Normalsteuersatz auf 8 vH der Bemessungsgrundlage ermäßigt, darunter für

"4. die Lieferungen und den Eigenverbrauch von Wein aus frischen Weintrauben (Nummer 22.05 B des Zolltarifes), der innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes im Inland erzeugt wurde, soweit der Einheitswert der weinbaumäßig genutzten Fläche 250.000 S nicht übersteigt und der Erzeuger den Wein im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes liefert ..."

Aus Anlaß der beiden Beschwerden, welche gegen die Abgabenbescheide erhoben wurden, leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in der wiedergegebenen Vorschrift enthaltenen Worte "die Lieferungen und" ein und hob in der Folge diese Gesetzesstelle mit dem am 10. Oktober 1985 gefällten Erk. VfSlg. 10620/1985 auf. Der Gerichtshof ging hiebei von jener Auslegung der geprüften Vorschrift aus, welche der Ansicht der Bf. entspricht, und lehnte die entgegenstehende Auffassung der Finanzlandesdirektion ab.

III. Die Beschwerden sind im Ergebnis berechtigt.

Die bel. Beh. traf ihre Entscheidungen unter Zugrundelegung der als verfassungswidrig befundenen Gesetzesstelle. Nach der Lage der Beschwerdefälle ist es im Hinblick auf den Inhalt des Gesetzesprüfungserkenntnisses nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich die Anwendung der nunmehr aufgehobenen Gesetzesstelle für die Bf. als nachteilig erweist (s. hiezu VfSlg. 10303/1984).

Es war sohin auszusprechen, daß die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B545.1978

Dokumentnummer

JFT_10148985_78B00545_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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