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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / PrüfungsmaßstabBeachte
in den Entscheidungsgründen ebenso B631/83 vom selben TagLeitsatz
ArbeiterkammerG; Recht auf Zugehörigkeit zur Kammer für Arbeiter und Angestellte gemäß §5 Abs1 litd und Abs2 lita - verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht iS des Art144 B-VG; negative Feststellung der Arbeiterkammerzugehörigeit des beim Bauhof der Gemeinde beschäftigten Bf. gemäß §5 Abs2 lita; Bauhof der Gemeinde hier keine vom Gemeindeamt abgesonderte organisatorische Einheit - kein Betrieb iS des §5 Abs1 litd; gesetzmäßige Entscheidung, daß Bf. nicht kammerzugehörig ist - keine Verletzung im Recht auf Zugehörigkeit zur ArbeiterkammerSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 26. August 1983, Z 31.417/77-V/3/83, wurde über einen Antrag des R W, W, vom 11. November 1982 dahin entschieden, daß dieser gemäß §5 Abs2 lita des Arbeiterkammergesetzes nicht der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tir. angehöre.
Dieser Bescheid wurde wie folgt begründet:
"R W hat mit Schreiben vom 11. November 1982 den Antrag gestellt, das Bundesministerium für soziale Verwaltung möge gemäß §5 Abs3 AKG entscheiden, daß er aufgrund seiner Beschäftigung in einem Betrieb der Gemeinde W zugehörig zur Arbeiterkammer für Tirol sei. Er stellte diesen Antrag unter Bezugnahme auf eine dem Antrag beigeheftete Mitteilung der Arbeiterkammer, in der diese ihm ihre Auffassung über die Nichtzugehörigkeit zur Kammer bekanntgab, weil er vom Gemeinderat als Dienstnehmer bei der Gebietskrankenkasse angemeldet wurde und somit dem Personalstand einer Dienststelle angehöre, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist.
Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat zu diesem Antrag zunächst eine Stellungnahme der Gemeinde W eingeholt, in der um Bekanntgabe der dienstrechtlichen Stellung sowie des genauen Tätigkeitsbereiches von R W ersucht wurde. Ferner sollten allenfalls die Umstände mitgeteilt werden, aufgrund derer der Betroffene als nicht dem Personalstand des Gemeindeamtes angehörig zu betrachten ist.
Die Gemeinde W hat hiezu mit Schreiben vom 11. Jänner 1983 folgendes mitgeteilt:
Der Antragsteller wurde im Bauhof der Gemeinde ab 1. September 1952 als Elektriker angestellt, mit 1. Jänner 1963 in das Vertragsbedienstetenverhältnis übernommen und hat seit 1. Jänner 1978 die Funktion eines Stellvertretenden Leiters des Gemeindebauhofes inne. Der Gemeindebauhof ist eine betriebsähnliche Einrichtung, in der derzeit 15 Personen vollbeschäftigt und 3 Personen teilzeitbeschäftigt sind. Aufgaben des Gemeindebauhofes sind die Betreuung der Gemeindestraßen, der öffentlichen Beleuchtung, der öffentlichen Grünanlagen, der öffentlichen Wasserversorgung samt Wasserwerk, der öffentlichen Kanalisation samt Klärwerk und die Vornahme kleinerer Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten an den gemeindeeigenen Objekten. Dem Bauhofpolier obliegt es, die anfallenden Arbeiten auf die einzelnen Bediensteten zu verteilen, ihre Ausführung zu überwachen und die notwendigen Büroarbeiten (Material- und Stundenaufschreibung) vorzunehmen.
Die Gemeinde W gibt in ihrer Stellungnahme auch ihre Auffassung über die Rechtsnatur des Bauhofes bekannt. Demnach sei der Bauhof eine betriebsähnliche Einrichtung und seine Bediensteten seien, wenn auch dem Personalstand des Gemeindeamtes zugehörig, zumindest weit überwiegend nicht in Vollziehung der Gesetze tätig. Sie seien demnach in den Personenkreis einzureihen, der gemäß §5 Abs1 litd des Arbeiterkammergesetzes kammerzugehörig ist. Dies sei auch bis in die letzte Zeit von der Arbeiterkammer durch die Entgegennahme der Arbeiterkammerbeiträge anerkannt worden.
Die Arbeiterkammer hat zu dem Antrag von R W und zu der Äußerung der Gemeinde W im wesentlichen folgende Stellungnahme abgegeben:
Die Feststellung der Arbeiterkammerzugehörigkeit der Arbeitnehmer von Gemeinden sei deshalb schwierig, weil §5 Abs1 litd AKG keine Umschreibung des Begriffes 'Betrieb' treffe, sodaß auf die Begriffsbestimmung des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) zurückgegriffen werden müsse. Von einer 'organisatorischen Einheit' im Sinne des §34 Abs1 ArbVG könne nur dann gesprochen werden, wenn die betreffende Arbeitsstätte organisatorisch selbständig ist und von anderen Arbeitsstätten bzw. Dienststellen unabhängig ist. Es sei daher in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob der 'Betrieb' einer Gemeinde soweit von der Gemeindeverwaltung losgelöst und als organisatorische Einheit verselbständigt ist, daß von einem Betrieb im Sinne des §5 Abs1 litd AKG gesprochen werden kann. Den Gegenpol zu §5 Abs1 litd AKG bilde nämlich §5 Abs2 lita AKG und es seien die in einem 'Gemeindebetrieb' tätigen Arbeitnehmer dann dem 'Personalstand einer Dienststelle' (Gemeindeamt) zuzuordnen, wenn der 'Betrieb' organisatorisch mit dem Gemeindeamt verbunden ist und keine organisatorische Selbständigkeit besitzt.
Die ersten Anhaltspunkte für die rechtliche Beurteilung des Bauhofes ergeben sich bereits aus der rechtlichen Darstellung der Gegebenheiten der Gemeinde W. Im Schreiben der Gemeinde W werde zweimal betont, daß der Gemeindebauhof lediglich eine 'betriebsähnliche Einrichtung' ist und es werde weiters klargestellt, daß die Bediensteten 'dem Personalstand des Gemeindesamtes zugehörig' sind.
Die Arbeiterkammer verneine nach Überprüfung der örtlichen Gegebenheiten und Verhältnisse die Arbeiterkammerzugehörigkeit der im Bauhof beschäftigten zwölf Arbeitnehmer, und zwar deshalb, weil für den Bauhof kein eigener verantwortlicher Leiter bestellt wurde. Die Leitung des Bauhofes erfolge vielmehr durch das Bauamt der Gemeinde, also im Bereich der Hoheitsverwaltung der Gemeinde. Das Bauamt der Gemeinde bestimme die einzelnen Bauprojekte bzw. Arbeiten und kaufe auch das Material und die Arbeitsgeräte ein. Es sei mit zwei Bautechnikern besetzt und es wäre in der Praxis völlig undenkbar, daß der Bauhof organisatorisch selbständig neben dem Bauamt tätig ist. Der Bauhof sei vielmehr soweit in das Gemeindeamt integriert, daß die im Bauhof beschäftigten Arbeitnehmer gemäß §5 Abs2 lita AKG nicht arbeiterkammerzugehörig seien.
Da sich weder aus den Stellungnahmen der Parteien noch aus der Äußerung der Gemeinde W eine für die rechtliche Beurteilung ausreichende Sachverhaltsdarstellung ergab, fand am 13. Juli 1983 im Gemeindeamt W ein Augenschein gemäß §54 AVG statt.
Aufgrund der Befragung der Gemeindevertreter und des Antragstellers ergibt sich im wesentlichen folgende Sachverhaltsdarstellung:
Die Gemeinde W verfügt bis 1970 über einen Bauhof, in dem bis zu 60 Leute beschäftigt waren. Dieser Bauhof wurde als eigener Betrieb mit selbständiger Buchhaltung geführt. Mit der Äußerung der Umsatzsteuergesetzgebung wurden die Aktivitäten des Bauhofes stark eingeschränkt und in die Gemeindeorganisation integriert. Wenn auch die Tätigkeiten und damit das Personal (derzeit 14 Arbeitnehmer ohne Klärwerk) stark reduziert wurden, so ist die seinerzeitige Betriebsstruktur gleichgeblieben.
Im Bauhof sind derzeit folgende Abteilungen bzw. Gruppierungen mit einem bestimmten Aufgabenbereich zusammengefaßt:
1.
Straßenbeleuchtung
2.
Gärtnerei
3.
Wasserleitungen
4.
Klärwerk
5.
Straßenbau
6.
Straßenreinigung
Bezüglich der Kosten dieser Abteilungen des Bauhofes gibt es keine Betriebsabrechnung, sondern die beim Einsatz von Arbeitnehmern des Bauhofes für andere Abteilungen entstandenen Kosten (sowohl Sach- als auch Personalkosten) werden jeweils jener Kostenstelle zugerechnet, für die diese Arbeiten geleistet wurden. Bezüglich der Kostenstellen verwendet die Gemeinde W das allgemein für Gemeinden vorgesehene Haushaltsplanschema.
Bezüglich der internen Organisation der unter dem Begriff Bauhof zusammengefaßten Gruppen wurde folgendes festgestellt:
Die Leitung des Bauhofes obliegt dem als zweiten Baumeister in der Bauverwaltung tätigen Ingenieur S W. Neben der Leitung des Bauhofes ist er noch mit der Durchführung von Kollaudierungen und dem gelegentlichen Erstellen von Plänen und Entwürfen für die Gemeinde befaßt. Er ist Stellvertreter des Leiters der Abt. II, Bauverwaltung, Baumeister Ing. E T. Dieser ist gleichzeitig Leiter der Referate IIa (Bauamt) und IIb (Bau- und Feuerpolizei). Das im Rahmen der Abteilung Bauverwaltung geführte Referat IIc (Gemeindeeinrichtungen und Betriebe) dem der Bauhof zugeordnet ist, leitet der Chef der Abt. II, Bauverwaltung, Ing. T selbst. Im Falle seiner Abwesenheit leitet der Chef der Abt. II, Bauverwaltung Ing. T, auch das Referat IIc und somit den Bauhof. Die von Ing. W vorgenommenen Kollaudierungen werden im Rahmen des Referates IIb (Bau- und Feuerpolizei) ausgeführt. In der Abteilung II sind neben den beiden Baumeistern ein Verwaltungsangestellter (IIb) und eine Schreibkraft (für alle Referate) tätig.
R W, der früher Leiter der Gruppe Straßenbeleuchtung war und auch heute noch kostenstellenmäßig dort geführt wird, ist Stellvertreter des Ing. W. W obliegt vor allem die Verwaltung des Materiallagers und die Materialverrechnung. Er ist wie Ing. W berechtigt, Bestellscheine bis zum Wert von S 1.000,- zu unterfertigen, sofern es sich um Ausgaben im Rahmen der ordentlichen Gebarung handelt. Für Ausgaben über S 1.000,- ist in jedem Fall die Unterschrift des Bürgermeisters (oder dessen Vertreters) erforderlich. Für Ausgaben, die den außerordentlichen Aufwand betreffen, ist nach der Geschäftsordnung bis zum Ausmaß von S 30.000,- der Gemeindevorstand zuständig, darüber hinaus ist ein Beschluß des Gemeinderates erforderlich.
W ist ferner für die Kontrolle und Abrechnung der Stundenzettel verantwortlich. Bei den Stundenzetteln handelt es sich um Aufzeichnungen, die jeder einzelne Arbeitnehmer über die Art und das Ausmaß seiner Verwendung bei einem Arbeitseinsatz führen muß. Die Stundenzettel dienen der kostenmäßigen Zuordnung der Arbeiten.
W obliegt ferner die Erstellung der Monatsberichte, die aufgrund der tatsächlichen Arbeitstunden der Arbeitnehmer zusammengestellt werden und die für die Verrechnungsstelle der Gemeinde die Grundlage der Lohnverrechnung sind.
W nimmt an den gemeinsamen Morgenbesprechungen unter der Leitung von Ing. W teil, in denen die Dispositionen für die Tagesarbeit getroffen werden. Infolge der geringen Besetzung der einzelnen Gruppen ist es bei größeren Arbeiten einer Gruppe notwendig, daß von den anderen Gruppen mitgeholfen wird.
Der Aufgabenbereich der einzelnen Gruppen gliedert sich wie folgt:
Im Bereich der Straßenbeleuchtung werden alle Arbeiten, und zwar sowohl die Instandhaltung als auch Errichtung neuer Anlagen einschließlich der Mastensetzung, selbst durchgeführt. Bei Neuanlagen ist die Bewilligung durch den Gemeinderat erforderlich, die Disposition, wann die Arbeiten durchgeführt werden, trifft Ing. W.
Im Straßenbau hingegen werden keine Errichtungsarbeiten und auch keine größeren Ausbesserungen durchgeführt. Der Bauhof verfügt daher auch über keinen großen Maschinenpark. Erforderlichenfalls werden Maschinen angemietet oder mit Frächtern gearbeitet. Den Einsatz solcher Frächter verfügt Ing. W. Die Gruppe befaßt sich hauptsächlich mit der Erhaltung von geschotterten Straßen oder mit kleineren Arbeiten, z.B. der Sicherung und Beseitigung von Hangrutschungen. Im Winter ist die Gruppe hauptsächlich mit der Straßenreinigung (Schnee-, Eisbeseitigung) befaßt. Im Jahresdurchschnitt ist die Gruppe ungefähr zu 30% für andere Gruppen des Bauhofes oder sonstige Abteilungen tätig.
Die Gärtnerei verfügt über ein eigenes Gewächshaus, in dem aber Blumen nur für den Eigenbedarf gezogen werden. Die Gruppe hat alle Grünanlagen der Gemeinde, vor allem aber das Freibad, gärtnerisch zu betreuen.
Das Wasserwerk wird aus eigenen Quellen gespeist. Die Betreuung der Quellfassungen, des Hochbehälters sowie der Schutzgebiete gehört ebenso zu den Aufgaben wie die Vornahme von Hausanschlüssen. Die Rohrverlegungen werden grundsätzlich von Firmen durchgeführt.
Die Kanalisation wird im Rahmen der Gruppe Straßenbau betreut, wozu sowohl die Netzverlegungen als auch die Reinigung (Druckspülen) gehört, zumeist allerdings unter Beiziehung von Firmen.
Sonstige Arbeiten im Gemeindebereich, wie etwa Transportarbeiten von Einrichtungsgegenständen, Mithilfe bei Veranstaltungen, werden ebenfalls von den Arbeitnehmern des Bauhofes, vornehmlich von der Gruppe Straßenbau, durchgeführt.
Die Feststellungen des Berichtes wurden der Arbeiterkammer sowie zusammen mit den übrigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens (Stellungnahme der Arbeiterkammer bzw. Äußerung der Gemeinde Wattens) dem Antragsteller zur Äußerung übermittelt.
Während die Arbeiterkammer keine Äußerung abgab, nahm der Antragsteller, der infolge der Einbringung einer Säumnisbeschwerde durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung. Er wies bezüglich des Sachverhaltes zunächst darauf hin, daß die Zahl der im Bauhof Beschäftigten nicht wie die Arbeiterkammer behauptete, 12 Arbeitnehmer betrage, sondern 15 Voll- und 3 Teilzeitbeschäftigte. Sicherlich richtig sei, daß die Bediensteten des Bauhofes, wenn auch dem Personalstand der Gemeinde zugehörig, nur zum geringsten Teil in Vollziehung der Gesetze tätig sind. Auch die Tätigkeit des Leiters des Bauhofes, Ing. W mit hoheitlichen Aufgaben im Rahmen des Bauamtes sei durch die nicht vollständige Auslastung als Bauhofleiter bedingt. Der von der Gemeinde in ihrer Stellungnahme verwendete Begriff der betriebsähnlichen Einrichtung bedeute nicht, daß kein selbständiger Betrieb vorliegt, sondern es sollte damit lediglich der Unterschied zu anderen Betrieben des Privat- und Handelsrechts, insbesonders hinsichtlich der Aufgabenstellung und der wirtschaftlichen Gebarung, zum Ausdruck gebracht werden. Die Reduzierung des Beschäftigtenstandes des Bauhofes von rd. 60 Leuten im Jahre 1970 auf nunmehr 15 Personen (und drei Teilzeitbeschäftigte) sei nicht in der Änderung der Umsatzsteuergesetze sondern im Konjunkturrückgang begründet. Die Betriebsstruktur sei aber gleichgeblieben und die Zusammenlegung der Buchhaltung aus rechnerischen Gründen hindert nicht daran, daß es sich beim Bauhof um einen eigenen, selbständigen Betrieb handle. Der Bauhof sei daher nicht in das Gemeindeamt integriert, sondern stelle eine eigene Betriebsstätte dar.
Im Hinblick darauf, daß die Säumnisbeschwerde bereits im Zeitpunkt der Vornahme des Augenscheins zugestellt war, wäre nach Ansicht des Antragstellers sein ausgewiesener Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter zu diesem Augenschein zu laden gewesen. Die Unterlassung stelle einen Verfahrensmangel dar, weshalb der Antragsteller die neuerliche Durchführung des Augenscheins unter Beiziehung des ausgewiesenen Vertreters beantragt.
Aufgrund des abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens hat das Bundesministerium für soziale Verwaltung folgendes erwogen:
Der persönliche Geltungsbereich des Arbeiterkammergesetzes ist in §5 geregelt. In Abs1 sind in einer beispielsweisen Aufzählung Wirtschaftszweige sowie verschiedene Berufsgruppen und Betriebsarten aufgezählt, die die Arbeiterkammerzugehörigkeit der dort beschäftigten Dienstnehmer bedingen.
In Abs2 des §5 hingegen sind in einer ausschließlichen Aufzählung jene Gruppen von Arbeitnehmern enthalten, die nicht den Arbeiterkammern angehören. Von diesen Gruppen kommen für die Beurteilung nur die unter lita erster Halbsatz angeführten Dienstnehmer von Gebietskörperschaften, die dem Personalstand einer Dienststelle angehören, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist und bei einer solchen Dienststelle verwendet werden, in Frage.
Demnach müssen für das Vorliegen dieser Ausnahmebestimmung drei Voraussetzungen gegeben sein: Zum einen muß der Betreffende Dienstnehmer einer Gebietskörperschaft sein, zum zweiten muß er dem Personalstand einer Dienststelle angehören, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist; und letztlich muß er bei einer solchen Dienststelle verwendet werden.
Das Vorliegen der ersten Voraussetzung ist beim Antragsteller, der Dienstnehmer der Gemeinde W ist, unbestritten.
Auch das Vorliegen der zweiten Voraussetzung steht nach Auffassung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung außer Zweifel. Aus der Äußerung der Gemeinde W vom 11. Jänner 1984 geht sowohl hervor, daß sich der Antragsteller im Vertragsbedienstetenverhältnis zur Gemeinde befindet als auch, daß er dem Personalstand des Gemeindeamtes zugehört. Diese Angaben wurden auch durch die Aussagen im Augenschein vom 13. Juli 1983 bestätigt. Es bedarf keiner besonderen Beweisführung, daß das Gemeindeamt als vollziehende Dienststelle der Gebietskörperschaft 'Gemeinde' als eine Dienststelle anzusehen ist, die in Vollziehung der Gesetze tätig ist.
Aufgrund der im Verfahren von den Parteien dargelegten unterschiedlichen Auffassungen über die Struktur und die Rechtsnatur der als Bauhof der Gemeinde W bezeichneten Organisationseinheit bzw. Organisationseinheiten und ihrem (ihren) Zusammenhang mit dem Gemeindeamt bedarf es hingegen einer eingehenden Prüfung, ob und in welcher Weise der Bauhof als eine vom Gemeindamt losgelöste und unabhängige eigene Dienststelle oder als ein eigener Betrieb anzusehen ist, sodaß die dort beschäftigten Dienstnehmer als nicht bei der in Vollziehung tätigen Dienststelle, dem Gemeindeamt, in Verwendung stehend anzusehen sind.
Der beim Augenschein vorgelegte Auszug aus dem 'Verwaltungsgliederungsplan gemäß Okt. II/2 (1) der Geschäftsordnung des Gemeindeamtes W' zeigt eine Gliederung des Gemeindeamtes in drei Abteilungen: Abt. I Hauptverwaltung mit einer Reihe von Ämtern, wie Zentralamt, Meldeamt, Standes- und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten udgl. Die Abt. II Bauverwaltung umfaßt drei Ämter (oder von den beim Augenschein anwesenden Gemeindevertretern auch Referate genannt), und zwar das Bauamt (IIa), das Amt IIb betreffend Bau- und Feuerpolizei sowie das Referat IIc, Gemeindeeinrichtungen, Betrieb. Diese im letztgenannten Verwaltungsgliederungsplan zwar mit dem Zeichen 'Außenstelle' eingetragene Verwaltungseinheit weist aber selbst mehrere 'Außenstellen' als Untergliederung auf, und zwar 'Bauhof und Gärtnerei', 'Wasser- und E-Werk' sowie 'Klärwerk'.
Als dritte Abteilung führt der Verwaltungsgliederungsplan die Finanzverwaltung an.
Aus dieser Gliederung allein könne, insbesondere im Hinblick auf die Bezeichnungen 'Betriebe' und 'Einrichtungen', das Bestehen selbständiger Organisationseinheiten nicht verneint werden, wobei im Hinblick auf die beispielsweise Aufzählung des §5 Abs1 AKG bezüglich der Begriffe 'Betrieb' oder 'Anstalt' bei sogenannten 'betriebsähnlichen Einrichtungen' eine extensive Interpretation vertretbar wäre.
Untersucht man aber eine Reihe von Kriterien, die als Merkmale für das Vorliegen eines eigenen und selbständigen Gebildes angesehen werden können, so treffen diese in W nur in untergeordnetem Maße auf die als Bauhof bezeichnete Organisationsform zu. Solche Kriterien wären vor allem eine eigene Verwaltung und Buchhaltung sowie ein eigener Leiter, ferner die Tatsache einer eigenen Kosten- und Abrechnungseinheit im Haushaltsplan.
Der Bauhof - sowohl als Zusammenfassung der im Verwaltungsgliederungsplan genannten drei Außenstellen als auch als Zusammenfassung der im Augenschein als Gruppen genannten Untergliederungen Straßenbau, Straßenbeleuchtung und E-Werk, Gärtnerei, Wasserwerk, Kanalisation und Klärwerk - besitzt weder eine eigene Buchhaltung noch eine eigene Verwaltung. Die vom Antragsteller betreute Materiallagerverwaltung und Materialverrechnung ist ebenso nur als ein - nicht sehr wesentlicher - Teil einer die gesamte Organisationseinheit betreffenden Verwaltung anzusehen, wie auch die vom Antragsteller vorgenommene Kontrolle und Abrechnung der Stundenzettel nur einen kleinen Teil der Buchhaltungsaufgaben ausmacht. Besonders gravierend als Hinweis für die Unselbständigkeit des Bauhofes, ja selbst des gesamten Referates IIc, muß die eingeschränkte finanzielle Verfügungsgewalt der mit der 'Leitung' des Bauhofes betrauten Personen angesehen werden. Acuh bei Ausgaben im Rahmen der ordentlichen Gebarung, d.h. Ausgaben, die den Rahmen des Haushaltsplanes nicht überschreiten, haben sowohl der Leiter des Referates IIc (ja selbst der Leiter der Abteilung II) als auch der Antragsteller als dessen Vertreter nur die Befugnis, Bestellscheine bis zum Betrag von S 1.000,- zu unterfertigen; für darüber hinausgehende Beträge ist bereits die Unterschrift des Bürgermeisters (Stellvertreters), also eines Organwalters der Gebietskörperschaft, erforderlich.
Auch die Konstruktion der Leitung des Bauhofes zeigt deutlich die organisatorische Verzahnung mit der Dienststelle Gemeindeamt, der die Abteilung II, Bauverwaltung, ohne Zweifel angehört. Der aufgrund seiner Funktion als Leiter des Referates IIc (Gemeindeeinrichtungen, Betriebe) - und nicht unabhängig davon - mit einer Leitung der als Bauhof bezeichneten Organisationseinheiten betraute Ing. W ist nicht nur hinsichtlich seiner sonstigen Tätigkeiten im Rahmen der Bauverwaltung (wobei die Kollaudierungen auf jeden Fall in den Bereich der Hoheitsverwaltung fallen) dem Leiter der Abteilung II, Bauverwaltung, Ing. T, unterstellt; dieser übt vielmehr auch die Leitungsfunktion bezüglich der Bauhofagenden aus. Wenngleich Ing. W in der Leitung der Bauhofagenden im wesentlichen selbständig ist, so ergibt sich aus dem Umstand, daß Ing. T automatisch - als Leiter der Abteilung II - an Abwesenheit von Ing. W den Bauhof tatsächlich leitet und nicht der als Stellvertreter von Ing. W bezeichnete Antragsteller, der Hinweis auf die organisatorische Integration in die Abteilung II und damit in die Dienststelle Gemeindeamt. Auch die Hinweise in der Stellungnahme des Antragstellers vom 16. August 1983, wonach der Leiter des Bauhofes die Tätigkeiten im Bauamt (Kollaudierungen udgl.) nur nebenbei durchführe, erscheinen daher zur Stützung der Meinung, der Bauhof sei ein selbständiger Betrieb, ebensowenig geeignet, wie der Hinweis, die Zusammenlegung der Buchhaltung betreffe nur rechnerische Gründe.
Auch aus den übrigen Sachverhaltsfeststellungen lassen sich keine konkreten Hinweise entnehmen, die zur Annahme führen könnten, die im Rahmen der als Bauhof bezeichneten Organisation tätigen Personen, und damit auch der Antragsteller, fänden in einer vom Gemeindeamt getrennten Dienststelle (Betrieb, Anstalt udgl.) Verwendung.
Die für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des §5 Abs2 lita erster Halbsatz AKG erforderlichen Voraussetzungen sind daher beim Antragsteller gegeben."
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Zugehörigkeit zur Kammer für Arbeiter und Angestellte und weiterer nicht näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der Bundesminister für soziale Verwaltung erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der VfGH hat in seinem Erk. VfSlg. 3415/1958 ausgesprochen, daß durch die Verfassungsbestimmungen des §5 Abs1 litd und Abs2 lita des BG vom 19. Mai 1954, BGBl. 105, über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und den österreichischen Arbeiterkammertag (Arbeiterkammergesetz-AKG) verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte iS des Art144 B-VG eingeräumt worden seien. Er hat keinen Anlaß, unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles von dieser Ansicht abzugehen.
2. Der Bf. macht die Verletzung der durch diese Verfassungsbestimmungen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte geltend. Er äußert in diesem Zusammenhang die Ansicht, daß bei der Prüfung, ob eine Ausnahme iS des §5 Abs2 lita AKG vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen sei, während Abs1, in dem die Zugehörigkeit zur Arbeiterkammer umschrieben sei, weitherzig auszulegen sei. Nur diejenigen Dienstnehmer, die im Amte der Gebietskörperschaften tätig seien, seien ungeachtet, welche Arbeit sie verrichten, vom Wirkungsbereich des AKG ausgeschlossen. In den Kommentaren zum AKG würde auf die kleinen Gemeinden hingewiesen, die zur Betreuung ihrer eigenwirtschaftlichen Aufgaben keinen eigenen Betrieb, zB Bauhof, eingerichtet hätten. Die Gemeinde W habe jetzt und auch schon 1970 einen eigenen Bauhof (gehabt). Der Unterschied liege nur in der Reduzierung des Personalstandes und im Wegfall einer eigenen kompletten Buchhaltung. Diese Änderungen hätten dem Bauhof nicht den Charakter eines eigenen Betriebes genommen. Nicht entscheidend sei, daß dem Bauhof nur eine finanzielle Verfügungsgewalt über 1000 S im Einzelfall zukomme. Das Schwimmbad in
W werde als eigener Betrieb beurteilt, weil ein Bademeister bestellt werden müsse und eine eigene Kasse bestünde. Daraus sei ersichtlich, daß die Betriebseigenschaft willkürlich beurteilt werde. Hiebei seien wohl parteipolitische Gründe im Spiele. Zur Beurteilung des Begriffes Betrieb sei vom Sprachgebrauch auszugehen, nicht aber von den im Umsatzsteuergesetz oder im Betriebsverfassungsgesetz enthaltenen Umschreibungen. Die Gemeinde W selbst vertrete die Auffassung, daß es sich bei ihrem Bauhof um einen selbständigen Betrieb handle. Entgegen der Rechtsansicht der bel. Beh. seien nicht alle Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß §5 Abs2 lita AKG erfüllt. Die Tätigkeit in einem Bauhof sei eindeutig keine hoheitliche. Im Zweifel sei die Kammerzugehörigkeit zu bejahen. Da der Bf. lange Zeit der Kammer angehört habe, müßten schwerwiegende Gründe vorliegen, die eine Änderung rechtfertigten. Der Ausschluß von der Kammerzugehörigkeit bedeute für den Bf. einen großen Nachteil. Er werde daher durch den angefochtenen Bescheid in schwerwiegendem Maß in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.
3. Gemäß §5 Abs1 litd AKG, der als Verfassungsbestimmung erlassen wurde, gehören den Arbeiterkammern alle Dienstnehmer an, die insbesondere in Betrieben und Anstalten von Gebietskörperschaften (Bund, Bundesländern, Gemeindeverbänden und Gemeinden) beschäftigt sind, ohne Rücksicht darauf, ob das Dienstverhältnis auf privatrechtlichem Vertrag oder auf einem Hoheitsakt beruht. Entsprechend der Verfassungsbestimmung des §5 Abs2 lita AKG gehören Dienstnehmer von Gebietskörperschaften, die dem Personalstand einer Dienststelle angehören, die in Vollziehung der Gesetze tätig sind und bei einer solchen verwendet werden, der Kammer nicht an. Die im Beschwerdefall entscheidende Rechtsfrage besteht daher darin, ob der Bf. dem Personalstand des Gemeindeamtes W angehört und bei diesem verwendet wird oder ob er in einem - davon abgesonderten Betrieb der Gemeinde W beschäftigt ist. Daß das Gemeindeamt W in Vollziehung der Gesetze tätig ist, bestreitet der Bf. nicht. Dies ist offenkundig der Fall. Der Bf. behauptet weiters nicht, daß für den Bauhof oder für einen Teil davon ein vom Personalstand des Gemeindesamtes W gesonderter Personalstand bestünde. Er vermag auch nicht darzutun, daß die Leitung des Bauhofes von der Leitung der Geschäfte des Gemeindeamtes getrennt wäre. Er räumt selbst ein, daß die Verfügungsgewalt der Bediensteten des Bauhofes selbst in finanzieller Hinsicht sehr beschränkt ist. Jede größere Ausgabe bedarf der Genehmigung des Bürgermeisters als Vorstandes des Gemeindeamtes. Er behauptet auch nicht, daß das Personal des Bauhofes etwa von Bediensteten desselben aufgenommen würde. Auch die Warenbeschaffung für den Bauhof ist offensichtlich dem Gemeindeamt übertragen. Unter diesen Umständen fällt es schwer, den Bauhof der Gemeinde W als einen vom Gemeindeamt W abgesonderten Betrieb anzusehen, mag der Begriff des Betriebes nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach §34 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. 22/1974, betrachtet werden. Der VfGH hat übrigens - im Gegensatz zum Bf. - keine Bedenken, den im §2 AKG verwendeten Begriff des Betriebes entsprechend §34 des Arbeitsverfassungsgesetzes auszulegen, wonach als Betrieb jede Arbeitsstätte gilt, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder setzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Aus den oben genannten Gründen kann der VfGH den Bauhof der Gemeinde W weder nach der Darstellung der bel. Beh. noch nach jener des Bf. als eine vom Gemeindeamt W getrennte organisatorische Einheit sehen. Daher liegt ein Betrieb iS des §5 Abs1 litd AKG vor. Ist der Bf. aber nicht in einem Betrieb der Gemeinde W beschäftigt, der organisatorisch vom Gemeindeamt W getrennt ist, so hat die bel. Beh. zu Recht entschieden, daß der Bf. nicht kammerzugehörig ist. Ob der Bauhof der Gemeinde W früher allenfalls ein eigenständiger Betrieb war oder ob das Schwimmbad der Gemeinde W zu Recht als Betrieb der Gemeinde W zu beurteilen ist, ist für die Lösung der Frage der Kammerzugehörigkeit des Bf. im angefochtenen Bescheid unerheblich. Die Entscheidung der bel. Beh. ist gesetzmäßig. Der Bf. ist im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Zugehörigkeit zur Arbeiterkammer nicht verletzt.
4. Bei der Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Bescheides (s. II.3) kommt die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht in Frage (vgl. zB VfSlg. 9383/1982 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsmaßstab, Arbeiterkammern, Rechte verfassungsgesetzlich gewährleisteteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B629.1983Dokumentnummer
JFT_10148984_83B00629_00