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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
MRK Art6Beachte
in den Entscheidungsgründen ähnlich B518/82, B170/83, B197/83, B199/83, B296/83, B21/84, B162/84, B384/84, B387/84 und B843/84, alle vom 28. November 1985 sowie B551/84 vom 9. Dezember 1985Leitsatz
Tir. GVG 1970 (1983); Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc nach Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten; hier Grundverkehrsreferent ein dienstlich vorgesetzter Beamter des Berichterstatters der Landesgrundverkehrsbehörde - Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal gemäß Art6 MRKSpruch
Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal iS des Art6 MRK verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Kaufvertrag vom 24. September 1981 erwarben die Bf. von H J
P die Gp. ... im Ausmaß von 24471 Quadratmeter aus der Liegenschaft
EZ ... KG Fügen, geschlossener Hof B, um einen Kaufpreis von
3000000 S.
1.2. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Fügen vom 27. November 1981 wurde der Eigentumsübertragung an die Bf. gemäß §3 Abs1 lita des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. 4/1971 idF LGBl. 6/1974 - als wiederverlautbarte Rechtsvorschrift laut Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) bezeichnet - die Zustimmung erteilt.
1.3. Der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 3. August 1982 Folge gegeben und der beabsichtigten Eigentumsübertragung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc des Grundverkehrsgesetzes 1970 die Zustimmung versagt.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH mit Beschl. vom 1. März 1985 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 gemäß Art140 Abs1 B-VG ein.
Mit Erk. des VfGH vom 17. Oktober 1985, G68/85 ua., wurde ausgesprochen, daß die vorzitierten Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.
4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. In dem eben zitierten Erk. vom 17. Oktober 1985 schloß sich der VfGH der im Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. Oktober 1984 im Rechtsfall Sramek geäußerten Rechtsansicht an. Er vertritt ebenso wie der Europäische Gerichtshof die Auffassung, daß das Tätigwerden eines Mitgliedes der Tir. Landesgrundverkehrbehörde, das in seiner Eigenschaft als Beamter des Amtes der Tir. Landesregierung dem beamteten Grundverkehrsreferenten und damit einer Partei des Verfahrens dienstlich untersteht, unter besonderen Umständen, wie sie im Fall Sramek - iS einer das Vertrauen in die Kommission beeinträchtigenden besonderen Verflechtung zwischen Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde (und damit eines Tribunals) und Grundverkehrsreferent - vorlagen, mit der Verfassungsbestimmung des Art6 MRK unvereinbar ist.
Im Beschwerdefall liegen die gleichen Umstände vor wie im Fall Sramek. Insbesondere war der Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde Beamter der Abt. IIIb 3 des Amtes der Tir. Landesregierung; Grundverkehrsreferent war Dr. D S, Vorstand der Gruppe III, und damit, wie sich aus der damals maßgeblichen Geschäftseinteilung des Amtes der Tir. Landesregierung (laut V des Landeshauptmannes vom 14. November 1978, LGBl. 21/1979) ergibt, ein dienstlich vorgesetzter Beamter des Berichterstatters der Landesgrundverkehrsbehörde Gemäß §2 der zitierten Geschäftseinteilung waren nämlich die Abt. Ic, IIIa 1, IIIa 2, IIIb 1, IIIb 2, IIIb 3 und IIIc in der Gruppe III zusammengefaßt, sodaß zwischen beiden Beamten eine besonders enge Beziehung - mit hierarchischer Überordnung des als Partei des Verfahrens agierenden Grundverkehrsreferenten - bestand.
Der angefochtene Bescheid war aufzuheben, weil er die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal verletzt hat.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Kollegialbehörde, Tribunal, LandesgrundverkehrsreferentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B489.1982Dokumentnummer
JFT_10148983_82B00489_00