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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z9Leitsatz
KFG 1967; im Instanzenzug "im Auftrag der Landesregierung" verhängte Verwaltungsstrafe wegen Begehung einer Übertretung nach §102 Abs1; Entzug des gesetzlichen Richters durch gesetzwidrige Inanspruchnahme der ZuständigkeitSpruch
Der Bf ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 26. April 1983 wurden über den Bf. "wegen Begehung zweier Verwaltungsübertretungen nach §101 Abs1 lita KFG 1967 "iVm. §134 Abs1 KFG 1967 Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) verhängt. Über die vom Bf. dagegen erhobene Berufung erging der vom Amt der Nö. Landesregierung ausgefertigte, unter "NÖ Landesregierung Im Auftrage" von einem Beamten unterschiebene Bescheid vom 31. Mai 1983, mit dem der Berufung hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben wurde. Es wurde aber das schuldhafte Verhalten des Bf. neu umschrieben; danach habe der Bf. ein KFZ in Betrieb genommen, ohne sich, obwohl dies zumutbar gewesen wäre, davon überzeugt zu haben, ob das von ihm zu lenkende KFZ und der mit diesem zu ziehende Anhänger hinsichtlich der Beladung der Vorschrift des §101 Abs1 lita KFG 1967 entspreche. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach §102 Abs1 KFG 1967 begangen. An Stelle der Geldstrafen von 3000 S und 2000 S wurde über den Bf. eine Geldstrafe von 3000 S (Ersatzarreststrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt.
2. Gegen den Bescheid vom 31. Mai 1983 richtet sich die unter Berufung auf Art144 Abs1 B-VG gerichtete Beschwerde, in der der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
3. Mit Schreiben vom 12. Dezember 1983 (das unter: "NÖ Landesregierung Im Auftrage" von einem Beamten unterfertigt ist) wurden die Verwaltungsakten vorgelegt. Es wurde mitgeteilt, daß auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet wird.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
Die Erlassung des Bescheides vom 31. Mai 1983 ist zufolge seiner Unterfertigung durch einen Landesbeamten im Auftrage der Nö. Landesregierung an Stelle des nach der Bundesverfassung zur Besorgung der Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung - zu denen das Kraftfahrwesen gehört - zuständigen Landeshauptmannes der Landesregierung zuzurechnen. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Bescheid vom Landeshauptmann erlassen und lediglich aus einem Versehen im Auftrage der Landesregierung und nicht im Auftrage des Landeshauptmannes unterfertigt worden wäre. Die Nö. Landesregierung hat für die Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen ist. Dadurch wurde der Bf. iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. VfSlg. 10244/1984). Der Bescheid war daher aufzuheben.
Schlagworte
Kompetenz Bund - Länder Kraftfahrwesen, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B653.1983Dokumentnummer
JFT_10148879_83B00653_00