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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb Ausübung nicht erfolgteLeitsatz
Art144 Abs1 B-VG; Drohung mit einer Anzeige ist keine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt VfGG 1953; Wegfall des Beschwerdegegenstandes im Falle der Feststellung der Rechtswidrigkeit der auch beim VwGH angefochtenen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch diesen GerichtshofSpruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Abnahme und das Einbehalten des Führerscheines und gegen die Abnahme von zwei Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines wendet, zurückgewiesen.
Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Begründung
Begründung:
I. Die vorliegende Beschwerde wendet sich gegen folgende, von Organen der Bundespolizeidirektion Wien verfügte Maßnahmen, die vom Bf. als in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangene Verwaltungsakte gewertet werden:
1. "Die Abnahme und das Einbehalten des (dem Beschwerdeführer) am
11. 11. 1981 abgenommenen Führerscheines ... bis zum 10. 12. 1984";
2. "die durch Ausübung von Zwang erwirkte Abgabe der
Kennzeichentafeln W ... und des Zulassungsscheines hiezu am 31. 10.
1984 und deren Nichtwiederherausgabe am 5. 11. 1984";
3. "die Festnahme in den Räumen des Verkehrsamtes Wien und zwangsweise Überstellung am 5. 11. 1984 in den Polizeiarrest";
4. "die Teilvollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Stunde am 5. 11. 1984 und deren Nichtanrechnung auf die Geldstrafe" sowie
5. "die zwangsweise Einhebung" bestimmter, von der Bundespolizeidirektion Wien über ihn verhängter Geldstrafen.
Der Bf. behauptet, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf persönliche Freiheit verletzt worden zu sein. Er beantragt, diese Rechtsverletzungen kostenpflichtig festzustellen.
II. Der Bf. hat wegen desselben Sachverhaltes beim VwGH eine Parallelbeschwerde eingebracht, in der er überdies gegen eine am 28. Oktober 1984 unter der Drohung, eine Anzeige wegen Urkundenunterdrückung zu erstatten, erfolgte mündliche Aufforderung, zwei Kennzeichentafeln und einen Zulassungsschein herauszugeben, Beschwerde erhob.
1. a) Der VwGH hat mit Beschl. vom 5. Juli 1985, Z 84/11/0309 die Beschwerde in Ansehung des zuletzt erwähnten Beschwerdebegehrens und der oben unter I.1. und 2. als in Beschwerde gezogen erwähnten Verwaltungsakte zurückgewiesen.
b) Der VfGH kommt, soweit diese Amtshandlungen auch bei ihm bekämpft werden, zum gleichen Ergebnis wie der VwGH:
aa) Die - am 9. Dezember 1984 zur Post gegebene - Beschwerde gegen diese behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 11. November 1981 war allein schon wegen Ablaufs der sechswöchigen Beschwerdefrist des §82 Abs1 VerfGG als verspätet zurückzuweisen.
bb) Die weiters in Beschwerde gezogene "durch Ausübung von Zwang erwirkte Abgabe" der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines stellen keine in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangenen Verwaltungsakte dar: Zwar hat der VfGH wiederholt erkannt (zB VfSlg. 8569/1979), daß die Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines derartige nach Art144 Abs1 zweiter Satz B-VG bekämpfbare Verwaltungsakte seien. Selbst nach den Beschwerdebehauptungen übten hier jedoch die Behördenorgane gegenüber dem Bf. keine Befehls- und Zwangsgewalt. Vielmehr behauptet der Bf., daß ihm am 28. Oktober 1984 Organe der Bundespolizeidirektion Wien mit der Erstattung einer Anzeige wegen Urkundenunterdrückung gedroht hätten, wenn er die Kennzeichentafeln und den Zulassungsschein der Behörde nicht ausfolge. Eine derartige Androhung ist nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten (vgl. VfSlg. 9125/1981). Da in dieser Hinsicht gegen den Bf. keine weiteren behördlichen Schritte unternommen worden waren, kann die am 31. Oktober 1984 gesetzte Maßnahme nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden. Die Beschwerde war daher in diesem Umfang wegen Unzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
cc) Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb und lita VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
2. a) Der VwGH hat mit Erk. vom 26. September 1985, Zlen. 85/02/0004, 0238, 0239, "die jeweils durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien am 5. November 1984 erfolgte Festnahme und Überstellung des Beschwerdeführers zu Zwecken des Strafvollzuges in Angelegenheiten der Straßenpolizei und des Kraftfahrwesens, der daraufhin vorgenommene teilweise Vollzug einer Ersatzarreststrafe und der im Zusammenhang damit ausgeübte Zwang, Geldstrafen zu bezahlen, für rechtswidrig erklärt".
b) Dieselben Verwaltungsakte werden beim VfGH in Beschwerde gezogen (I.3., 4. und 5.).
Der VfGH steht in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt, daß im Falle der Aufhebung eines auch beim VwGH angefochtenen Bescheides durch den VwGH der Beschwerdegegenstand weggefallen und dies den in §19 Abs3 Z2 (Seit dem BG BGBl 353/1981: §19 Abs3 Z3) VerfGG genannten Einstellungsgründen gleichzuhalten sei. Das Verfahren ist daher in diesen Fällen einzustellen und Kosten nicht zuzusprechen (vgl. VfSlg. 9209/1981 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).
Diese Erwägungen gelten auch - wie der VfGH in dem soeben zitierten Beschluß dargetan hat - für den Fall, daß der VwGH den auch bei ihm bekämpften, in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangenen Verwaltungsakt als rechtswidrig festgestellt hat. Im Beschl. VfSlg. 9209/1981, dem ein dem vorliegenden Fall gleicher Sachverhalt zugrundelag, wird dazu ausgeführt:
Ziel der Beschwerden an die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sei die Feststellung, durch das Vorgehen der bel. Beh. in Rechten verletzt worden zu sein, sowie die allfällige Beseitigung des sich daraus ergebenden rechtswidrigen Zustandes. Wenn eine Person denselben Verwaltungsakt sowohl beim VwGH als auch beim VfGH bekämpft und der VwGH der Beschwerde stattgegeben hat, habe sie das erwähnte Ziel erreicht. Der Bf. könne durch ein Erk. des VfGH iS seines Antrages nicht günstiger gestellt werden, als durch das bereits ergangene Erk. des VwGH. An dem vom Bf. beim VfGH beantragten Erk. kann, nachdem der VwGH bereits iS des Antrages des Bf. entschieden hat, kein rechtliches Interesse mehr bestehen.
Der VfGH bleibt bei dieser Rechtsprechung.
In diesen Punkten war daher das Verfahren einzustellen.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, VfGH / ParallelbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B911.1984Dokumentnummer
JFT_10148878_84B00911_00