TE Vfgh Erkenntnis 1985/11/22 B127/82

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Veröffentlicht am 22.11.1985
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
Oö GVG 1975 §4 Abs1, §4 Abs4

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; keine Zuständigkeit des VfGH, einen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, auch nicht in Fällen, in denen die Zuständigkeit des VwGH zufolge Art133 Z4 B-VG ausgeschlossen ist Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Eigentumsüberganges aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches gemäß §4 Abs1 und 4; auf fachkundige Äußerungen (Bericht der Bezirksbauernkammer) aufbauend vertretbare Annahme, daß der Abverkauf die Betriebsstruktur des nach seiner Struktur an der Grenze der selbständigen Existenzfähigkeit befindlichen Betriebes entscheidend verändern würde; es ist nicht völlig verfehlt, den die Betriebsstruktur im allgemeinen betreffenden Umständen größeres Gewicht beizumessen als der gegenwärtigen konkreten Bewirtschaftungssituation; keine Verletzung im Eigentumsrecht

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 23. November 1981 versagte die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung der aufgrund des vor dem Kreisgericht Wels abgeschlossenen Vergleichs erfolgten Übertragung des Eigentumsrechtes durch M R an die Verlassenschaft nach dem Rechtsvorgänger der Bf. die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Die Landesgrundverkehrskommission begründete diese Entscheidung nach einem Hinweis darauf, daß sie das Ermittlungsverfahren der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden durch Einholung eines Berichtes der Bezirksbauernkammer Gmunden und einer Auskunft der Agrarbezirksbehörde Gmunden ergänzt habe, im wesentlichen folgendermaßen:

"Der landwirtschaftliche Betrieb der M R umfaßt ungefähr 11,7 ha land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen, wovon 4,66 ha auf Wald und der Rest auf Gründland entfällt. In dieser Fläche ist auch die verkaufte Almfläche von ungefähr 1,72 ha enthalten. Frau R bewirtschaftet diesen Betrieb hauptberuflich und hat derzeit einen Viehstand von insgesamt 7,7 GVE und zwar nach der Betriebszählung 1979. Angesichts der Kleinheit dieses Betriebes gefährdet der Abverkauf einer Fläche von ungefähr 1,72 ha die bisherige Betriebsstruktur. Die Käuferin hat ein Aufforstungsansuchen gestellt, das derzeit in zweiter Instanz behandelt wird. Ausgehend von diesen Feststellungen hat die Bezirksgrundverkehrskommission dem Rechtsgeschäft zutreffend die Genehmigung nicht erteilt. Der Betrieb der Verkäuferin wird derzeit als landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb geführt und befindet sich nach seiner Struktur an der Grenze einer selbständigen Existenzfähigkeit. Beim festgestellten Ausmaß der zu diesem Betrieb gehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen würde der Abverkauf von fast 2 ha, wovon der größte Teil auf Grünland entfällt, die Betriebsstruktur entscheidend verändern. Der in der Berufung erfolgte Hinweis auf §5 o.ö. GVG. 1975 ist daher nicht am Platz. Gerade die Veränderung der durch dieses Rechtsgeschäft bewirkten Besitzstruktur ist bei den derzeitigen Verhältnissen, bei denen noch nicht festgestellt werden kann, wie der Betrieb in Zukunft einmal weitergeführt werden soll, von entscheidender Bedeutung. Dies umso mehr, als eine besondere Zwangslage für die Veräußerung der gegenständlichen Grundstücke nicht geltend gemacht wurde und sohin davon auszugehen ist, daß zur Erhaltung des Betriebes der Abverkauf dieser Grundstücke nicht unumgänglich ist. Wird aber davon ausgegangen, daß für die Erhaltung des Betriebes der Verkäuferin die Erhaltung des derzeitigen Besitzstandes an landwirtschaftlichen Nutzflächen von wesentlicher Bedeutung ist, war auch die Frage, ob durch das Rechtsgeschäft eine zweckmäßige Besitzaufstockung des Betriebes der Erwerberin erfolgt, nicht von wesentlicher Bedeutung, wozu auch noch kommt, daß dafür auch die geplante Aufforstung wesentlicher Teile des Kaufobjektes spricht."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Bescheidaufhebung begehrt wird.

II. Die Beschwerde ist jedoch nicht berechtigt.

1. Wenn die Bf. den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen unrichtiger Rechtsanwendung bekämpft, so ist sie darauf hinzuweisen, daß der VfGH im Beschwerdeverfahren nach Art144 B-VG ausschließlich die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie Rechtsverletzungen infolge Anwendung rechtswidriger genereller Rechtsnormen wahrzunehmen hat, nicht aber dazu berufen ist, einen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen; dies auch nicht in Fällen, in denen - wie im vorliegenden - die Zuständigkeit des VwGH zufolge Art133 Z4 B-VG ausgeschlossen ist (VfSlg. 9454/1982).

2. a) Bei der - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - gegebenen und auch von der Bf. nicht in Zweifel gezogenen Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von ihr weiters geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur stattgefunden haben, wenn die Behörde das Gesetz in einer denkunmöglichen Weise angewendet hätte; ein solcher Fall läge nur dann vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 9693/1983). Davon kann hier aber nicht die Rede sein.

b) Nach §1 Abs1 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. 53, (im folgenden: Oö. GVG) bedarf ua. die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach dem Oö. GVG. Dem §4 Abs1 GVG zufolge müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Gemäß §4 Abs4 Oö. GVG dürfen Rechtsgeschäfte, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, nicht genehmigt werden.

Zur Beurteilung, ob ein Versagungsgrund iS der eben dargestellten Gesetzeslage gegeben ist, traf die Landesgrundverkehrskommission sowohl Sachverhaltsfeststellungen über die allgemeine Struktur des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Verkäuferin als auch solche über die gegenwärtige konkrete Bewirtschaftungssituation; sie stellte einerseits die Betriebsgröße sowie die Kulturgattung und Größe der Betriebsgrundstücke fest und andererseits den Viehstand gemäß der Betriebszählung 1979 sowie die Betriebsführung durch die Verkäuferin als landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Wenn die bel. Beh. den Schluß zog, daß der Abverkauf von rund 2 ha die Betriebsstruktur des der Struktur nach an der Grenze der selbständigen Existenzfähigkeit befindlichen Betriebes entscheidend verändern würde, und aus diesem Grund einen Widerspruch zu den in §4 Abs1 Oö. GVG umschriebenen öffentlichen Interessen annahm, so liegt hierin weder in verfahrensmäßiger noch in materiellrechtlicher Hinsicht ein gravierender, in die Verfassungssphäre reichender Gesetzesverstoß. Hiebei ist nämlich einerseits zu beachten, daß die Landesgrundverkehrskommission, der von Gesetzes wegen ein landwirtschaftlicher Fachmann angehört (§18 Abs4 lite Oö. GVG) und der eine aus ihrer Praxis resultierende allgemeine Kenntnis landwirtschaftlicher Verhältnisse zugemutet werden muß (s. VfSlg. 10140/1984), ihre Sachverhaltsfeststellungen im wesentlichen aufgrund eines Berichtes der Bezirksbauernkammer Gmunden traf, also auf einer gewiß fachkundigen Äußerung aufbaute, andererseits aber, daß es bei der materiell-rechtlichen Wertung des angenommenen Sachverhalts jedenfalls nicht völlig verfehlt sein kann, den die Betriebsstruktur im allgemeinen betreffenden Umständen ein weitaus größeres Gewicht beizumessen als der gegenwärtigen konkreten Bewirtschaftungssituation. Von diesem Blickpunkt aus betrachtet, kommt der von der Bf. behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften aber keine Bedeutung zu, sodaß es nicht erforderlich ist, auf diese Behauptungen im einzelnen einzugehen. Denn diese Vorwürfe betreffen insgesamt nur Umstände, welche die augenblickliche Lage des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Verkäuferin betreffen, wie die Frage, ob die Kaufgrundstücke von der Verkäuferin derzeit tatsächlich bewirtschaftet werden und ob der verbleibende Teil des Betriebes allein auf wirtschaftliche Weise genutzt werden kann, ob die Verkäuferin erheblich verschuldet ist und dergleichen, können aber die (unter dem Aspekt des geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes) nicht zu beanstandende grundsätzliche Aussage über die Folgen des Abverkaufs für die Betriebsstruktur im allgemeinen nicht erschüttern.

3. Das Beschwerdeverfahren erbrachte auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt oder daß eine rechtswidrige generelle Rechtsnorm angewendet worden wäre.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B127.1982

Dokumentnummer

JFT_10148878_82B00127_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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