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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallBeachte
Anlaßfall zu VfSlg. 10601/1985Leitsatz
ASVG; Rechtsverletzung im Anlaßfall nach Aufhebung der Z6 in §49 Abs3 als verfassungswidrigSpruch
Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Bescheid der Sbg. Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte vom 11. Feber 1981 wurde der Bf. (Inhaber eines Tischlereibetriebes und eines Leichenbestattungsunternehmens) iS des §35 Abs1 ASVG gemäß §58 Abs2 ASVG "verpflichtet, die aufgrund der Prüfungsfeststellungen errechneten und mit Nachtragsberechnung vom 28. 11. 1980 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von
S 21.009,60 unverzüglich an die gefertigte Kasse zu entrichten".
In der Begründung des Bescheides wird unter Hinweis auf §49 Abs1 ASVG sowie auf den Umstand, daß vom Bf. nach seinen eigenen Angaben Buchhaltungsunterlagen oder Aufzeichnungen nicht geführt würden, ausgeführt, daß die Nachzahlung unter Zugrundelegung des für einen Dienstnehmer des Bf. bei einer Überprüfung niederschriftlich festgehaltenen Nettolohnes von 8500 S und des Sachbezugswertes der diesem Dienstnehmer vom Bf. zur Verfügung gestellten Dienstwohnung zu berechnen gewesen sei. Diese Berechnung habe einen monatlichen Bruttolohn von 12428,05 S für das Jahr 1978, 12110,60 S für das Jahr 1979 und 12297,95 S für das Jahr 1980 ergeben. Die von diesen Beträgen zu berechnenden Sozialversicherungsbeiträge seien dem Bf. zur Nachzahlung vorzuschreiben gewesen.
2. Gegen den Bescheid der Sbg. Gebietskrankenkasse vom 11. Feber 1981 erhob der Bf. Einspruch. In diesem wird insbesondere geltend gemacht, daß bei der Feststellung des Entgeltes des Arbeitnehmers des Bf. überhaupt nicht darauf Bedacht genommen worden sei, daß im Nettolohn beitragsfreie Zulagen in folgender Höhe enthalten seien:
"Werkzeuggeld 350,- monatlich,
Reisekostenentsch. (Transp.) 500,- monatlich,
Leichenzulage (10 Fälle) 296,- monatlich,
Infektionszulage 250,- monatlich."
Mit der Wohnungsbeihilfe von 30 S monatlich ergebe sich ein beitragsfreier Betrag von 1426 S.
3. Dem vom Bf. gegen den Bescheid der Sbg. Gebietskrankenkasse vom 11. Feber 1981 erhobenen Einspruch hat der Landeshauptmann von Sbg. mit dem Bescheid vom 27. April 1981 gemäß §§413 und 414 ASVG keine Folge gegeben. In der Begründung des Bescheides wird ua. folgendes ausgeführt:
"Soweit der Einspruchswerber Beitragsfreiheit nach §49 Abs3 Z2 und 6 ASVG geltend macht, ist festzustellen, daß der Einspruchswerber selbst nicht bestreitet und sogar im hieramtlichen Verfahren 3.07-10.337-79 ausdrücklich für sich geltend gemacht hat, daß für das von ihm betriebene Bestattungsunternehmen kein Kollektivvertrag beteht, sodaß die einschlägigen Befreiungsbestimmungen nicht zum Tragen kommen. Was die geltend gemachten Reisekostenentschädigungen anlangt, so entspricht ein regelmäßig gewährter Hinzurechnungsbetrag nicht der Bestimmung des §49 Abs3 Z1 ASVG, zumal nach dieser Bestimmung lediglich der Auslagenersatz beitragsfrei gestellt ist, nicht jedoch ein unter diesem Titel monatlich regelmäßig geleisteter Zuschlag."
4. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Sbg. vom 27. April 1981 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.
Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
II. Aus Anlaß der Beschwerde hat der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §49 Abs3 Z6 ("Werkzeuggelder, wenn sie auf Grund kollektivvertraglicher Regelungen gewährt werden;") des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. 189/1955, idF des Art1 Z5 lita der 19. Nov., BGBl. 67/1967, eingeleitet.
Mit dem Erk. G40/85 vom 4. Oktober 1985 hat er die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufgehoben.
III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid ist einem Einspruch des Bf. gegen einen Bescheid der Sbg. Gebietskrankenkasse nicht Folge gegeben worden, mit dem der Bf. verpflichtet worden war, die aufgrund der Prüfungsfeststellung errechneten und mit Nachtragsberechnung vom 28. November 1980 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 21009,60 S unverzüglich an diese Kassa zu entrichten (I. 1.). Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß nach der durch die Aufhebung der Z6 in §49 Abs3 ASVG bestimmten Rechtslage für den Bf. eine Änderung in der Vorschreibung zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen eintreten könnte (vgl. VfSlg. 10285/1984).
Der Bf. ist daher durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B276.1981Dokumentnummer
JFT_10148875_81B00276_00