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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Art83 Abs2 B-VG; schriftliche Mitteilung der Sektion Ingenieurkonsulenten der Ingenieurkammer, daß Überprüfung der Kanzlei des Bf. beschlossen wurde - kein Bescheid; durch zu Unrecht gefällte Sachentscheidung über die dagegen erhobene Berufung Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen RichterSpruch
Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bf. ist als Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen Mitglied der Sektion Ingenieurkonsulenten der Ingenieurkammer für Stmk. und Ktn.
Mit einem Schreiben vom 16. Juli 1984 teilte der Vorsitzende der Sektion Ingenieurkonsulenten dem Bf. mit, daß in der Sitzung der Sektion Ingenieurkonsulenten, Fachgruppe Vermessungswesen, vom 10. Juli 1984 nach Losentscheid die Überprüfung der Kanzlei des Bf. beschlossen worden sei.
Gegen dieses, von ihm als Bescheid gewertete Schreiben erhob der Bf. Berufung an den Landeshauptmann, der mit Bescheid vom 13. Feber 1985 keine Folge gegeben wurde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Bf. "in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person" sowie durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die bel. Beh. hat der Berufung gegen das angefochtene Schreiben des Vorsitzenden der Sektion Ingenieurkonsulenten vom 16. Juli 1984 keine Folge gegeben. In der Begründung des angefochtenen Bescheides legt sie dar, warum es sich bei diesem Schreiben um einen Bescheid handle und daß dieser Bescheid rechtmäßig ergangen sei. Die bel. Beh. hat damit eine Sachentscheidung getroffen.
Hiezu war aber die bel. Beh. nicht berechtigt.
Wie der VfGH in seinem Erk. VfSlg. 10368/1985 ausgeführt hat, handelt es sich bei derartigen Schreiben des Vorsitzenden der Sektion Ingenieurkonsulenten um keine Bescheide iS der Rechtsprechung des VfGH. Weder die äußere Form noch ihr am Ingenieurkammergesetz gemessener Inhalt lassen die Deutung zu, daß ihnen Bescheidcharakter zukommt. Aus diesem Grund hat der VfGH auch mit Beschl. vom 21. Juni 1985, B702/84, eine vom selben Bf. gleichzeitig mit der Berufung erhobene Beschwerde gegen das Schreiben, das den Gegenstand der bekämpften Berufungsentscheidung bildet, zurückgewiesen.
Die bel. Beh. wäre daher verpflichtet gewesen, diese Berufung zurückzuweisen, sie hat zu Unrecht eine Sachentscheidung gefällt. Hiedurch wird der Bf. nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 9407/1982, S 215, VfSlg. 8023/1977, 10134/1984, 10312/1984) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
2. Der angefochtene Bescheid war somit schon deshalb als verfassungswidrig aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden brauchte.
Schlagworte
Ingenieurkammer, BescheidbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B219.1985Dokumentnummer
JFT_10148875_85B00219_00