TE Vfgh Beschluss 1985/11/25 B806/84

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Veröffentlicht am 25.11.1985
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Index

10 Verfassungsrecht;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb Ausübung nicht erfolgte
B-VG Art144 Abs3
MRK Art3
VfGG §88

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; kein Nachweis für (behauptete) Mißhandlungen iS des Art3 MRK erbracht; kein tauglicher Beschwerdegegenstand; keine Abtretung an den VwGH

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH wird abgewiesen.

Der Bf. ist schuldig, dem Bund zu Handen der Finanzprokuratur die mit 16500 S bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Begründung:

1.1. F W begehrte in seiner mit Berufung auf Art144 Abs1 B-VG an den VfGH gerichteten - nachträglich eingeschränkten - Beschwerde die kostenpflichtige Feststellung, er sei am 18. Mai 1984 in Wien (Donauinsel) von Sicherheitswachebeamten durch Abgabe eines gezielten Pistolenschusses und tätliche Mißhandlungen (Knüppel- und Faustschläge, Fußtritte), demnach durch Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung erniedrigender Behandlung (Art3 MRK) verletzt worden. Hilfsweise wurde die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

1.2. Die durch die Finanzprokuratur vertretene Bundespolizeidirektion Wien als bel. Beh. legte die Administrativakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie für die Ab- bzw. Zurückweisung der Beschwerde eintrat.

2. Über die Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Der Bf. wurde mit (rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Oktober 1984, GZ 3c E Vr 8296/84-17, der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§15, 269 Abs1 StGB und der gefährlichen Drohung nach §107 Abs1 StGB schuldig erkannt und hiefür gemäß §269 Abs1 StGB unter Bezugnahme auf §28 Abs1 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Ihm fiel zur Last, am 18. Mai 1984 auf der Donauinsel in Wien den Polizeibeamten G B gewaltsam, nämlich durch Stoßen und Treten, an seiner Festnahme zu hindern versucht und überdies den Sicherheitswachebeamten G B mit Worten gefährlich bedroht zu haben. In den Urteilsgründen wird dargelegt, daß G B, der damals aus gegebenem Anlaß mit seinem Kollegen G Br. gegen den zunächst flüchtenden Bf. einschritt, keine gezielten Pistolenschüsse abfeuerte, sondern im Hinblick auf die nächtliche Finsternis bloß Signalschüsse abgab, um Verstärkung zu erhalten. Von den Beamten eingeholt, setzte sich der unter Alkoholeinfluß stehende Bf. gegen seine Festnahme zur Wehr; er mußte - nach den Urteilsannahmen - überwältigt werden.

Auch die Ergebnisse des vor dem VfGH durchgeführten Beweisverfahrens zeigen, daß von der Abgabe gezielter Schüsse nicht die Rede sein kann (Zeuge B). Was die weiteren Beschwerdepunkte betrifft (Verdacht des Vergehens der Körperverletzung - §83 StGB), sieht sich der VfGH in Prüfung und Würdigung aller Verfahrensergebnisse, insbesondere der - obschon nicht in jeder Hinsicht voll überzeugenden - Aussagen der Polizisten G Br. und G B nach Lage dieses Falls - keine Seite vermochte unbeteiligte und unbefangene Tatzeugen namhaft zu machen - nicht in der Lage, die in der Beschwerdeschrift angegebenen Mißhandlungen verschiedener Art als erwiesen anzunehmen, zumal der solche Übergriffe behauptende Bf. zur kritischen Zeit infolge Alkoholisierung in seiner Wahrnehmungsfähigkeit deutlich beeinträchtigt war.

Da demgemäß ein Nachweis für die bekämpften Vorgänge nicht erbracht ist, liegt der Anfechtung kein tauglicher Beschwerdegegenstand zugrunde. Die Beschwerde war darum schon allein aus dieser Erwägung als unzulässig zurückzuweisen.

2.2. Der Eventualantrag auf Beschwerdeabtretung an den VwGH gemäß Art144 Abs3 B-VG war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur für den nicht vorliegenden Fall einer ablehnenden Sachentscheidung des VfGH vorgesehen ist, nicht hingegen auch bei Zurückweisung einer unzulässigen Beschwerde (vgl. zB VfGH 30. November 1978 B530/78).

2.3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953:

Dem Bf. waren für die von der Finanzprokuratur namens der bel. Beh. in den zu den hg. AZ B543/84 (G S) und B806/84 (F W) protokollierten Beschwerdesachen gemeinsam erstattete Gegenschrift sowie für die in diesen Verfahren am 23. Mai und 11. Juni 1985 in Anwesenheit eines Vertreters der Prokuratur durchgeführten Beweistagsatzungen vor dem BG Floridsdorf anteilsmäßig Beträge von je 5500 S aufzuerlegen.

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Mißhandlung, VfGH / Abtretung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B806.1984

Dokumentnummer

JFT_10148875_84B00806_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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