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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art89 Abs2Beachte
Kundmachung am 24. April 1986, LGBl. für NÖ 8200/92-0/1986Leitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Antrag des VwGH auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit der "Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf"; Geltung des als Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes anzusehenden Teiles kommt nicht in Betracht; Verordnungscharakter des als vereinfachter Bebauungsplan geltenden Teiles; Geltung dieses Teiles; keine Darlegung durch den VwGH, welche Bestimmungen der Ortsbausatzungen iS des §57 Abs2 VfGG 1953 von ihm unmittelbar anzuwenden sind; Wahrnehmung der Voraussetzungen des Art139 Abs3 litc B-VG nur von Amts wegen; teilweise Zurückweisung mangels Präjudizialität Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf; keine öffentliche Kundmachung nach der Erteilung der Zustimmung gemäß §5 Nö. BauO 1883 durch die Bezirkshauptmannschaft; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Ortsbausatzungen zur GänzeSpruch
I. Der Antrag des VwGH, "festzustellen, daß die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 3. Juli 1964, betreffend Erlassung eines Regulierungsplanes (Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf) gesetzwidrig war, in eventu festzustellen, daß diese Verordnung bezüglich der Gründstücke Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110, KG Perchtoldsdorf, gesetzwidrig war", wird zurückgewiesen;
II. Die vom Gemeinderat der Marktgemeinde Perchtoldsdorf am 3. Juli 1964 beschlossenen, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 12. Jänner 1965 gemäß §5 der Bauordnung für NÖ, LGBl. 36/1883, genehmigten "Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf" waren, soweit sie im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 9. Juli 1980 als Bestimmungen eines vereinfachten Bebauungsplanes in Geltung gestanden sind, gesetzwidrig.
Die Nö. Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im LGBl. verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Beschl. vom 8. November 1983, A39/83, stellt der VwGH gemäß Art139 B-VG den Antrag, "festzustellen,
daß die V des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 3. Juli 1964, betreffend Erlassung eines Regulierungsplanes (Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf) gesetzwidrig war,
in eventu festzustellen, daß diese V bezüglich der Grundstücke Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110, KG Perchtoldsdorf, gesetzwidrig war,
in eventu festzustellen, daß §30 der Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf bezüglich der Grundstücke Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110, KG Perchtoldsdorf, gesetzwidrig war."
Der Antrag ist wie folgt begründet:
"In ihrer beim VwGH zur Zl. 82/05/0178 anhängigen Beschwerde bekämpfen die Beschwerdeführer einen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Oktober 1982, mit welchem ihre, in Angelegenheit der Erteilung einer Baubewilligung erhobene Vorstellung gegen einen letztinstanzlichen Gemeindebescheid - Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 9. Juli 1980 - als unbegründet abgewiesen, bzw., insoweit die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte behauptet wurde, als unzulässig zurückgewiesen wurde. Bei der Prüfung der Frage, ob Rechte der Beschwerdeführer - als Nachbarn - durch die Erteilung der Baubewilligung verletzt wurden, ging die Niederösterreichische Landesregierung davon aus, daß für die Frage der Zulässigkeit und des Ausmaßes einer Bauführung auf den Grundstücken Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110, inneliegend in EZ 6694, KG Perchtoldsdorf, die Ortsbausatzungen der Marktgemeinde Perchtoldsdorf, beruhend auf einem Beschluß des Gemeinderates vom 3. Juli 1964, maßgeblich seien. Diese Auffassung vertritt auch die Marktgemeinde Perchtoldsdorf als mitgeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in ihrer Gegenschrift an den VwGH. Der VwGH teilt die Auffassung der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei, daß die Bestimmungen dieser Ortsbausatzungen im Beschwerdefall von den Verwaltungsbehörden anzuwenden waren, hat doch die Gemeinde Perchtoldsdorf einen neuen Bebauungsplan nach der nunmehr in Geltung stehenden Bauordnung bis zur Erlassung ihres Berufungsbescheides nicht rechtswirksam kundgemacht, sodaß nach den Übergangsbestimmungen der NÖ Bauordnung (§120) den bisherigen Raumordnungsplänen weiterhin Rechtswirksamkeit zukam.
Im Zuge der durch den VwGH erfolgten Prüfung der Kundmachung der erwähnten Ortsbausatzungen legte die Marktgemeinde Perchtoldsdorf einen Nachweis über einen öffentlichen Anschlag in der Zeit vom 16. Oktober bis 6. November 1964 vor (im Akt findet sich ein Vermerk, daß der Anschlag erst am 10. November 1964 abgenommen worden ist), obwohl die zuständige Bezirkshauptmannschaft Mödling erst am 12. Jänner 1965 ihre nach der damaligen Rechtslage (§5 NÖ Bauordnung aus 1883) erforderliche Zustimmung erteilt hat.
Mit Verfügung vom 26. April 1983 ersuchte der VwGH die Marktgemeinde Perchtoldsdorf um Bekanntgabe, ob der vom Gemeinderat der Marktgemeinde Perchtoldsdorf am 3. Juli 1964 beschlossene Regulierungsplan (Ortsbausatzungen) nach der Zustimmung der Bezirkshauptmannschaft Mödling am 12. Jänner 1965 (gemäß §5 der damals geltenden Bauordnung für Niederösterreich) neuerlich kundgemacht worden ist, bzw. auf Grund welcher sonstiger Kundmachungen die Gemeindebehörde davon ausgeht, daß diesem Regulierungsplan Rechtswirksamkeit im Beschwerdefall zukam.
Der Bürgermeister der Marktgemeinde Perchtoldsdorf teilte zu dieser Anfrage mit Schreiben vom 17. Mai 1983 mit, daß der vom Gemeinderat der Marktgemeinde Perchtoldsdorf am 3. Juli 1964 beschlossene Regulierungsplan (Ortsbausatzungen) nach der Zustimmung der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 12. Jänner 1965 nicht neuerlich kundgemacht worden ist. Die Gemeindebehörde sei der Ansicht gewesen, daß auf Grund der damaligen Rechtslage und der Rechtsmeinung der Aufsichtbehörde den Ortsbausatzungen mit dem Zeitpunkt des Zustimmungserlasses der Bezirkshauptmannschaft die Rechtswirksamkeit zugekommen ist.
Nach den von der Marktgemeinde vorgelegten Verwaltungsakten und nach den Ausführungen in der Gegenschrift ist dieser Regulierungsplan (Ortsbausatzungen) mit Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 10. Dezember 1981 außer Kraft getreten. Der neue Bebauungsplan wurde durch Anschlag in der Zeit vom 14. Dezember bis 29. Dezember 1981 kundgemacht.
Auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage ergibt sich nach Auffassung des VwGH, daß der im Beschwerdefall noch anzuwendende Regulierungsplan (Ortsbausatzungen) deswegen gesetzwidrig kundgemacht worden ist, weil eine Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses bloß vor der nach §5 NÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 36/1883, erforderlichen Zustimmung der Bezirkshauptmannschaft dem Gesetz widersprach. (Der Bestimmung des §5 NÖ Bauordnung 1883 wurde erst durch das Vollwirksamwerden der Bestimmungen der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 über die Vollziehungszuständigkeiten in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde mit 31. Dezember 1965 derogiert. Vgl. Erkenntnis des VfGH vom 29. Juni 1973, Slg. Nr. 7101.)
Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen, daß 'die Erfüllung des Erfordernisses der Zustimmung durch die Bezirkshauptmannschaft bei der Kundmachung ausdrücklich festgestellt werden' muß und eine vorher erfolgte Kundmachung der Verordnung gesetzwidrig ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 2. Oktober 1972, Slg. Nr. 6843, und vom 22. Juni 1974, Slg. Nr. 7064). Da sich diese Gesetzwidrigkeit auf die gesamte Verordnung erstreckt (vgl. Art139 Abs3 litc B-VG), stellt der Verwaltungsgerichtshof den
Antrag,"
... (wie bereits einleitend angeführt) ...
2. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Perchtoldsdorf hat eine Äußerung erstattet, in der unter Berufung auf einen in den Amtlichen Nachrichten Nr. 17/1934 veröffentlichten Erlaß der Nö. Landesregierung vom 6. August 1934 über "Richtlinien für die Erstellung von Regulierungsplänen und für die Verbauung im allgemeinen sowie für das Vorgehen bei Abteilung eines Grundes auf Bauplätze" die Auffassung vertreten wird, daß eine Kundmachung eines Regulierungsplanes nach Erteilung der Genehmigung gemäß §5 der Nö. Bauordnung durch die Bezirkshauptmannschaft nicht erforderlich sei. Es liege die im Antrag des VwGH dargelegte Gesetzwidrigkeit der V des Gemeinderates vom 3. Juli 1964 nicht vor.
Hingegen hat die Nö. Landesregierung in ihrer Äußerung im Hinblick auf die umfangreiche Judikatur des VfGH zu ähnlich gelagerten Fällen (zB VfSlg. 3896/1961, 4292/1962, 4865/1964, 7064/1973, 7065/1973 und 7101/1973) mitgeteilt, von weiteren Ausführungen zur Frage der gesetzmäßigen Kundmachung der Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf Abstand zu nehmen.
II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. a) Die vom Gemeinderat am 3. Juli 1964 beschlossenen "Ortsbausatzungen der Marktgemeinde Perchtoldsdorf" entsprechen nach ihrem §1 "den im §5 der Bauordnung für N.Ö. festgelegten Begriffen des Regulierungsplanes". Nach §2 gliedern sich die Ortsbausatzungen in drei Teile. Der erste Teil umfaßt den Flächenwidmungsplan, der zweite Teil die Bebauungspläne im Maßstab 1:2500 und die dazu gehörigen Bauvorschriften und der dritte Teil die Teilbebauungspläne im Maßstab 1:1000.
Eine Geltung der als Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes anzusehenden Regelungen der Ortsbausatzungen (der erste Teil, enthaltend die §§3 bis 22) als vereinfachter Flächenwidmungsplan nach §24 Abs2 Nö. Raumordnungsgesetz, LGBl. 275/1968 idF §24 Abs2 Nö. Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. 8000-0 und §30 Abs4 des Nö. Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000-0, kommt jedenfalls seit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes für das Gebiet der Marktgemeinde Perchtoldsdorf nicht mehr in Betracht (zur Erlassung des am 14. Juni 1974 in Kraft getretenen Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vgl. VfSlg. 8280/1978).
Soweit die Ortsbausatzungen Regelungen der Bebauung zum Gegenstand haben (der zweite Teil, umfassend die §§23 bis 52; in der dem VfGH vorliegenden Ausfertigung sind Teilbebauungspläne nach dem dritten Teil nicht enthalten) gelten sie nach §120 Abs2 Nö. Bauordnung, LGBl. 166/1969 und §120 Abs1 der Nö. Bauordnung 1976, LGBl. 8200-1, bis zum Inkrafttreten eines Bebauungsplanes nach den §§3 bis 7 der Nö. Bauordnung 1976 als vereinfachter Bebauungsplan, dem nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8119/1977, 8330/1978, 9061/1981) der Rechtscharakter einer V iS des Art139 B-VG zukommt. Die (in diesem Sinne in den folgenden Ausführungen als Bestimmungen eines vereinfachten Bebauungsplanes anzusehenden) Ortsbausatzungen sind - wie aus der Begründung des Antrages des VwGH hervorgeht - mit Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 10. Dezember 1981 außer Kraft getreten (29. Dezember 1981). Sie standen aber im Zeitpunkt der Erlassung des in einer Angelegenheit der Erteilung einer Baubewilligung ergangenen Berufungsbescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 9. Juli 1980 in Geltung. Sie haben damit, da es Aufgabe der Vorstellungsbehörde ist, den bei ihr angefochtenen gemeindebehördlichen Bescheid an der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung dieses gemeindebehördlichen Bescheides zu messen (vgl. VfSlg. 9575/1982), auch eine Rechtsgrundlage für die Abweisung der gegen den Bescheid des Gemeinderates erhobenen Vorstellung mit dem beim VwGH angefochtenen Bescheid der Nö. Landesregierung vom 14. Oktober 1982 gebildet.
b) Der VfGH hält es aber für ausgeschlossen, daß bei der Abweisung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid durch den Bescheid des Gemeinderates vom 9. Juli 1980 die Ortsbausatzungen zur Gänze anzuwenden waren. Sie waren auch nicht insoweit, als sie sich auf die Grundstücke 2585/108, 2585/109 und 2585/110, KG Perchtoldsdorf, beziehen, zur Gänze anzuwenden. Ebenso ist bei der Erlassung des beim VwGH angefochtenen Bescheides eine Anwendung der Ortsbausatzungen zur Gänze nicht in Betracht gekommen. Demnach ist auch eine Anwendung der Ortsbausatzungen iS des Antrages des VwGH zur Gänze - auch bezüglich der angeführten Grundstücke - bei der Entscheidung des VwGH über die bei ihm anhängige Beschwerde ausgeschlossen.
Im Antrag des VwGH ist nicht näher dargelegt, welche Bestimmungen der Ortsbausatzungen von ihm in der anhängigen Rechtssache unmittelbar iS des §57 Abs2 VerfGG 1953 anzuwenden und damit für seine Entscheidung präjudiziell sind.
Nach Auffassung des VfGH ergibt sich aus §57 Abs2 VerfGG, daß sich der Antrag eines Gerichtes auch dann auf Aufhebung jener Bestimmungen einer V zu beschränken hat, die vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden sind, wenn die zur Begründung der Gesetzwidrigkeit einer V vorzubringenden Bedenken, soferne sie zutreffen, die Aufhebung der ganzen V iS des Art139 Abs3 litc B-VG zur Folge haben. Durch diesen Umstand wird nicht das Recht zur Antragstellung auf Aufhebung auch nicht präjudizieller Stellen einer V begründet, weil den Parteien eines Verfahrens ein Anspruch auf ein Vorgehen des VfGH nach Art139 Abs3 litc B-VG nicht zusteht; die Voraussetzungen des Art139 Abs3 litc B-VG sind nur von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VfSlg. 9260/1981).
Daraus folgt aber, daß sowohl der Antrag des VwGH, "festzustellen, daß die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 3. Juli 1964, betreffend Erlassung eines Regulierungsplanes (Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf) gesetzwidrig war," als auch der Eventualantrag, "festzustellen, daß diese Verordnung bezüglich der Grundstücke Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110 KG Perchtoldsdorf, gesetzwidrig war," mangels Präjudizialität als unzulässig zurückzuweisen ist.
c) Der VwGH hat den Eventualantrag gestellt, "festzustellen, daß §30 der Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf bezüglich der Grundstücke Nr. 2585/108, 2585/109 und 2585/110, KG Perchtoldsdorf, gesetzwidrig war".
Diese Bestimmung lautet:
"In den offen verbauten Gebieten sind nur Gebäude mit zwei Hauptgeschoßen gestattet; Dachgeschoße sind zugelassen, wenn sie den Charakter des Daches nicht wesentlich beeinträchtigen. Die verbaute Fläche darf einschließlich allfälliger Nebengebäude nicht mehr als 25% der Gesamtgrundfläche betragen. Im Gebiete mit beschränkter Bebauungsmöglichkeit (§10) beträgt sie 6%."
Da eine Feststellung, daß §30 der Ortsbausatzungen nur bezüglich der angeführten Grundstücke (nicht aber auch hinsichtlich der übrigen Grundstücke) gesetzwidrig war, nicht in Betracht kommen könnte, wertet der VfGH die Worte "bezüglich der Grundstücke ..." im Antrag des VwGH als Hinweis darauf, daß die Bestimmungen des §30 der Ortsbausatzungen bei der Beurteilung des auf diesen Grundstücken zu errichtenden Bauwerkes anzuwenden (präjudiziell) sind.
Es ist nichts hervorgekommen, was gegen diese Annahme des VwGH sprechen würde. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen ist der Antrag des VwGH auf Feststellung, daß §30 der Ortsbausatzungen gesetzwidrig war, zulässig.
III. Zur Sache hat der VfGH erwogen:
1. Nach den von der Nö. Landesregierung vorgelegten Verwaltungsakten der Bezirkshauptmannschaft Mödling über die Erlassung der Ortsbausatzungen von Perchtoldsdorf steht folgendes fest:
Die Bezirkshauptmannschaft Mödling hat mit Schreiben vom 25. September 1964 die vom Gemeinderat am 3. Juli 1964 beschlossenen und mit Schreiben vom 21. August 1964 der Bezirkshauptmannschaft zur Genehmigung gemäß §5 der Bauordnung für NÖ vorgelegten Ortsbausatzungen "zur Durchführung der öffentlichen Kundmachung rückgemittelt".
In einer am 16. Oktober 1964 angeschlagenen und am 10. November 1964 abgenommenen Kundmachung der Marktgemeinde Perchtoldsdorf wurde folgendes verlautbart:
"Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 3. Juli 1964 gemäß §5 der BO. für Niederösterreich den schriftlichen Teil der Ortsbausatzungen (Regulierungsplan) und die Bebauungspläne im Maßstab von 1:2500 beschlossen. Die Ortsbausatzungen und die Bebauungspläne werden zur allgemeinen Kenntnis durch 14 Tage im Bauamte der Marktgemeinde Perchtoldsdorf ... mit dem Bemerken aufgelegt, daß dagegen in der angegebenen Frist Einwendungen erhoben werden können."
Die Ortsbausatzungen wurden mit Schreiben vom 13. November 1964 neuerlich der Bezirkshauptmannschaft Mödling zur Genehmigung vorgelegt. Diese hat die Genehmigung mit Bescheid vom 12. Jänner 1965 gemäß §5 der Nö. Bauordnung aus 1883 erteilt.
Eine öffentliche Kundmachung der Ortsbausatzungen nach der Erteilung der Genehmigung ist nicht vorgenommen worden.
2. Wie sich aus den sowohl im Antrag des VwGH als auch in der Äußerung der Nö. Landesregierung angeführten Erk. ergibt, hat der VfGH wiederholt ausgesprochen, daß auf die zur Erlassung eines Regulierungsplanes nach §5 der Bauordnung für Nö, LGBl. Nr. 36/1883, erforderliche Zustimmung bei der Kundmachung des Regulierungsplanes ausdrücklich hinzuweisen ist. Eine vorherige Kundmachung des zustimmungsbedürftigen Aktes ist nicht als ordnungsgemäße Kundmachung anzusehen.
Der Mangel einer ordnungsgemäßen Kundmachung belastet die Ortsbausatzungen mit Gesetzwidrigkeit.
Da die V im Zeitpunkt der Fällung des Erk. des VfGH bereits außer Kraft getreten und da der VfGH zur Auffassung gelangt ist, daß die ganze V in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde, war iS des Art139 Abs3 litc und 4 B-VG auszusprechen, daß nicht nur die präjudiziellen Bestimmungen, sondern die Ortsbausatzungen zur Gänze gesetzwidrig waren.
3. Die Verpflichtung zur Kundmachung des Ausspruches über die Gesetzwidrigkeit ergibt sich aus Art139 Abs5 B-VG.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Regulierungsplan, Bebauungsplan, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Derogation materielle, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Antrag, Verordnung KundmachungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:V67.1983Dokumentnummer
JFT_10148797_83V00067_00