TE Vfgh Erkenntnis 1985/12/12 V58/85

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139a
Krnt LandschaftsschutzG
Krnt Landes-WiederverlautbarungsG §7
VfGG §58 Abs2

Beachte

Kundmachung am 30. April 1986, LGBl. für Ktn. 31/1986; Anlaßfall VfSlg. 10732/1985

Leitsatz

Art139a B-VG; neuerliche - berichtigende - Kundmachung der (voll rechtswirksamen) Wiederverlautbarungs-Kundmachung des Ktn. LandschaftsschutzG samt anliegendem Gesetzestext in Widerspruch zu §7 Ktn. Landes-WiederverlautbarungsG - Überschreiten der dadurch erteilten Ermächtigung; Aufhebung dieser (zweiten) Kundmachung

Spruch

Die Kundmachung der Ktn. Landesregierung vom 18. November 1980, LGBl. 29/1981, über die Wiederverlautbarung des Landschaftsschutzgesetzes, gefertigt und gegengezeichnet: "Der Landeshauptmann: Wagner - Der Landesamtsdirektor: Dr. Lobenwein", wird aufgehoben.

Die Ktn. Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im LGBl. verpflichtet.

Im übrigen wird das Prüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Ktn. Landesregierung wies mit dem im Instanzenzug erlassenen, inhaltlich auf §4 Abs5 und §4 Abs3 litc des Landschaftsschutzgesetzes 1981, LGBl. 29, sowie §13 Abs3 AVG gestützten Bescheid vom 15. September 1982 den Antrag des Beteiligten zurück, ihm (nachträglich) die Bewilligung zur Vergrößerung eines Badestegs und zur Errichtung eines Bootsbefestigungsstegs zu erteilen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B532/82 eingetragene VfGH-Beschwerde, in welcher der Beteiligte insbesondere die Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des Landschaftsschutzgesetzes 1981 behauptet.

II. Aus Anlaß dieses Beschwerdefalles beschloß der VfGH, gemäß Art139a B-VG von Amts wegen zu prüfen, ob bei der Wiederverlautbarung des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. für Ktn. 49/1969, durch die Kundmachung der Landesregierung vom 18. November 1980, LGBl. 29/1981, die Grenzen der erteilten Ermächtigung überschritten wurden. Dies begründete der Gerichtshof folgendermaßen:

"1. Zunächst geht der Gerichtshof davon aus, daß er bei der Entscheidung in der Beschwerdesache die vorhin angeführten Vorschriften des Landschaftsschutzgesetzes 1981 und demnach auch die entsprechende Wiederverlautbarungskundmachung der Kärntner Landesregierung anzuwenden hätte.

2. a) Die auf das Landes-Wiederverlautbarungsgesetz, LGBl. 24/1948, gestützte 'Kundmachung der Landesregierung vom 18. November 1980, Zl. Verf-843/1/1980, über die Wiederverlautbarung des Landschaftsschutzgesetzes' wurde in dem am 17. März 1981 ausgegebenen

11. Stück des Jahrganges 1981 des Landesgesetzblattes für Kärnten unter der Nummer 29 verlautbart; sie ist folgendermaßen gefertigt und gegengezeichnet: 'Der Landeshauptmann: Wagner - Der Landesamtsdirektor: Dr. Hauer'. Bei dieser Kundmachung wurde der Name des gegenzeichnenden Landesamtsdirektors falsch wiedergegeben (statt des bereits aus der Funktion geschiedenen Landesamtsdirektors Dr. Hauer wäre richtig der Name des gegenzeichnenden Landesamtsdirektors Dr. Lobenwein anzuführen gewesen) und es unterliefen auch weitere Druckfehler. Dies veranlaßte - wie von der Kärntner Landesregierung vorgebracht wird - die Druckerei, ein weiteres, gleich bezeichnetes Stück des Landesgesetzblattes herauszugeben. In diesem wurde der Name des gegenzeichnenden Landesamtsdirektors richtig angeführt und es wurden andere Druckfehler richtiggestellt, wobei diese Richtigstellungen jedoch nicht als solche gekennzeichnet wurden. Dieses neu gedruckte Stück des Landesgesetzblattes enthielt am Ende den Satz: 'Die durch die Druckerei versehene irrtümlich versendete fehlerhafte Ausgabe des 11. Stückes des Landesgesetzblattes wird durch diese richtiggestellte Ausgabe ersetzt.'; es wurde den Beziehern mit folgendem Beiblatt übermittelt:

'Austauschexemplar

Bedingt durch einen bedauerlichen Irrtum der Druckerei ergaben sich im Landesgesetzblatt für Kärnten (11. Stück 1981) sinnstörende Fehler.

Aufgrund dieser Fehler ersuchen wir Sie, das 11. Stück des Landesgesetzblattes durch diese Neuauflage zu ersetzen.'

b) Der Gerichtshof nimmt vorläufig an, daß dem geschilderten Vorgang, nämlich zunächst ein Landesgesetz der Wiederverlautbarung durch die Kärtner Landesregierung zu unterziehen und sodann die Wiederverlautbarungskundmachung samt anliegendem Gesetzestext nach der Verlautbarung im Landesgesetzblatt neuerlich kundzumachen, jegliche gesetzliche Grundlage fehlt. Nach §7 des Landes-Wiederverlautbarungsgesetzes werden Druckfehler in Wiederverlautbarungen von Rechtsvorschriften mittels Kundmachung der Landesregierung im Landesgesetzblatt berichtigt. Der von der Landesregierung in ihrer Gegenschrift (anscheinend im Hinblick auf die eben zitierte Vorschrift) gegebene Hinweis auf §4 des (zufolge Z22 der Anlage zum 1. Kärntner Rechtsbereinigungsgesetz, LGBl. 20/1982, von diesem Gesetz unberührt gebliebenen) Gesetzes über das Landesgesetzblatt für Kärnten, LGBl. 25/1948, geht wohl fehl. Gemäß diesem Paragraphen werden nachträgliche Vervielfältigungen der bereits erschienenen Stücke des Landesgesetzblattes in augenfälliger Weise als solche bezeichnet; mittlerweile erfolgte Berichtigungen sind beim Abdruck zu berücksichtigen, doch ist durch Fußnote auf die erfolgte Berichtigung zu verweisen. Im vorliegenden Fall ist nämlich weder das Druckstück als eine nachträgliche Vervielfältigung bezeichnet noch beruhen die vorgenommenen Änderungen des Textes auf Berichtigungen im Rechtssinn, nämlich auf einer gemäß §1 Abs3 erlassenen Kundmachung des Landeshauptmannes über die Berichtigung von Druckfehlern.

Zusammenfassend ergibt sich anscheinend, daß durch die zweifache Verlautbarung der Wiederverlautbarungskundmachung (samt anliegendem Gesetzestext) in der geschilderten Weise die durch das Landes-Wiederverlautbarungsgesetz erteilte Ermächtigung überschritten wurde."

III. Namens der Ktn. Landesregierung langte eine vom Landesamtsdirektor gefertigte Äußerung ein, die im Prüfungsverfahren jedoch nicht zu beachten war, weil ihr ein Beschluß der Landesregierung nicht zugrundeliegt. Aus der in Art139a letzter Satz B-VG angeordneten sinngemäßen Anwendung der Abs2 bis 6 im Art139 B-VG folgt, daß auch die das Verordnungsprüfungsverfahren betreffenden Bestimmungen des VfGH-Gesetzes im Prüfungsverfahren nach Art139a B-VG heranzuziehen sind, darunter §58 Abs2 VerfGG. Diese Vorschrift entspricht ihrem wesentlichen Inhalt nach dem für das Gesetzesprüfungsverfahren geltenden §63 Abs2 VerfGG und ist wie dieser auszulegen (vgl. VfSlg. 10690/1985 mit Bezugnahme auf VfSlg. 5573/1967).

IV. Der VfGH hat erwogen:

1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist unter Bedachtnahme auf die vom Amt der Ktn. Landesregierung übermittelten Verwaltungsakten sowie die Ausführungen des Regierungsvertreters in der mündlichen Verhandlung noch folgendes festzuhalten:

Das Amt der Landesregierung erteilte der Ktn. Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (im folgenden kurz: Druckerei) mit Schreiben vom 6. März 1981 den Auftrag zur Drucklegung der "29. Kundmachung:

Wiederverlautbarung des Landschaftsschutzgesetzes" mit dem Beifügen:

"Den Bürstenabzug wollen Sie der Abteilung 2 des Amtes der Landesregierung übermitteln". Bei der Drucklegung unterliefen mehrere Fehler, insbesondere wurde anstelle des Namens des am Original gegenzeichnenden Landesamtsdirektors Dr. Lobenwein der seines Amtsvorgängers Dr. Hauer angeführt. Infolge eines Versehens wurde das Druckstück von der Druckerei nicht zur Korrektur übermittelt, sondern ohne ein vorher einzuholendes "Imprimatur" versendet. Die Herausgabe und Versendung eines zweiten, Richtigstellungen (darunter die richtige Wiedergabe des Namens des gegenzeichnenden Landesamtsdirektors) enthaltenden Stücks des LGBl. wurde von einem Beamten des Fachdienstes des Amtes der Landesregierung fernmündlich bei der Druckerei veranlaßt; ein rechtskundiger Beamter war dabei nicht eingeschaltet.

2. In rechtlicher Hinsicht hält der VfGH zunächst die Klarstellung für geboten, daß der erste (mit der Gegenzeichnung "Der Landesamtsdirektor: Dr. Hauer" versehene) Kundmachungsakt voll rechtswirksam ist. Bei der gegebenen Lage kommt im internen Bereich, nämlich im Verkehr zwischen dem Amt der Landesregierung und der Druckerei, etwa unterlaufenen Fehlern keineswegs ein besonderes Gewicht zu, was aber für die Annahme einer völlig rechtsunwirksamen Kundmachung erforderlich wäre; ausschlaggebend ist vielmehr, daß der - auch die Absicht der alsbaldigen Publikation in sich schließende - für den Kundmachungsinhalt maßgebliche Willensakt des normgebenden Organs vorlag. Es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß der ständig betrauten Druckerei der Auftrag zur Drucklegung und Herausgabe an sich erteilt worden und daß bloß noch ein dem drucktechnisch-manipulativen Bereich zugehöriger Vorgang - Änderungen aufgrund korrigierter Bürstenabzüge - einzuhalten war.

3. Im folgenden geht der Gerichtshof auf jene (spätere) Kundmachung ein, die mit der Gegenzeichnung "Der Landesamtsdirektor: Dr. Lobenwein" versehen ist. Die Präjudizialität dieser Kundmachung ist gegeben, weil Gesetzesbestimmungen ihrer Anlage im Anlaßbeschwerdefall anzuwenden wären.

Der VfGH ist der Ansicht, daß der im Einleitungsbeschluß dargestellte Fehler der Rechtskontrolle im Weg des Art139a B-VG zu unterziehen ist. Der spätere Kundmachungsvorgang, insbesondere der Nachsatz am

Kundmachungsstück ("... wird durch diese richtiggestellte Ausgabe ersetzt.") und der Wortlaut des Beiblattes ("... ergaben sich ...

sinnstörende Fehler. Aufgrund dieser Fehler ersuchen wir Sie, das 11. Stück des Landesgesetzblattes durch diese Neuauflage zu ersetzen.") zeigen deutlich, daß materiell eine (Druck-)Fehlerberichtigung bezüglich der (ersten) Wiederverlautbarungskundmachung samt anliegendem Gesetzeswortlaut - unter vollständiger Textwiedergabe - vorliegt, die in Handhabung der verfassungsrechtlich eingeräumten Wiederverlautbarungsbefugnis, also formell als Wiederlautbarungskundmachung erfolgte. Ob eine nachweislich intendierte, im Landes-Wiederverlautbarungsgesetz aber an sich vorgesehene (Druck-)Fehlerberichtigung durch eine Wiederverlautbarung statthaft ist, ist eine Frage nach den formellen Grenzen der im Landes-Wiederverlautbarungsgesetz erteilten Ermächtigungen, die sohin im Rahmen des Art139a B-VG zu beantworten ist. Dem allfälligen Einwand, es handle sich um eine neuerliche Verlautbarung derselben Rechtsvorschrift, nämlich des von der Ktn. Landesregierung gefaßten Beschlusses über die Wiederverlautbarung des Landschaftsschutzgesetzes, sodaß es nicht um die Einhaltung der spezifischen Wiederverlautbarungsermächtigung gehe, wäre entgegenzuhalten, daß er einerseits die offen zutage liegende Absicht des zweiten Wiederverlautbarungsaktes außer Betracht läßt und andererseits dem Wortlaut des Art139a B-VG nicht gerecht wird, demzufolge nicht etwa über die - eingeschränkte - Frage zu erkennen ist, ob durch, sondern - über die wesentlich umfassendere - ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift die Grenzen der erteilten Ermächtigung überschritten wurden.

In meritorischer Hinsicht hegt der Gerichtshof keinen Zweifel daran, daß die durch das Landes-Wiederverlautbarungsgesetz erteilte Ermächtigung (bereits deshalb) überschritten wurde, weil nach §7 dieses Gesetzes eine Berichtigung von Druckfehlern in einer Wiederverlautbarung einer speziellen Kundmachung der Landesregierung bedarf, die sich inhaltlich auf die Fehlerberichtigung zu beschränken hat.

Es war sohin die (gesamte) mit der Gegenzeichnung "der Landesamtsdirektor: Dr. Lobenwein" versehene Kundmachung der Ktn. Landesregierung aufzuheben.

Der Ausspruch über die Verpflichtung, dies kundzumachen, stützt sich auf Art139a letzter Satz iVm. Art139 Abs5 erster Satz B-VG.

4. Infolge der auf den Anlaßfall rückwirkenden Aufhebung der zweiten Kundmachung ist das im Prüfungsbeschluß geäußerte Bedenken einer zweifachen Kundmachung derselben Vorschrift gegenstandslos geworden.

Das Prüfungsverfahren war daher im übrigen einzustellen.

Schlagworte

VfGH / Gegenschrift, VfGH / Vertreter, Verordnung Kundmachung, Kundmachung, Wiederverlautbarung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:V58.1985

Dokumentnummer

JFT_10148788_85V00058_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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