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66 SozialversicherungNorm
ASVG §351gLeitsatz
Zurückweisung des Antrags eines Gerichtes auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungsbestimmungen mangels eines Aufhebungsbegehrens; kein behebbares FormgebrechenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Beschluss vom 23. August 2006 stellt das anfechtende Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (im Folgenden: ZRS Wien) den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof möge die Bestimmung des §50 VO-EKO auf ihre Gesetzmäßigkeit, insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des §351g Abs4 ASVG, überprüfen".
2. Zum Sachverhalt des beim antragstellenden Gericht anhängigen Rechtsstreites führt dieses aus, dass der klagende Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger von der Beklagten, einer zum Großhandel mit Arzneimitteln berechtigten Gesellschaft, ua. Zahlungen zur Abgeltung der Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex für das Jahr 2004 fordere.
3. Die hier maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
3.1. Gemäß §351g Abs1 ASVG regelt der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger die nähere Organsation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Die Verordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.
§351g Abs4 ASVG idF der 61. Novelle
(2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 145/2003), bestimmt:
"Zur Abgeltung der Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex ab dem Jahr 2004 zahlen jene vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind, insgesamt einen pauschalierten Kostenersatz an den Hauptverband in der Höhe von einer Million Euro. Dieser Betrag unterliegt einer jährlichen Valorisierung auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der Krankenversicherungsträger. Die Aufteilung dieses Betrages auf die einzelnen Berufsgruppenmitglieder obliegt der Wirtschaftskammer Österreich. Eine erste Akontierung ist mit 1. Juli 2004 fällig, die Abrechnung ist so rasch wie möglich nach Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorzunehmen. Eine weitere Akontierung ist mit 10. Jänner 2005 fällig, in weiterer Folge gelten als Fälligkeitstage jeweils der 1. April und der 1. Oktober. Die Abrechnungsregeln für diese Zahlung sind in der Verordnung nach Abs1 festzulegen."
3.2. Die Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG - VO-EKO, Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung im Internet Nr. 47/2004, enthält in ihrem XI. Abschnitt unter der Überschrift "Bearbeitungskosten" Vorschriften betreffend die Abgeltung, die Höhe, die Abrechung und die Zahlungstermine der Bearbeitungskosten (§§47 - 49 und 51 VO-EKO). Die vom antragstellenden Gericht angefochtene Bestimmung des §50 VO-EKO lautet samt Überschrift:
"Mitteilung an die Wirtschaftskammer Österreich
§50. Der Wirtschaftskammer Österreich wird die Aufteilung der Bearbeitungskosten zur Kenntnis gebracht. Der Hauptverband teilt der Wirtschaftskammer Österreich rechtzeitig die Valorisierungsbeträge mit."
4. Das antragstellende Gericht begründet seine Bedenken lediglich wie folgt:
"Das Landesgericht für ZRS Wien hegt Bedenken [ob] der Gesetzmäßigkeit ... dieser Verordnungsbestimmung, da nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §351g Abs4 ASVG die Kompetenz, die Aufteilung dieses Betrages auf die einzelnen Berufsgruppenmitglieder vorzunehmen, der Wirtschaftskammer Österreich und nicht [dem Hauptverband] der Österreichischen Sozialversicherungsträger zukommt."
Sein Begehren formuliert das antragstellende Gericht mit den folgenden Worten:
"Da das LG für ZRS Wien aus den oben dargelegten Gründen Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der VO-EKO hat, stellt es den Antrag[,] der Verfassungsgerichtshof möge die Bestimmung des §50 VO-EKO auf ihre Gesetzmäßigkeit, insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des §351g Abs4 ASVG, überprüfen."
Auf dem Deckblatt des Antrages findet sich der folgende "wegen"-Vermerk:
"Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des §50 der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG
- VO-EKO"
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. §57 Abs1 erster Satz VfGG setzt für einen Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen gemäß Art139 B-VG zwingend ein Aufhebungsbegehren voraus. Das Fehlen eines Aufhebungsbegehrens ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Zurückweisungsgrund (VfGH 8. Juni 1999, V5/99; vgl. auch VfSlg. 13.968/1994 mwN).
2. Der Antrag erfüllt diese Voraussetzung nicht: Das LGZ Wien begehrt lediglich die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des §50 VO-EKO; der Schriftsatz enthält keinen Antrag, der als (förmliches) Aufhebungsbegehren zu deuten wäre (vgl. VfSlg. 16.341/2001).
3. Der Antrag war schon aus diesem Grund in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, ohne dass näher darauf einzugehen gewesen wäre, ob der - überdies ohne Bezugnahme auf einen Artikel des B-VG (vgl. §15 Abs2 VfGG) gestellte - Antrag die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt, insbesondere ob er die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen dargelegt (vgl. §57 Abs1 zweiter Satz VfGG) und - vor dem Hintergrund der vorgetragenen Bedenken - jene Bestimmungen der VO-EKO angefochten hat, in denen die behauptete Verfassungswidrigkeit ihren Sitz hätte.
Schlagworte
VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Antrag, VfGH / Mängelbehebung, Sozialversicherung, ArzneimittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:V64.2006Dokumentnummer
JFT_09939074_06V00064_00