TE Vfgh Erkenntnis 1986/2/27 V25/82

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Veröffentlicht am 27.02.1986
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung 1973

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
GewO 1973 §52 Abs4
AutomatenV des Bürgermeisters der Marktgemeinde Frankenburg am Hausruck vom 19.03.82

Leitsatz

Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der AutomatenV Frankenburg vom 19. März 1982; von einem der Antragsteller keine Automaten in Frankenburg aufgestellt - kein Eingriff in die Rechtssphäre; Mangel der Legitimation; für die übrigen Antragsteller Beschreiten eines anderen Rechtsweges nicht zumutbar, insbesondere nicht die Erwirkung von Strafbescheiden; Zulässigkeit des Antrages AutomatenV Frankenburg vom 19. März 1982; keine Gesetzwidrigkeit der V und keine Bedenken gegen deren gesetzliche Grundlage (§52 Abs4 GewO) unter Hinweis auf VfSlg. 10050/1984 und 10594/1985

Spruch

I. Der Antrag des G S wird zurückgewiesen.

II. Den Anträgen des S H, J S und J V wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Frankenburg am Hausruck erließ am 19. März 1982 folgende, durch Anschlag an der Gemeindetafel vom 19. März bis 5. April 1982 gemäß §94 Abs3 Oö. Gemeindeordnung 1979, LGBl. 119 in der geltenden Fassung, kundgemachte, auf §52 Abs4 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. 50/1974 idF der Gewerbeordnungs-Nov. 1981, BGBl. 619, gestützte V:

"§1

Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, wie Zuckerl- und Spielzeugautomaten, ist im Umkreis von 200 m der öffentlichen Volksschule, Hauptstraße 27, der öffentlichen Hauptschule, Hauptstraße 29, der privaten Volks- und Hauptschule, Hauptstraße 32 und 33, und der Pfarrkirche, Marktplatz, untersagt.

§2

Diese Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag in Rechtswirksamkeit."

2. Mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, die oben zitierte V wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben. Die Antragsteller hätten in den letzten Jahren gemäß den jeweils geltenden Bestimmungen nach Vereinbarung mit den Grundeigentümern in verschiedenen Orten Österreichs, so auch in der Marktgemeinde Frankenburg, Warenautomaten aufgestellt. Unter Berufung auf die bekämpfte V habe der Bürgermeister der Marktgemeinde Frankenburg nunmehr das Betreiben von Warenautomaten teilweise untersagt.

Die Antragsteller behaupten mit näherer Darlegung, daß die bekämpfte V wegen Verstoßes gegen §52 Abs4 GewO 1973 gesetzwidrig und, weil die genannte Gesetzesstelle gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf freie Erwerbsausübung und auf Unversehrtheit des Eigentums verstoße, mit Verfassungswidrigkeit belastet sei.

3. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Frankenburg hat eine Stellungnahme abgegeben, in der er darlegt, daß gegen den Betrieb der in Frage stehenden Warenautomaten wiederholt von Eltern unmündiger Mj. Beschwerde geführt worden sei, weshalb die bekämpfte V erlassen worden sei. Er beantragt, den Antrag als unbegründet abzuweisen.

Auch der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie verteidigt die angefochtene V und begehrt, dem Antrag keine Folge zu geben.

4. Der VfGH hat über die Zulässigkeit der Anträge erwogen:

4.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene V - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die V für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die V in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt (vgl. VfSlg. 8009/1977, 8058/1977, 9309/1981 uva.).

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch die V selbst tatsächlich erfolgt ist. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn er nach Art und Ausmaß durch die V selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 9724/1983).

4.2.1. Der Antragsteller G S hat über Aufforderung des VfGH, die Standorte seiner Warenautomaten mitzuteilen, bekanntgegeben, daß er in der Marktgemeinde Frankenburg keine Warenautomaten betrieben hat. Der Antragsteller behauptet auch nicht, daß seine Rechtssphäre in anderer Weise durch die bekämpfte V betroffen werde. Damit fehlt G S die Legitimation zur Anfechtung der bekämpften V. Sein Antrag ist daher zurückzuweisen.

4.2.2. Die Antragsteller S H, J S und J V gaben aufgrund der an sie gerichteten Anfrage bekannt, in welchen Standorten sie in Frankenburg ihre Warenautomaten aufgestellt haben und daß sie in allen in der bekämpften V festgelegten Verbotsbereichen Warenautomaten betreiben; diese Warenautomaten seien der Behörde auch ordnungsgemäß angezeigt worden. Damit sind die Antragsteller S H, J S und J V durch die bekämpfte V in ihrer Rechtssphäre unmittelbar und aktuell betroffen. Es steht ihnen, wie der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie auch zugesteht, kein zumutbarer Rechtsweg offen, der ihnen erlauben würde, nach Ausschöpfung des Instanzenzuges die Rechtmäßigkeit der angefochtenen V vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts in Frage zu stellen; daß die Inkaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht zumutbar ist, hat der VfGH bereits zu wiederholten Malen ausgesagt (vgl. VfSlg. 8396/1978, 9254/1981).

Die Anträge des S H, des J S und des J V sind daher zulässig.

5. Der VfGH hat über diese Anträge in der Sache selbst erwogen:

5.1. Die Antragsteller vermeinen, die in Frage stehende V sei mit Gesetzwidrigkeit belastet, weil nach §52 Abs4 GewO 1973 vor Erlassung der angefochtenen V geprüft hätte werden müssen, ob es in den Verbotsbereichen tatsächlich erforderlich ist, die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Warenautomaten zum Schutze unmündiger Mj. zu untersagen. Die Verordnungsermächtigung des §52 Abs4 GewO 1973 sehe des weiteren vor, daß Verbotsbereiche nur im "näheren Umkreis" der im Gesetz genannten Räume und Plätze verfügt werden dürfe; ein Umkreis von 200 m, wie er in der bekämpften V festgelegt werde, sei nicht mehr als "näherer Umkreis" zu werten.

Bedenklich erscheine weiters, daß zum Schutz unmündiger Mj. Maßnahmen lediglich in bezug auf Warenautomaten getroffen würden, es jedoch gleichzeitig unmündigen Mj. möglich sei, die fraglichen Produkte in Geschäften und Warenhäusern uneingeschränkt käuflich zu erwerben. Da die Automaten grundsätzlich auf Privatgrund aufgestellt seien, werde durch die in Frage stehende Regelung in privatrechtlich getroffene Vereinbarungen eingegriffen, was gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verstoße. Die Antragsteller regen daher weiters an, §52 Abs4 GewO 1973 in der geltenden Fassung auf seine Verfassungskonformität zu prüfen.

5.2. Das Vorbringen der Antragsteller enthält der Sache nach nichts, womit sich der VfGH nicht bereits in den Erk. VfSlg. 10050/1984 und 10594/1985 befaßt hätte. Es genügt daher, auf diese Erk. zu verweisen, aus denen sich ergibt, warum die behauptete Gesetzwidrigkeit der bekämpften V, aber auch die behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §52 Abs4 GewO nicht zutreffen. Der VfGH hat insbesondere im Erk. VfSlg. 10594/1985 dargelegt, was unter "näherem" Umkreis gesetzeskonform zu verstehen ist, woraus sich ergibt, daß die Vorwürfe der Antragsteller gegen die hier bekämpfte V nicht zutreffen.

Den Anträgen des S H, des J S und des J V war daher keine Folge zu geben.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gewerberecht, Automaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:V25.1982

Dokumentnummer

JFT_10139773_82V00025_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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