TE Vfgh Beschluss 2006/9/26 B1619/06 ua

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2006
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
Nö GemeindeverbandsG §28
Nö KanalG 1977 §19
VfGG §82

Leitsatz

Zurückweisung von Beschwerden gegen Bescheide des Vorstandes eines Gemeindeabwasserverbandes betreffend Festsetzung von Kanalbenützungsgebühren mangels Instanzenzugserschöpfung; Vorstellung an die Aufsichtsbehörde bei Vollziehung einer Aufgabe im eigenen Wirkungsbereich durch einen Gemeindeverband im Nö Gemeindeverbandsgesetz vorgesehen

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof werden abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit den angefochtenen Bescheiden entschied die belangte Behörde, der "Vorstand des Gemeindeabwasserverbands Trumau-Schönau", über die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung von Kanalbenützungsgebühren nach dem NÖ Kanalgesetz 1977.

Die bekämpften Bescheide enthalten die "Rechtsmittelbelehrung", es sei dagegen kein ordentliches Rechtsmittel zulässig, sowie den Hinweis, es könne beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben werden.

2. In den dagegen erhobenen Beschwerden gemäß Art144 B-VG behaupten die Beschwerdeführer die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung bzw. wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerden erwogen:

1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG iVm §82 VfGG kann nur ein Bescheid, der nach der gesetzlichen Ordnung des administrativen Instanzenzuges durch die im Einzelnen in Betracht kommende höchste Verwaltungsbehörde ergangen ist, mittels Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Die Festsetzung von Gebühren nach dem NÖ Kanalgesetz 1977 hat durch Organe der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu erfolgen (§19 leg.cit.). Der Instanzenzug richtet sich dabei nach der NÖ Gemeindeordnung, gemäß deren §61 Abs1 nach Erschöpfung des (innergemeindlichen) Instanzenzuges das Rechtsmittel der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde vorgesehen ist. Bei Vollziehung einer Aufgabe im eigenen Wirkungsbereich durch einen Gemeindeverband sieht §28 NÖ Gemeindeverbandsgesetz, LGBl. 1600, nach Erschöpfung des Instanzenzuges (ebenfalls) das Rechtsmittel der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde vor.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 11.269/1987, 14.351/1995) ist die Vorstellung an die Aufsichtsbehörde ein Rechtsmittel, das einen Instanzenzug iS des Art144 B-VG eröffnet. Auch ein Bescheid eines Gemeindeverbandes, der noch mit Vorstellung bekämpfbar ist, ist mangels Erschöpfung des Instanzenzuges nicht vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtbar (vgl. auch VwSlg. 9699 (A) 1966; VwGH 23.10.1985, Zl. 85/01/0084).

Im vorliegenden Fall hat zweifellos ein Organ eines Gemeindeverbands im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde entschieden. Daher kann erst ein Bescheid der Aufsichtsbehörde gemäß Art144 B-VG und §82 VfGG beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden. Daran ändert die unrichtige "Rechtsmittelbelehrung" bzw. der unrichtige Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nichts (vgl. etwa VfSlg. 16.604/2002).

Die Beschwerden gegen die Bescheide des Vorstands des Gemeindeabwasserverbands Trumau-Schönau waren daher mangels Erschöpfung des administrativen Instanzenzugs gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis konnte ein Abspruch über die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

2. Die Anträge, die Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, waren abzuweisen, weil nach Art144 Abs3 B-VG (und §87 Abs3 VfGG) eine solche Abtretung nur für Fälle vorgesehen ist, in denen der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde abweist oder ihre Behandlung ablehnt, nicht aber für den Fall ihrer Zurückweisung.

Schlagworte

Kanalisation, Gebühr, Bescheid Rechtsmittelbelehrung, Gemeinderecht, Vorstellung, Wirkungsbereich eigener, VfGH / Instanzenzugserschöpfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B1619.2006

Dokumentnummer

JFT_09939074_06B01619_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten