Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Kaufvertrages und eines Realteilungsvertrages gemäß §4 Abs1; vertretbare Annahme, daß die durch diese Rechtsgeschäfte bewirkte Schwächung des zumindest im Zu- oder Nebenerwerb existenzfähigen landwirtschaftlichen Betriebes den öffentlichen Interessen des §4 Abs1 zuwiderläuft; keine Verletzung im Eigentumsrecht; keine Willkür; keine Verletzung im Recht auf LiegenschaftserwerbsfreiheitSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bf. sind Eigentümer der Liegenschaften EZ ... KG Zell am
Moos und EZ ... KG Laiter. Das Ausmaß ihres land- und
forstwirtschaftlichen Besitzes hat 7,8336 ha betragen.
Mit Kaufvertrag vom 28. Feber 1983 verkauften die Bf. aus der
Liegenschaft EZ ... das Grundstück Nr. 1602 Wiese im Ausmaß von 8124
Quadratmeter um einen Kaufpreis von 70000 S an die Ehegatten F und C N, Sägewerksbesitzer in Haslau-Zell am Moos. Diesem Rechtsgeschäft hat die Bezirksgrundverkehrskommission Mondsee mit Bescheid vom 13. Feber 1984, GV-1761/11, gemäß §1 Abs1 iVm. §4 Abs1 und §6 litb, d, e, f des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG, LGBl. 53/1975, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.
2. Zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nach der Scheidung
ihrer Ehe (mit rechtskräftigem Urteil des KG Wels vom 1. 10. 1982, 4
Cg 237/81) schlossen die Bf. am 28. März 1983 einen
"Realteilungsvertrag". Nach diesem Vertrag sollte die Bf. C N
Alleineigentümerin einer aus der Hofstelle und landwirtschaftlichen
Nutzflächen der Liegenschaft EZ ... gebildeten Grundfläche im Ausmaß
von 2,8273 ha, der Bf. F N Alleineigentümer der restlichen, aus dem
Grundstück ... der EZ ... und der Liegenschaft EZ ... (bestehend aus
einer Waldparzelle) gebildeten Grundflächen im Ausmaß von 4,1939 ha werden.
Der Bf. F N verpflichtete sich, bei Eintritt der Großjährigkeit seiner Tochter T ein Baugrundstück im Ausmaß von 1000 Quadratmeter schenkungsweise zu übertragen. Ebenso verpflichtete sich die Bf. C N, ihrer Tochter A ein Baugrundstück im Ausmaß von 1000 Quadratmeter abzutreten.
Diesem Realteilungsvertrag hat die Bezirksgrundverkehrskommission Mondsee nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Bezirksbauernkammer Vöcklabruck sowie einer Stellungnahme eines forsttechnischen Sachverständigen mit dem Bescheid vom 13. Feber 1984, GV-1761/10, gemäß §§1 und 4 Oö. GVG 1975 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.
3. Den von den Bf. gegen die Bescheide nach Z1 und 2 erhobenen Berufungen hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 14. Mai 1984, Agrar-100203-8688/1-2, nicht Folge gegeben.
4. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 14. Mai 1984 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes (Art6 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG und Art7 B-VG) verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wird die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Realteilungsvertrages (I/2) auf §4 Abs1 und §6 litd Oö. GVG 1975 gestützt. Bei der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für den Kaufvertrag vom 28. Feber 1983 (I/1) beruft sich die bel. Beh. auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975 und bemerkt, daß die von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen Versagungsgründe nach §6 litb, d und e nicht gegeben sind und daß die Frage, ob der Versagungsgrund nach §6 litf vorliegt, nicht eindeutig geklärt ist.
Nach §4 Abs1 Oö. GVG 1975 müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.
Nach §6 litd sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß sonst Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind von den Bf. nicht vorgebracht worden. Beim VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8309/1978, 9313/1982, 10520/1985).
2. a) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 9693/1983).
b) Die bel. Beh. ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß es sich bei dem im Eigentum der Bf. stehenden Grundstückskomplex um einen zumindest im Zu- oder Nebenerwerb lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, für den der Abverkauf des Grundstückes ... (im Hinblick auf bereits frühere Verkäufe von Grundflächen, insbesondere des Grundstückes ...) eine nicht unwesentliche Verkleinerung und damit nicht unbeachtliche wirtschaftliche Schwächung zur Folge hätte. Durch den Realteilungsvertrag würde der landwirtschaftliche Betrieb zerschlagen. Dies allein würde schon den öffentlichen Interessen an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden, kleinen oder mittleren landwirtschaftlichen Besitzes widersprechen. Dazu komme aber noch, daß der größte Teil der zum Betrieb gehörigen Grundflächen von der Hofstelle abgetrennt würde und daß für diese Flächen ein wirtschaftliches Zentrum in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stünde, weil die Hofstelle dem anderen Miteigentümer zugeteilt worden sei.
Ferner wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß der Realteilungsvertrag auch Bestimmungen enthalte, wonach beide Vertragsteile verpflichtet seien, Baugrundstücke an ihre Töchter abzutreten, wobei gar nicht feststehe, ob für solche Zwecke geeignete Grundflächen zur Verfügung stünden.
Bei ihren Ausführungen konnte sich die bel. Beh. auf die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten stützen, nach denen durch den Realteilungsvertrag der zumindest im Zu- oder Nebenerwerb absolut existenzfähige landwirtschaftliche Betrieb in zwei Teile geteilt würde, von denen jeder für sich von der Größe und Struktur her nicht die Gewähr biete, als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb weiterhin bestehen zu können. Dies gelte im besonderen für den Teil, der in das Eigentum der Bf. C N übertragen werden sollte, da dieser bei insgesamt 2,8 ha Größe keinerlei wirtschaftsstützenden Waldanteil aufweise.
c) Der VfGH findet keinen Anhaltspunkt, der bel. Beh. bei ihrer Schlußfolgerung, daß unter den angeführten Umständen die Rechtsgeschäfte den in §4 Abs1 angeführten öffentlichen Interessen widersprechen, eine Fehlerhaftigkeit vorzuwerfen, die mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden könnte. Dazu kommt, daß in der Beschwerde dem Inhalt nach der Behörde allenfalls eine unrichtige, nicht aber eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorgeworfen wird.
Ist aber die bel. Beh. denkmöglich von einem Widerspruch der Rechtsgeschäfte zu §4 Abs1 Oö. GVG 1975 ausgegangen, so braucht nicht geprüft zu werden, ob für den Realteilungsvertrag allenfalls auch der Versagungsgrund nach §6 litd gegeben wäre (vgl. VfSlg. 9765/1983, 10562/1985).
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums hat nicht stattgefunden.
3. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Die bel. Beh. habe sich mit den Argumenten in den Berufungen, insbesondere mit der Frage des bereits jetzt nicht selbsterhaltungsfähigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der Notwendigkeit einer Drainagierung, der Streulage und der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit des kaufgegenständlichen Grundstückes nicht auseinandergesetzt und hiezu keine Feststellungen getroffen. Der Bescheid leide sohin an Begründungsmängeln und lasse erkennen, daß die bel. Beh. willkürlich gehandelt und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH liegt ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980, 9600/1983).
Wie bereits unter Z2 ausgeführt, hat sich die bel. Beh. auf die Ergebnisse des dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundeliegenden Ermittlungsverfahrens gestützt. Weitere Erhebungen für die von ihr gezogene Schlußfolgerung, daß durch den Abverkauf des Grundstückes ... eine wirtschaftliche Schwächung und durch den Realteilungsvertrag eine Zerschlagung des landwirtschaftlichen Betriebes der Bf. herbeigeführt würde, waren nicht erforderlich.
Es trifft daher nicht zu, daß der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein in die Verfassungssphäre reichendes willkürliches Verhalten der Behörde zugrunde liegt. Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.
4. Zu der von den Bf. - ohne nähere Begründung - behaupteten Verletzung des durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, Liegenschaften jeder Art zu erwerben, verweist der VfGH auf seine ständige Rechtsprechung, nach der allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, durch die Bestimmungen des Art6 StGG nicht ausgeschlossen sind (vgl. VfSlg. 8309/1978, 10562/1985).
Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber zu verfügen, nicht verletzt worden.
5. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, daß die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wären. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, öffentliches Interesse, Betrieb landwirtschaftlicherEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B761.1984Dokumentnummer
JFT_10139773_84B00761_00