TE Vfgh Erkenntnis 1986/2/27 B959/84

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Veröffentlicht am 27.02.1986
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Oö GVG 1975 §4 Abs1, §4 Abs3
Oö GVG 1975 §6 litd

Leitsatz

Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §4 Abs1 und §6 litd - keine landwirtschaftliche Nutzung durch die Käufer (zunächst Verpachtung, später Nutzung als Lagerplatz beabsichtigt); gewerbliche Interessen der Käufer für Grundverkehrsbehörde unbeachtlich; keine Willkür

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit dem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Mauerkirchen vom 5. März 1984 wurde die im Kaufvertrag vom 4. Juli 1983 vorgesehene Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft ... Wiese der EZ 137 KG Weyrading durch O A als Verkäufer an Ing. L und A

W als Käufer gemäß §4 Abs1 und §6 lite des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 53/1975, nicht genehmigt.

Der Bescheid ist im wesentlichen damit begründet, daß das Kaufgrundstück im Bauerwartungsland der Gemeinde Altheim liege und daß eine Umwandlung in Bauland in Zukunft durchaus denkbar sei. Keinesfalls sei die Benützung des Grundstückes als Lagerplatz möglich und den Anrainern zumutbar. Es grenze überdies an bewirtschaftete landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, und es wäre ein Anrainer an einem Ankauf zur Eigenbewirtschaftung interessiert. Auf Seite der Käufer scheine die Schaffung einer Baulandreserve und damit eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt zu sein. Das Rechtsgeschäft verstoße daher gegen die öffentlichen Interessen iS des §4 Oö. GVG 1975, und es bestünde überdies die Befürchtung, daß es sich nur um eine spekulative Kapitalsanlage handle.

b) Der von den Vertragspartnern gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung nach Einholung von Stellungnahmen der Marktgemeinde Altheim sowie nach Abgabe einer Äußerung der Bezirksbauernkammer Braunau mit dem Bescheid vom 10. September 1984 nicht Folge gegeben.

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Der Verkäufer ist Dentist und hat das verkaufte Grundstück dem angrenzenden Landwirt G unentgeltlich zum Abmähen des Grases überlassen, der dieses zur Fütterung verwendet hat. Damit steht fest, daß das Kaufgrundstück nach der Art seiner tatsächlichen Verwendung der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet war (§1 Abs1 und 3 Oö. Grundverkehrsgesetz 1975). Nach der Mitteilung des Marktgemeindeamtes Altheim vom 18. 5. und 1. 6. 1984 liegt das Grundstück nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan im 'Grünland', nur ein verhältnismäßig geringer Teil, nämlich die Zufahrt, ist als Bauland ausgewiesen. Die Übertragung des Eigentums an diesem Grundstück bedarf sohin gemäß §1 Abs1 Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.

Ob andere Interessenten für den Ankauf dieses Grundstückes vorhanden sind oder nicht, kann dahingestellt bleiben, weil es den Grundverkehrsbehörden auf Grund der bestehenden Gesetzeslage nicht zusteht, unter mehreren Interessenten für eine Liegenschaft den im Sinne einer wünschenswerten Agrarstruktur geeigneten Bewerber auszusuchen. Es ist vielmehr Sache der Behörde, einen konkreten Sachverhalt festzustellen und diesen an den bestehenden Vorschriften zu messen, um sodann zu beurteilen, ob das Rechtsgeschäft den im Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen entspricht. Nach §4 Abs1 Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Diesen öffentlichen Interessen wird das vorliegende Rechtsgeschäft aber nicht gerecht. Die bloße Tatsache, daß die Erwerber des landwirtschaftlich genutzten Grundes nicht Landwirte sind, reicht zwar nicht aus, um dem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu versagen, weil durch eine solche Vorgangsweise der Gleichheitsgrundsatz verletzt würde. Als eines der wesentlichen Kriterien, das zur Nichtgenehmigung eines Rechtsgeschäftes führen kann, wird aber auch vom Verfassungsgerichtshof die mangelnde Selbstbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Grundes anerkannt. In dieser Hinsicht haben nun die Käufer selbst angegeben, daß sie den gekauften Grund zunächst verpachten wollen. Der Erwerb eines landwirtschaftlichen Nutzgrundes mit dem Ziel, ihn zu verpachten, kann aber sicher nicht zur Erhaltung und schon gar nicht zur Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes beitragen. Die von den Käufern ferner ins Treffen geführte Absicht, den Grund später als Lagerplatz für ihren Baubetrieb zu verwenden, wird den beschriebenen öffentlichen Interessen des Gesetzes noch weniger gerecht, es wird vielmehr dadurch das Grundstück ohne zureichenden Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen (§6 litd Oö. Grundverkehrsgesetz 1975). Die Verwendung als Lagerplatz für einen Baubetrieb kann nämlich sicherlich nicht als landwirtschaftliche Nutzung eines Grundstückes bezeichnet werden. Es handelt sich hiebei vielmehr um eine gewerbliche Nutzung, die aber im Hinblick auf die Widmung als Grünland nur schwer zu verwirklichen sein wird. Im übrigen wäre für diese Zwecke ein derart großes Grundstück nicht erforderlich. Es lägen somit auch die Voraussetzungen nach §4 Abs3 Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 nicht vor.

Die Bezirksgrundverkehrskommission Mauerkirchen hat aus diesen Erwägungen dem Rechtsgeschäft mit Recht die Genehmigung versagt, weshalb der Berufung ein Erfolg nicht zukommt."

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 10. September 1984 richtet sich die vom Verkäufer und von den Käufern erhobene Beschwerde. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach §4 Abs1 Oö. GVG 1975 müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

Nach §4 Abs3 dürfen Rechtsgeschäfte, von denen anzunehmen ist, daß sie für gewerbliche, industrielle oder bergbauliche Zwecke oder für Zwecke der Baulandbeschaffung abgeschlossen wurden, der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr Grund und Boden als notwendig entziehen und die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundstücke nicht erheblich erschweren oder unmöglich machen.

Nach §6 litd sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß sonst Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden.

Beim VfGH sind solche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8766/1980, 9313/1982, 10520/1985).

2. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnten die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur dann verletzt worden sein, wenn die bel. Beh. Willkür geübt hätte. Welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, darüber läßt sich keine allgemeine Aussage machen. Ob Willkür vorliegt, kann nur aus dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (vgl. VfSlg. 5491/1967, 8808/1980, 10520/1985).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ua. in einem gehäuften Verkennen der Rechtslage (vgl. VfSlg. 5013/1965, 7107/1973), aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder im Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt (vgl. VfSlg. 5139/1965, 7328/1974), insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und in einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. das zitierte Erk. VfSlg. 10520/1985).

Wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht, hat die bel. Beh. nach Durchführung eines eingehenden Ermittlungsverfahrens im wesentlichen dem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung aus dem Grund versagt, daß das gekaufte Grundstück von den Käufern nicht selbst landwirtschaftlich genutzt wird, sondern daß diese Nutzung im Wege der Verpachtung erfolgen sollte. Diese Feststellungen der bel. Beh. werden in der Beschwerde nicht bestritten. Wenn die bel. Beh. daher von der Auffassung ausgegangen ist, daß eine Selbstbewirtschaftung der erworbenen Grundstücke durch die Käufer nicht erfolgen wird und daß das Rechtsgeschäft schon aus diesem Grunde in Widerspruch zu §4 Abs1 Oö. GVG 1975 steht, kann der VfGH nicht finden, daß die Auffassung der bel. Beh. auf einem willkürlichen Vorgehen beruht. Für die Beurteilung der bel. Beh. kommen allein Interessen nach §4 Abs1 Oö. GVG 1975 in Betracht. Die in der Beschwerde gerügte Unterlassung der Beurteilung öffentlicher Interessen an der Erhaltung und Erweiterung kleiner und mittlerer Gewerbebetriebe und damit des Interesses der Käufer am Erwerb des Grundstückes für ihren Gewerbebetrieb kann daher nicht als ein Fehlverhalten der bel. Beh. beurteilt werden, durch das die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden sind.

Das gleiche gilt von den Vorwürfen in der Beschwerde wegen mangelhafter Feststellungen über das Vorhandensein von Käufern, die zum Erwerb des Kaufgrundstückes zur Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung bereit gewesen wären. Im übrigen ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen, daß die bel. Beh. den Vorwurf einer spekulativen Kapitalanlage aufrechterhalten hätte. Sie hat vielmehr darauf verwiesen, daß durch die beabsichtigte Nutzung des Kaufgrundstückes als Lagerplatz ein Widerspruch des Rechtsgeschäftes zu §6 litd Oö. GVG 1975 vorliege und daß für eine Genehmigung des Rechtsgeschäftes auch die Voraussetzungen nach §4 Abs3 Oö. GVG nicht gegeben wären. Im Hinblick auf das von der bel. Beh. durchgeführte eingehende Ermittlungsverfahren ist es ausgeschlossen, aus diesen Hinweisen abzuleiten, daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung durch ein willkürliches Verhalten der bel. Beh. versagt worden wäre.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nicht vor.

3. Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B959.1984

Dokumentnummer

JFT_10139773_84B00959_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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