TE Vfgh Erkenntnis 1986/2/27 B754/84

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Veröffentlicht am 27.02.1986
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art2, Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Oö GVG 1975 §4 Abs1

Leitsatz

Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §4 Abs1; Grundstück land- und forstwirtschaftlich genutzt - kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch die Grundverkehrsbehörde; keine denkunmögliche Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung durch den Erwerber - keine Verletzung im Eigentumsrecht; keine Willkür; keine Verletzung der Liegenschaftserwerbsfreiheit nach Art6 StGG

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit Kaufvertrag vom 7. Oktober 1983 erwarb der Bf. vom

Eigentümer der Liegenschaft EZ ... KG Schnarrndorf (Gemeinde

Sipbachzell) die Grundstücke ... und ... im Gesamtausmaß von zirka

4000 Quadratmeter.

Nach dem vom Bf. an die Bezirksgrundverkehrskommission Wels gerichteten Ansuchen um Genehmigung des Kaufvertrages umfaßt der land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundbesitz des Verkäufers zirka 17 ha 14 a. Von den Kaufgrundstücken sind zirka 1500 Quadratmeter Wald, 1500 Quadratmeter Wiese und Weide, der Rest unproduktiv. Sowohl als bisherige Nutzung als auch beabsichtigte Nutzung ist angeführt "Land- und Forstwirtschaft".

b) Bei einer von der Bezirksgrundverkehrskommission Wels unter Vornahme eines Lokalaugenscheines durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, daß das vom Bf. erworbene Grundstück zu einem Drittel "ein Feld" darstellt, zu einem Drittel einen Schilfgürtel bildet und das restliche Drittel "mit Buschwerk und Bäumen bewachsen war und nunmehr völlig abgeforstet ist".

Vom Verkäufer wurde erklärt, daß er die Grundstücke deshalb veräußere, weil er weichende Erben zu befriedigen habe und deshalb das Geld benötige.

Der Bf. erklärte, daß er Elektrotechnik studiere und das Studium in zwei Jahren beenden werde. Er habe eine Erbschaft gemacht und wolle das Geld, anstatt es auf der Bank anzulegen, auf diese Weise nutzbringend verwenden. Er interessiere sich für biologischen Landbau, er wolle auf dem Grundstück Getreide anbauen, vielleicht auch einen Garten anlegen. Die Bearbeitung des Grundes nehme ihm zum Teil weiter der Verkäufer ab, insbesondere mache er die maschinelle Arbeit. Er wolle sich in den Ferien um das Grundstück kümmern. Er beabsichtige, in nächster Zeit weder ein Gebäude noch einen Zaun zu errichten. Er wolle die Liegenschaft so belassen wie sie sei.

c) Mit dem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Wels vom 29. März 1984 wurde der im Kaufvertrag vom 7. Oktober 1983 vorgesehenen Übertragung des Eigentums an den Grundstücken ... und ... KG Schnarrndorf vom bisherigen Eigentümer an den Bf. die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.

Nach Darlegung der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen und unter Hinweis auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975, LGBl. 53/1975, wird in der Begründung des Bescheides ausgeführt, daß der Erwerber kein Landwirt, sondern Student sei. Er sei noch in Berufsausbildung begriffen, und es sei nicht klargestellt, wo er einmal seinen Beruf ausüben werde und ob er das Grundstück selbst bewirtschaften könne. Der Erwerb diene daher - wie der Gesuchsteller selbst zum Ausdruck gebracht habe - in erster Linie der sinnvollen Geldanlage.

Die Tatsache allein, daß der Erwerber nicht Landwirt ist, sei nach der Rechtsprechung des VfGH nicht als Grund dafür geeignet, dem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu versagen, weil durch eine solche Vorgangsweise der Gleichheitsgrundsatz verletzt würde. Als eines der wesentlichen Kriterien werde auch vom VfGH die mangelnde Selbstbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Grundes anerkannt. Nun habe der Erwerber zwar vorgebracht, daß er auf dem Grundstück biologischen Landbau betreiben möchte. Dazu sei jedoch das Grundstück, das nur zu einem Drittel ein Feld darstelle, nicht geeignet, zumal die ebenen Flächen im Überschwemmungsbereich des Sipbaches gelegen seien. Der Erwerber könne sich auch von seinem Studienort aus nicht in ausreichendem Maße um den Grund kümmern und habe auch angeführt, daß er die maschinellen Arbeiten durch den Veräußerer durchführen ließe. Es sei daher anzunehmen, daß sich an der bisherigen Bewirtschaftung keine Änderung ergeben würde.

In den übrigen Ausführungen wird in der Begründung dargelegt, es sei die Besorgnis gerechtfertigt, daß der Erwerber oder auch ein etwaiger Besitznachfolger Zäune oder ein Superädifikat in dieser noch unberührten Landschaft am Sipbach errichten könnte, was nicht nur der landwirtschaftlichen Nutzung zuwiderlaufe, sondern auch aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes vermieden werden müßte.

2. a) In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid von den Vertragspartnern erhobenen Berufung wurde ausgeführt, daß "die Tatsachenfeststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides ... zutreffend sind und hier nicht wiederholt zu werden" brauchen. Die daraus gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen seien jedoch völlig verfehlt.

b) Der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der oö. Landesregierung mit Bescheid vom 13. Juni 1984 keine Folge gegeben.

In der Begründung des Bescheides wird unter Hinweis auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt, daß die Selbstbewirtschaftung eines Grundstückes ein maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung sei, ob ein Rechtsgeschäft den Erfordernissen des §4 Abs1 Oö. GVG 1975 entspreche. Da eine Selbstbewirtschaftung aus den angeführten Gründen, aber auch deswegen, weil dem Bf. als Käufer alle übrigen Voraussetzungen für eine derartige Tätigkeit fehlten, nicht erwartet werden könne, entspreche das Rechtsgeschäft nicht den in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 geschützten öffentlichen Interessen, sodaß die Bezirksgrundverkehrskommission dem Rechtsgeschäft zutreffend die Genehmigung versagt habe.

3. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 13. Juni 1984 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 B-VG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes (Art6 StGG) verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die bel. Beh. hat die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung in erster Linie auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975 gestützt. Nach dieser Bestimmung müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sind in der Beschwerde weder geltend gemacht worden noch im Verfahren vor dem VfGH hervorgekommen (vgl. VfSlg. 9180/1981, 10562/1985).

2. Zur Begründung der behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird in der Beschwerde vorgebracht, daß die kaufgegenständlichen Grundstücke aufgrund ihrer Beschaffenheit vom Verkäufer nicht als land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke genutzt worden seien; sie seien als solche auch nicht verwendbar. Die bel. Beh. habe daher zu Unrecht ihre Zuständigkeit in Anspruch genommen, da sie gemäß §1 Oö. GVG 1975 für die Übertragung von nicht der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstücken nicht kompetent sei.

Der VfGH hat im Hinblick auf die Angaben des Bf. im Ansuchen an die Grundverkehrsbezirkskommission um grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Rechtsgeschäftes und im Hinblick auf die ausdrückliche Anerkennung der Feststellungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides in der dagegen erhobenen Berufung den Bf. aufgefordert, zu den Darlegungen in der Gegenschrift der bel. Beh. über die Eigenschaft des Grundstückes als ein land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück Stellung zu nehmen.

In seiner Stellungnahme führt der Bf. aus, daß auf einem Teil des Grundstückes Kartoffel angebaut worden seien und daß es sich um eine "landwirtschaftlich unbedeutende und nahezu unproduktive Landfläche" handle, welche bei der Gesamtgrundfläche des Veräußerers von über 17 ha überhaupt nicht ins Gewicht falle. Insbesondere liege aber weder ein in §6 Oö. GVG 1975 angeführter Versagungsgrund vor noch widerspreche das Rechtsgeschäft auf sonstige Weise den in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 normierten Anforderungen.

Nach dem Inhalt dieser Ausführungen hält der Bf. die Behauptung, daß es sich bei dem von ihm erworbenen Grundstück nicht um ein land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück handle, nicht mehr aufrecht.

Sowohl aus den Angaben des Bf. im Ansuchen um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung als auch aus den Feststellungen der Grundverkehrsbehörde I. Instanz bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung geht hervor, daß das Grundstück, dessen Erwerb der Bf. beabsichtigt hatte, der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Rahmen des Betriebes des Verkäufers gewidmet ist und damit den Bestimmungen des Oö. GVG 1975 unterliegt.

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden (vgl. VfSlg. 9765/1983, 10562/1985).

3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung in das Eigentumsrecht des Erwerbers (Käufers) eingegriffen. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte dieser Eingriff nur dann verfassungswidrig sein, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 9047/1981, 10564/1985).

b) Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, ist die bel. Beh. zur Auffassung gelangt, daß eine Selbstbewirtschaftung des Grundstückes durch den Bf. als Käufer nicht zu erwarten sei. Dieser Schlußfolgerung der bel. Beh. liegt jedenfalls nicht eine Anwendung des Grundverkehrsgesetzes zugrunde, die als so fehlerhaft qualifiziert werden könnte, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte. Demnach liegt die vom Bf. behauptete Verletzung des Eigentumsrechtes nicht vor.

4. a) Im Gleichheitsrecht könnte der Bf. durch den angefochtenen Bescheid nur verletzt worden sein, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte.

b) Der Bf. behauptet, die bel. Beh. habe es unterlassen, ein Gutachten der Bezirksbauernkammer dahingehend einzuholen, daß er durchaus in der Lage sei, die erworbenen Grundstücke zu bewirtschaften und einen biologischen Landbau zu betreiben. Das dem angefochtenen Bescheid vorausgegangene Verfahren sei derart mangelhaft, daß der bel. Beh. ein willkürliches Vorgehen vorzuwerfen sei.

c) Die bel. Beh. konnte sich bei ihrer Entscheidung auf die Feststellungen der Grundverkehrsbehörde I. Instanz stützen. Bei der unter Vornahme eines Lokalaugenscheines durchgeführten Verhandlung wurde von einem - die Eigenschaft eines landwirtschaftlichen Sachverständigen besitzenden - Mitglied der Kommission ausgeführt, daß das Grundstück im Besitz des Landwirtes doch einem möglichen Nutzen zugeführt werden könne, womit eine bestimmte Ordnungsfunktion verbunden sei.

Auch vom Standpunkt des Erwerbers sei es wenig sinnvoll, das Grundstück für den biologischen Landbau zu erwerben, da nicht einmal die Hälfte landwirtschaftlich nutzbar sei und das Grundstück im Überschwemmungsbereich des Sipbaches liege.

Allein schon aus diesen Ausführungen sowie aus den übrigen Feststellungen bei der Vornahme des Lokalaugenscheines (I/1 litb) geht hervor, daß die Behauptung, das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Verwaltungsverfahren sei so mangelhaft, daß die Mangelhaftigkeit als ein in die Verfassungssphäre reichendes, als Willkür zu bezeichnendes Fehlverhalten der Behörde qualifiziert werden müßte, nicht zutrifft.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nicht vor.

5. a) Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, Liegenschaften aller Art zu erwerben, verletzt worden zu sein.

Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, nach der allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, durch die Bestimmungen des Art6 StGG nicht ausgeschlossen sind (vgl. VfSlg. 8309/1978, 10562/1985).

Im übrigen ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht die subjektiven Eigenschaften des Bf. maßgeblich waren, sondern daß objektive Umstände, aus denen ein Widerspruch des Rechtsgeschäftes zu den vom Grundverkehrsgesetz geschützten öffentlichen Interessen abgeleitet wurde, zur Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung geführt haben.

6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Behördenzuständigkeit Grundverkehr, Selbstbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B754.1984

Dokumentnummer

JFT_10139773_84B00754_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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