TE Vfgh Erkenntnis 1986/2/28 B570/85

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Veröffentlicht am 28.02.1986
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
MRK Art6
StGG Art5
Vlbg GVG §5 Abs1

Leitsatz

Vbg. GVG; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §5 Abs1; denkmögliche Annahme, das Kaufobjekt (Alpweidefläche) werde nicht selbst bewirtschaftet, sondern verpachtet; denkmögliche Annahme, daß das Kaufobjekt zusammen mit vorhandener Hofstelle noch immer zu gering iS der Interessen des §5 Abs1 sei; keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht; keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren iS des Art6 MRK

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg versagte mit Bescheid vom 22. August 1984 gemäß §5 Abs1 des (Vbg.) Grundverkehrsgesetzes, Vbg. LGBl. 18/1977 (Vbg. GVG), die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb der Liegenschaft ..., KG Fluh (Alpe Ringelberg) mit einem Ausmaß von etwa 18 ha um den Kaufpreis von 2,5 Millionen Schilling. Als Verkäufer trat Dr. R K (ein Rechtsanwalt), als Käufer F H (ein Holzkaufmann und Sägewerksbesitzer, ein österreichischer Staatsbürger) auf. Der dagegen von beiden Vertragspartnern eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid des (Vbg.) Grundverkehrssenates vom 19. Juni 1985 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid erheben Dr. R K und F H die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin wird die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

3. Der Grundverkehrssenat als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Erwerb von Eigentum an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück durch einen Inländer ist dem §1 Abs1 lita iVm. §3 Abs1 lita Vbg. GVG zufolge nur mit Genehmigung der Grundverkehrsbehörde zulässig.

Unstrittig und durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten belegt ist, daß es sich beim Kaufobjekt um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt.

2. a) Die bel. Beh. stützte den angefochtenen Bescheid auf den Untersagungsgrund des §5 Abs1 Vbg. GVG.

Diese landesgesetzliche Bestimmung legt den generellen Versagungstatbestand beim Rechtserwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch Inländer fest. Sie lautet:

"Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita" (Inländererwerb) "ist nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht, der Rechtserwerb an ausschließlich forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken überdies nur dann, wenn er dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse oder dem Interesse der Volkswirtschaft im besonderen nicht widerspricht."

§6 Vbg. GVG enthält Anwendungsbeispiele zum generellen Versagungstatbestand (vgl. zB VfSlg. 9913/1984).

b) Die bel. Beh. begründete ihre ablehnende Berufungsentscheidung - nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens - im wesentlichen wie folgt:

"... Im Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung vom 13. 6. 1984 wurde ausdrücklich vorgebracht, daß die Fortsetzung des Pachtverhältnisses Voraussetzung für die Zustimmung des derzeitigen Eigentümers zum Verkauf der Liegenschaften ist. Es wurde betont, daß sich an der tatsächlichen Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen nichts ändere. Auch wurde mit Schriftsatz vom 8. 8. 1984 erneut der Behörde mitgeteilt, daß im Falle der Genehmigung des Verkaufes an F H das Pachtverhältnis mit F F aufrechterhalten werde. Laut einem Schreiben an den Landwirt B wurde zwischen dem derzeitigen Eigentümer, F H und dem Landwirt B bereits Einigung darüber erzielt, daß ein Teil der Weidefläche an diesen verpachtet werden soll, wobei sogar die Teilfläche gemeinsam abgeschritten und in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt worden ist. Dieses Pachtanbot wurde von E B am 12. 8. 1984 angenommen. Als Beginn des Pachtvertrages wurde der 1. 1. 1985 vorgesehen, wobei vorerst bereits eine Pachtdauer von fünf Jahren sowie eine Verlängerung des Pachtvertrages nach den Bestimmungen des Landpachtgesetzes vereinbart wurde. Auch in der vorliegenden Berufung wurde erneut bekräftigt, daß das Pachtverhältnis mit dem bisherigen Pächter fortgesetzt werde und eine Teilfläche an den Landwirt B zu äußerst kulanten Bedingungen verpachtet werde.

Im Gegensatz dazu wurde von F H erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgebracht, er beabsichtige, auf den Kaufliegenschaften selbst Vieh zu sömmern. Allerdings wurden in diesem Zusammenhang keine konkreteren Angaben, in welcher Form die Führung eines bäuerlichen Betriebes vorgesehen sei, gemacht.

Im Hinblick auf das im erstinstanzlichen Verfahren und auch in der Berufung wiederholte und ausdrückliche Vorbringen, daß das bisherige Pachtverhältnis mit F F fortgesetzt werden soll und daß dies für den Verkäufer sogar eine Vorbedingung für den Verkauf darstelle, und in Anbetracht des bereits unterbreiteten und auch angenommenen Pachtanbotes an den Landwirt E B sowie der Tatsache der bisherigen außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit des Käufers ist es für den Grundverkehrssenat nicht glaubhaft, daß der Käufer die landwirtschaftlich genutzten Flächen tatsächlich selbst bewirtschaften wird. Dazu kommt, daß der Käufer zwar im Erbwege von seinem Vater ein landwirtschaftliches Betriebsgebäude sowie landwirtschaftlich genutzte Hofflächen in Hörbranz mit einem Ausmaß von 1,64 ha erhalten hat, diese Flächen jedoch nicht selbst bewirtschaftet, sondern seit Jahren an einen Landwirt verpachtet hat.

Der Erwerb von größeren zusammenhängenden landwirtschaftlich genutzten Flächen durch jemanden, der beabsichtigt, diese nicht selbst im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes zu bewirtschaften, sondern zu verpachten, widerspricht aber den Zielsetzungen des §5 Abs1 des Grundverkehrsgesetzes. Der Gedanke der Sicherung der Eigenbewirtschaftung ist ein tragender Grundsatz des Grundverkehrsrechtes. Auch der VfGH hat wiederholt darauf hingewiesen, daß im Grundverkehrsrecht seit jeher der Gedanke maßgebend war, daß es darauf ankomme, ob ein ausreichender Grund zur Annahme vorliege, daß vom Erwerber die Kaufsliegenschaften selbst bewirtschaftet werden (VfGH Slg. 5683/1968, Slg. 7927/1976, Slg. 8518/1979, Slg. 9070/1981, Slg. 9456/1982 ua.). Der Ankauf landwirtschaftlichen Nutzgrundes in der Absicht, diesen zu verpachten, verstößt gegen das öffentliche Interesse an der Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, landwirtschaftlichen Grundbesitzes.

Aber selbst wenn man davon ausginge, daß der Käufer die landwirtschaftlich genutzten Flächen durch die Sömmerung von Vieh nutzen sollte, würde der Erwerb den Zielsetzungen des §5 Abs1 des Grundverkehrsgesetzes auch aus folgenden Gründen widersprechen: Der Käufer verfügt derzeit lediglich über landwirtschaftlich nutzbare Flächen in Hörbranz im Ausmaß von ca. 1,7 ha. Dies ergibt sich aus dem von F H unwidersprochen gebliebenen Bericht der Gemeinde Hörbranz vom 13. 12. 1984 sowie dem eingeholten Grundstücksverzeichnis. Auf dieser Grundlage erscheint eine wirtschaftlich leistungsfähige und auch tragfähige Bewirtschaftung von Alpweideflächen im Ausmaß von über 9 ha im Rahmen eines bäuerlichen Betriebes nicht gewährleistet. Mit dem Erwerb von Alpweideflächen im Ausmaß von über 9 ha und einer Hoffläche von lediglich 1,7 ha wird keine Basis für einen leistungsfähigen und wirtschaftlich gesunden bäuerlichen Betrieb geschaffen. Dazu kommt die nicht unerhebliche Entfernung zwischen den Kaufsliegenschaften in Fluh und den Grundflächen in Hörbranz und die dadurch erschwerte Möglichkeit einer kostendeckenden Bewirtschaftung.

Der Grundverkehrssenat ist daher der Überzeugung, daß für den vorliegenden Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt werden kann, weil er aus den dargelegten Gründen sowohl dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes als auch der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht.

Da es sich bei den Kaufsliegenschaften doch überwiegend um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt, die Berufungsbehörde nach dem vorliegenden Antrag aber nur über den gesamten Rechtserwerb absprechen konnte, und dieser, was die landwirtschaftlichen Grundflächen betrifft, wie oben ausgeführt, den tragenden Grundsätzen des Grundverkehrsgesetzes widerspricht, konnte der Berufung keine Folge geben werden."

4. a) Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Sie begründen dies zusammengefaßt damit, daß der Käufer (der Zweitbeschwerdeführer) beabsichtige, in Zukunft seinen landwirtschaftlichen Besitz selbst zu bewirtschaften und den Landwirtschaftsbetrieb durch Zukauf des Kaufobjektes zu vergrößern. Mit diesen Grundflächen wäre es möglich, einen bäuerlichen Betrieb zu führen.

Darüber hinaus machen die Bf. geltend, in dem durch Art6 MRK gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein, weil an der Entscheidung der bel. Beh. ein befangener Beamter mitgewirkt habe; ein Beamter dieser Behörde habe nämlich den derzeitigen Pächter des Kaufobjektes dazu veranlaßt, sich als Interessent für den Erwerb des Grundstückes auszugeben.

b) aa) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wurden die bf. Parteien in der Ausübung eines Privatrechtes beschränkt. Im Sinne der ständigen Judikatur des VfGH greift der angefochtene Bescheid daher in das Eigentum der Bf. ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen worden oder wenn er gesetzlos ergangen wäre, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird (vgl. zB VfSlg. 9913/1984 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9474/1982) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung, 9600/1983).

bb) Im angefochtenen Berufungsbescheid werden die Ergebnisse des Administrativverfahrens (in dessen Rahmen in beiden Instanzen ein ausführliches Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde) zutreffend dargestellt. Davon ausgehend konnte der Grundverkehrssenat zumindest denkmöglich und ohne Willkür zu üben annehmen, daß der Käufer das Kaufobjekt nicht selbst bewirtschaften, sondern verpachten werde. Diese Absicht wurde im Verwaltungsverfahren vom Käufer wiederholt bekundet.

Beabsichtigt der Käufer aber nicht, ein landwirtschaftliches Grundstück selbst zu bewirtschaften, so verstößt dies - wie die bel. Beh. zutreffend ausführt - nach der ständigen Judikatur des VfGH gegen die grundverkehrsrechtlich geschützten öffentlichen Interessen.

Der bel. Beh. kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie (hilfsweise) meint, daß auch nach Zukauf der in Rede stehenden Liegenschaften noch immer nicht die Grundlage für einen leistungsfähigen und wirtschaftlich gesunden bäuerlichen Betrieb geschaffen wäre. Es ist nämlich die Annahme nicht abwegig, daß dafür eine Hofstelle von etwa 1,7 ha und etwa 9 ha Alpweidefläche zu gering sind (vgl. zB VfSlg. 8674/1979).

Wenn sich die bel. Beh. nur mit dem landwirtschaftlich genutzten Teil des Kaufobjektes, nicht aber mit jenem Teil, der Wald ist, beschäftigt hat, so kann ihr daraus kein Vorwurf gemacht werden. Die Grundverkehrsbehörde hat nämlich ein Rechtsgeschäft nur entweder zur Gänze zu genehmigen oder zur Gänze die Genehmigung zu versagen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Behörde die Rechtslage weder (grob) unrichtig beurteilt hat noch ihr gravierende, in die Verfassungssphäre reichende Verfahrensfehler unterlaufen sind.

Die Bf. sind mithin im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

c) Selbst wenn die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung (s. oben II.4.a) zutreffen sollte, daß ein Mitglied des Grundverkehrssenates mit dem derzeitigen Pächter des Kaufobjektes Kontakt aufgenommen hat, wäre dies hier unmaßgebend, da die Frage, ob (auch) der Pächter am Kauf der Liegenschaft interessiert ist oder nicht, für die Entscheidung der Behörde überhaupt keine Rolle spielte.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung,

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B570.1985

Dokumentnummer

JFT_10139772_85B00570_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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