TE Vfgh Beschluss 2008/10/8 G253/07

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Veröffentlicht am 08.10.2008
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
AVG §34, §36 Abs2
VfGG §62 Abs4
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. AVG § 34 heute
  2. AVG § 34 gültig ab 01.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  3. AVG § 34 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  4. AVG § 34 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. VfGG § 62 heute
  2. VfGG § 62 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  3. VfGG § 62 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 62 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2013
  5. VfGG § 62 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 62 gültig von 01.08.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2013
  7. VfGG § 62 gültig von 01.03.2013 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  8. VfGG § 62 gültig von 01.01.2004 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  9. VfGG § 62 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 62 gültig von 01.01.1989 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 732/1988
  11. VfGG § 62 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags eines UVS auf Aufhebung der dieZuständigkeit zur Überprüfung von Ordnungs- oder Mutwillensstrafenregelnden Bestimmung des AVG wegen zu weit gefasstenAnfechtungsumfanges; Berufungsgegenstand lediglich Verhängung vonOrdnungsstrafen

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (im Folgenden:römisch eins. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (im Folgenden:

UVS) hat aus Anlass bei ihm anhängiger Berufungen den auf Art140 B-VG gestützten Antrag gestellt, in §36 Abs2 erster Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51 idF BGBl. I 65/2002, die Worte "Ordnungs-", in eventu "Ordnungs- oder", als verfassungswidrig aufzuheben.UVS) hat aus Anlass bei ihm anhängiger Berufungen den auf Art140 B-VG gestützten Antrag gestellt, in §36 Abs2 erster Satz des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 65 aus 2002,, die Worte "Ordnungs-", in eventu "Ordnungs- oder", als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheiden vom 22. September 2006 und vom 26. September 2006 verhängte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz gemäß §34 Abs3 AVG jeweils eine Ordnungsstrafe iHv € 250,- Mit Bescheiden vom 22. September 2006 und vom 26. September 2006 verhängte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde römisch eins. Instanz gemäß §34 Abs3 AVG jeweils eine Ordnungsstrafe iHv € 250,-

über R.M., weil er sich in seinen schriftlichen Eingaben vom 18. September 2006 und vom 24. September 2006 einer beleidigenden Schreibweise bedient habe. Dagegen sind beim UVS zwei Berufungen anhängig.

3. In der Sache vertritt der antragstellende UVS die Auffassung, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten "für den Bereich der Bodenreform iSd Art12 Abs2 B-VG keinerlei Entscheidungsbefugnis zusteht".

Bei der Verhängung von Ordnungsstrafen handle es sich um Maßnahmen der Verfahrenspolizei, für deren Anordnung das AVG gelte. Im Sinne des Adhäsionsprinzips sei daher jene Behörde, vor der das jeweilige Verfahren zu führen sei, auch für allfällige Ordnungsstrafen zuständig. Demgegenüber sehe §36 Abs2 AVG vor, dass gegen Bescheide, mit denen eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zulässig ist. Die angefochtene Bestimmung führe im Ergebnis dazu, dass - entgegen der Anordnung in Art12 Abs2 B-VG - nicht die Agrarbehörden, sondern die unabhängigen Verwaltungssenate für Berufungen gegen die Verhängung von Ordnungs- oder Mutwillensstrafen zuständig seien.

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den vom antragstellenden UVS vorgebrachten Bedenken mit der Begründung Abstand nimmt, dass voraussichtlich im Dezember 2007 das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz vom Nationalrat beschlossen werde, dessen Art7 Z1 den ersatzlosen Entfall des §36 Abs2 AVG vorsehe. Da sich der Instanzenzug bei der Verhängung von Ordnungs- oder Mutwillensstrafen sohin künftig iSd §63 Abs1 AVG nach den Verwaltungsvorschriften richten werde, habe der UVS die angefochtene Bestimmung nach In-Kraft-Treten des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes nicht mehr anzuwenden. Für den Fall, dass der antragstellende UVS seinen Antrag nicht zurückziehen sollte, stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle den Antrag mangels Präjudizialität zurückweisen.

II. 1. §36 Abs2 AVG in der angefochtenen Fassung BGBl. I 65/2002römisch II. 1. §36 Abs2 AVG in der angefochtenen Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 65 aus 2002,

lautete:

"Widmung und Vollzug der Ordnungs- und Mutwillensstrafen;
Rechtsmittel

§36. (1) ...

  1. (2)Absatz 2Gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, ist Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zulässig. Dies gilt nicht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einzelmitglied zu entscheiden."

2. Mit BG BGBl. I 4/2008 wurde §36 Abs2 AVG mit Wirksamkeit vom 5. Jänner 2008 ersatzlos aufgehoben (vgl. Art7 Z1 und Z4 betreffend die Änderung des AVG sowie AB 371 BlgNR 23. GP, 18). §36 AVG in der nunmehr geltenden Fassung lautet: 2. Mit BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2008, wurde §36 Abs2 AVG mit Wirksamkeit vom 5. Jänner 2008 ersatzlos aufgehoben vergleiche Art7 Z1 und Z4 betreffend die Änderung des AVG sowie AB 371 BlgNR 23. GP, 18). §36 AVG in der nunmehr geltenden Fassung lautet:

"Widmung und Vollzug der Ordnungs- und Mutwillensstrafen;
Rechtsmittel

§36. Die Ordnungs- und Mutwillensstrafen fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat. Die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über den Strafvollzug sind sinngemäß anzuwenden."

III. Der Antrag ist nicht zulässig:römisch III. Der Antrag ist nicht zulässig:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003). 1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet vergleiche etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

Der UVS hat Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des bei ihm angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides zu berücksichtigen. Es ist daher ausgeschlossen, dass der antragstellende UVS bei seiner Entscheidung über die anhängigen Berufungen im Anlassverfahren die - zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufungen zwar noch seine Zuständigkeit begründende, allerdings mit Wirksamkeit vom 5. Jänner 2008 aufgehobene - Bestimmung des §36 Abs2 AVG idF BGBl. I 65/2002 (weiterhin) anzuwenden hat. Der Instanzenzug bei Ordnungs- oder Mutwillensstrafen richtet sich nämlich seit In-Kraft-Treten des BG BGBl. I 4/2008 nach dem allgemeinen Grundsatz des §63 Abs1 AVG. Der UVS hat Änderungen der Rechtslage nach Erlassung des bei ihm angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides zu berücksichtigen. Es ist daher ausgeschlossen, dass der antragstellende UVS bei seiner Entscheidung über die anhängigen Berufungen im Anlassverfahren die - zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufungen zwar noch seine Zuständigkeit begründende, allerdings mit Wirksamkeit vom 5. Jänner 2008 aufgehobene - Bestimmung des §36 Abs2 AVG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 65 aus 2002, (weiterhin) anzuwenden hat. Der Instanzenzug bei Ordnungs- oder Mutwillensstrafen richtet sich nämlich seit In-Kraft-Treten des BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2008, nach dem allgemeinen Grundsatz des §63 Abs1 AVG.

2. Da der UVS seinen Antrag entgegen der sich aus §62 Abs4 VfGG ergebenden Verpflichtung nicht zurückgezogen hat, ist er mangels der auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch erforderlichen Präjudizialität der zur Aufhebung beantragten Norm als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 16.136/2001, 17.790/2006). 2. Da der UVS seinen Antrag entgegen der sich aus §62 Abs4 VfGG ergebenden Verpflichtung nicht zurückgezogen hat, ist er mangels der auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch erforderlichen Präjudizialität der zur Aufhebung beantragten Norm als unzulässig zurückzuweisen vergleiche VfSlg. 16.136/2001, 17.790/2006).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Ordnungsstrafe, Mutwillensstrafe, UnabhängigerVerwaltungssenat, Behördenzuständigkeit, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH/ Präjudizialität, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:G253.2007

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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