TE Vfgh Beschluss 1986/3/3 WI-12/85, WI-13/85

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Veröffentlicht am 03.03.1986
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 litb
VfGG §67 Abs2

Leitsatz

Art141 B-VG; VerfGG 1953 §67 Abs2; Anfechtung der Wahl des Bürgermeisters und des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Pottenstein durch neun Anfechtungswerber - sieben davon hatten zum Zeitpunkt der Einbringung der Wahlanfechtung bereits rechtswirksam auf ihre Gemeinderatsmandate verzichtet; Anfechtungsbedingungen des §67 Abs2 VerfGG nicht erfüllt

Spruch

Die Wahlanfechtungen werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Am 14. April 1985 fand die Wahl des Gemeinderates der Marktgemeinde Pottenstein (Bezirk Baden, NÖ) statt, bei der - laut Kundmachung des Bürgermeisters vom 14. April 1985 - von den 21 zu vergebenden Gemeinderatsmandaten (§19 Abs1 Nö. Gemeindeordnung 1973 (Nö. GO 1973), LGBl. 1000-4) auf die

Österreichische Volkspartei (ÖVP) 10, die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) 9 und die Kommunisten und Linkssozialisten (KLS) 2 Mandate entfielen.

1.2. In der konstituierenden Sitzung des (neugewählten) Gemeinderates der Marktgemeinde Pottenstein vom 6. Mai 1985 fand - nach Angelobung der Gemeinderatsmitglieder - die Wahl des Bürgermeisters und der geschäftsführenden Gemeinderäte statt (Punkte V. und VI. des Sitzungsprotokolls vom 6. Mai 1985), bei der - laut Kundmachung des Bürgermeisters vom 7. Mai 1985 -

Karl Schwarz (SPÖ) zum Bürgermeister und Johann Karl (SPÖ),

Berta Matkowitz (SPÖ),

Rudolf Slavik (KLS),

Dr. Paul Baumgartner (ÖVP),

Johann Hönigsberger (ÖVP) sowie

Ing. Karl Holzer (ÖVP)

zu geschäftsführenden Gemeinderäten gewählt wurden.

Zu einer Wahl des 1. (und einzigen) Vizebürgermeisters kam es (aus den in Punkt VII. des oben angeführten Sitzungsprotokolls dargelegten Gründen) nicht.

1.3.1. Im Anschluß an die Wahl des Bürgermeisters und der geschäftsführenden Gemeinderäte gaben - wie aus den von der Landes-Hauptwahlbehörde vorgelegten Wahlakten ersichtlich ist - acht Gemeinderäte der Marktgemeinde Pottenstein, und zwar Ing. Karl Holzer, Franz Grill, Franz Ludwig, Rosa Hausner, Franz Appel, Elisabeth Leithner, Leopold Sulzer und Friedrich Holzinger, gemäß §23 Abs1 Nö. GO 1973 die (noch am 6. Mai 1985 beim Gemeindeamt eingelangte) schriftliche Erklärung ab, auf ihre Gemeinderatsmandate zu verzichten.

(Die Hervorhebung bezeichnet die Anfechtungswerber vor dem VfGH.)

Dieser Verzicht wurde mit Ablauf des 14. Mai 1985 rechtswirksam (§23 Abs1 1.c.).

1.3.2. Die Nö. Landesregierung löste daraufhin gemäß §94 Abs2 Nö. GO 1973 den Gemeinderat der Marktgemeinde Pottenstein auf (- rechtskräftiger - Bescheid vom 20. Juni 1985, Z II/1-57-85) und setzte für den 6. Oktober 1985 die Neuwahl fest (V vom 26. Juli 1985, LGBl. 0350/41-0).

1.4. Mit dem am 1. August 1985 zur Post gegebenen Schriftsatz vom 31. Juli 1985 fochten neun "Mitglieder des Gemeinderates der Marktgemeinde Pottenstein", und zwar Dr. Paul Baumgartner, Franz Grill, Johann Hönigsberger, Franz Ludwig, Ing. Karl Holzer, Rosa Hausner, Franz Appel, Friedrich Holzinger und Leopold Sulzer, gestützt auf Art141 Abs1 litb B-VG, die Wahl des Bürgermeisters (protokolliert zur hg. AZ WI-12/85) und (eines Mitgliedes) des Gemeindevorstandes (hg. AZ WI-13/85) der Marktgemeinde Pottenstein vom 6. Mai 1985 wegen näher bezeichneter Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens an.

2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 litb B-VG erkennt der VfGH ua. über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde (= Gemeindevorstand iS des §67 VerfGG 1953). Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

2.1.2. Nach §67 Abs2 VerfGG 1953 bedarf die Anfechtung "der Wahl zu einem Gemeindevorstand des Antrages von einem Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung, mindestens aber von zwei Mitgliedern".

2.2.1. Angesichts des Umstandes, daß jedenfalls sieben von neun der vor dem VfGH als Anfechtungswerber auftretenden Personen im Zeitpunkt der Einbringung der Wahlanfechtung (1. August 1985) die Funktion eines Gemeinderates nicht mehr zukam, weil sie - nach dem bereits Gesagten - auf ihre Gemeinderatsmandate gemäß §23 Abs1 Nö. GO 1973 iVm. §4 GWO rechtswirksam verzichtet hatten (s. Punkt 1.3.1.), und die verbleibenden beiden anfechtenden Gemeindevorstandsmitglieder (mit eingeschränktem Wirkungsbereich - §94 Abs3 Nö. GO 1973) Dr. Paul Baumgartner und Johann Hönigsberger die Anfechtungsbedingungen des §67 Abs2 VerfGG 1953 (ein Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung sind hier drei Gemeinderäte - s. Abschn. 1.1.) nicht erfüllen, erweisen sich die Anfechtungen der Wahlen zu den mit der Vollziehung betrauten Organen der Gemeinde (Bürgermeister, Gemeindevorstand) als unzulässig.

2.2.2. Die Wahlanfechtungen waren daher schon aus dieser Überlegung zurückzuweisen, ohne daß auf das Vorbringen in der Sache selbst eingegangen werden konnte.

Schlagworte

Wahlen / Gemeindevollziehungsorgane / Bürgermeister, Wahlen / Gemeindevollziehungsorgane / Gemeindevorstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:WI12.1985

Dokumentnummer

JFT_10139697_85WI0012_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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