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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des "§2" der V des BMBT vom 12. April 1985, BGBl. 158/1985, sowie des §33 Abs3 StadterneuerungsG; Abwarten einer Klage des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds zumutbar; Mangel der LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. J E und M A E stellten mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1985 gemäß Art140 Abs1 letzter Satz und Art139 Abs1 letzter Satz B-VG den Antrag, der VfGH möge aus näher bezeichneten Gründen folgende, sie unmittelbar in ihren Rechten verletzende Normen, nämlich §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF BGBl. 483/1984 (das ist die geltende Fassung) als verfassungswidrig und "§2" (gemeint wohl: Z1) der aufgrund dieser Gesetzesstelle erlassenen V des Bundesministers für Bauten und Technik vom 12. April 1985, BGBl. 158/1985, womit die V desselben Bundesministers vom 14. Dezember 1984, betreffend die Förderung von Maßnahmen zur Stadterneuerung (StadterneuerungsV 1984), BGBl. 528/1984, geändert wurde, als gesetzwidrig aufheben.
1.2.1. Die zur Äußerung eingeladene Bundesregierung trat dafür ein, den Antrag auf Aufhebung des §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz in geltender Fassung als unzulässig zurückzuweisen.
1.2.2. Der gleichfalls um Stellungnahme ersuchte Bundesminister für Bauten und Technik begehrte die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der V BGBl. 158/1985.
2. Über die Anträge wurde erwogen:
2.1.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz (Art139 Abs1 letzter Satz) B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH über Verfassungswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) von Gesetzen (V) auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz (die V) ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides (für diese Person) wirksam geworden ist.
2.1.2. Der VfGH vertritt seit dem Beschl. VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 (Art139 Abs1) B-VG setze voraus, daß die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigten muß und daß der durch Art140 Abs1 (Art139 Abs1) B-VG eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, dem einzelnen Rechtsunterworfenen Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 9062/1981, 9685/1983).
2.2.1. Die Antragsteller sind Eigentümer einer mit Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds geförderten Eigentumswohnung. Es wurde ihnen ein Darlehen nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz, BGBl. 130/1948, zugezählt, welches mit einem Restbetrag aushaftet. Sie haben aufgrund der angefochtenen Gesetzesbestimmung und der ebenfalls angefochtenen V des Bundesministers für Bauten und Technik ab 1. Jänner 1986 - anders als bis dahin - entsprechende Darlehenszinsen zu bezahlen.
Der abgeschlossene Darlehensvertrag ist ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis; Streitigkeiten aus dem Vertrag fallen als bürgerliche Rechtssachen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Davon gehen auch die Antragsteller aus.
2.2.2. Die Antragsteller vermeinen, es sei ihnen nicht zuzumuten, eine Klage des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds auf Zahlung der Zinsen oder gar die Kündigung des Darlehensvertrages abzuwarten.
Dieser Rechtsansicht kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Wie der VfGH bereits - in ähnlich gelagerten Fällen - aussprach (vgl. zB VfSlg. 9685/1983), ist es - hier den Antragstellern - durchaus zumutbar, in einem Rechtsstreit aus einer zivilrechtlichen Verpflichtung der in Rede stehenden Art verfassungsrechtliche Bedenken gegen präjudizielle Bestimmungen des Stadterneuerungsgesetzes vorzutragen und vor dem Gericht der zweiten Rechtsstufe die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages beim VfGH anzuregen; aus dem Vorbringen der Antragsteller resultierende Bedenken gegen die StadterneuerungsV würden sogar schon das Gericht erster Instanz zur Einbringung eines Aufhebungsantrags iS des Art89 Abs2 B-VG verpflichten.
Wollte man allein wegen des Prozeßrisikos und der damit verbundenen Kostenfolgen grundsätzlich davon ausgehen, daß die Beschreitung des Zivilrechtsweges unzumutbar sei, verlöre die in Art140 Abs1 (Art139 Abs1) B-VG enthaltene Einschränkung "sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung ... für diese Person wirksam geworden ist" ihren hauptsächlichen Anwendungsbereich.
2.3. Der Antrag war - aus den dargelegten Erwägungen - mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, VfGH / Individualantrag, Wohnbauförderung, WohnhauswiederaufbauEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:G230.1985Dokumentnummer
JFT_10139697_85G00230_00