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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Tir. GVG; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zum Erwerb von Liegenschaftsanteilen gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc; keine willkürliche oder denkunmögliche Annahme, daß der Bf. (Erwerber) einerseits mangels eigener Wirtschaftsgebäude, andererseits mangels Zustimmung der Mehrheitseigentümer zur Selbstbewirtschaftung nicht in der Lage sein werde; keine Verletzung im Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung; keine Verletzung im Recht auf LiegenschaftserwerbsfreiheitSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag des Bf. auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Kaufverträgen vom 10., 17., 21. und 24. November 1980 erwarb der Bf. von M G 1/8 und von den Geschwistern M A, B A, E G und A E je 1/80 Anteil an den Liegenschaften EZ ... und ... KG Stronach um 250000 S für den 1/8 Anteil bzw. um je 25000 S für den 1/80 Anteil.
2.1 Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Iselsberg-Stronach vom 15. Juli 1981 wurde das Ansuchen um grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieser Verträge gemäß §§6 Abs1 AVG iVm. 15 Abs1 des Grundverkehrsgesetzes 1970 idgF - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - zurückgewiesen.
Die Grundverkehrsbehörde ging davon aus, daß die Verkäufer Miterben nach F G seien, der in seinem Testament angeordnet habe, daß die Liegenschaften EZ ... und ... KG Stronach - es handelt sich um den sogenannten ...-Hof - als Ganzes erhalten bleiben und weiterhin ordnungsgemäß bewirtschaftet werden sollen, weshalb der Erblasser angeordnet hatte, daß nach dem Ableben seiner Frau der Hof abverkauft und der Erlös den Blutsverwandten seiner Familie zufallen solle. Da das Abhandlungsgericht eine Genehmigung zum vorliegenden Verkauf noch nicht erteilt habe, seien die Erbenprätendenten zu einer Veräußerung nicht berechtigt, sodaß dem Rechtsgeschäft die Gültigkeit mangle.
2.2 Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 21. Jänner 1982 Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und der Grundverkehrsbehörde erster Instanz eine Sachentscheidung aufgetragen.
Aufgabe der Grundverkehrsbehörde sei es ausschließlich, zu prüfen, ob vertragliche Vereinbarungen ausreichen, einen Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 GVG zu begründen, was im vorliegenden Fall zu bejahen sei, da den Verkäufern aufgrund der Abgabe der Erbserklärung ein obligatorischer Anspruch auf das Eigentum an den ihnen vermachten Miteigentumsanteilen zukomme. Für die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde sei unbeachtlich, ob ein Vertrag grundbuchsfähig sei oder nicht. Die Grundverkehrsbehörde erster Instanz habe daher meritorisch zu prüfen, ob die beabsichtigten Eigentumsübertragungen den öffentlichen Interessen iS des §4 Abs1 GVG zuwiderlaufen.
2.3 Mit (Ersatz-)Bescheid der Grundverkehrsbehörde Iselsberg-Stronach vom 27. April 1982 wurde sodann den in Frage stehenden Eigentumsübertragungen die Zustimmung versagt.
Begründend wurde ausgeführt, daß abgesehen von den Verkäufern noch sieben weiteren Personen obligatorische Ansprüche auf Miteigentum an den Liegenschaften EZ ... und ... KG Stronach zustünden. Diese hätten sich jedoch geeinigt, einen gemeinsamen Verkauf an einen Landwirt ins Auge zu fassen, um so der testamentarischen Verfügung des Erblassers Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall sei weiters davon auszugehen, daß der Erwerber von Beruf Metzgermeister sei und keinen landwirtschaftlichen Betrieb besitze. Er sei daher nicht in der Lage, die zu erwerbenden Miteigentumsanteile im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst ordnungsgemäß zu bewirtschaften, zumal er über keine eigenen Betriebsobjekte verfüge. Daran vermöge auch nichts zu ändern, daß der Erwerber Teile der kaufgegenständlichen Liegenschaften schon seit einigen Jahren pachtweise nutze. Darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, daß immerhin noch weitere 66/80 Anteile der Liegenschaften EZ ... und ... KG Stronach im Miteigentum von sieben anderen Personen stünden und eine Selbstbewirtschaftung durch den Käufer ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer gar nicht möglich sei; diese hätten sich aber gegen den vorliegenden Abverkauf ausgesprochen. Eine Zustimmung zum beabsichtigten Rechtsgeschäft würde den Zielsetzungen des §4 Abs1 GVG widersprechen.
2.4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 4. Feber 1983 als unbegründet abgewiesen und der beabsichtigten Eigentumsübertragung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG nicht zugestimmt.
Zur Begründung wird im wesentlichen auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.
3.1 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Erwerbsfreiheit und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2 Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 ein.
Mit Erk. vom 17. Oktober 1985, G73/85 ua., wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
5.1.1 Die behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes lastet der Bf. der bel. Beh. an, weil im angefochtenen Bescheid, ebenso wie im Bescheid erster Instanz, die Ansicht vertreten werde, daß die Selbstbewirtschaftung ein eigenes landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude voraussetze. Eine solche Rechtsauffassung schaffe jedoch zwei Gruppen von Landwirten, eine solche mit eigenen Betriebsobjekten und eine andere ohne Betriebsobjekt; letzteren werde die Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung abgesprochen, was zur Folge habe, daß Landwirte ohne eigenes Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlichen Grund nicht erwerben könnten. Für eine solche Differenzierung sei kein sachlicher Grund zu finden.
5.1.2 Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9474/1982) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 9726/1983).
Wie der VfGH wiederholt ausgesprochen hat, war im Grundverkehrsrecht seit jeher (§5 Abs1 Z1, StGBl. 583/1919) auch der Gedanke tragend, es komme darauf an, ob ein "ausreichender Grund zur Annahme vorliegt, daß der Erwerber das Gut nicht selbst ... bewirtschaften wird" (VfSlg. 5683/1968). Demnach ist es in den durch das GVG zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden (vgl. VfSlg. 7927/1976, 8245/1978, 8518/1979). Wenn nun die bel. Beh. schon deshalb zu der Annahme kam, daß dem Bf. eine Selbstbewirtschaftung der gekauften Grundstücke nicht möglich sein werde, weil ihm kein eigenes Wirtschaftsgebäude zur Verfügung stehe, ist dies jedenfalls weder willkürlich noch denkunmöglich. Die bel. Beh. hielt eine Selbstbewirtschaftung durch den Bf. aber auch deshalb für ausgeschlossen, weil er nur 14/80 Anteile an den Kaufgrundstücken erwarb und die übrigen Miteigentümer eine Veräußerung an eine dritte Person wünschen. Eine ordnungsgemäße Nutzung der vom Bf. erworbenen Anteile gegen den Willen der Mehrheitseigentümer sei auszuschließen. Die Nichteinigung werde in der Folge bedeuten, daß mit einer Teilung der landwirtschaftlichen Liegenschaften zu rechnen sei. Der VfGH muß der bel. Beh. zubilligen, daß die von ihr angestellten Überlegungen naheliegen, sodaß der Annahme, dem Bf. werde eine Selbstbewirtschaftung möglich sein, sachverhaltsmäßige und rechtliche Gründe entgegenstehen. Von einer willkürlichen Gesetzesanwendung durch die bel. Beh. kann unter den gegebenen Umständen keine Rede sein.
5.2.1 Der Bf. vermeint weiters, durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf freie Erwerbsbetätigung verletzt zu sein, weil die bel. Beh. ihm die Möglichkeit nehme, eigenen landwirtschaftlichen Grund zu erwerben und ihm damit eine berufliche Tätigkeit als Landwirt unmöglich mache.
5.2.2 Eine Verletzung des Grundrechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung setzt voraus, daß einem Staatsbürger durch verwaltungsbehördliche Bescheide der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird (zB VfSlg. 9169/1981, 9680/1983). Von all dem kann im vorliegenden Fall jedoch nicht die Rede sein. Daß in Wahrung der öffentlichen Interessen zum Schutze des Grundverkehrs einem beabsichtigten Rechtserwerb die Zustimmung versagt wird, bedeutet keineswegs, daß dem Bf. der Antritt oder die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als Landwirt verwehrt wird.
5.3.1 Der Bf. behauptet schließlich, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt zu sein. Durch grundverkehrsbehördliche Entscheidungen der vorliegenden Art werde hinsichtlich landwirtschaftlicher Grundstücke ein Erwerbsmonopol für jene Landwirte geschaffen, die über eigene Betriebsobjekte verfügen.
5.3.2 Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann berührt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen
(VfSlg. 9070/1981).
Auch derartiges kann der bel. Beh. nicht angelastet werden. Die Ansicht der bel. Beh., daß die Selbstbewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Grundstückes ein Betriebsgebäude voraussetze, mag unter bestimmten Umständen verfehlt sein, in die Verfassungssphäre reicht sie jedenfalls nicht. Daß der angefochtene Bescheid darauf hinauslaufe, daß Landwirte gegenüber Nichtlandwirten bevorzugt werden sollen, trifft offenkundig nicht zu.
Der Bf. ist somit auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Liegenschaftserwerbsfreiheit nicht verletzt worden.
5.4 Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Die vom Bf. für den Fall der Abweisung seiner Beschwerde beantragte Abtretung an den VwGH kommt nicht in Frage. Die Landesgrundverkehrsbehörde ist gemäß §13 Abs4 bis 9 GVG als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet. Die Anrufung des VwGH ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Abtretungsantrag war daher abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung, Erwerbsausübungsfreiheit, LiegenschaftserwerbsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B166.1983Dokumentnummer
JFT_10139696_83B00166_00