TE Vfgh Erkenntnis 1986/3/6 WI-9/85

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Veröffentlicht am 06.03.1986
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Nö GdWO 1974 §46 Abs2
Nö GdWO 1974 §46 Abs4 Z3
Nö GdWO 1974 §52
Nö GdWO 1974 §57
VfGG §68 Abs1

Leitsatz

Art141 B-VG; Nö. GemeindewahlO 1974; Anfechtung der Gemeinderatswahl Mautern an der Donau; Feststellung der Ungültigkeit eines bereits einer Wahlpartei zugezählten Stimmzettels, der den größenmäßigen Anforderungen des §46 Abs2 Nö. GemeindewahlO 1974 nicht entsprach, noch vor dem endgültigen Abschluß der Überprüfung gemäß §52 leg. cit. durch die Gemeindewahlbehörde - keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens

Spruch

Der Wahlanfechtung wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Am 14. April 1985 fand die mit V der Nö. Landesregierung vom 4. Dezember 1984, LGBl. 0350/40-0, ausgeschriebene Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mautern an der Donau, Bezirk Krems, Bundesland Niederösterreich, statt.

1.1.2. Dieser Wahl lagen von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) eingebrachte, von der Gemeindewahlbehörde überprüfte und gemäß §34 der Nö. Gemeindewahlordnung 1974 (GWO), LGBl. 0350-4, kundgemachte Wahlvorschläge zugrunde.

1.1.3.1. Laut Feststellung der Gemeindewahlbehörde entfielen von 1950 abgegebenen gültigen Stimmen - 65 Stimmzettel wurden als ungültig gewertet - auf die

ÖVP       1387,

SPÖ        477,

FPÖ         86.

1.1.3.2. Unter Zugrundelegung der Wahlzahl 86,68 wurden die 21 zu vergebenden Gemeinderatsmandate wie folgt verteilt:

ÖVP         16 Mandate,

SPÖ          5 Mandate,

FPÖ          0 Mandate.

1.2.1. Mit Bescheid der Landes-Hauptwahlbehörde vom 27. Juni 1985, Z II/1-227/1-85, wurde eine von K R, das ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der FPÖ, am 24. April 1985 - wegen näher bezeichneter Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, und zwar ua. wegen Ungültigerklärung eines bereits der FPÖ zugezählten Stimmzettels erst nach fernmündlicher Mitteilung des Wahlresultates an die Bezirkshauptmannschaft Krems - gemäß §57 GWO erhobene Beschwerde gegen das Wahlergebnis als unbegründet abgewiesen; dieser (letztinstanzliche) Bescheid wurde K R am 28. Juni 1985 zugestellt.

1.2.2. In der Begründung dieses Bescheides heißt es ua. wörtlich:

"... Zum Beschwerdevorbringen wurden im Weg der Bezirkshauptmannschaft Krems die Vorsitzende der Sprengelwahlbehörde I sowie die Mitglieder der Gemeindewahlbehörde einvernommen. Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen stellt sich die Stimmauswertung in der Sprengelwahlbehörde I so dar, daß die Sprengelwahlbehörde um 16 Uhr die Stimmabgabe für beendet erklärt habe. Anschließend seien die Wahlurnen entleert und die abgegebenen Kuverts abgezählt worden, wobei die Kuvertanzahl mit der Zahl der laut Abstimmungsverzeichnis erschienenen Wähler - zuzüglich der Wahlkuverts, die von der besonderen Wahlbehörde übernommen wurden - übereingestimmt habe. Nach dieser Feststellung seien die Wahlkuverts geöffnet und die Stimmzettel entnommen und eine Grobordnung nach den wahlwerbenden Parteien vorgenommen worden. Dieses vorläufige Stimmergebnis sei der Gemeindewahlbehörde weitergegeben worden. Anschließend, bei der genauen Stimmauszählung und Aufteilung der Stimmzettel in Namensstimmzettel und Parteienstimmzettel sei der zu kurze Stimmzettel der FPÖ aufgefallen. Eine Messung ergab, daß der Stimmzettel 10,5 cm breit und 14,9 cm lang war, sodaß dieser Stimmzettel von der Sprengelwahlbehörde einstimmig als ungültig erklärt wurde. Nach Beendigung der Stimmauswertung wurde der Wahlvorgang in einer eigenen Niederschrift beurkundet, wobei die Ungültigkeit des fraglichen Stimmzettels mit der fortlaufenden Zahl 14 festgehalten worden sei. Dieses endgültige Ergebnis sei der Gemeindewahlbehörde gemeldet worden, die nach Überprüfung des Wahlergebnisses das Endergebnis der Bezirkswahlbehörde übermittelt habe. Die Verkürzung des Stimmzettels wurde damit erklärt, daß die FPÖ Mautern Stimmzettel mittels Postzustellung ausgeschickt habe, die erst von einem weiteren Schriftstück abgetrennt werden mußten. ...

Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Mitglieder der Gemeindewahlbehörde und des sich dadurch ergebenden durchaus logischen und schlüssigen Geschehensablaufes bei der Stimmauswertung kann die Landes-Hauptwahlbehörde dem Beschwerdevorbringen nicht folgen. Der Beschwerdeführer erhebt den schweren Vorwurf der Wahlmanipulation, ohne Beweise dafür anbieten zu können. Die Schlußfolgerung, daß der Stimmzettel nur nachträglich verkürzt worden sein könne, ist nämlich nicht zwingend. Viel eher ist denkbar, daß der Stimmzettel bei der ersten Grobordnung übersehen und fälschlich zu den gültigen Stimmen gezählt wurde.

Der Sprengelwahlbehörde kann jedoch nicht die Befugnis abgesprochen werden, einen ungültigen Stimmzettel, der erst bei der Ordnung der Stimmzettel nach Stimmzetteln mit Namensumstellungen oder Streichungen und Stimmzetteln ohne Namensumstellungen oder Streichungen vorgefunden wurde, für ungültig zu erklären, zumal zu diesem Zeitpunkt das Ermittlungsverfahren durch die Sprengelwahlbehörde noch nicht abgeschlossen war.

Da nach Ansicht der Landes-Hauptwahlbehörde dieser geltend gemachte Beschwerdepunkt nicht zutrifft, war der Beschwerde kein Erfolg beschieden. ..."

1.3.1.1. Mit der vorliegenden, auf Art141 B-VG gestützten Wahlanfechtung beantragt die FPÖ Mautern an der Donau die Nichtigerklärung der Gemeinderatswahl der Gemeinde Mautern an der Donau vom 14. April 1985 insoweit, als das 21. Gemeinderatsmandat der ÖVP - anstelle der FPÖ - zugewiesen wurde.

1.3.1.2. Begründend wird in der Anfechtungsschrift dazu ausgeführt:

"... In der Gemeinde Mautern wurde in sechs Wahlsprengeln gewählt. Im Wahlsprengel 1 wurden iS des §49 Abs2 GWO vorerst die ungültigen Stimmen festgestellt und hiebei 13 ungültige und 509 gültige Stimmen ermittelt. Hierauf wurde die Zuordnung der gültigen Stimmen nach den Parteien durchgeführt, wobei auf die ÖVP 374, auf die SPÖ 108 und auf die FPÖ 27 Stimmen entfielen. Dieses Wahlergebnis lag ca. 1/4 bis 1/2 Stunde nach Schluß der Wahl um etwa 16.15 Uhr bis 16.30 Uhr vor.

Nach Einlangen der Ergebnisse der übrigen Wahlsprengel bei der Gemeindewahlbehörde wurde die Anzahl der ungültigen Stimmen mit insgesamt 64, diejenigen der gültigen Stimmen hingegen mit 1.951 und die den Parteien zuzuordnenden Stimmen mit 1.387 für die ÖVP, 477 für die SPÖ und 87 für die FPÖ ermittelt. Auf Grund dieses Wahlergebnisses betrug die Wahlzahl 87, sodaß auf die ÖVP 15, die SPÖ 5 und die FPÖ 1 Mandat entfielen.

Dieses Ergebnis der Gemeinderatswahl wurde laut beiliegender Ablichtung der Telefondepesche von 16.58 Uhr an die Bezirkshauptmannschaft Krems als Bezirkswahlbehörde durchgegeben. ...

Als dieses Ergebnis feststand und die den Parteien zugeordneten Stimmzettel mehrmals von verschiedenen Personen bereits durchgezählt worden waren und die Richtigkeit der Auszählung bestätigt worden war, wurde plötzlich ein Stimmzettel der FPÖ entdeckt, der nicht die im Gesetz vorgesehene Länge von 16,5 bis 17,5 cm, sondern nur eine solche von 14,9 cm aufwies. Der vorgedruckte Stimmzettel, der nach wie vor die Bezeichnung 'Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)' aufwies, war dadurch verkürzt worden, daß die Aufschrift 'Stimmzettel' händisch abgerissen worden war. Der Leiter der Sprengelwahlbehörde erklärte nunmehr diesen Stimmzettel für ungültig, worauf eine Revision des Ermittlungsverfahrens durchgeführt wurde. Danach wurde die Zahl der ungültigen Stimmen im Wahlsprengel 1 auf 14 erhöht, die Zahl der gültigen Stimmen auf 508 und die der FPÖ zugehörigen Stimmen auf 26 vermindert. Insgesamt erbrachte dies für den gesamten Gemeindebereich eine Erhöhung der ungültigen Stimmen auf 65 sowie eine Verminderung der gültigen auf 1950 und der der FPÖ zuzuzählenden Stimmen auf 86. Da die Wahlzahl nunmehr nicht wie ursprünglich 87, sondern 86,6 lautete, wurde das 21. Mandat der FPÖ weggenommen und der ÖVP zuerkannt. Diese Korrektur des Wahlergebnisses wurde der Bezirkshauptmannschaft Krems/D. um 17.40 Uhr mitgeteilt. ...

Diese Vorgangsweise legt den dringenden Verdacht einer Manipulation nahe und ist überdies gesetzwidrig. Im §49 Abs2 der GWO ist genauestens festgelegt, wie die Wahlbehörde bei der Auszählung der Stimmen vorzugehen hat. Zunächst ist die Anzahl der abgegebenen Kuverts auf Übereinstimmung mit der Zahl der im Abstimmungsverzeichnis eingetragenen Wähler zu überprüfen. Sodann ist die Zahl der ungültigen Stimmzettel festzustellen, die mit fortlaufenden Nummern zu versehen sind. Erst danach sind die gültigen Stimmzettel nach Parteilisten und innerhalb derselben nach

Stimmzetteln mit Namensumstellungen oder Streichungen und Stimmzetteln ohne Namensumstellungen oder Streichungen zu ordnen. Durch die nachträgliche Ungültigerklärung eines Stimmzettels der FPÖ wurden diese Vorschriften, die eine einwandfreie Stimmenauszählung ermöglichen und eine Manipulation ausschalten sollen, verletzt. ..."

Auch wird gerügt, daß ein im Wahlsprengel 6 abgegebener Stimmzettel ("ÖFP") zu Unrecht der ÖVP - statt der FPÖ - zugerechnet worden sei.

Des weiteren bringt die Anfechtungswerberin - und zwar, wie sie selbst hervorhebt, in Anbetracht des Umstandes, daß dieser Fehler ohne Einfluß auf das Wahlergebnis blieb - nur illustrativ vor, im Wahlsprengel 2 sei ein Stimmzettel verfehlterweise der ÖVP zugezählt worden, obwohl er - infolge der nicht den Wählerwillen klar zum Ausdruck bringenden Bezeichnung "ÖVG" - als ungültig zu werten gewesen wäre.

1.3.2. Die Landes-Hauptwahlbehörde beim Amt der Nö. Landesregierung legte die Wahlakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin, die Wahlanfechtung als unbegründet abzuweisen.

1.4. Die durch Übermittlung einer Abschrift der Wahlanfechtungsschrift gemäß §84 StPO von der Behauptung einer Wahlmanipulation (durch unbekannte Täter) in Kenntnis gesetzte Staatsanwaltschaft Krems legte die Anzeige am 8. August 1985 gemäß §90 Abs1 StPO zurück (AZ 6 St 2242/85).

1.5. Die - ua. das Ausmaß und die Ausfüllung der Stimmzettel regelnde - Bestimmung des §46 GWO hat folgenden Wortlaut:

"(1) Das bei den Wahlen zu verwendende Wahlkuvert wird aus undurchsichtigem Papier hergestellt.

(2) Der Stimmzettel muß aus weichem weißlichen Papier sein und das Ausmaß von 161/2 bis 171/2 cm in der Länge und von 10 bis 11 cm in der Breite aufweisen.

(3) Die Ausfüllung des Stimmzettels kann durch Schrift, Druck oder andere Vervielfältigung erfolgen.

(4) Der Stimmzettel ist gültig, wenn er die Partei (§34) deutlich bezeichnet oder wenigstens den Namen eines Bewerbers der gewählten Parteiliste unzweideutig dartut oder nebst der Parteibezeichnung den Namen eines oder mehrerer Bewerber der von dieser Partei aufgestellten Parteiliste enthält. Sind auf einem Stimmzettel Worte, Bemerkungen oder Zeichen neben der Parteibezeichnung angebracht, so ist der Stimmzettel gültig, wenn sich hiedurch nicht einer der nachfolgend angeführten Ungültigkeitsgründe ergibt. Enthält der Stimmzettel an Stelle der Parteibezeichnung nur Worte, Bemerkungen oder Zeichen, so ist er nur dann gültig, wenn hiedurch die gewählte Partei unzweideutig dargetan wird, sowie mittels Handschrift ausgefüllt wurde und sonst kein Ungültigkeitgrund vorliegt. Der Stimmzettel ist ungültig:

1. wenn er zwei oder mehrere Parteien bezeichnet;

2. wenn er gar keine Partei, wohl aber zwei oder mehrere Namen aus verschiedenen Parteilisten bezeichnet;

3. wenn das Ausmaß oder die Art des Papieres den Vorschriften des zweiten Absatzes

nicht entspricht.

(5) Streichungen machen den Stimmzettel nicht ungültig, wenn wenigstens der Name eines Bewerbers oder die Partei bezeichnet bleibt. Leere und entzweigerissene Stimmzettel sind ungültig. Auch leere Wahlkuverts zählen als ungültige Stimmzettel.

(6) Wenn ein Kuvert mehr als einen gültig ausgefüllten Stimmzettel enthält und diese Stimmzettel auf verschiedene Parteilisten lauten, sind alle ungültig. Lauten die gültig ausgefüllten Stimmzettel auf dieselbe Partei, so sind sie als ein Stimmzettel zu zählen."

2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der VfGH ua. über die Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Gemeinderatswahl (zB VfSlg. 8973/1980). Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

2.1.1.2. Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

2.1.1.3. Ein derartiger, die unmittelbare Anfechtung der Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Mautern an der Donau beim VfGH ausschließender Instanzenzug ist jedoch gemäß der Bestimmung des §57 GWO vorgesehen, wonach die Wahl binnen vierzehn Tagen nach Verlautbarung des Wahlergebnisses ua. vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei, die in der Gemeinde einen Wahlvorschlag rechtzeitig vorgelegt hat, mit Beschwerde bekämpft werden kann, und zwar "sowohl wegen behaupteter Unrichtigkeit der Ermittlung als auch wegen angeblich gesetzwidriger Vorgänge im Wahlverfahren".

Über die bei der Gemeindewahlbehörde schriftlich zu erhebende Beschwerde entscheidet in erster und letzter Instanz die Landes-Hauptwahlbehörde (§57 GWO).

2.1.2.1. Wie sich aus den Ausführungen zu Punkt 1.2.1. ergibt, wurde die von K R am 24. April 1985 gemäß §57 GWO wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhobene Beschwerde mit Bescheid der Landes-Hauptwahlbehörde vom 27. Juni 1985 als unbegründet abgewiesen.

2.1.2.2. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung der in Rede stehenden Gemeinderatswahl vor dem VfGH ist somit der 28. Juni 1985, das ist der Tag der Zustellung des Bescheides der Landes-Hauptwahlbehörde an

K R.

Die am 25. Juli 1985 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift wurde also rechtzeitig eingebracht.

2.1.3. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Wahlanfechtung zulässig.

2.2.1. Die Landes-Hauptwahlbehörde brachte in ihrer Gegenschrift ua. vor:

"... Laut Niederschrift der Sprengelwahlbehörde I (Rathaus) betrug im Wahlsprengel I die Anzahl der Wahlkuverts 522 (inklusive 15 von der besonderen Wahlbehörde übernommener Wahlkuverts) und stimmte mit der Zahl der laut Abstimmungsverzeichnis erschienenen Wähler überein. Unter den 522 Stimmzetteln befanden sich 14 ungültige Stimmen und 508 gültige Stimmen. Ein mit der fortlaufenden Zahl 14 versehener, auf die FPÖ lautender Stimmzettel wurde für ungültig erklärt, weil das Format (14,9 X 10,5 cm) nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Auf die FPÖ entfielen in diesem Wahlsprengel 26 Stimmen. Die Niederschrift über den Wahlvorgang wurde um 17 Uhr 20 geschlossen und gefertigt. ...

Aus der Niederschrift der Gemeindewahlbehörde geht hervor, daß die für die FPÖ im Wahlsprengel I erreichte Stimmenanzahl ursprünglich mit 27 festgehalten, nachträglich jedoch auf 26 ausgebessert wurde. Das erste - vorläufige - Ergebnis wurde auf Grund einer telefonischen Mitteilung der Sprengelwahlbehörde festgehalten und auch der Bezirkswahlbehörde übermittelt, nach Vorlage der Wahlakten durch die Sprengelwahlbehörde jedoch nachträglich korrigiert und dieses korrigierte Ergebnis der Bezirkswahlbehörde mitgeteilt. ...

Durchaus sind Fälle denkbar, daß ein ungültiger Stimmzettel bei der ersten Aufteilung zu den gültigen gerechnet wurde und erst beim Ordnen der gültigen Stimmzettel nach Parteilisten aufgefunden wird. Es wäre nicht einzusehen, daß dieser Stimmzettel nicht nachträglich als ungültig gewertet werden könnte. Bei Vorliegen anderer Ungültigkeitsgründe - vom Fall des unrichtigen Ausmaßes abgesehen - könnte nämlich eine Zuordnung zu den kandidierenden Parteien nicht vorgenommen werden. Es ist nicht erkennbar, welche Zuordnung die Sprengelwahlbehörde zB im Fall der Ungültigkeit eines Stimmzettels wegen doppelter Parteienbezeichnung vornehmen sollte, wenn die Wertung als ungültiger Stimmzettel ausgeschlossen wäre, dieser Stimmzettel jedoch bei der Aufteilung zwischen gültigen und ungültigen Stimmzetteln irrtümlich zu den gültigen gerechnet wurde.

Vielmehr ergibt sich, daß die Sprengelwahlbehörde erst mit Abschluß des Wahlvorganges und Unterfertigung der Niederschrift und Schließung des Wahlaktes an ihre getroffene Entscheidung gebunden ist. Es wäre nicht zielführend, der Sprengelwahlbehörde die Befugnis, einen Irrtum zu berichtigen, abzusprechen, wenn die Gemeindewahlbehörde auf Grund des §52 GWO den Auftrag hat, die Wahlergebnisse in den einzelnen Wahlsprengeln auf ihre Gesetzmäßigkeit und ziffernmäßige Richtigkeit zu überprüfen und bei dieser Prüfung diesen Irrtum wahrnehmen müßte. ...

Die geltend gemachte Gesetzwidrigkeit (liegt) nicht vor ..., da die Sprengelwahlbehörde vor Abschluß der Wahlhandlung und Unterfertigen der Niederschrift über den Wahlvorgang in Anwesenheit aller Mitglieder der Sprengelwahlbehörde einen offensichtlich bei der ersten Stimmenauszählung unterlaufenen Irrtum aufgeklärt und beseitigt und der Gemeindewahlbehörde nur ein einziges, diesen Irrtum berücksichtigendes Wahlergebnis bekanntgegeben hat. Dieses Ergebnis wurde von der Gemeindewahlbehörde nach Überprüfung auf Gesetzmäßigkeit und ziffernmäßige Richtigkeit bei Ermittlung der Gesamtzahl der in der Gemeinde abgegebenen Stimmen berücksichtigt und in der Folge dem Ermittlungsverfahren zugrundegelegt.

Daß das vorläufige Wahlergebnis bereits um 16 Uhr 48 der Bezirkswahlbehörde Krems übermittelt wurde, und bei diesem Ergebnis der Irrtum der Sprengelwahlbehörde noch nicht berücksichtigt war, kann keine Gesetzwidrigkeit des Wahlverfahrens darlegen, da zu diesem Zeitpunkt die Wahlhandlung der Sprengelwahlbehörde noch nicht abgeschlossen war. Wenn weder das Verfahren der Gemeindewahlbehörde noch der Sprengelwahlbehörde beendet war, kann auch keine Änderung eines Ergebnisses einer Wahl vorgenommen worden sein. Das Ergebnis einer Wahl liegt nämlich erst nach Abschluß der Niederschrift und Verlautbarung in ortsüblicher Weise vor. Die Meldung an die Bezirkshauptmannschaft und in der Folge bezirksweise an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung dient zur Ermittlung eines landesweiten, vorläufigen Ergebnisses aller Gemeinden, um eine politische Wertung vorzunehmen. Naturgemäß besteht dabei das Interesse, möglichst rasch alle Ergebnisse zu erhalten, wobei es sich bei diesen Ergebnissen jeweils um vorläufige Ergebnisse handelt, da die Endergebnisse im oben beschriebenen Sinn vielfach erst zu einem späteren Zeitpunkt vorliegen. Es wäre aber verfehlt, das endgültige von den Wahlbehörden ermittelte Ergebnis an den bereits bekanntgegebenen vorläufigen Wahlergebnissen zu messen. ..."

2.2.2. Der VfGH hält zunächst fest, daß sich im Verfahren keine wie immer gearteten konkreten Anhaltspunkte für rechtswidrige Manipulationen im Bereich der Gemeindewahlbehörde Mautern an der Donau zum Nachteil der Anfechtungswerberin ergaben, wie sie in der Anfechtungsschrift zwar andeutungsweise behauptet, aber nicht zureichend umschrieben wurden. Eine Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft Krems wurde denn auch in der Zwischenzeit gemäß §90 StPO zurückgelegt (AZ 6 St 2242/85). Es ist also - mit der Wahlbehörde - davon auszugehen, daß der streitverfangene (kleine) Stimmzettel schon im Zeitpunkt seiner Abgabe nicht den größenmäßigen Anforderungen des §46 Abs2 GWO gerecht wurde. Wie der VfGH bereits in seinem Erk. VfSlg. 5737/1968 aussprach, ist die Größe (eines Stimmzettels) sicher nicht mit Präzisionsinstrumenten nachzuprüfen, vielmehr muß ein aufzugreifender Größenunterschied augenfällig sein (vgl. auch: VfSlg. 1077/1928, 2062/1950): Diese Voraussetzung trifft hier jedoch zu. Denn der dem VfGH vorliegende Stimmzettel ist nur 14,9 cm - statt mindestens 16,5 cm - lang, also um 1,6 cm zu kurz, was bei auch bloß flüchtiger - vergleichender - Betrachtung durchaus deutlich wird. Ein derartiger Stimmzettel ist kraft der ausdrücklichen Vorschrift des §46 Abs4 Z3 GWO ungültig. Dies hatte die Gemeindewahlbehörde gemäß §52 GWO wahrzunehmen, und zwar im Zug der ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtung, "die Wahlergebnisse in den einzelnen Wahlsprengeln auf ihre Gesetzmäßigkeit und ziffernmäßige Richtigkeit zu überprüfen". Diese Überprüfung war nach dem Inhalt der Administrativakten noch nicht endgültig abgeschlossen, als die Behörde die Ungültigkeit des Stimmzettels erkannte und feststellte.

Der die Bezeichnung "ÖFP" tragende Stimmzettel aus dem Sprengel 6 wieder läßt zwar die gewählte Partei nicht unzweideutig erkennen (§46 Abs4 GWO), doch hätte seine Einstufung als ungültig keinen Einfluß auf das Wahlergebnis, wie schon die Landes-Hauptwahlbehörde zutreffend herausstellte.

Aus diesen Erwägungen war die Wahlanfechtung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Wahlen, Stimmzettel, VfGH / Wahlanfechtung, VfGH / Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:WI9.1985

Dokumentnummer

JFT_10139694_85WI0009_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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