TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/7 B51/86

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Veröffentlicht am 07.06.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; einem Anlaßfall gleichzuhaltender Fall; Verletzung im Gleichheitsrecht nach Aufhebung des §9 Abs1 GebG als gleichheitswidrig

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion wurde dem Bf. für eine ungestempelt eingebrachte Berufung gegen einen Bescheid über eine Zahlungserleichterung gemäß §14 TP6 GebührenG eine Gebühr in Höhe von 120 S und gemäß §9 Abs1 desselben Gesetzes eine Erhöhung um 60 S, insgesamt also eine Gebühr von 180 S, zur Zahlung vorgeschrieben.

Die gegen diesen Bescheid beim VfGH am 16. Jänner 1986 erhobene - und dann von einem Verfahrenshelfer ausgeführte - Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums, der in Art6 MRK garantierten Rechte und die Anwendung des als verfassungswidrig erachteten §9 Abs1 GebührenG.

II. Mit Erk. VfSlg. 10812/1986 hat der VfGH §9 Abs1 GebührenG idF BGBl. 48/1981 wegen Verletzung des Gleichheitssatzes aufgehoben.

Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein als verfassungswidrig aufgehobenes Gesetz auf den Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der jüngsten Rechtsprechung des VfGH (vgl. die Entscheidung VfSlg. 10616/1985) ist ein Beschwerdefall, der zu Beginn der Beratung im Normenprüfungsverfahren anhängig war, einem Anlaßfall gleichzuhalten. Ein solcher Fall liegt hier, da die Beratung im Normenprüfungsverfahren am 8. März 1986 begonnen hatte, vor.

Die bel. Beh. hat bei Erlassung des auf §9 Abs1 GebührenG gestützten angefochtenen Bescheides ein gleichheitswidriges Gesetz angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß der Bf. dadurch in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde. Der Bescheid war daher aufzuheben, was gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG idF BGBl. 297/1984 ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden konnte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B51.1986

Dokumentnummer

JFT_10139393_86B00051_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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