TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/9 B290/84

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Veröffentlicht am 09.06.1986
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Index

16 Medienrecht
16/01 Medien, Presseförderung

Norm

StGG Art13 Abs2
MedienG §48
Verordnung der BPD Linz vom 01.02.83 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, Pr-4157, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 5/1983

Leitsatz

MedienG; PlakatierungsV der Linzer BPolDion; §48 MedienG enthält einedie Plakatierungsfreiheit gewährleistende und damitverfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung; auch keine Bedenkengegen die im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung ergangeneAusführungsbestimmung des §1 Abs2 PlakatierungsV; keine Anhaltspunktefür denkunmögliche Gesetzesanwendung oder willkürliches Vorgehen beiVerhängung einer Verwaltungsstrafe nach Bestimmungen der V

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Dezember 1983 wurde über den Bf. wegen einer Verwaltungsübertretung nach §1 Abs2 der PlakatierungsV der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Feber 1983 iVm. §48 des Mediengesetzes, BGBl. 314/1981, gemäß §49 des Mediengesetzes eine Geldstrafe von 500 S (im Uneinbringlichkeitsfalle eine 72stündige Arreststrafe) verhängt, weil er am 26. September 1983 um 22.05 Uhr in Linz auf der Mauer des Hauses ..., somit an einem unerlaubten Ort, Werbeplakate mit der Aufschrift "Aktionswoche, Linzer Appell, Film, Sehnsucht Frieden, Dienstag, 27. 9. 1983, 19.00 Uhr, Melicharstraße Nr. 8, Fest mit Grillfisch - Poesie AG" angebracht habe.

Der gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom Bf. erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. März 1984 gemäß §51 VStG und §66 Abs4 AVG mit dem Hinweis, daß als die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift (§44a litb VStG 1950) §1 Abs2 iVm. §2 der PlakatierungsV der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Feber 1983 anzusehen sei, keine Folge gegeben.

2. Gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 2. März 1984 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.

Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im

verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Pressefreiheit und im

verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Er stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben, und regt an, der VfGH möge von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des §48 des Mediengesetzes und der Gesetzmäßigkeit der im Bescheid angeführten PlakatierungsV einleiten.

II. 1. §48 des Mediengesetzes, BGBl. 314/1981, lautet:

"Anschlagen von Druckwerken

§48. Zum Anschlagen, Aushängen und Auflegen eines Druckwerkes an einem öffentlichen Ort bedarf es keiner behördlichen Bewilligung. Doch kann die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch Verordnung anordnen, daß das Anschlagen nur an bestimmten Plätzen erfolgen darf."

2. Die V der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Feber 1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, Pr-4157, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 5/1983, S 22 und 23 (im folgenden PlakatierungsV), lautet:

"§1

(1) Auf Grund des §48 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, wird zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angeordnet, daß das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken (§1 Abs1 Z4 leg. cit.) an öffentlichen Orten im Gebiet der Stadt Linz nur

a) an Flächen, die offensichtlich zum Anschlagen von Druckwerken bestimmt sind, oder

b) an anderen Flächen, sofern sie nicht unter die im Abs2 angeführten Beschränkungen fallen,

erfolgen darf.

(2) Das Anschlagen (Plakatieren) von Druckwerken darf nicht unmittelbar an Außenflächen von Gebäuden oder von Einfriedungen, an Brückenpfeilern, an Bäumen, an Denkmälern oder an Sachen, die der religiösen Verehrung gewidmet sind, erfolgen. Es ist weiters unzulässig an Einrichtungen oder Anlagen, die der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Versorgung mit Wasser oder Energie, dem öffentlichen Verkehr oder dem Post- und Fernmeldewesen dienen (dazu zählen insbesondere Laternen- und Abspannungsmasten, Schaltkästen, Notrufanlagen und Telefonzellen). Die vorstehenden Beschränkungen gelten nicht, soweit es sich um das Anschlagen von Druckwerken an offensichtlich hiezu bestimmten Flächen handelt.

(3) Das Anschlagen amtlicher Bekanntmachungen an Amtsgebäuden wird durch die vorstehenden Absätze nicht berührt.

§2

Wer Druckwerke entgegen den Bestimmungen des §1 anschlägt oder daran mitwirkt (§7 VStG 1950), begeht eine Verwaltungsübertretung und wird hiefür gemäß §49 des Mediengesetzes bestraft.

§3

Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft."

3. Der VfGH hat im Erk. VfSlg. 6999/1973 ausgesprochen, daß die im §11 des Pressegesetzes, BGBl. 218/1922, enthaltene Ermächtigung zur Erlassung einer Anordnung (V), wonach das Anschlagen nur an bestimmten Plätzen erfolgen darf, als eine die Plakatierungsfreiheit gewährleistende und damit verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung anzusehen ist.

Der VfGH ist der Auffassung, daß auch die Bestimmung des §48 des Mediengesetzes, nach der - im Unterschied zu §11 des Pressegesetzes - die Ermächtigung besteht, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung anzuordnen, daß das Anschlagen nur an bestimmten Plätzen erfolgen darf, eine die Plakatierungsfreiheit gewährleistende und damit verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung enthält.

In Ausführung dieser Ermächtigung wurde in den in §1 Abs2 der von der Bundespolizeidirektion Linz erlassenen PlakatierungsV genannten Bereichen das Plakatieren ausgeschlossen, wogegen in allen anderen Bereichen eine Beschränkung für das Plakatieren - unbeschadet eigentumsrechtlicher Möglichkeiten der Untersagung - nicht besteht.

Gegen die Gesetzmäßigkeit der PlakatierungsV bestehen, da sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung ergangen ist, unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken.

Der VfGH sieht daher keine Veranlassung, iS der vom Bf. gegebenen Anregung ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des §48 des Mediengesetzes oder der Gesetzmäßigkeit der im Bescheid angeführten PlakatierungsV einzuleiten.

4. In der Beschwerde wird die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Pressefreiheit und auf Unversehrtheit des Eigentums damit begründet, daß §48 des Mediengesetzes verfassungswidrig und die von der Bundespolizeidirektion Linz erlassene PlakatierungsV gesetzwidrig sei. Es wird nicht dargetan, daß die behauptete Verletzung der angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte durch ein Verhalten der bel. Beh. bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides bewirkt worden sei.

Im Verfahren vor dem VfGH ist kein Anhaltspunkt hervorgekommen, nach dem zufolge einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung auf eine Verletzung des Eigentumsrechtes oder zufolge eines willkürlichen Vorgehens auf Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geschlossen werden könnte. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat ebensowenig stattgefunden, wie der Bf. bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden sein konnte. Ob bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Gesetz auch richtig angewendet wurde, hat der VfGH nicht zu prüfen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Pressefreiheit, Meinungsäußerungsfreiheit,Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Verwaltungsstrafrecht,Plakatierungsverordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B290.1984

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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