TE Vfgh Erkenntnis 2006/10/2 A27/05

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2006
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Flurverfassung

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
Satzung der Agrargemeinschaft Alpgemeinschaft Rotenbach §4 Abs2
Vlbg FlVfLG §33 Abs8
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal

Leitsatz

Abweisung einer Staatshaftungsklage; kein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft; Annahme einer gerechtfertigten Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine Satzungsbestimmung über die erforderliche räumliche Nahebeziehung des landwirtschaftlichen Betriebes des Erwerbers oder des Wohnsitzes des verwandten Erben zur agrargemeinschaftlichen Liegenschaft nicht offenkundig gemeinschaftsrechtswidrig

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Erkenntnis vom 7. Juli 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof zur Zahl 2004/07/0070 eine Beschwerde der Klägerin gegen Teile eines Bescheides des Obersten Agrarsenats betreffend Mitgliedschaft bei einer Agrargemeinschaft als unbegründet abgewiesen. Durch diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erachtet die Klägerin - eine Österreicherin mit Wohnsitz in Bad Dürrheim (BRD) - Gemeinschaftsrecht offenkundig verletzt und macht im Wege der Klage nach Art137 B-VG die Staatshaftung geltend. Sie begehrte zunächst, den beklagten Bund zur Zahlung von 5.608,03 € (den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof) samt Zinsen zu verpflichten.

Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich zu Sachverhalt und Verwaltungsgeschehen Folgendes:

"Die Agrargemeinschaft Alpgemeinschaft Rotenbach (die mitbeteiligte Partei, in weiterer Folge AG genannt) ist auf Grund des Regulierungsbescheides der Agrarbezirksbehörde Bregenz (im Folgenden: ABB) vom 19. September 1968 eine Agrargemeinschaft im Sinne des Gesetzes über die Regelung der Flurverfassung, Vorarlberger LGBl. Nr. 2/1979 i.d.g.F. (FlVG). Sie ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke der KG Schwarzenberg und hat 86 Weiderechte und 10 Hüttenrechte.

Der Vater der Beschwerdeführerin hat dieser u.a. 3 3/4 Weiderechte und ein Hüttenrecht an der AG letztwillig hinterlassen. Auf Grund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens hatte das Verlassenschaftsgericht gemäß §33 Abs8 des Vorarlberger Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979 (FlVG), die behördliche Bewilligung zur Übertragung dieser Anteilsrechte bei der ABB beantragt.

Mit Bescheid vom 14. April 1994 versagte die ABB der Übertragung dieser Anteilsrechte die behördliche Bewilligung. Begründend wurde auf die Bestimmungen der Satzung der AG verwiesen, wonach im Erbfalle der Erwerb von Weide- und Hüttenrechten durch die Kinder, Enkelkinder, Ehegatten und Geschwister unbeschränkt möglich sei, wenn diese in den im §4 Abs1 erwähnten Gerichtsbezirken Bezau, Dornbirn oder Bregenz den ordentlichen Wohnsitz hätten (§4 Abs2 der Satzung).

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung (im Folgenden: LAS) vom 29. September 1994 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zlen. 95/07/0092, 95/07/0093, als unbegründet abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen verwies der Verwaltungsgerichtshof auf die bestehende Bindung an genehmigte Satzungen, welche im konkreten Fall eine über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Bewilligungspflicht für den Erwerb agrargemeinschaftlicher Anteile unter den in diesen Satzungen näher umschriebenen Voraussetzungen statuiere. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin diesen Voraussetzungen zufolge Fehlens eines ordentlichen Wohnsitzes im Land Vorarlberg nicht entspreche, stehe nicht in Streit.

Mit Eingabe vom 10. Dezember 1997 an die ABB beantragte die Beschwerdeführerin die Erlassung eines Bescheides mit folgendem Spruch:

'1. Es wird festgestellt, dass der letzte Halbsatz des §4 Ziffer 2 Satz 1 des Statuts der AG im Fall der Beschwerdeführerin unanwendbar, allenfalls nichtig, ist, sodass §4 Abs2 der Satzung der AG im Fall der Beschwerdeführerin folgenden Wortlaut hat:

Im Erbfalle ist der Erwerb von Weiderechten durch die Kinder, Ehegatten und Geschwister unbeschränkt möglich.

2. Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin für den Erwerb der 3 3/4 Weide- und des Hüttenrechts keiner agrarbehördlichen (konstitutiven) Bewilligung bedarf;

3. es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin als Erwerberin von 3 3/4 Weide- und einem Hüttenrecht in das Anteilsbuch der AG einzutragen ist.

In eventu wird beantragt, den Erwerb dieser 3 3/4 Weide- und des einen Hüttenrechts agrarbehördlich zu genehmigen.'

Am 15. Dezember 1997 wies die ABB den Eventualantrag der Beschwerdeführerin gemäß §68 Abs1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurück. Eine dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des LAS vom 30. Juni 1998 abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hob mit hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 98/07/0170, den angefochtenen Bescheid des LAS vom 30. Juni 1998 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

In den Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die Frage, ob sich das von der Beschwerdeführerin gestellte Begehren auf agrarbehördliche Genehmigung des Erwerbes der betroffenen Anteilsrechte an der AG im Grunde des §68 Abs1 AVG ohne Rechtsirrtum zurückweisen lasse, werde sich nicht auf der Basis der österreichischen Rechtsvorschriften, sondern nur auf jener des Gemeinschaftsrechtes zuverlässig beurteilen lassen.

Für die Beurteilung des Vorliegens einer neuen, die Rechtskraftwirkung des im Vorerkenntnis geprüften Bescheides des LAS vom 29. September 1994 durchbrechenden Rechtslage werde es dabei entscheidend darauf ankommen, ob zum Einen die Gemeinschaftsrechtslage der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Anteilserwerb überhaupt einräumen könnte, ob somit das Gemeinschaftsrecht die Rechtslage über den Erwerb agrarischer Anteilsrechte überhaupt gestalte, und zum Anderen, ob sich der Vorrang des Gemeinschaftsrechtes auch auf Satzungen von Agrargemeinschaften erstrecke und sowohl die Rechtskraft des solche Satzungen genehmigenden Bescheides als auch die Rechtskraft des individuell konkreten Verwaltungsaktes des LAS vom 29. September 1994 durchbrechen könne.

Allerdings stehe - so der Verwaltungsgerichtshof - die Lösung dieser Rechtsfragen im (damaligen) Beschwerdefall noch nicht an. Die ABB hätte im Beschwerdefall zunächst die von der Beschwerdeführerin in ihrem Anbringen vom 10. Dezember 1997 als Primäranträge gestellten Feststellungsbegehren erledigen müssen. Erst nach einer allfällig negativen Erledigung der als Hauptanträge gestellten Feststellungsbegehren durch deren Zurückweisung oder Abweisung habe der ABB zu einem Abspruch über den als Eventualbegehren gestellten Genehmigungsantrag die funktionale Zuständigkeit zur Entscheidung erwachsen können.

In weiterer Folge wurde ein Ersatzbescheid des LAS vom 21. Juni 2000 auf Grund eines behördeninternen Versehens den Parteien des Verfahrens nicht zugestellt, somit nicht erlassen.

Mit Spruchpunkt 1 des Bescheides vom 7. März 2001 gab die belangte Behörde einem von der Beschwerdeführerin eingebrachten Devolutionsantrag statt und behob unter Spruchpunkt 2 den Bescheid der ABB vom 15.12.1997 ersatzlos. Begründend wurde auf das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1999 verwiesen und ausgeführt, dass die ABB nicht befugt sei, über den Eventualantrag vor den Hauptanträgen zu entscheiden.

Mit Eingabe vom 27. September 2001 begehrte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungszuständigkeit an den LAS.

In weiterer Folge erstattete die ABB im Verfahren vor dem LAS unter Hinweis auf §4 Z2 der Satzung der AG eine Stellungnahme vom 17. Jänner 2002 dazu, warum die Einschränkung auf den ordentlichen Wohnsitz notwendig und warum der Wohnsitz gerade in diesen Bezirken bzw. Gemeinden erforderlich sei.

Die Beschwerdeführerin bestritt durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 26. Februar 2002 den Inhalt dieser Stellungnahme.

In weiterer Folge holte der LAS bei der ABB eine Stellungnahme des alpwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 26. März 2002 zu ebendiesem Thema ein. Auch dazu nahm die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom 2. Mai 2002 Stellung, bezweifelte die Gutachtensqualität dieser Stellungnahme und sprach sich auch gegen den Inhalt der Ausführungen aus.

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2002 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit an die belangte Behörde.

...

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. Juni 2003 traf die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen Bescheid folgenden Abspruch:

'1. Dem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit wird gemäß §1 AgrVG 1950; §73 Abs2 AVG stattgegeben. Die Zuständigkeit zur Entscheidung ist auf den Obersten Agrarsenat übergegangen.

2. a) Die drei als Hauptbegehren genannten Feststellungsanträge werden gemäß §56 AVG i.V.m. §84 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979, i.d.g.F. als unzulässig zurückgewiesen.

2. b) Der Antrag auf agrarbehördliche Genehmigung des Erwerbs der 3 3/4 Weide- und des einen Hüttenrechts wird gemäß §56 AVG i.V.m.

§84 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979, i. d.g.F., i.V.m. §4 Abs2 der Satzung der Agrargemeinschaft Alpgemeinschaft Rotenbach abgewiesen.

3. Der Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht bzw. auf Übermittlung der genannten Unterlagen im Postwege wird gemäß §1 Abs1 AgrVG 1950 i.V.m. §17 Abs3 AVG abgewiesen.'"

(Folgt die ausführliche Wiedergabe der Begründung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides).

Die nunmehrige Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 23. Februar 2004, B1012/03, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser entschied die Rechtssache mit dem eingangs genannten Erkenntnis vom 7. Juli 2005.

II. Für die Versagung der agrarbehördlichen Bewilligung des Erwerbes des in Rede stehenden Anteilsrechts ist §4 der 1968 agrarbehördlich genehmigten (1986 und 1992 geänderten) Satzung maßgeblich:

"§4

1. Weide- und Hüttenrechte können durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden nur solche Personen erwerben, die in den Gerichtsbezirken Bezau, Dornbirn und Bregenz eine Landwirtschaft betreiben.

2. Im Erbfalle ist der Erwerb von Weide- und Hüttenrechten durch die Kinder, Enkelkinder, Ehegatten und Geschwister unbeschränkt möglich, wenn diese in den im Absatz 1 erwähnten Gerichtsbezirken den ordentlichen Wohnsitz haben. Beim Fehlen des angeführten Verwandtschaftsverhältnisses zum Erblasser gelten die Bestimmungen wie bei Rechtsgeschäften unter Lebenden.

Sind Erben nicht zum Erwerb von Weide- und Hüttenrechten berechtigt, so haben sie diese innerhalb von 2 Jahren an zum Erwerb berechtigte Personen zum ortsüblichen Schätzwert abzugeben. Bis zur Übernahme der Weide- und Hüttenrechte durch erwerbsberechtigte Personen werden diese vom Ausschuss verwaltet. In dieser Zeit ruht die Mitgliedschaft (Nutzung) wie Punkt 5. Ruht die Mitgliedschaft länger als 5 Jahre, so kann die Agrargemeinschaft die Versteigerung der Weide- und Hüttenrechte bei Gericht beantragen.

...

4. Ein Weide- und Hüttenrecht kann nur eine Einzelperson erwerben. Noch bestehende Personenmehrheiten oder mehrere Erben vor der Einantwortung können ihre Mitgliedschaftsrechte nur gemeinschaftlich gleich einer Person ausüben; besteht zwischen ihnen hierüber keine Einigung, so kann die Nutzung vom Alpausschuss verpachtet werden. Die Berechtigten erhalten bei Verpachtung das Weidegeld abzüglich aller Unkosten und Leistungen. Die übrigen Mitgliedschaftsrechte ruhen."

Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof in der Begründung seiner abweisenden Entscheidung Folgendes aus:

"4. Die Entscheidung des Eventualantrags (auf agrarbehördliche Genehmigung) läuft auf die Prüfung der Frage hinaus, ob unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht der Bestimmung des §4 Z2 der Satzung entgegensteht; ob also die dort getroffene Regelung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Wäre dies der Fall, wäre es nicht anwendbar und dem Eventualantrag wäre Folge zu geben.

4.1. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 295 EG, insbesondere der Urteile Annibaldi (vom 18. Dezember 1997, Rs C-309/96), Fearon (vom 6. November 1984, Rs 182/83) und Konle (vom 1. Juni 1999 Rs C-302/97), dürfen die Mitgliedsstaaten zwar zulässigerweise Regelungen betreffend das Eigentum, insbesondere auch Regelungen für den Erwerb von Grundeigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken, treffen. Der Schutz der Eigentumsordnung der Mitgliedsstaaten schließt aber die Anwendung der bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht aus. Auch für diese Regelungen gelten die grundlegenden Normen des Gemeinschaftsrechtes und namentlich die Vorschriften über die Nichtdiskriminierung, die Niederlassungsfreiheit und den freien Kapitalverkehr. Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass die Tragweite nationaler Maßnahmen, die den Erwerb von Grundeigentum regeln, im Hinblick auf die Bestimmungen des Vertrages über den Kapitalverkehr zu beurteilen ist (vgl. das Urteil des EuGH vom 23. September 2003, C-452/01, Ospelt).

4.2. Im vorliegenden Fall geht es nicht um Eigentum an (landwirtschaftlichen) Grundstücken - Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft ist die Agrargemeinschaft - sondern um Nutzungsrechte, die sich auf eine im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehende Grundfläche beziehen. Diese Nutzungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind im vorliegenden Fall so genannte 'walzende' Rechte, dh. Nutzungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken, die nicht - wie in den anderen Bundesländern sonst meist üblich - mit einer Stammsitzliegenschaft sondern mit einer konkreten Person verbunden sind.

Es erscheint fraglich, ob der Erwerb (bloß) solcher Nutzungsrechte überhaupt an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen ist.

Auch die Lösung dieser Frage kann aber - unter dem Gesichtspunkt der hier zu prüfenden Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin - dahin stehen. Wäre die Regelung eines solchen Erwerbsvorgangs nämlich nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen, entfiele die Notwendigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Prüfung einer Rechtfertigung der Einschränkung dieser Grundfreiheit. Für die Beschwerdeführerin wäre damit aber nichts gewonnen.

4.3. Unter der - dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden - Annahme, die Kapitalverkehrsfreiheit sei hier zu prüfen, gilt Folgendes:

Unstrittig ist, dass die in Rede stehende Satzungsbestimmung eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt. Maßnahmen, die wie die in der Satzung vorgesehene Beschränkung des Erwerbs eines Anteilsrechtes im Erbfall eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zum Gegenstand haben, können gleichwohl zulässig sein, wenn mit ihnen in nicht diskriminierender Weise ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird und wenn sie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen, d.h. geeignet sind, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was hiezu erforderlich ist (in diesem Sinn das Urteil Konle, Randnr. 40 und das Urteil des EuGH vom 15. Mai 2003, C-300/01, Salzmann, Randnr. 42). Da es sich um die Erteilung einer Genehmigung handelt, müssen sich diese Maßnahmen zudem auf objektive und im Voraus bekannte Kriterien stützen, und jedem, der von einer solchen einschränkenden Maßnahme betroffen ist, muss der Rechtsweg offen stehen (vgl. das Urteil Ospelt, Randnr. 34).

4.3.1. Die Beschwerdeführerin bringt nun vor, es sei eine Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes bzw. des Verbotes der Inländerdiskriminierung gegeben. Sie vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass sich Wohnsitzvoraussetzungen (Wohnsitzklauseln) regelmäßig nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbaren ließen, da sie typischerweise leichter von Inländern erfüllt werden könnten als von Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates. Sie bildeten die klassische Einbruchsstelle für versteckte Diskriminierungen. Schließlich behauptet die Beschwerdeführerin weiter, die belangte Behörde habe übersehen, dass es im EG-Vertrag zweierlei Diskriminierungsverbote gebe.

Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerdeführerin aber über die Begründung des angefochtenen Bescheides hinweg. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid sowohl mit dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art12 EG als auch mit dem Thema der mittelbaren Diskriminierung beschäftigt.

Der Ansicht der belangten Behörde, eine unmittelbare Diskriminierung im Sinn des Art12 EG liege schon deshalb nicht vor, weil die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin sei und die in Rede stehenden Satzungsbestimmungen der AG nicht auf die Staatsangehörigkeit abstellten, kann nicht entgegen getreten werden.

Zur mittelbaren Diskriminierung ist zu bemerken, dass sich nach §4 der Satzung der AG, der auf einen ordentlichen Wohnsitz in den Gerichtsbezirken Bezau, Dornbirn oder Bregenz abstellt, ergibt, dass sich jede Person, die außerhalb der genannten Gerichtsbezirke lebt, in der selben Lage befindet, wie eine Person, die in einem anderen österreichischen Bundesland, in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat ihren ordentlichen Wohnsitz hat. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. die Urteile Fearon, Rs 182/83, Jokela und Pitkäranta vom 22. Oktober 1998, Rs C-9/97 und C-118/97, und zuletzt Ospelt, Rs C-452/01) besteht gegen die Festlegung von Wohnsitzvoraussetzungen als Anknüpfungspunkt für gesetzliche Normen - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - kein grundsätzlicher Einwand. Das Wohnsitzerfordernis wurde im Rahmen einer Regelung über den Erwerb von Nutzungsrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken aufgestellt, mit der spezifische Ziele der Erhaltung einer funktionstüchtigen Landwirtschaft verfolgt werden. Der Wohnsitz ist zwar für die Erlangung des Vorteils (Übertragung der Anteilsrechte) maßgeblich, diese Regelung führt darüber hinaus aber nicht implizit zu einer Bevorzugung der Einwohner eines bestimmten Mitgliedstaates, weshalb auch im gegenständlichen Fall nicht von einer (mittelbaren) Diskriminierung durch die genannte Bestimmung der Satzung auszugehen ist.

Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters, dass das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang zitierte Urteil Fearon des EuGH 'obsolet' sei, weil es vor der zweiten Kapitalverkehrsrichtlinie (Abl. 1988 L 178/5 vom 8. Juli 1988) ergangen sei. Die Kapitalverkehrsfreiheit sei erst viel später im Vertrag von Maastricht zu einer vollen Grundfreiheit mit unmittelbarer Anwendbarkeit umgebaut worden und stelle dieses Urteil wegen gänzlicher Änderung der Rechtslage einen 'klassischen Ladenhüter' dar.

Auch darin ist der Beschwerdeführerin nicht zu folgen. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Heranziehung des Wohnsitzes als Anknüpfungspunkt von Normen ergibt sich nämlich auch aus dem Urteil Jokela und Pitkäranta vom 22. Oktober 1998, Rs C-9/97 und C-118/97, und zuletzt aus dem Urteil Ospelt vom 23. September 2003, Rs C-452/01, welches wiederum ausdrücklich auf die Ausführungen im Urteil Fearon, dortige Randnr. 10, verweist (vgl. Ospelt, Randnr. 37). Von der mangelnden Aktualität der dort getroffenen Ausführungen kann daher keine Rede sein.

4.3.2. Was die Voraussetzung hinsichtlich der Ziele der fraglichen nationalen Maßnahme anbelangt, so steht auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes außer Zweifel, dass die Satzung der AG im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgt, mit denen Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs gerechtfertigt werden können.

Nach Art33 Abs1 litb EG ist es ein Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik, der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten.

Nach Art33 Abs2 lita EG ist bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hiefür anzuwendenden besonderen Methoden u.a. die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt, zu berücksichtigen.

Weiters stellt die Erhaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die Wahrung einer die Entwicklung lebensfähiger Betriebe sowie die harmonische Pflege des Raumes und der Landschaft ermöglichenden Aufteilung des Grundeigentums und die Förderung einer vernünftigen Nutzung der verfügbaren Flächen unter Vorbeugung gegen natürliche Gefahren im gesellschaftlichen Interesse liegende Ziele dar (vgl. Urteil Ospelt, Randnr. 39).

Diesen Vorgaben dient die Agrargemeinschaft und die durch sie geschaffene Bewirtschaftungsstruktur, mit deren Hilfe landwirtschaftliche Betriebe ihren Bewirtschaftungserfolg absichern können und eine zielgerichtete und vernünftige Nutzung verfügbarer Flächen erreicht wird. Die aktive gemeinsame Nutzung einer Mehrzahl von Berechtigten bildet ein Wesensmerkmal agrargemeinschaftlicher Grundstücke. Der Zweck der Nutzung dieser Grundflächen lag und liegt in der Erleichterung der Wirtschaftsführung von berechtigten Liegenschaften (Stammsitzliegenschaften) oder von Betrieben berechtigter Personen.

Ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung, die Struktur und die Aufgaben einer Agrargemeinschaft zeigt nun, dass ihr primärer Zweck einst und jetzt in der Verwaltung, pfleglichen Bewirtschaftung und Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke gemäß den Anteilsrechten und den Vorschriften in Regulierungsplänen und Satzungen ist. Die Agrargemeinschaften hatten und haben zweifelsfrei einen großen Einfluss auf die Erhaltung einer funktionsfähigen landwirtschaftlichen Struktur und ihre Tätigkeit liegt schon daher im allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes.

Agrargemeinschaften können nur bei einer aktiven Beteiligung aller Anteilsberechtigten klaglos und im Sinne ihrer Zielbestimmung funktionieren. Eine aktive Beteiligung der Anteilsberechtigten wird nun umso schwieriger, je größer die räumliche Entfernung zwischen Gemeinschaftssitz und dem Ort der agrargemeinschaftlichen Grundstücke einerseits und dem Wohnort des Berechtigten andererseits ist. Auch der Verwaltungsgerichtshof teilt die Einschätzung, dass bei größerer Entfernung von Wohnort zu den agrargemeinschaftlichen Flächen naturgemäß auch der Bezug zum Gemeinschaftsbesitz und das Verständnis für notwendige Investitionen langfristig verloren gehen kann; je größer die räumliche Entfernung umso leichter fließen andere Interessen der einzelnen Berechtigten als die an der Erhaltung des Gemeinschaftsbesitzes ein.

Die rechtliche Eigenart agrargemeinschaftlicher Grundstücke geht grundsätzlich auf die frühere, rein agrarwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsordnung zurück, insbesondere auf die mittelalterliche Allmende-Nutzung. Schon vom historischen Verständnis her handelt es sich bei diesen Nutzungsrechten daher um Rechte einer örtlich abgrenzbaren Gemeinschaft (vgl. dazu §31 Abs1 FlVG, wo von 'Ortschaften, Nachbarschaften, Interessentschaften oder ähnlichen agrarischen Gemeinschaften' die Rede ist), die regelmäßig von den Einkünften land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ihren Lebensunterhalt bestritten.

In Vorarlberg ist - im Gegensatz zu den Agrargemeinschaften anderer Bundesländer - das Phänomen walzender Anteilsrechte weit verbreitet. Dieser Umstand hat seine Wurzeln im alemannischen Rechtsbrauch, der die Teilhabe am Gemeinschaftsgut an die Mitgliedschaft an einer 'Bürgergemeinde' bindet. Regeln, die auf Zugehörigkeitselemente zu jener Ortsgemeinde abstellen, deren seinerzeitiges Gemeinschaftsgut ihrer Bürger von der später gebildeten Agrargemeinschaft verwaltet wird, werden auch den historischen Wurzeln dieser Gemeinschaften durchaus gerecht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, 99/07/0206).

Bei typisierender Betrachtung ist festzuhalten, dass eine Agrargemeinschaft regelmäßig auch ein, manchmal sogar ein besonders bedeutsamer Teil einer solchen örtlichen Gemeinschaft ist. Eine Agrargemeinschaft schafft Strukturen in einem örtlich abgrenzbaren Bereich. Sie bildet den Kreis der Personen ab, durch deren Zusammenarbeit ihre wirtschaftliche Funktion bewirkt wird, wobei diese Personen umgekehrt von den ihnen als Mitglieder der Agrargemeinschaft zustehenden Rechten wirtschaftlich profitieren. Hinsichtlich dieses Personenkreises bedeutet ein Abstellen auf die Nähe des Wohnsitzes daher nicht nur eine rein räumliche Komponente, die - wie dargestellt - bei Entscheidungsprozessen aber auch bei der faktischen Bewirtschaftung eine Rolle spielen kann; damit wird eine Abgrenzung dahin vorgenommen, dass nur jene Personen umfasst werden, die in diese örtliche Gemeinschaft integriert sind und die sich in den sozial gewachsenen Strukturen im Umfeld einer Agrargemeinschaft bewegen.

Das - in der vorliegenden Satzung vorgenommene - Abstellen auf den Wohnsitz in drei Gerichtsbezirken hängt daher zum Einen mit der Entfernung von der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft zusammen, zum Anderen aber auch damit, dass auf die durch die Agrargemeinschaft innerhalb dieses örtlich abgeschlossenen Bereichs entwickelten sozialen Strukturen, auf das Verständnis als 'örtliche Gemeinschaft', Rücksicht genommen wird.

Die Beschwerdeführerin machte in diesem Zusammenhang geltend, Höhepunkt der Willkür des angefochtenen Bescheides bilde die Behauptung, es komme nicht auf ihre ordnungsgemäße Beteiligung an der Agrargemeinschaft an und auch nicht auf ihr Interesse an der örtlichen Gemeinschaft. Dies sei aber im Gegenteil der Hauptgrund für die Wahrnehmung ihres Hüttenrechtes, handle es sich doch dabei um den massivsten Bezugspunkt zu ihrer Heimat, zum Ort ihrer Vorfahren; die belangte Behörde versteige sich zur Behauptung, dies müsse typisierend bewertet werden. So setze sich die belangte Behörde in willkürlicher Weise nicht mit dem Argument auseinander, dass die Zufahrt von Möggers mit etwa der Hälfte der Zufahrtszeit keinen qualitativen Unterschied zum Wohnort der Beschwerdeführerin aufweise. Stattdessen zitiere die belangte Behörde archaische Publikationen, bei deren Lektüre man meinen könnte, vom Wirtschaften von Agrargemeinschaften hänge die Zukunft der österreichischen Volkswirtschaft ab.

Hier missversteht die Beschwerdeführerin den Zusammenhang, in dem die belangte Behörde die von ihr kritisierten Ausführungen getroffen hat. Die an dieser Stelle des angefochtenen Bescheides allein maßgebliche Frage war jene, ob die im §4 Abs2 der Satzung normierte und auf den ordentlichen Wohnsitz abstellende Bestimmung deswegen als 'im Allgemeininteresse stehend' gerechtfertigt angesehen werden könne, weil die Verwaltung und Bewirtschaftung dann erschwert und längerfristig gefährdet wäre, wenn - grundsätzlich betrachtet - der Anteil der Berechtigten mit großen Wohnsitzentfernungen zunehmen würde.

Mit einem bloßen Vergleich von Distanzen (zum Ort Möggers bzw. zum Wohnort der Beschwerdeführerin) allein hätte diese grundsätzlich zu beantwortende Frage aber nicht zufrieden stellend gelöst werden können, zumal - wie dargestellt - der Aspekt der Entfernung nicht der einzige ist, der hinter dem Abstellen auf den Wohnsitz in einem bestimmten Gebiet steht. Die belangte Behörde stellte in diesem Zusammenhang in zulässiger Weise die typischerweise ablaufende Gegebenheiten und Vorgänge bei Bewirtschaftung aus größerer Entfernung und abseits der gewachsenen örtlichen Strukturen dar. Darin liegt aber weder eine Geringschätzung der Beschwerdeführerin noch ein rechtlicher Irrtum der belangten Behörde.

Auch die in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik der Beschwerdeführerin an der Bezugnahme der belangten Behörde auf 'archaische Publikationen' und an deren Inhalt ist schon deshalb nicht begründet, weil sich die Rolle und die Funktion der Agrargemeinschaften von ihrer Grundstruktur her über die Jahrzehnte nicht verändert hat. Abgesehen davon berief sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch auf ein rezentes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2002. Der Vorwurf, sie stütze sich nur auf veraltete Literatur, ist daher unzutreffend.

Der Ansicht der belangten Behörde, wonach räumliche Einschränkungen der Satzung der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Bewirtschaftung der gegenständlichen agrargemeinschaftlichen Grundstücke dient und dass damit zusätzlich die Sicherung der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben durch die Agrargemeinschaft gewährleistet wird, kann daher nicht entgegen getreten werden.

4.3.3. Was die Voraussetzung der Verhältnismäßigkeit betrifft, so kann ein System von vorherigen Genehmigungen in bestimmten Fällen erforderlich sein und in angemessenem Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen, wenn dieses Ziel nicht durch weniger restriktive Maßnahmen erreicht werden kann.

Unstrittig ist, dass mit dem Wohnsitzerfordernis der verfolgte Zweck erreicht werden kann. Damit wird der - aus den dargelegten Gründen - notwendige räumliche Zusammenhang zwischen der Agrargemeinschaft und dem neuen Mitglied sichergestellt.

Eine weniger strenge Voraussetzung zur Erreichung dieses Zieles als das Abstellen auf eine räumliche Nahebeziehung bei der Hereinnahme von neuen Mitgliedern ist nicht denkbar. Nur die Mitglieder sind zu Entscheidungen innerhalb der Gremien der Agrargemeinschaft berechtigt, sie haben die Umstände der aktuellen Bewirtschaftung und die wirtschaftliche Zukunft der Agrargemeinschaft in der Hand. Damit scheidet aber die (gelindere) Möglichkeit einer (Zwangs)Verpachtung des Nutzungsrechtes als Alternative aus, weil der Pächter an den Entscheidungsprozessen innerhalb der Agrargemeinschaft nicht teilnehmen kann.

Bedenken dagegen, dass vorherige Genehmigungsverfahren an sich kein geeignetes Instrument wären, die durch das Gesetz erfolgte Zielsetzung zu verwirklichen, und dass kein weniger einschneidendes Mittel als die Genehmigung zur Verwirklichung der Ziele zu Verfügung stünde, sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden. Die Maßnahme erweist sich daher auch als verhältnismäßig.

Dazu kommt, dass der Erwerber, dem im Erbfall die agrarbehördliche Bewilligung versagt wird, sein Anteilsrecht nach dem ortsüblichen Schätzwert an zum Erwerb berechtigte Personen abzugeben hat. Einem solchen Erwerber wird der materielle Wert seines Anteilsrechtes also ersetzt und gleichzeitig dafür Sorge getragen, dass das Nutzungsrecht innerhalb der Agrargemeinschaft zu Gunsten eines (anderen) landwirtschaftlichen Betriebes ausgeübt werden kann.

4.3.4. Auch die Voraussetzung, dass sich die Maßnahme auf objektive und im Voraus bekannte Kriterien stützt, und dass jedem der Rechtsweg offen steht, ist gegeben. Im Gegensatz zum Urteil Konle und zum Urteil Salzmann steht den Agrarbehörden nämlich bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Versagung der Genehmigung kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zur Verfügung. Nach §5 Abs3 der Satzung (und nach den Bestimmungen des FlVG) ist zudem der Rechtszug gegen Bescheide der ABB an den LAS eingeräumt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Ansicht vertrat, die Beschränkung des Erwerbs von Anteilsrechten an der AG stelle keine Beschränkung einer garantierten Grundfreiheit, insbesondere der Kapitalverkehrsfreiheit, dar, weil die in der Rechtsprechung des EuGH dargelegten Voraussetzungen für eine zulässige Behinderung dieser Grundfreiheit durch nationale Maßnahmen erfüllt waren."

III. Der Vorwurf der offenkundigen Verletzung von Gemeinschaftsrecht wird in der Klage wie folgt begründet:

"Außer Streit steht, dass die klagsgegenständliche Bewilligung erteilt worden wäre, wenn die Klägerin im österreichischen Grenzort Möggers anstatt in Bad Dürrheim wohnhaft wäre. Entscheidungsrelevant ist demnach die Frage, ob es gemeinschaftsrechtlich vertretbar ist, bei den Bewilligungsvoraussetzungen danach zu differenzieren, ob eine Person für die Anfahrt vom Wohnort zur Alpe eine oder zwei Fahrstunden benötigt, oder ob nicht doch der mehr als zufällige Zusammenfall zwischen den zulässigen Wohnsitzen und der österreichischen Grenze eine eindeutige mittelbare Diskriminierung darstellt.

Es ist im gesamten Verfahren nicht einmal andeutungsweise behauptet worden, dass die Klägerin ihre Pflichten in der Agrargemeinschaft nicht ordnungsgemäß wahrnehmen hätte können. Aus der Sicht der Klägerin ist es denkunmöglich zu differenzieren, ob sie eine oder zwei Stunden Anfahrtszeit benötigt. Sie hält das Kriterium und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs demnach für willkürlich und absolut unvertretbar.

Alles was über diesen Willkürakt an Pseudobegründung übergestülpt wurde, kann den Blick auf die elementare Tatsache nicht verdunkeln, dass es das Privatvergnügen der Klägerin sein muss, ob sie eine oder zwei Stunden Anfahrt zur Alpe benötigt. Dass eine aktive Beteiligung der Anteilsberechtigten umso schwieriger sei, je größer die räumliche Entfernung vom Wohnort sei, ist als Begründung rein willkürlich und zeigt, dass sich hier der Verwaltungsgerichtshof genau das anmaßt, was er nicht zu tun vorgibt, nämlich freies Ermessen zu üben.

Schon bei Gesamtbetrachtung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich diese demnach als klassischer Willkürakt.

Nur noch bizarr ist die Aussage des Verwaltungsgerichtshofs, dass 'sich die Rolle und die Funktion der Agrargemeinschaften von ihrer Grundstruktur her über die Jahrzehnte nicht verändert hat'. Tatsache ist, dass der Vollerwerbslandwirt heute bei weitem in der Minderheit ist, ja im Mittelgebirge so gut wie gar nicht mehr vorkommt, und dass die konkrete Alpe nur in Ausnahmefällen noch in traditioneller Maisäßbewirtschaftung betrieben wird. Nur ein Beispiel: Richtete sich die Schulzeit auf dem Land früher nach den Vorsäß- und Maisäßwanderungen, womit die ganze Familie auf das Maisäss wandern konnte, so gilt heute auch auf dem Land die Schulpflicht nach der normalen Ferienordnung.

Der Verwaltungsgerichtshof argumentiert hier mit einer Art Cowboynostalgie, übertragen auf den Vorarlberger Hinterwald.

Im weiteren seien einige denkunmögliche Argumente des Verwaltungsgerichtshofs erörtert, die zentral für seine Entscheidung waren und bei deren Vermeidung der Verwaltungsgerichtshof zum richtigen Ergebnis kommen hätte müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof argumentiert, dass nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art295 EG Eingriffe in das Eigentum nur auf gesetzlicher Basis erfolgen dürften. Im vorliegenden Fall gehe es aber nicht um Eigentum, sondern um Nutzungsrechte, die sich auf eine im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehende Grundfläche bezögen, weshalb fraglich (!) sei, ob solche Nutzungsrechte überhaupt unter die Kapitalverkehrsfreiheit fielen.

Diese Argumentation ist denkunmöglich. Es ist ständige Rechtsprechung beider Europäischer Gerichtshöfe, dass sich der Europäische Schutz des Eigentums (Englisch: possessions) auf alle dinglichen oder quasi dinglichen Rechte bezieht.

Im Normalfall sind Miteigentümer oder Fruchtgenussberechtigte im Grundbuch eingetragen, entweder im Eigentümerblatt oder als Fruchtnießungsberechtigte im Lastenblatt (ob die Klägerin Miteigentümerin ist oder Fruchtgenussberechtigte, kann daher unerörtert bleiben).

Bei Agrargemeinschaften ist nur die Agrargemeinschaft als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen, ihre Miteigentümer und sonstigen Berechtigten ergeben sich aus dem Anteilsbuch, das demnach für Agrargemeinschaften die Rolle des Grundbuchs übernimmt.

Das Hüttenrecht der Klägerin ist der Sache nach mindestens ein volles Fruchtgenussrecht, sie kann mit der Hütte verfahren, wie ein Fruchtgenussberechtigte, präsumtiv wohl eine Art 'Wohnungseigentum'.

Es handelt sich daher zweifellos um ein dingliches Recht, das von der Eigentumsordnung und damit von deren gemeinschaftsrechtlichen Grenzsetzungen erfasst ist.

In diesem Zusammenhang verkennt der Verwaltungsgerichtshof elementar die Kriterien nach der 'Gebhard-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs' (Urteil Gebhard vom 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995,I-4165).

Um Eingriffe in Grundfreiheiten wie die Personenfreizügigkeit - das Problem der Klägerin resultiert ja ausschließlich aus ihrer Wahrnehmung der Personenfreizügigkeit, bei Wohnsitz in Schwarzenberg hätte sie kein Problem - oder die Kapitalverkehrsfreiheit, deren Anwendbarkeit der Verwaltungsgerichtshof in denkunmöglichster Weise in Frage stellt, dürfen stets nur unter den Voraussetzungen der unbedingten Notwendigkeit und der konkreten Verhältnismäßigkeit getroffen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof behauptet nicht einmal, dass die Klägerin nicht in der Lage wäre, ihre Pflichten als Mitglied der Agrargemeinschaft genau so zu erfüllen, wie wenn sie in Möggers wohnhaft wäre. Schon die Notwendigkeit für die Grenzziehung - wie zufällig an der österreichischen Staatsgrenze - fehlt sohin jedwede konkrete Aussage in den Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofs.

Auch die Verhältnismäßigkeit kommt in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, heruntergebrochen auf den konkreten Einzelfall, mit keinem Wort vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Ausnahmen von den Gemeinschaftsfreiheiten stets eng auszulegen. Die großzügige pauschalierende Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs widerspricht diesem Kriterium schon vom Ansatz her elementar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher die Kriterien für die Zulässigkeit eines Eingriffs in die Kapitalverkehrsfreiheit und in das Erbrecht der Klägerin in willkürlichster Weise verkannt.

Käme es tatsächlich darauf an, nur jene Personen zu umfassen, die in die örtliche Gemeinschaft integriert sind, dann wären wohl auch Berechtigte mit Wohnsitz in Möggers auszuschließen. Kein Mensch ist aber jemals auf die Idee gekommen, dies vorzuschlagen. Mit der gleichen Begründung würde dann auch jeder Pendler, der nur am Wochenende nach Hause kommt, nicht mehr zu seiner örtlichen Gemeinschaft zählen.

In gleicher Weise denkunmöglich ist das Argument von der Rechtskraft des Statutengenehmigungsbescheids. Die Entscheidung behauptet Seite 32 unten, dass die Klägerin mit ihrem Argument, wonach die Satzungsbestimmungen wegen ihres über §33 Abs8 Flurverfassungsgesetz hinausschießenden Regelungsgegenstands und daher wegen fehlender gesetzlicher Deckung insoweit unanwendbar seien, die Bindungswirkung des Erkenntnisses vom 13. Mai 1996 leugne.

Das damalige Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. [richtig: 13.] Mai 1996 bezog sich auf einen Entscheidungsstichtag aus der zweiten Jahreshälfte 1994, also auf einen Entscheidungszeitpunkt vor dem Unionsbeitritt Österreichs und noch eindeutiger vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ciola vom 29.04.1999, Rs. C-224/97, das der Verwaltungsgerichtshof eigentlich selbst zitiert, dann aber offenkundig elementar ignoriert.

Es ist ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass Satzungsbestimmungen um jene Regelungen zu bereinigen sind, die nach §879 ABGB nichtig sind. Dazu gehören auch jede Art von diskriminierenden Klauseln, sei es in sexueller Hinsicht (Erkenntnis Riesch vom 12.12.1994, VfSlg. 13.975), sei es in Folge gemeinschaftsrechtswidriger Diskriminierung, zB über eine willkürliche Wohnsitzklausel, wie in der Rechtssache Ciola.

Selbst wenn entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zutreffen würde, dass die Satzungsbestimmungen aufgrund der Rechtskraft des Genehmigungsbescheids in alle Ewigkeit einbetoniert sind (welch absurde Vorstellung, die hier der Verwaltungsgerichtshof äußert), würde jedenfalls die Aussage des Europäischen Gerichthofs aus dem Urteil Ciola tragend, dass überkommendes Gemeinschaftsrecht auch die Rechtskraft derartiger Bescheide durch gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrang bricht. Gleiches gilt damit selbstverständlich auch für das Erkenntnis vom 13. Mai 1996, das im Hinblick auf die Änderung des Sachverhalts keine Bindungswirkung entfalten kann. Die Annahme einer Bindungswirkung ist daher glatt denkunmöglich.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verkennt auch (S 32 Mitte) die 25 jährige ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, wonach seine Ablehnungsbeschlüsse nicht bindend sind. Nach dieser ständigen Rechtsprechung ist vielmehr absolut unbestritten, dass die eingestreuten Aussagen von Ablehnungsbeschlüssen weder den Verfassungsgerichtshof selbst noch den Verwaltungsgerichtshof binden (weshalb auch die sogenannte 'Rerepulsion' nach absolut einhelliger Lehre und Rechtsprechung prinzipiell zulässig ist).

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt mit seinem Verweis auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs auch, dass es prinzipiell in seiner Hauptzuständigkeit gelegen wäre, Gemeinschaftsrecht anzuwenden und Gemeinschaftsrechtsverletzungen hintanzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof ist jener Gerichtshof, der primär zur Wahrnehmung von Gemeinschaftsrecht zuständig wäre, es geht daher ein Hinweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs schon von der Grundstruktur des Arguments her ins Abseits.

Zusammenfassend, Satzungen sind um Nichtigkeiten nach §879 ABGB bereinigt anzuwenden, und kann auch der seinerzeitige Statutengenehmigungsbescheid an dieser Verpflichtung nichts ändern. Insbesondere gilt dies dann, wenn Gemeinschaftsrecht verletzt wird.

Insofern ignoriert der Verwaltungsgerichtshof in unverständlichster Weise die klare Aussage des Urteils Ciola. Wenn auch bei rechtskräftigen Bescheiden rechtswidrige Auflagen in Folge Gemeinschaftsrechts bereinigt werden, dann muss die nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs umso mehr auch für Satzungen gelten, die ja privatrechtlichen Charakter haben und unter dem Vorbehalt des Fehlens von Nichtigkeiten nach §879 aktuell stehen.

Selbstverständlich ist auch das Argument abwegig, dass eine weniger strenge Voraussetzung als das Abstellen auf eine räumliche Nahebeziehung bei der Hereinnahme von neuen Mitgliedern nicht denkbar sei. ZB. könnte man auf das einzige wirklich wesentliche Kriterium abstellen, nämlich auf die Wahrnehmung der Aufgaben in der Agrargemeinschaft.

In Wahrheit ist es völlig irrelevant, wo jemand wohnt, maßgeblich ist, ob diese Person in der Lage ist, die Verpflichtungen aus der Agrargemeinschaft wahrzunehmen.

Geradezu kafkaesk ist die These des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es einer vorgängigen Genehmigung bedürfe, um die Interessen der Landwirtschaft sicherzustellen, wie dies der Europäische Gerichtshofs im Urteil Ospelt vom 23.09.2003, C-452/01 betont habe.

Das System des Flurverfassungsgesetzes sieht nämlich gerade keine vorgängige Genehmigung oder Genehmigungspflicht vor, ist doch die Klägerin seit 12 Jahren unbestritten Mitglied der Agrargemeinschaft, nimmt die Hüttenrechte wahr und erfüllt die Pflichten, die ein Mitglied bei der Agrargemeinschaft hat, nimmt etwa auch regelmäßig an den Sitzungen teil, obwohl diese teilweise mit eintägigem Aviso ausgeschrieben werden.

Wenn Anteilsberechtigte ihr Anteilsrecht ausüben können, bis ihr Anteilsrecht gegebenenfalls anderweitig verwertet worden ist, dann besteht überhaupt keine Notwendigkeit, die Eignung eines Anteilsberechtigten vorab abzuklären. Dann gibt es ein einziges sinnvolles Kriterium, nämlich jenes, ob das Mitglied seine Verpflichtungen bei der Agrargemeinschaft wahrnimmt. Das ist bei Klägerin aber unbestritten der Fall.

Es gibt also eine weniger strenge Voraussetzung zur Erreichung des Zieles als das Abstellen auf eine räumliche Nahebeziehung, nämlich das einfachste, direkteste und geradezu naturrechtlich selbstverständlichste Kriterium überhaupt, nämlich die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft bei der Agrargemeinschaft. Wer diese Verpflichtungen erfüllt, muss Mitglied sein können, wer nicht, stellt seine Mitgliedschaft in Frage.

Selbstverständlich könnten auch Pächter mit Vollmacht an den 'Entscheidungsprozessen' in der Agrargemeinschaft teilnehmen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof verletzt demnach flagrantestens das Gemeinschaftsrecht, und wird sie deshalb als staatshaftungsbegründend zu erkennen sein."

Abschließend regt die Klägerin an,

"... dem Europäischen Gerichtshof die Fragestellung zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob es zulässig sein kann, Personen mit einer Anfahrtszeit von einer Stunde die Mitgliedschaft zu einer Agrargemeinschaft zu gestatten, Personen mit einer Anfahrtszeit von zwei Stunden dagegen eine Mitgliedschaft kategorisch zu verweigern, auch wenn sie ihre Pflichten aus der Mitgliedschaft bisher stets ordnungsgemäß wahrgenommen haben."

IV. Der Bund bezweifelt die Zulässigkeit der Klage nicht, hält aber das Klagebegehren für unbegründet und führt zur Frage der Gemeinschaftsrechtsverletzung aus:

"4.1. ...

Mit dem Abstellen auf die Anfahrtszeit der Klägerin zur Alpe - ein Argument, das sich in der gesamten Klagschrift findet - übersieht die Klägerin aber, dass es nicht darauf ankommt, ob und in welcher Zeit sie die Alpe erreichen kann oder nicht. Auch auf ihre aktive Beteiligung an der Agrargemeinschaft kam es bei der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden rechtlichen Prüfung nicht an. Entscheidend war vielmehr, ob eine Norm des Inhaltes, dass der Wohnsitz in drei örtlich umgrenzten Gerichtsbezirken in Vorarlberg Bewilligungsvoraussetzung für den Erwerb eines Anteilsrechtes darstellt, gemeinschaftsrechtswidrig ist oder nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis ausführlich begründet, weshalb diese Norm zur Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen gerechtfertigt sei. Er hat dabei auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Frage mit einem bloßen Vergleich von Distanzen nicht zufrieden stellend gelöst werden könnte. Der Aspekt der Entfernung sei nicht der einzige, der hinter dem Abstellen auf den Wohnsitz in einem bestimmten Gebiet stehe; es werde damit auch auf die durch die Agrargemeinschaft innerhalb dieses vrtlich abgeschlossenen Bereichs entwickelten sozialen Strukturen, auf das Verständnis als 'örtliche Gemeinschaft' Rücksicht genommen (vgl. näher Punkt 4.3.2. des Erkenntnisses)

4.2. Die Klägerin meint weiters (Seite 7 der Klage), der Verwaltungsgerichtshof habe es als fraglich betrachtet, ob Nutzungsrechte an Agrargemeinschaften überhaupt unter die Kapitalsverkehrsfreiheit fielen. Diese Argumentation sei 'denkunmöglich'.

Damit übersieht die Klägerin, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Frage zwar aufwarf (vgl. Punkt 4.2. zweiter Absatz des Erkenntnisses), ihre Lösung aber dahingestellt ließ, weil auch unter der Annahme, dass solche Nutzungsrechte an Agrargemeinschaften an der Kapitalsverkehrsfreiheit zu messen seien, diese Einschränkung gerechtfertigt wäre. Das Erkenntnis lässt daher die Frage, ob Nutzungsrechte an Agrargemeinschaften unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallen, offen, geht aber inhaltlich ausführlich darauf ein, wie die rechtliche Situation zu beurteilen wäre, wenn man diese Frage bejahte (vgl. Punkt 4.3. ff. des Erkenntnisses).

4.3. Die Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof sei auf die Verhältnismäßigkeit der konkreten Regelung nicht eingegangen, ist unzutreffend (vgl. insb. Punkt 4.3.3. des Erkenntnisses). Dass es aber nicht geboten war, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 'auf den konkreten Einzelfall herunter zu brechen', wie die Klägerin auf Seite 8 der Klage moniert, wurde bereits dargetan:

Entscheidungsrelevant war allein die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität der angewendeten Norm.

4.4. Die Klägerin meint weiters (Seiten 10 und 11 der Klage), es gebe bei der Hereinnahme von neuen Mitgliedern eine weniger strenge Voraussetzung zur Verwirklichung der Zielsetzung als das Abstellen auf eine räumliche Nahebeziehung, nämlich das Abstellen darauf, ob jemand die Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft tatsächlich erfüllt. Mit diesem Argument verwechselt die Klägerin aber die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft mit ihren Folgen. Im konkreten Fall geht es um die Frage des Erwerbs eines Mitgliedschaftsrechtes, dabei kann nicht darauf abgestellt werden, ob jemand allenfalls in Zukunft die Mitgliedschaftsrechte auch tatsächlich aktiv ausübt oder nicht.

4.5. Die Frage, ob die in Rede stehende Satzungsbestimmung nach §879 ABGB nichtig ist (vgl. Seiten 9 und 10 der Klage), ist rein innerstaatlich zu beurteilen und berührt das Gemeinschaftsrecht nicht. Gleiches gilt für das Vorbringen, die Satzungsbestimmung sei mangels gesetzlicher Deckung 'unanwendbar'.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof der im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Februar 2004, B1012/03, vertretenen Ansicht angeschlossen hat, wonach es 'nicht unsachlich mit der Folge der Nichtigkeit der Satzung im Sinne des §879 ABGB [ist], wenn die Mitglieder einer Agrargemeinschaft (zu denen auch der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin gehörte) in der von ihnen selbst beschlossenen Satzung die Nähe des Wohnsitzes eines Mitgliedes für die gemeinsame Bewirtschaftung ihrer Alm für erforderlich erachten.'

4.6. Die Behauptung auf Seite 11 der Klage, dass das 'System des Flurverfassungsgesetzes [...] keine vorgängige Genehmigung oder Genehmigungspflicht vor[sieht], ist doch die Klägerin seit 12 Jahren unbestritten Mitglied der Agrargemeinschaft, nimmt die Hüttenrechte wahr und erfüllt die Pflichten, die ein Mitglied bei der Agrargemeinschaft hat', ist nicht nachvollziehbar. Bezüglich der Genehmigungspflicht ist auf §33 des Vorarlberger Flurverfassungs-Landesgesetzes und die §§3 und 4 der Satzung der Agrargemeinschaft zu verweisen. Die Frage der Mitgliedschaft der Klägerin bei der Agrargemeinschaft ist keineswegs unbestritten, sondern war Gegenstand des Verfahrens. Aus dem Umstand, dass die Klägerin allenfalls gewisse Rechte wahrnimmt, ist nicht zu schließen, dass sie auch Mitglied der Agrargemeinschaft (geworden) wäre.

4.7. Die Klägerin behauptet schließlich auch insofern einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht, 'als der Oberste Agrarsenat als oberste Instanz nicht die Anforderungen an ein Zivilgericht im Sinne der Gemeinschaftsrechtsstandards erfüllt, wobei diesbezüglich auf die Argumente der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen wird und diese zum integralen Bestandteil dieser Klage erklärt werden.'

Dieses Vorbringen ist nach Auffassung des Bundes schon deshalb unbeachtlich, weil Verweisungen auf andere, nicht in einem verbundenen Verfahren erstattete Schriftsätze im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof grundsätzlich unzulässig sind (z.B. VfSlg. 11.611/1988, 12.577/1990, 15.458/1999, 16.605/2002). Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass beim Verfassungsgerichtshof im konkreten Fall keine Bedenken an der Tribunalsqualität des Obersten Agrarsenates entstanden sind (Ablehnungsbeschluss vom 23. Februar 2004, B1012/03).

4.8. Beim Obersten Agrarsenat handelt es sich um ein Tribunal im Sinne des Art6 EMRK; er entscheidet gemäß §9 Abs1 Agrarverfahrensgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung unter Zuziehung der Parteien. Weshalb das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Gemeinschaftsrechtsverletzung darstelle, ist angesichts dessen nicht ersichtlich; dies wurde in der Klage auch nicht näher begründet.

4.9. Die Klägerin regt eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof an. Der Inhalt der vorgeschlagenen Vorabentscheidungsfrage geht jedoch - wie bereits oben ausgeführt - an den wesentlichen Fragestellungen des Verfahrens vorbei. Überdies ist es zumindest bemerkenswert, dass die Klägerin einerseits einen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht - und damit ein offenkundiges Verkennen der Gemeinschaftsrechtslage - behauptet und andererseits zu der von ihr als maßgeblich erachteten Frage eine Vorlage anregt, was das Vorliegen einer Zweifelsfrage voraussetzt (vgl. bloß Rs 283/81, CILFIT, Slg. 1982, 3415).

5. Abschließend ist festzuhalten, dass die vorliegende Klage eine substantiierte Auseinandersetzung mit der zentralen

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten