TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/11 A9/85

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Veröffentlicht am 11.06.1986
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
Tir RaumOG §31 Abs1
VfGG §41

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage des Landes Tirol gegen eine Gemeinde wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem TROG 1984; unter Heranziehung eines Ingenieurkonsulenten Ausarbeitung eines "beschränkten Flächenwidmungsplanes" gemäß §31 Abs1 TROG 1984 für eine Gemeinde, die nach dem Inkrafttreten des TROG 1972 innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Flächenwidmungsplan erlassen hat; (freiwillige) Übernahme eines Teilbetrages des Honorars des Ingenieurkonsulenten durch die Tir. Landesregierung; nach erfolgloser Mahnung der Gemeinde Begleichung der Restforderung des Ingenieurkonsulenten durch die Tir. Landesregierung; Aufforderung zur Refundierung des Restbetrages; keine Verjährung von Ansprüchen aus §31 Abs1 vorletzter Satz TROG 1984; Verzugszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Refundierung gerechtfertigt; im übrigen Stattgebung der Klage; kein Kostenzuspruch mangels ziffernmäßiger Verzeichnung der Kosten

Spruch

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 74692,64 S samt 4 vH Zinsen seit 6. Feber 1985 bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. A. In der unter Berufung auf Art137 B-VG erhobenen Klage vom 15. Mai 1985 bringt das klagende Land Tirol folgendes vor:

"1. Nach den Bestimmungen des §31 Abs1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1984, ist das Land Tirol verpflichtet, für jene Gemeinden, die mit der Erstellung eines Flächenwidmungsplanes säumig sind, ersatzweise einen vorläufigen Plan zu erlassen. Für die Gemeinde L war es notwendig, den Auftrag zur Erstellung eines Ersatzplanes zu erteilen.

Mit Schreiben der Abteilung Ve beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 24. Juni 1980, Zl. Ve-546-68/248, wurde der Gemeinde L die erste Teilrechnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien über die Lieferung von 118 transparenten Verkleinerungen 1:5.000 der Katastralmappenblätter an das Büro Prof. S in Wien, das die Ausarbeitung der Grundstückpläne durchführte, mit der Bitte um Zahlung übermittelt. Der Betrag über diese 1. Teilrechnung in Höhe von S 37.516,- wurde von der Gemeinde beglichen.

BEWEIS: Aktenunterlagen der klagenden Partei, inf. Vertreter der klagenden Partei

2. Nach Fertigstellung und Lieferung der Grundstückpläne 1:5.000 für das Gebiet L - Ortsplanung - wurde vom Büro Prof. H S seinerzeit die Schlußrechnung hiefür in der Höhe von S 99.692,64 vorgelegt.

Von diesen Kosten wurde ein Betrag von S 25.000, - von der Abteilung Vlg/Vermessungswesen beim Amt der Tiroler Landesregierung übernommen, sodaß für die Gemeinde ein Restbetrag von S 74.692,64 verblieb.

Dieser Betrag wurde mit Schreiben der Abteilung Ve beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 24. 2. 1981, Zl. Ve-546-68/251, der Gemeinde L zur Zahlung vorgeschrieben.

Anfang November 1984 teilte das Büro Prof. S telefonisch mit, daß dieser Betrag noch nicht überwiesen worden ist. Daraufhin wurde mit Schreiben vom 13. 11. 1984, Zl. Ve-546-68/280, der Gemeinde L aufgetragen, umgehend den aushaftenden Betrag von S 74.692,64 dem genannten Büro zu überweisen.

Die Gemeinde L hat jedoch dieses Schreiben nicht zum Anlaß genommen, diese offene Schuld zu begleichen, wie ein am 22. 1. 1985 getätigter Anruf beim Büro Prof. S ergeben hat.

BEWEIS: Aktenunterlagen der klagenden Partei, inf. Vertreter der klagenden Partei wie vor

3. Da das Land als Auftraggeber für den beschränkten Flächenwidmungsplan zur Zahlung der Schuld verpflichtet war, wurde mit Schreiben vom 23. 1. 1985, Zl. Ve-546-68/281, die Abteilung VIIb beim Amt der Tiroler Landesregierung ersucht, den Betrag von

S 74.620,64 an das Büro Prof. H S, Wien, zu überweisen. Dies ist in weiterer Folge auch geschehen.

Mit Schreiben vom 5. 2. 1985, VIIb-5/0200-437, wurde die Gemeinde L nochmals aufgefordert, den zwischenzeitlich aus Landesmitteln bezahlten Betrag dem Land Tirol zu überweisen. Bis zum heutigen Tag ist jedoch noch keine Zahlung erfolgt.

BEWEIS: wie vor

4. Die durch die Erlassung eines beschränkten Flächenwidmungsplanes dem Land Tirol entstandenen Kosten sind von der Gemeinde (§31 Abs1 2. und 9. Satz Tiroler Raumordnungsgesetz) zu tragen und handelt es sich bei diesem Kostenersatzanspruch um einen vermögensrechtlichen Anspruch des Landes Tirol gegen die Gemeinde L, der gemäß Art137 B-VG durch Klage beim VfGH geltend zu machen ist. Bei dem in Rede stehenden Kostenanspruch handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch des Landes Tirol gegen die Gemeinde L, welcher seine Wurzel im öffentlichen Recht (TROG 1984) hat. Der Anspruch ist weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Er ist daher nach Art137 B-VG durch Klage beim VfGH geltend zu machen.

BEWEIS: Aktenunterlagen und inf. Vertreter der klagenden Partei wie vor

5. Die Gemeinde L ist spätestens seit 25. 2. 1981 im schuldhaften Zahlungsverzug, weshalb Zinsen in gesetzlicher Höhe von 4% begehrt werden.

BEWEIS: wie vor

Es wird daher beantragt, das

Urteil.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von S 74.692,64 samt 4% Zinsen seit 25. 2. 1981 zu bezahlen und die Kosten des Verfahrens zu ersetzen"

B. Die beklagte Gemeinde L erstattete hiezu nachstehende Gegenschrift vom 24. Juli 1985:

"Es ist zwar richtig, daß die Tiroler Landesregierung gemäß §31 Abs1 TROG für die Gemeinde L ersatzweise einen vorläufigen Flächenwidmungsplan erlassen hat. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß die Gemeinde L vom Umfang her eine der größten Gemeinden Tirols ist, und deshalb der Flächenwidmungsplan seitens der Gemeinde nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erlassen werden konnte, da sich die Vorarbeiten hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes wegen der erwähnten Ausdehnung des Gemeindegebietes als äußerst schwierig gestalteten.

Bei Erlassung des vorläufigen Flächenwidmungsplanes hat sich die Tiroler Landesregierung zum Großteil auf die Vorarbeiten gestützt, die ein von der Gemeinde beauftragter Architekt bereits durchgeführt hatte. Die beklagte Gemeinde ist grundsätzlich der Ansicht, daß sämtliche mit der Erstellung des vorläufigen Flächenwidmungsplanes verbundenen Auslagen im Rahmen ihrer Dienstausübung von den Beamten des Landes Tirol durchzuführen waren, sodaß die Gemeinde L mit keinen Auslagen belastet hätte werden müssen. Der Beamtenapparat der klagenden Partei ist hiezu durchaus in der Lage.

Weshalb nun das Büro Prof. H S, Wien, eingeschaltet werden mußte, ist der beklagten Partei völlig unklar; sie hält diese Vorgangsweise auch für unzulässig, da - wie erwähnt - die Zuziehung dieses Büros nicht notwendig war.

Auch die Höhe der Forderung wird bestritten. In der Klage wird nicht angegeben, für welche Leistungen das Büro Prof. H S eine Schlußrechnung in der Höhe von S 99.692,64 der klagenden Partei vorgelegt hat. Aus der Klage geht auch nicht hervor, ob diese Forderung der Höhe nach berechtigt ist, weil eine Aufschlüsselung der Rechnung nicht vorgenommen wurde.

Die Forderung ist auch verjährt.

Auch das Zinsenbegehren steht mit dem Vorbringen in der Klage hinsichtlich der Fälligkeit in Widerspruch.

Es wird darauf hingewiesen, daß der beklagten Partei in dieser Sache keine Akten zur Verfügung stehen, sodaß diese auch nicht vorgelegt werden können.

Es wird daher beantragt, das Klagebegehren abzuweisen und der klagenden Partei die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen."

C. Darauf replizierte das klagende Land Tirol mit Schriftsatz vom 10. September 1985:

"6. Wenn die beklagte Partei ins Treffen führt, daß ihr die Erstellung eines Flächenwidmungsplanes innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist auf Grund des Umfanges des Gemeindegebietes und der damit verbundenen Schwierigkeiten nicht möglich war, ist dem entgegenzuhalten, daß die im Tiroler Raumordnungsgesetz vorgesehene Frist zur Erstellung eines Flächenwidmungsplanes auch unter Berücksichtigung solcher Umstände bemessen wurde. Im übrigen sei auch ganz kurz im folgenden der chronologische Ablauf dargestellt, woraus sich eindeutig ergibt, daß die beklagte Partei Zeit genug zur Erstellung eines Flächenwidmungsplanes hatte. Auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes hätte die Gemeinde L innerhalb von 5 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes (15. 2. 1972) der Landesregierung den Entwurf eines Flächenwidmungsplanes zur Genehmigung vorlegen müssen. Gerade die Gemeinde L hätte Grund für eine rasche Erstellung eines Flächenwidmungsplanes gehabt, nachdem der ursprüngliche 'Verordnungsplan' vom VfGH mit 28. 2. 1969 als verfassungswidrig aufgehoben worden ist und die Gemeinde seither ohne bauliche Regelung war.

Nachdem die beklagte Partei bis zum 15. 2. 1977 jedoch keinen Flächenwidmungsplanentwurf zur Genehmigung vorgelegt hat, wurde mit Schreiben, Zl. VId3-223/6 vom 2. 3. 1977, um den Grund für die Säumnis nachgefragt. Weiters wurde mit einem Rundschreiben der Stand der örtlichen Raumordnung zum Stichtag 15. Mai 1977 erhoben. Die Gemeinde L hat auf beide Schreiben nicht geantwortet.

Nach einer Wartezeit von fast 3 weiteren Jahren nach Fristablauf wurde die Gemeinde aufgefordert, einen Flächenwidmungsplan zu erlassen, widrigenfalls ein vereinfachter 'beschränkter' Flächenwidmungsplan durch die Landesregierung erlassen werden müßte. Nachdem die Gemeinde auch diese Frist verstreichen ließ, wurde die Abteilung VId3 beim Amt der Tiroler Landesregierung von der Aufsichtsbehörde mit Schreiben Zl. Ve-546-68/246 vom 19. 11. 1977 beauftragt, den beschränkten Flächenwidmungsplan auszuarbeiten. Um diesem Auftrag nachkommen zu können, mußten die erforderlichen Planunterlagen beschafft werden. Dies wurde durch die Abteilung VIg, Landesvermessungsdienst beim Amt der Tiroler Landesregierung durchgeführt.

Am 20. März 1981 wurde mit Schreiben der beklagten Partei bekanntgegeben, daß Herr Arch. R B H mit der Erstellung eines Flächenwidmungsplanes durch die Gemeinde L beauftragt worden war und mit der Ausarbeitung begonnen hätte.

Inzwischen waren jedoch die Arbeiten am Entwurf des beschränkten Flächenwidmungsplanes weitergelaufen und nahezu abgeschlossen. Mit Schreiben Zl. VId3-223/25-82 vom 14. 7. 1982 wurde der Entwurf für den beschränkten Flächenwidmungsplan zwecks Erlassung der Verordnung an die Landesregierung übermittelt. Nachdem der Entwurf über Aufforderung der Landesregierung zuerst noch an die Gemeinde L zur Abgabe einer allfälligen Stellung übermittelt worden war, wozu die Gemeinde L lediglich mit einem Protestschreiben reagierte, wurde der beschränkte Flächenwidmungsplan mit der Verordnung der Landesregierung vom 26. 10. 1982 erlassen.

Von dem inzwischen in Arbeit befindlichen Flächenwidmungsplan der beklagten Partei wurde der Gemeinde der 2. Teil von der Landesregierung mit Bescheid Zl. Ve-546-68/270 vom 16. Oktober 1983 und der 1. Teil mit Bescheid Zl. Ve-546-68/283 vom 13. 3. 1985 genehmigt.

Als Planungsunterlage für den gemeindeeigenen Flächenwidmungsplan dienten ebenfalls die vorher für den beschränkten Flächenwidmungsplan durch das Amt der Tiroler Landesregierung beschafften Planunterlagen. Aus dem hier chronologisch aufgezeigten Entstehungsplan des Flächenwidmungsplanes für die beklagte Partei ist ersichtlich, daß die Gemeinde nur unter dem Druck der Erlassung des beschränkten Flächenwidmungsplanes mit der Ausarbeitung ihres eigenen Flächenwidmungsplanes tätig wurde. Zu den in der Gegenschrift zitierten Vorarbeiten (Bestandaufnahme) durch den von der Gemeinde bestellten Architekten ist zu bemerken, daß diese nicht durch das Amt der Tiroler Landesregierung ausgeführten Arbeiten auch niemals von der klagenden Partei in Rechnung gestellt worden sind.

BEWEIS: Aktenunterlagen wie vor, inf. Vertreter der klagenden Partei

7. Zur Einwendung der beklagten Partei, daß sämtliche mit der Erstellung des vorläufigen Flächenwidmungsplanes verbundenen Auslagen im Rahmen der Dienstausübung von den Beamten des Landes Tirol durchzuführen waren, ist zu bemerken, daß dies ohnedies soweit als möglich geschehen ist. Der Grund, warum das Büro Prof. H S, Wien, eingeschaltet wurde, geht aus dem Bestellschreiben der Abteilung VIg, Zl. 3434/10 vom 21. 2. 1980, hervor. Demnach wurde das Büro beauftragt, aus den vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (Katastralmappenarchiv) gelieferten Einzelblättern durch Zusammenfügung einen zusammenhängenden Gesamtplan zu erstellen. Für die Erstellung eines Flächenwidmungsplanes ist es unbedingt notwendig, die erforderlichen Planunterlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zu beschaffen. Die dafür auflaufenden Kosten fallen bei jeder Erstellung eines Flächenwidmungsplanes an und müßten auch dann von der Gemeinde geleistet, wenn sie selbst einen Architekten mit der Planung beauftragt hätte.

Weiters ist zu bemerken, daß mit Schreiben der Abteilung Ve vom 24. Juni 1980, Zl. Ve-546-68/248, der Gemeinde L die erste Teilrechnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien über die Lieferung von 118 transparenten Verkleinerungen 1:5.000 der Katastralmappenblätter an das Büro Prof. S in Wien, das die Ausarbeitung der Grundstückspläne durchführte, mit der Bitte um Bezahlung übermittelt wurde. Der Betrag über diese erste Teilrechnung in Höhe von S 37.516,- wurde nach vielfachen Urgenzen von der Gemeinde beglichen.

Nach Fertigstellung und Lieferung der Grundstückspläne 1:5.000 für das Gebiet L Ortsplanung wurde nunmehr vom Büro Prof. H S die Schlußrechnung hiefür in der Höhe von S 99.692,64 vorgelegt.

Von diesen Kosten wurde ein Betrag von S 25.000,- von der Abteilung VIg, Vermessungswesen, übernommen, sodaß für die Gemeinde der Klagsbetrag blieb. Für die vom Büro Prof. S durchgeführten Arbeiten stehen dem Amt der Tiroler Landesregierung keine entsprechenden Beamten zur Verfügung, bzw. werden solche Arbeiten bei sämtlichen Flächenwidmungsplänen aus ökonomischen Gründen vom erwähnten Büro erstellt.

Die beklagte Partei kann sich auch nicht auf mangelnde Aufschlüsselung der Forderung berufen, da ihr die Schlußnote des Prof. S mehrfach übermittelt wurde und sie auch jeweils zur Zahlung aufgefordert wurde. Um jedoch auch zur Höhe der Forderung Stellung zu nehmen, wird die Honorarnote wie folgt aufgeschlüsselt:

1/1 Blatt    15 Blätter je S 4.405,-    S 66.075,-

3/4 Blatt     2 Blätter je S 3.407,-    S  6.814,-

1/1 Blatt     4 Blätter je S 3.066,-    S 12.264,-

1/4 Blatt     3 Blätter je S 2.385,-    S  7.155,-

                                        -----------

                                        S 92.308,-

plus 8% Mehrwertsteuer                  S  7.384,64

                                        -----------

                                        S 99.692,64

Diese Forderung wurde vom Vermessungsdienst der Abteilung VIg beim Amt der Tiroler Landesregierung der Höhe nach geprüft und als berechtigt angesehen.

Im übrigen sei auch noch darauf verwiesen, daß das Tiroler Raumordnungsgesetz bestimmt, daß die Gemeinde für den Fall der nicht rechtzeitigen Erstellung eines Flächenwidmungsplanes sämtliche Kosten für die Erstellung eines Ersatzplanes zu tragen hat. Genaugenommen würden darunter auch sämtliche dem Amt der Tiroler Landesregierung entstandenen Kosten fallen, da auch die dort angestellten Beamten nicht kostenlos arbeiten. Es ist wohl nur ein Entgegenkommen, daß für die Arbeiten, die im Rahmen des Dienstbetriebes geleistet werden, keine Kosten verrechnet werden. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen wäre jedoch die klagende Partei sicherlich berechtigt, auch die Kosten seiner Leistungen in Rechnung zu stellen.

BEWEIS: Aktenunterlagen wie vor, Korrespondenz, inf. Vertreter der klagenden Partei

8. Da die Behauptung der Verjährung der klagsgegenständlichen Forderung nicht näher begründet wird, braucht darauf wohl nicht näher eingegangen werden. Zu erwähnen ist nur, daß das Tiroler Raumordnungsgesetz, worauf sich ja die gegenständliche Forderung stützt, bezüglich der Einbringlichmachung der Kosten keine Verjährungsbestimmungen vorsieht, sodaß wohl die allgemeine Verjährungsbestimmung von 30 Jahren zum Tragen kommen muß. Von einer Verjährung kann daher keinesfalls die Rede sein.

Die Fälligstellung der offenen Kosten erfolgte mit Schreiben der Abteilung Ve vom 25. 2. 1981, womit auch die Fälligkeit der eingetretenen Forderung gegeben ist. Daß mangels Zahlung Zahlungsverzug eingetreten ist und somit gesetzliche Zinsen begehrt werden können, kann wohl nicht in Zweifel gezogen werden.

BEWEIS: wie vor.

Gleichzeitig mit diesem Schriftsatz werden folgende Urkunden 2fach in Fotokopie vorgelegt:

Schreiben vom 2. 3. 1977, VId3-223/6, VId3-223/9, VId3-223/11, VId3-223/12, VId3-223/13, VId3-223/14, VId3-223/25, VId3-223/26, VId3-223/27, VId3-223/28, VIg-3434/8, VIg-3434/10, VIg-3434/15,

Schreiben aus dem Ve-Akt: 9. August 1979, 19. November 1979, 24. 6. 1980, 11. November 1980, Note des H S 24. 11. 1980, 25. 2. 1981, 2. 12. 1981, 25. 11. 1982, 13. 11. 1984, 23. 1. 1985, 5. 2. 1985."

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der von der Klägerin geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch richtet sich gegen eine Gemeinde.

Er wird auf §31 Abs1 des Tir. Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. 4 (TROG 1984), gestützt. Er ist nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, weil weder §1 JN noch ein anderes Gesetz die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über derartige Ansprüche beruft. Der Anspruch ist aber auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weil keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in solchen Fällen eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft; die Begründung behördlicher Zuständigkeiten bedarf nämlich einer gesetzlichen Vorschrift oder muß auf ein Gesetz zurückgeführt werden können (vgl. zB VfSlg. 10069/1984, S 625).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Klage zulässig.

2. a) Dem §31 Abs1 erster Satz des Tir. Raumordnungsgesetzes, LGBl. 10/1972 (TROG-1972-Stammfassung), zufolge hatte jede Gemeinde innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes einen Flächenwidmungsplan zu erlassen.

Diese Vorschrift wurde durch die 3. TROG-Nov., LGBl. 12/1979, dahin geändert, daß der Flächenwidmungsplan von der Gemeinde bis zum 30. Juni 1979 zu erlassen war. Im zweiten Satz wurde verfügt: "Kommt eine Gemeinde dieser Verpflichtung nicht nach ..., so hat die Landesregierung für die betreffende Gemeinde durch Verordnung ... einen auf die Festlegung des Baulandes, des Freilandes und von Sonderflächen im Freiland beschränkten Flächenwidmungsplan zu erlassen." Der letzte Satz des §31 Abs1 bestimmte: "Die durch die Erlassung einer solchen Verordnung entstandenen Kosten sind von der Gemeinde zu tragen."

§31 Abs1 wurde durch die 4. TROG-Nov., LGBl. 88/1983, neuerlich geändert. Die oben zitierten Bestimmungen bleiben aber unberührt. Die Kostentragungspflicht findet sich nun im vorletzten Satz.

IdF der 4. TROG-Novelle wurde das Gesetz als Tir. Raumordnungsgesetz 1984 (TROG 1984) im LGBl. 4/1984 wiederverlautbart.

Die 5. TROG-Novelle, LGBl. 38/1984, brachte keine hier relevanten Änderungen.

b) Aufgrund des übereinstimmenden Parteienvorbringens und der vom klagenden Land vorgelegten Aktenunterlagen steht fest, daß die beklagte Gemeinde L nach dem Inkrafttreten des TROG 1972 - ungeachtet dessen, daß die Landesregierung sie seit 1977 wiederholt auf ihre gesetzliche Pflicht hinwies und ihr auch androhte, daß ansonsten ein "beschränkter Flächenwidmungsplan" iS des §31 Abs1 TROG durch die Landesregierung ausgearbeitet werden würde - keinen Flächenwidmungsplan iS dieses Gesetzes erließ.

Fachabteilungen des Amtes der Tir. Landesregierung arbeiteten daraufhin im Jahre 1980 unter Mitarbeit des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. H S, Technische Universität Wien, den Entwurf eines "beschränkten Flächenwidmungsplanes" iS des §31 Abs1 TROG für das Gemeindegebiet L aus. Univ.-Prof. Dr. S fertigte hiefür mehrere Grundstückspläne im Maßstab 1:5000 an und verrechnete am 24. November 1980 der auftraggebenden Landesregierung einen Betrag von insgesamt 99692,64 S.

Die Tir. Landesregierung erklärte sich bereit, einen Betrag von 25000 S zu übernehmen, und überwies diesen Betrag an Univ.-Prof. Dr. S. Mit Schreiben vom 24. Feber 1981 forderte sie die Gemeinde L auf, den verbleibenden Restbetrag von 74692,64 S an Univ.-Prof. Dr. S zu bezahlen. Die Gemeinde kam dieser Aufforderung trotz Mahnung vom 13. November 1984 nicht nach, sodaß sich das Land Tirol veranlaßt sah, diesen Betrag Ende Jänner 1985 dem Konsulenten anzuweisen. Mit Schreiben vom 5. Feber 1985 forderte die Landesregierung die Gemeinde L auf, den aus Landesmitteln bezahlten Betrag von 74692,64 S dem Land Tirol zu refundieren. Die Gemeinde zahlte nicht.

Der Flächenwidmungsplan nach §31 Abs1 TROG wurde am 26. Oktober 1982 von der Tir. Landesregierung beschlossen, im 46. Stück des "Boten für Tirol" kundgemacht und der Gemeinde zum öffentlichen Anschlag übermittelt.

c) Die von der beklagten Gemeinde L gegen die Forderung des Landes in der Gegenschrift (s. oben I.B) vorgebrachten Einwände treffen - mit Ausnahme jener, die auf das Zinsenbegehren Bezug haben (lit. ff.) - nicht zu:

aa) Die beklagte Gemeinde ist ihrer sich aus §31 Abs1 erster Satz TROG ergebenden Pflicht, bis zum 30. Juni 1979 einen Flächenwidmungsplan zu erlassen, nicht nachgekommen. Die Landesregierung war daher dem zweiten Satz dieser Vorschrift zufolge verpflichtet, einen "beschränkten Flächenwidmungsplan" zu erlassen. Die Gemeinde hat nach dem vorletzten Satz die hiefür entstandenen Kosten zu tragen.

bb) Der Einwand der beklagten Gemeinde, daß die Erstellung des Flächenwidmungsplanes sehr schwierig gewesen sei, ist rechtlich unerheblich, weil das Gesetz auf derartige Umstände nicht Bedacht nimmt.

cc) Zum Einwand der beklagten Gemeinde, daß die Heranziehung eines Ingenieurkonsulenten unnötig gewesen sei und daß das Amt der Landesregierung mit seinem Beamtenapparat den Flächenwidmungsplan (unentgeltlich) hätte ausarbeiten können, ist auf §31 Abs1 vorletzter Satz TROG 1984 hinzuweisen, wonach die Gemeinde zur Kostentragung verpflichtet ist. Es kann nicht davon gesprochen werden, daß die Heranziehung eines Ingenieurkonsulenten bei der Erarbeitung eines Flächenwidmungsplanes überflüssig gewesen wäre; eine derartige sachverständige Hilfe ist durchaus üblich.

dd) Zur Höhe des Konsulentenhonorars hat die beklagte Gemeinde vorgebracht, daß dieses nicht aufgeschlüsselt worden sei (s. oben I.B). In der Replik (I.C) gab das klagende Land die detaillierte Aufschlüsselung der vom Ingenieurkonsulenten gelegten Honorarnote bekannt. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen.

Der VfGH geht davon aus, daß das Konsulentenhonorar angemessen ist.

ee) Die beklagte Gemeinde hat Verjährung eingewendet.

Im öffentlichen Recht findet Verjährung nur statt, wenn dies in einem Gesetz speziell vorgesehen ist (vgl. VfSlg. 7617/1975). Dies ist hier nicht der Fall.

Ansprüche aus §31 Abs1 vorletzter Satz TROG 1984 unterliegen daher nicht der Verjährung.

ff) Wenn das Gesetz - wie hier - nichts Gegenteiliges bestimmt, sind auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten (vgl. zB VfSlg. 5079/1965, 10498/1985), allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Verzuges, das ist hier der Zeitpunkt der Aufforderung zur Refundierung des Betrages von 74692,64 S (Schreiben der Landesregierung an die Gemeinde L vom 5. Feber 1985), nicht aber schon - wie das klagende Land Tirol meint - der Zeitpunkt (24. Feber 1981) des Schreibens der Landesregierung, mit dem die Gemeinde aufgefordert worden war, den erwähnten Betrag dem Konsulenten zu überweisen; zu diesem Zeitpunkt waren dem Land die Kosten, deren Ersatz begehrt wird, noch gar nicht erwachsen.

Die Zinsen waren demnach ab 6. Feber 1985 zuzusprechen. Das darüber hinausgehende Begehren auf Zuerkennung von Zinsen bereits ab 25. Feber 1981 war abzuweisen.

gg) Im übrigen war dem Klagebegehren aus den dargelegten Gründen stattzugeben.

3. Kosten waren nicht zuzusprechen, weil das obsiegende Land Tirol die Zuerkennung von Kosten zwar begehrt, diese aber nicht ziffernmäßig verzeichnet hat (vgl. VfSlg. 9280/1981; VfGH 1. Oktober 1984 A1/82).

Schlagworte

VfGH / Klagen, Behördenzuständigkeit Grundverkehr, Verwaltungsverfahren, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verjährung, Verzugszinsen, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:A9.1985

Dokumentnummer

JFT_10139389_85A00009_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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