TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/12 B42/86

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Veröffentlicht am 12.06.1986
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Index

86 Veterinärrecht
86/02 Tierärzte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
TierärzteG §66 Abs2

Leitsatz

TierärzteG; Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung sämtlicherBeiträge an den Versorgungsfonds nach Beendigung der Mitgliedschaftzu diesem; keine Gleichheitsbedenken dagegen, daß vom Gesetzgeberkeine Regelung getroffen wurde, nach der die an den Versorgungsfonds(rechtmäßig) geleisteten Beiträge im Falle der Beendigung derZugehörigkeit zu diesem zurückzuerstatten wären; keineRechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf. war als frei praktizierender Tierarzt in der Zeit vom 15. Juni 1981 bis 11. Oktober 1983 Mitglied der Landeskammer der Tierärzte Wien und als ordentliches Mitglied dieser Kammer - mit Unterbrechungen infolge Ableistung des Präsenzdienstes - auch Mitglied des Versorgungsfonds bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs nach §62 Abs1 des Tierärztegesetzes, BGBl. 16/1975. Während der Zeit dieser Zugehörigkeit, die mit dem Eintritt in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien am 11. Oktober 1983 geendet hat, hat der Bf. auch die ihm vorgeschriebenen Beiträge an den Versorgungsfonds geleistet.

2. a) Am 25. Jänner 1985 stellte der Bf. an das Kuratorium des Versorgungsfonds den Antrag, ihm sämtliche an den Versorgungsfonds geleisteten Beiträge zurückzuzahlen. Aufgrund des gestellten Antrages erließ das Kuratorium des Versorgungsfonds den Bescheid vom 18. September 1985, nach dessen Spruch die vom Bf. "an den Versorgungsfonds der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs

eingezahlten Beiträge von insgesamt S 17.085,- ... nicht

zurückerstattet" werden.

In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, daß die Bestimmungen des §5 Abs4 der Satzung des Versorgungsfonds bzw. §66 Abs2 des Tierärztegesetzes von "zu Unrecht" eingezahlten Beiträgen und nicht von "vergeblich" eingezahlten Beiträgen sprächen. Für die Zeit seiner Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds habe der Bf. jeglichen Schutz des Versorgungsfonds genossen, zB hätte er bei Eintritt des beginnenden Ereignisses der Unfähigkeit zur Berufsausübung (§65 des Tierärztegesetzes) bis zu seinem Tod vom Versorgungsfonds eine Leistung erhalten.

Der Gesetzgeber mache bei den Beiträgen keinen Unterschied zwischen "Altersunterstützungsbeitrag" und "Berufsunfähigkeitsbeitrag". Bei einer Rückerstattung der vom Bf. einbezahlten Beiträge würde das Kuratorium eine unzulässige Gesetzesauslegung vornehmen.

b) Die gegen den Bescheid des Kuratoriums vom 18. September 1985 vom Bf. erhobene Berufung hat der Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs mit Bescheid vom 7. Dezember 1985 als unbegründet abgewiesen, wobei auf die Begründung des Bescheides des Kuratoriums des Versorgungsfonds verwiesen wird, wonach das Tierärztegesetz nur die Möglichkeit einer Rückzahlung zu Unrecht eingezahlter Beiträge und Umlagen vorsehe. Auch diese Rückerstattung sei jedoch an die Bedingung gebunden, daß sie innerhalb von zwei Jahren seit ihrer Leistung beantragt werde. Daraus ergebe sich eindeutig, daß alle anderen Beiträge von Gesetzes wegen nicht zurückzuerstatten seien. Die vom Bf. herangezogene Analogie mit dem österreichischen Sozialversicherungsrecht, wonach es im österreichischen Sozialversicherungsrecht keinen "ersatzlosen Entzug von Pensionsanwartschaften" gebe, gehe deshalb ins Leere, da auch im gegenständlichen Fall kein Entzug von Anwartschaften vorliege. Die Beiträge, die der Berufungswerber (Bf.) bis jetzt zum Versorgungsfonds einbezahlt habe, gingen nämlich nicht verloren. Werde der Berufungswerber (Bf.) wiederum freiberuflich tätig und unterstehe er damit wiederum der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds, werde dies bei der Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge berücksichtigt (§3 Abs2 der Satzung des Versorgungsfonds).

3. Gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs vom 7. Dezember 1985 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.

In der Beschwerde wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben. Weiters wird angeregt, von Amts wegen die §§61 bis 67 des Tierärztegesetzes auf ihre Verfassungsmäßigkeit und die Satzung des Versorgungsfonds der Tierärztekammer vom 27. März 1976 auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. §66 Abs2 des Tierärztegesetzes lautet:

"(2) Zu Unrecht eingezahlte Beiträge und Umlagen werden nicht zurückerstattet, wenn sie nicht innerhalb von zwei Jahren seit ihrer Leistung zurückgefordert werden."

2. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die bel. Beh. den Antrag des Bf., ihm sämtliche an den Versorgungsfonds geleisteten Beiträge zurückzuzahlen, unter Berufung auf §66 Abs2 des Tierärztegesetzes abgewiesen.

Nach dieser Bestimmung sind aber nur zu Unrecht eingezahlte Beiträge, und zwar nur dann zurückzuerstatten, wenn die Zurückforderung innerhalb von zwei Jahren seit ihrer Leistung geltend gemacht wird.

Dem Bf. ist insofern beizupflichten, daß §66 Abs2 des Tierärztegesetzes im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen kann, weil er nicht die Rückzahlung zu Unrecht entrichteter, sondern vielmehr jener Beiträge begehrt, die ihm während der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds rechtmäßig zur Entrichtung vorgeschrieben worden waren.

Eine Regelung über die Rückzahlung zu Recht entrichteter Beiträge, etwa bei Beendigung der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, das Gesetz mit Verfassungswidrigkeit zu belasten. Die freiberuflich tätigen Pflichtmitglieder der Tierärztekammer unterliegen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht gemäß §8 Abs1 Z4 litb ASVG der Kranken- und Unfallversicherung sowie gemäß §3 Abs3 Z5 GSVG der Pensionsversicherung. Daneben besteht die Regelung des Tierärztegesetzes über die Einrichtung des Versorgungsfonds.

Im Hinblick auf den im Gesetz vorgesehenen Anspruch auf Leistungen aus dem Versorgungsfonds für den - jedenfalls möglichen - Fall des Eintrittes einer vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit während der Dauer der Verpflichtung zur Beitragsleistung hat für den Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes keine Veranlassung zur Erlassung einer Regelung bestanden, nach der die an den Versorgungsfonds (rechtmäßig) geleisteten Beiträge im Fall der Beendigung der Zugehörigkeit zu diesem Fonds rückzuerstatten wären. Sollten während dieser Zeit die Voraussetzungen für eine Geltendmachung von Ansprüchen nicht eingetreten sein, so hat dies nicht zur Folge, daß für den Fall der Beendigung der Zugehörigkeit zum Versorgungsfonds die Rückerstattung der rechtmäßig geleisteten Beiträge vorgesehen werden müßte.

Soweit vom Bf. eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§61 bis 67 des Tierärztegesetzes angeregt wird, ist darauf zu verweisen, daß im angefochtenen Bescheid weder über die Leistung von Beiträgen an den Versorgungsfonds (§61 Abs1), an die Sterbekasse (§61 Abs2) oder an den Notstandsfonds (§61 Abs3) noch über Leistungen, auf die den Fondsmitgliedern ein Anspruch zusteht (§65 des Tierärztegesetzes), abgesprochen wurde. Es sind weder die Regelungen über die Verpflichtung zur Beitragsleistung noch jene über die den Fondsmitgliedern zustehenden Ansprüche auf Leistungen aus den Fonds bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet worden; sie kamen als Rechtsgrundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht. Wegen des Mangels der Präjudizialität ist auf das Vorbringen in der Beschwerde über die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen nicht weiter einzugehen.

Aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles sind Bedenken, daß sich der angefochtene Bescheid auf verfassungswidrige Rechtsgrundlagen stützt, nicht entstanden. Es ist daher ausgeschlossen, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden sein konnte.

Da der Bf. ausdrücklich nur die Verletzung von Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht hat, war nicht zu untersuchen, ob er in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde (vgl. VfSlg. 8792/1980, 9869/1983).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Tierärzte, Versorgung, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B42.1986

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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