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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art117 Abs5Leitsatz
Art141 Abs1 B-VG; Anfechtung der Wahl des Gemeindevorstandes(Stadtrates) der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 28. 6. 1985einschließlich des Beschlusses des Gemeinderates über die Festsetzungder Anzahl der zu wählenden Stadträte sowohl von zwei Wahlparteienals auch von sechs Gemeinderäten im eigenen Namen; nach §67 Abs2 Satz1 keine Legitimation der Wahlparteien zur Wahlanfechtung;Wahlanfechtung der Gemeinderäte zulässig - hinsichtlich derProzeßvoraussetzung des §68 Abs1 Satz 1 VerfGG kommt es nur daraufan, ob die höchste Wahlbehörde - wie hier - tatsächlich schonentschieden hatNö. GemeindewahlO 1974; die vom Gemeinderat kraft §24 Abs1 Nö.GemeindeO 1973 beschlossene und aus der früheren Gemeinderatsperiodeunverändert übernommene Anzahl von 11 geschäftsführendenGemeinderäten widerspricht nicht den Erfordernissen desVerhältniswahlrechtesSpruch
I. Die von den Wahlparteien Klosterneuburger Wahlgemeinschaft und Bürgerunion Klosterneuburg erhobene Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.
II. Der von den Gemeinderäten F C und Genossen eingebrachten Wahlanfechtung wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Am 14. April 1985 fand die Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg (politischer Bezirk Wien-Umgebung, Bundesland Niederösterreich) statt. Dabei wurden laut Kundmachung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. April 1985 insgesamt 14936 gültige Stimmen abgegeben, die sich wie folgt verteilten:
Österreichische Volkspartei (ÖVP) 7871
Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) 4331
Klosterneuburger Wahlgemeinschaft
("Liste Dr. Paul Weber", "Grüne Mitte (die Grünen)",
"Jungwähler (Klosterneuburger Jugend)") 1035
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 305
Alternative Liste Klosterneuburg (ALK) 315
Kommunisten und Linkssozialisten 47
Bürgerunion Klosterneuburg (Vereinte Grüne
Klosterneuburg und Arbeitskreis zur Erhaltung der Au) 1032.
Die 41 zu vergebenden Gemeinderatsmandate (§19 Nö. Gemeindeordnung 1973 (Nö. GO 1973), LGBl. 1000-4) wurden - laut oa. Kundmachung - wie folgt besetzt:
Österreichische Volkspartei 23 Mandate
Sozialistische Partei Österreichs 12 Mandate
Klosterneuburger Wahlgemeinschaft 3 Mandate
Freiheitliche Partei Österreichs 0 Mandate
Alternative Liste Klosterneuburg 0 Mandate
Kommunisten und Linkssozialisten 0 Mandate
Bürgerunion Klosterneuburg 3 Mandate.
1.2.1. In der konstituierenden Sitzung des (neugewählten) Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 28. Juni 1985 wurde im Anschluß an die Wahl des Bürgermeisters mit 35 zu 6 Stimmen beschlossen, die Anzahl der geschäftsführenden Gemeinderäte (Stadträte) mit 11 (bis dahin: ebenfalls 11) festzulegen. Ein von Gemeinderat Dr. Paul Weber eingebrachter Gegenantrag, 13 Stadträte zu wählen, wurde mit 35 zu 6 Stimmen abgelehnt.
Der Bürgermeister ermittelte sodann (s. Punkt VI. des Sitzungsprotokolls) unter Zugrundelegung einer Wahlzahl von 1082,75 die den (im Gemeinderat vertretenen) Parteien zufallende Anzahl von Stadträten; danach kommen der ÖVP 7 und der SPÖ 4 Stadträte zu.
1.2.2. Nach Einbringung der Wahlvorschläge durch die ÖVP und SPÖ (§65 Abs3 Nö. Gemeindewahlordnung 1974 (GWO), LGBl. 0350-4) kam es zur Wahl des Gemeindevorstandes (§24 Nö. GO 1973), und zwar der geschäftsführenden Gemeinderäte (Stadträte) und zuletzt des (einzigen) Vizebürgermeisters (Punkt VI. und VII. des Sitzungsprotokolls).
1.3.1. Diese Wahl des Stadtrates der Stadtgemeinde Klosterneuburg wurde am 1. Juli 1985 sowohl von den Gemeinderäten F C, F F, H H, Dr. Paul Weber, Dipl.-Kfm. K W und Mag. B Z als auch von den Wahlparteien Klosterneuburger Wahlgemeinschaft (fortan: Wahlgemeinschaft) und Bürgerunion Klosterneuburg (fortan: Bürgerunion) mit - gemeinsam verfaßter - Beschwerde gemäß §68 GWO angefochten.
Dazu wurde der Sache nach vorgebracht, daß die am 28. Juni 1985 vom Gemeinderat beschlossene und "zum Wahlakt zu zählende Festsetzung der Anzahl der Stadträte" mit 11 unbegründet geblieben sei und gegen Art117 Abs5 B-VG sowie Art7 Abs1 B-VG (Art2 StGG) verstoße. Der Gemeinderat hätte bei gebührender Berücksichtigung des Stimmen- und Mandatsverhältnisses (ÖVP: 7871 Stimmen, 23 Mandate, 52,7 vH der gültigen Stimmen; SPÖ: 4331 Stimmen, 12 Mandate, 29 vH; Wahlgemeinschaft: 1035 Stimmen, 3 Mandate, 6,9 vH; Bürgerunion: 1032 Stimmen, 3 Mandate, 6,9 vH) dem Antrag Dris. Weber entsprechen und die Zahl der zu wählenden Stadträte mit 13 festsetzen müssen, um dem der Bürgerunion und der Wahlgemeinschaft verfassungsgesetzlich garantierten Anspruch auf - ihrer Stärke gemäße - Vertretung im Gemeindevorstand zu genügen.
Die vom Gemeinderat beschlossene geringere Zahl von geschäftsführenden Gemeinderäten habe zur Folge, daß die beiden bf. Wahlparteien, die immerhin rund 14 vH aller Stimmen auf sich vereinigen konnten, im Gemeindevorstand gar nicht vertreten seien.
1.3.2. Die Bezirkswahlbehörde Wien-Umgebung gab mit Bescheid vom 3. September 1985, Z 2-G/85, der von den Gemeinderäten und den beiden Wahlparteien eingebrachten Beschwerde keine Folge.
Das dagegen von den sechs Gemeinderäten (s. Punkt 1.3.1.) und den Wahlparteien Bürgerunion und Wahlgemeinschaft erhobene Rechtsmittel (Beschwerde) wurde mit Entscheidung der Landes-Hauptwahlbehörde vom 24. Oktober 1985, Z II/1-523/2-85, als unbegründet abgewiesen.
1.4.1.1. Mit der vorliegenden, ua. auf Art141 Abs1 litb B-VG gestützten Wahlanfechtung vom 2. Juli 1985 begehren - dem Sinn nach zusammengefaßt - sechs Gemeinderäte der Stadtgemeinde Klosterneuburg, und zwar F C, F F, H H, Dr. Paul Weber, Dipl.-Kfm. K W und Mag. B Z, und die Wahlparteien Bürgerunion und Wahlgemeinschaft die Aufhebung der Wahl des Gemeindevorstandes (Stadtrates) der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 28. Juni 1985, einschließlich des Beschlusses des Gemeinderates vom selben Tag über die Festsetzung der Anzahl der zu wählenden Stadträte, wegen Rechtswidrigkeit.
1.4.1.2. Begründend wurde dazu ua. vorgebracht:
"... Gemäß §24 NÖ-GO (Verfassungsbestimmung) besteht der
Gemeindevorstand aus dem Vizebürgermeister und mindestens zwei geschäftsführenden Gemeinderäten (Stadträten); die Zahl der Stadträte einschließlich Vizebürgermeister darf den dritten Teil der Zahl der Gemeinderäte nicht übersteigen. Im Rahmen dieser Bestimmungen beschließt der Gemeinderat über die Anzahl der zu wählenden Vizebürgermeister und geschäftsführenden Gemeinderäte.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg besteht aus 41 Mitgliedern; der dritte Teil davon ergibt 13,667, somit nach den Rundungsbestimmungen des §98 NÖ-GO 14.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg kann somit die Zahl der Stadträte mit mindestens 3, höchstens aber 14 nach seinem Ermessen festsetzen.
Die Ermessensausübung einer Behörde - und der Gemeinderat wird bei der Festsetzung der Zahl der Stadtratsmitglieder zweifellos als Behörde tätig - bedeutet nie Ermächtigung zur Willkür, sondern Entscheidung auf Grund sachlicher Beweggründe. Vor allem ist sie bei der Ermessensausübung an den Geist der gesamten Rechtslage, insbesondere der Verfassungsrechtslage, gebunden.
Im Sinne des Art117 Abs5 B-VG wäre sohin zu untersuchen gewesen, welche Zahl im Rahmen des §24 NÖ-GO am ehesten dem Willen des Bundesverfassungsgesetzgebers entspricht, daß die Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand haben sollen.
Die Gemeinderatswahl 1985 hatte in Klosterneuburg folgendes Ergebnis:
ÖVP: 7.871 Stimmen, 23 Mandate, 52,7% der gültigen Stimmen (14.936);
SPÖ: 4.331 Stimmen, 12 Mandate, 29%; Klosterneuburger
Wahlgemeinschaft: 1.035 Stimmen, 3 Mandate, 6,9%; Bürgerunion: 1.032 Stimmen, 3 Mandate, 6,9%. Die übrigen wahlwerbenden Gruppen erzielten kein Mandat.
Die Berechnung nach dem d'Hondtschen Verfahren ergibt folgendes Bild:
ÖVP SPÖ Klbg. WG Bürgerunion
7.871 4.331 1.035 1.032
1/2 3.935,50 2.165,50
1/3 2.623,667 1.443,667
1/4 1.967,75 1.082,75
1/5 1.574,20 866,20
1/6 1.311,833
1/7 1.124,429
1/8 983,875
Bei der von uns vorgeschlagenen Zahl von 13 Stadträten würden daher auf die ÖVP 7 (53%), SPÖ 4 (30%), Klosterneuburger Wahlgemeinschaft 1 (7%) und Bürgerunion 1 (7%) Stadträte entfallen. Dem Willen des Verfassungsgebers wäre somit vollständig Rechnung getragen. Bei 11 Stadträten entfallen auf die ÖVP 7 und somit 63% der Stadträte, auf die SPÖ 4 und somit 36%. Die beiden anderen Gruppen, die gemeinsam immerhin rund 14% aller Stimmen auf sich vereinigen konnten, gehen leer aus, dem Willen des Verfassungsgebers wurde mutwillig nicht entsprochen.
Durch die Entscheidung des Gemeinderates, die Zahl der Stadträte mit 11 festzusetzen, ohne hiefür eine ausreichende sachliche Begründung zu haben, sehen sich die unterzeichneten Gemeinderäte und Wahlparteien nicht nur in ihrem Recht auf Vertretung im Gemeindevorstand gemäß Art117 Abs5 B-VG, sondern auch in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf gleiche Behandlung gemäß Art7 B-VG und Art2 StGG beeinträchtigt. ..."
1.4.2. Die Landes-Hauptwahlbehörde erstattete am 20. August 1985 eine Gegenschrift und beantragte darin die Zurückweisung der Wahlanfechtung als unzulässig.
1.5. Die Abs1 und 2 des mit "Anfechtung der Wahlen des Bürgermeisters und des Gemeindevorstandes (Stadtrates), Neuwahl des Bürgermeisters, Ergänzungswahlen" überschriebenen §68 GWO lauten folgendermaßen:
"(1) Die Wahlen des Bürgermeisters und des Gemeindevorstandes (Stadtrates) können von jedem Mitglied des Gemeinderates sowie vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer jeden im Gemeinderat vertretenen Partei innerhalb von acht Tagen nach dem Tag der Wahlen sowohl wegen behaupteter Unrichtigkeit der Ermittlung als auch wegen angeblich gesetzwidriger Vorgänge im Wahlverfahren, die auf das Ergebnis der Wahlen von Einfluß waren, schriftlich mit Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist beim Gemeindeamt einzubringen und eingehend zu begründen. Es ist darin genau anzuführen, inwieweit die Wahl angefochten wird. Der Bürgermeister hat die Landesregierung sofort von der Einbringung einer Beschwerde zu benachrichtigen. Über die Beschwerde entscheidet in erster Instanz die Bezirkswahlbehörde. Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von 8 Tagen ab Zustellung der Entscheidung die Beschwerde an die Landes-Hauptwahlbehörde eingebracht werden. Soferne die Beschwerde nicht zur Gänze abgewiesen wird und die von der Bezirkswahlbehörde getroffene Entscheidung durch Beschwerde nicht neuerlich angefochten wird, ist dieselbe nach Ablauf der Beschwerdefrist an der Amtstafel der Gemeinde öffentlich bekanntzumachen."
2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 litb B-VG erkennt der VfGH ua. über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde, so auch des Gemeindevorstandes (Stadtrates).
Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung ua. auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden. Sie bedarf gemäß §67 Abs2 Satz 1 VerfGG 1953 eines Antrages von einem Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung (das sind hier fünf Mitglieder), mindestens aber von zwei Mitgliedern.
2.1.2. Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht sein.
2.1.3. Einen derartigen, die unmittelbare Anfechtung der Wahl des Stadtrates der Stadtgemeinde Klosterneuburg beim VfGH ausschließenden Instanzenzug richtet die Bestimmung des §68 Abs1 GWO ein.
Danach steht es ua. jedem Mitglied des Gemeinderates frei, die Wahl des Gemeindevorstandes (Stadtrates) sowohl wegen behaupteter Unrichtigkeit der Ermittlung als auch wegen angeblich gesetzwidriger Vorgänge im Wahlverfahren, die auf das Ergebnis der Wahlen von Einfluß waren, schriftlich mit Beschwerde, und zwar innerhalb von acht Tagen nach dem Tag der Wahl, anzufechten.
Über Beschwerden gemäß §68 GWO entscheidet in erster Instanz die Bezirkswahlbehörde und in zweiter und letzter Instanz die Landes-Hauptwahlbehörde.
2.1.4. Die in Rede stehende Wahl wurde sowohl von den zwei im Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg vertretenen Parteien Bürgerunion und Wahlgemeinschaft als auch von sechs Mitgliedern dieses Vertretungskörpers im eigenen Namen angefochten (s. Punkt 1.4.1.1.).
2.2. Zur Wahlanfechtung der Parteien:
2.2.1. Soweit die Wahlanfechtung von den beiden Wahlparteien eingebracht wurde, hatte sie der VfGH als unzulässig zurückzuweisen, weil einer Gemeinderatspartei (Wählergruppe) gemäß §67 Abs2 Satz 1 VerfGG 1953 die Legitimation zur Anfechtung einer Gemeindevorstandswahl nicht zukommt (vgl. VfSlg. 5471/1967).
2.2.2. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
2.3. Zur Wahlanfechtung der Mitglieder des Gemeinderates:
2.3.1.
Zur Zulässigkeit 2.3.1.1. Wie sich aus den Ausführungen zu Punkt 1.3. ergibt, wurde die von den sechs vor dem VfGH als Anfechtungswerber auftretenden Gemeinderäten am 1. Juli 1985 erhobene Beschwerde (§68 GWO) mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landes-Hauptwahlbehörde vom 24. Oktober 1985 als unbegründet abgewiesen.
Der durch §68 GWO eingerichtete Instanzenzug ist somit erschöpft (§68 Abs1 VerfGG 1953).
2.3.1.2. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen iS des §67 Abs2 Satz 1 VerfGG 1953 zutreffen, ist die von den sechs Gemeinderäten eingebrachte Wahlanfechtung zulässig. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Wahlanfechtung bereits vor Durchschreitung des in §68 GWO vorgesehenen Instanzenzuges, dh. also vor Erlassung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides, beim VfGH eintraf. Denn für die Frage nach der Prozeßvoraussetzung des §68 Abs1 Satz 1 VerfGG 1953 kommt es nur darauf an, ob die höchste Wahlbehörde - wie hier der Fall - tatsächlich schon entschieden hat (vgl. dazu VfSlg. 4992/1965 und 7387/1974).
2.3.2. Zur Sache
2.3.2.1. Nach Art117 Abs5 B-VG haben "im Gemeinderat vertretene
Wahlparteien ... nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im
Gemeindevorstand". Dabei bringt die Wortfolge "nach Maßgabe ihrer Stärke" nichts anderes als eine Verweisung auf die Grundsätze des Verhältniswahlrechtes zum Ausdruck (VfSlg. 8447/1978): Nach §65 Abs2 GWO wird denn auch die Zahl der zu wählenden geschäftsführenden Gemeinderäte auf die einzelnen im Gemeinderat vertretenen Parteien nach der bei der Wahl erreichten Parteisumme (unter sinngemäßer Anwendung der §§53 und 55 Abs1 GWO ua. über die Wahlzahl) aufgeteilt. Ein Verhältniswahlrecht ohne Wahlzahl gibt es nicht; die Mandate können den Parteien bloß auf der Grundlage der Stimmensummen mit Hilfe eines Quotienten (Wahlzahl) zugeteilt werden. Die Wahlzahl hat aber notwendig zur Folge, daß jene Parteien, die sie nicht erreichen, kein Mandat erhalten. Diese Funktion (der Wahlzahl) wird dem wesentlichen Zweck einer Wahl gerecht, die in der Schaffung einer arbeitsfähigen Vertretung - hier der Installierung des Gemeindevorstandes (Stadtrates) - besteht (VfSlg. 3653/1959 ua. mehr). Diese sich aus dem B-VG und der GWO ergebenden Regeln wurden nun - entgegen der Auffassung der Anfechtungswerber - keineswegs verletzt: Nichts kam hervor, das darauf hindeuten könnte, daß die (vom Gemeinderat kraft §24 Abs1 Nö. GO 1973 beschlossene und aus der früheren Gemeinderatsperiode unverändert übernommene) Anzahl von elf geschäftsführenden Gemeinderäten - §24 Abs1 Satz 5 iVm. §98 Nö. GO 1973 sieht für die Stadtgemeinde Klosterneuburg höchstens vierzehn solcher Funktionäre (einschließlich der Vizebürgermeister) vor - den Erfordernissen des Verhältniswahlrechtes nicht entspräche. Der Gemeinderat war also nicht gehalten, die Zahl der geschäftsführenden Gemeinderatsmitglieder - den administrativen Bedürfnissen und Notwendigkeiten zuwider - nur deshalb aufzustocken, um sicherzustellen, daß (auch) die nur einen jeweils sehr geringen Teil der Wähler repräsentierenden Wahlparteien Wahlgemeinschaft und Bürgerunion im Gemeindevorstand vertreten sind.
2.3.2.2. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens liegt somit nicht vor, der Wahlanfechtung mußte darum ein Erfolg versagt bleiben.
Schlagworte
Wahlen, Gemeindevorstand, Gemeinderat, Verhältniswahl,VfGH / WahlanfechtungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:WI6.1985Zuletzt aktualisiert am
13.08.2010