TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/20 B194/85

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Veröffentlicht am 20.06.1986
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z1
Tir GVG 1983 §4 Abs1
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc

Leitsatz

Tir. GVG 1983; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung gemäß §§4 Abs1 iVm. 6 Abs1 litc; Begriff des Waldgrundstückes iS des §1 Abs1 Z1; denkmögliche Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung; keine Verletzung im Eigentumsrecht; keine Verletzung im Recht auf Liegenschaftserwerbsfreiheit und im Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 4. Juni 1984 veräußerte R M, Kaufmann, die - neugebildete - Gp. .../2 im Ausmaß von 102 Quadratmeter aus dem Gutsbestand der EZ ... KG Aldrans zu gleichen Teilen an H B, Fahrschullehrer, und E B, Hausfrau, um einen Kaufpreis von 6120 S.

2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Aldrans, Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, vom 9. Juli 1984 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §4 Abs1 iVm. §6 Abs1 litc GVG 1983 die Zustimmung versagt.

2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 8. Feber 1985, Z LGv-1069/5-84, als unbegründet abgewiesen.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende an den VfGH gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs und auf freie Berufswahl sowie des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes "der Vermögensbildung und -erhaltung" behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 ein.

Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.

5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:

5.1. Eingangs hält der VfGH fest, daß im grundverkehrsbehördlichen Verfahren der Landesgrundverkehrsreferent nicht eingeschritten ist; demnach kommt eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek gerügt wurde, nicht in Frage.

5.2. Der angefochtene Bescheid ist im wesentlichen wie folgt begründet: Gegenstand des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens sei der Eigentumserwerb an einer zirka 100 Quadratmeter großen Grundfläche außerhalb des Baugebietes der Gemeinde Aldrans. Zunächst habe die Behörde zu untersuchen, ob ihre Zuständigkeit gemäß §1 Abs1 Z1 GVG vorliege. Dies sei jedoch zu bejahen: Es müsse davon ausgegangen werden, daß das in Rede stehende Grundstück iS des §15 des Tir. Raumordnungsgesetzes 1984 als Freiland ausgewiesen sei und nach dem Ziel der örtlichen Raumordnung als land- bzw. forstwirtschaftlich nutzbare Fläche erhalten bleiben solle. Nach den Ergebnissen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens handle es sich um einen bestockten und forstwirtschaftlich genutzten Waldgrund. Aus dem Umstand, daß die Grundfläche "(nur mehr) eine geringfügige Bestockung aufweist und zum überwiegenden Teil als wiesenartiges Grundstück bezeichnet werden muß", könne für die Bf. nichts gewonnen werden, weil es dem Sinn des Grundverkehrsgesetzes widersprechen würde, wollte man einer solchen Teilfläche den Charakter eines forstwirtschaftlichen Grundstückes absprechen, "obwohl sie für eine zweckentsprechende Bewirtschaftung des Gesamtgrundstückes benützt werden muß und sohin mit dem anschließenden Waldgrund eine Einheit bildet". Selbst wenn man aber daraus, daß ein relevanter Baumbewuchs nicht (mehr) vorhanden sei, schließen wollte, daß damit auch eine forstwirtschaftliche Nutzung entfallen sei, wäre "das in Rede stehende Rechtsgeschäft unter dem Gesichtspunkt der Hintanhaltung von Umgehungshandlungen in die Regelungen des Grundverkehrs einzubeziehen". Es könne nämlich nicht angehen, daß durch Abgrabungs- und Planierungsmaßnahmen die Waldeigenschaft einer Grundfläche beeinträchtigt werde und dann die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde unter Hinweis auf die nunmehrige Beschaffenheit des Grundstückes in Zweifel gezogen werde. Aber auch auf dem Boden der eigenen Behauptungen der Bf., die in der Berufung darauf verwiesen, daß das Grundstück zur Grasproduktion genutzt werde, um damit Schafe, die die Bf. auf ihrer Liegenschaft in L halten wollen, zu füttern, sei die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde gegeben, da eine derartige Verwendung für die Landwirtschaft geradezu signifikant sei.

Aus den Verwaltungsakten ergebe sich, daß die Bf. lediglich Eigentümer land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Flächen im Ausmaß von 5000 Quadratmeter in der Gemeinde Z, somit in einer Entfernung von 10 km, seien, woraus sich bereits ergebe, daß ein wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhang mit dem Kaufgrundstück nicht möglich sei; zum anderen sei schon im Hinblick auf die "in Rede stehende Größenordnung" des Besitzes in Z die Grundlage für einen selbständigen leistungsfähigen Betrieb zu verneinen, weshalb dahingestellt bleiben könne, inwieweit die Bf. zu einer entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzung des Kaufgrundstückes im Hinblick auf ihre bisherige Tätigkeit überhaupt fähig wären. Es widerspreche schließlich aber auch den öffentlichen Interessen an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, daß durch den in Frage stehenden Rechtserwerb Miteigentum geschaffen würde, da es Ziel vieler agrarischer Verfahren sei, Miteigentum an land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben zu bereinigen. Soweit in der Berufung schließlich zum Ausdruck gebracht werde, daß auch die Schaffung entsprechender Abstände und Grundflächen um ein ihnen bereits gehöriges Gebäude im öffentlichen Interesse liege, sei ihnen zu erwidern, daß es sich hiebei keinesfalls um einen wichtigen Grund iS des §6 Abs1 litc GVG handle. Demnach stehe der beabsichtigte Eigentumserwerb in (mehrfachem) Widerspruch zu den öffentlichen Interessen des §4 Abs1 GVG an der Schaffung und Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

5.3.1. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf "Freizügigkeit des Verkehrs" (gemeint ist wohl das aus Art6 StGG erfließende Recht, Liegenschaften jeder Art erwerben und über dieselben verfügen zu können), auf freie Berufswahl und im Recht "der Vermögensbildung und -erhaltung" (richtig: auf Unversehrtheit des Eigentums) aus folgenden Gründen verletzt zu sein:

"Die gegenständliche Grundfläche kommt aus einer Parzelle, die mit Kulturgattung Wald bezeichnet ist. Auf der gegenständlichen Grundparzelle befinden sich jedoch bereits seit längerem keine Bäume mehr und wurde diese Grundfläche auch lange nicht mehr forst- oder landwirtschaftlich genutzt. Vielmehr ist es so, daß sich inmitten dieser Grundfläche ein Tiefbrunnen für die an die Grundfläche anschließende Liegenschaft der Beschwerdeführer befindet und die Grundfläche mehr oder weniger brachlag, bis eben die Beschwerdeführer sich dieser Grundfläche angenommen haben, sie rekultivierten und auch mähten und das Gras im Zusammenhang mit weiteren Grundflächen zur Verfütterung der Schafe verwendeten. Es muß daher im gegenständlichen Fall überhaupt in Zweifel gezogen werden, ob es sich um ein sogenanntes land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt. Nach der tatsächlichen Nutzung, auf die ja die Landesgrundverkehrsbehörde abzustellen versucht, ist es gerade das Gegenteil und hätte bereits aus diesem Grund heraus die Genehmigung erteilt werden müssen. ... Wenn im angefochtenen Bescheid von Umgehungshandlungen die Rede ist, daß nämlich auch verhindert werden soll, daß durch Nutzungsänderungen geschaffene Tatsachen hingenommen werden müssen, so trifft dies im gegenständlichen Fall nicht zu, da eben durch den früheren Eigentümer dieser Parzelle die land- und forstwirtschaftliche Nutzung einfach nicht mehr möglich war, da einerseits an 2 Rändern dieser Grundfläche steiler Wald nach oben steigt, auf einer Seite grenzt die Grundfläche an ein Seeufer und an der 4. Seite an die Liegenschaft der Beschwerdeführer. Es wurden also hier nicht bewußt Umgehungshandlungen gesetzt, sondern ist eben tatsächlich eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung dieser Grundfläche nicht mehr möglich gewesen. Dies würde erst wieder möglich werden durch den Anschluß der Grundfläche an die Liegenschaft der Beschwerdeführer."

Die Bf. verweisen weiters darauf, in L (Umgebung von Innsbruck) bereits ein Grundstück zu besitzen, das von ihnen land- und forstwirtschaftlich genutzt werde, sodaß sie schon aus diesem Grund "eine bäuerliche Eignung" besäßen. Das Kaufobjekt werde von ihnen iZm. der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung ihres Grundstückes in L genutzt werden.

Der Umstand, daß die Bf. das Kaufobjekt je zur Hälfte erwerben, beruhe ausschließlich darauf, daß ihnen auch das Nachbargrundstück je zur Hälfte gehöre. Dies sei jedoch kein Grund, dem Rechtserwerb die Zustimmung zu versagen. Unrichtig sei, daß der Ankauf lediglich dem Zweck diene, die Mindestabstände für einen von ihnen auf ihrem Grund errichteten Neu- bzw. Umbau zu schaffen; dies stünde aber an sich nicht im Gegensatz zu den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen. Die Verweigerung der Zustimmung zum vorliegenden Kaufvertrag sei somit verfassungswidrig.

5.3.2.1. Aufgrund dieser Beschwerdeausführungen hat sich der VfGH zunächst mit der Frage zu befassen, ob die bel. Beh. zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war; wäre dies nicht der Fall, so wären die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Nach der vom VfGH vertretenen grundsätzlichen Auffassung (VfSlg. 7898/1976, 8415/1978, 8718/1979, 9005/1981, 9063/1981) ist bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 GVG davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Grundverkehrs (soweit es sich um den Rechtserwerb durch Inländer handelt) nur den Verkehr mit solchen Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen darf, die gegenwärtig einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind; das sind solche, auf denen Land- und Forstwirtschaft betrieben wird (VfSlg. 8257/1978), wobei, um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, aber auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden dürfen; der Entfall der Widmung darf daher nur so lange zurückliegen, als dies aus diesem Zweck erklärbar ist (VfSlg. 7838/1976). Aus der Widmung einer Grundfläche unter raumplanerischen und baurechtlichen Gesichtspunkten allein ist allerdings zur Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück iS des §1 Abs1 Z1 GVG zu gelten hat, nichts zu gewinnen (vgl. VfSlg. 7580/1975); dies gilt auch für den bloßen Umstand der Lage eines Grundstückes im Freiland (VfSlg. 9063/1981).

Für den Standpunkt der Bf. scheint zunächst eine von der Landesgrundverkehrsbehörde eingeholte Stellungnahme der Bezirksforstinspektion vom 12. September 1984 zu sprechen; darin wird ausgesagt, daß es sich bei der verfahrensgegenständlichen Fläche um den untersten Teil einer zum südlichen Ufer des H-Sees abfallenden schmalen Waldparzelle handelt, die jedoch nicht mit Holzgewächsen bestockt ist. Im nördlichen Teil der Fläche befindet sich ein Brunnenschacht, der seit vielen Jahrzehnten und bis etwa vor drei Jahren zur Wasserversorgung einer ehemaligen Jausenstation und eines ehemaligen Gasthofes, beide im Uferbereich des H-Sees gelegen, diente. Die diesen Brunnenschacht umgebende Fläche im Ausmaß von etwa 50 Quadratmeter könne nicht als Wald iS des Forstgesetzes 1975 gelten. Der Rest der Fläche - bei der Spuren von Planierungsarbeiten zu erkennen seien - sei im wesentlichen als Rasen gestaltet; inwieweit hier früher Bäume standen, hätte nicht festgestellt werden können. Die Gesamtfläche sei mit einem massiven Holzzaun umfriedet. Die verfahrensgegenständliche Fläche werde weder forstwirtschaftlich noch landwirtschaftlich genutzt, sondern bestehe im wesentlichen aus einem Rasen, wie er für Wochenendhäuser in der Art einer Liegewiese mit Grillplatz und Brunnen häufig üblich sei.

Aus einem Erhebungsbericht vom 28. November 1984 geht jedoch weiters hervor, daß zunächst nur eine kleinere Teilfläche der Gp. ... als Kaufgegenstand vorgesehen gewesen war; zum zusätzlich erworbenen Grundstreifen sei festzustellen, daß dieser "kürzlich bearbeitet wurde (teilweise Abgrabungen), bis zu diesem Zeitpunkt jedoch als Wald genutzt werden konnte". In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung gestehen die Bf. selbst zu, daß die Kaufliegenschaft von ihnen "saniert" worden sei, sodaß bereits Heu geerntet werden konnte. Weiters ist festzuhalten, daß es sich beim gesamten Kaufgrundstück - wie aus einer im Verwaltungsakt erliegenden Planskizze ersichtlich ist - um einen nur 6 m breiten Grundstreifen handelt, der, wie sich aus den im Akt befindlichen Fotos erweist, unmittelbar am Waldrand entlangführt. Der VfGH hat nunmehr bereits in VfSlg. 8718/1979 darauf verwiesen, daß einem Grundstück der Charakter eines Waldgrundstückes beigemessen werden muß, wenn es sich dabei um eine auch nur schütter bestockte und ansonsten wiesenartige Waldlichtung handelt; es würde nämlich dem Sinn des Grundverkehrsgesetzes widersprechen, wollte man Waldlichtungen den Charakter eines forstwirtschaftlichen Grundstückes absprechen, obwohl sie mit dem sie einschließenden Waldgebiet eine Einheit bilden.

Ähnliche Überlegungen sind für den vorliegenden Fall anzustellen. Daß Gegenstand des Kaufes die Teilfläche einer großen Waldparzelle ist, bestreiten auch die Bf. nicht. Im Kaufvertrag ist - worauf auch im angefochtenen Bescheid hingewiesen wird - unter Punkt IX von den Käufern zugunsten der (beim Verkäufer verbleibenden) Gp. .../1 KG Aldrans die Dienstbarkeit des Durchfahrtsrechtes für die Zu- und Ablieferung von Forstprodukten in die und aus der Gp. .../1 vereinbart. Die Käufer verpflichten sich des weiteren, daß der an der Grenze zur Gp. .../1 zu errichtende Zaun so gestaltet wird, daß er ohne weiteres entfernt und wieder angebracht werden kann, um die "Dienstbarkeit des Durchfahrtsrechtes ohne Beschwernis ausüben zu können". Bedenkt man, daß das ganze Kaufobjekt nur 102 Quadratmeter umfaßt, wobei der Grundstreifen insgesamt nur 6 m breit ist, so erweist sich, daß das Kaufobjekt schon im Hinblick auf seine Form und Größe weitgehend von der Dienstbarkeit betroffen ist; damit erweist sich aber die Überlegung der bel. Beh., daß das Kaufobjekt und die restliche Fläche der Gp. ... in der Natur eine Einheit bilden, als richtig. Auch wenn also das Kaufgrundstück derzeit keinen Baumbestand aufweist, würde es dem Sinn des Grundverkehrsgesetzes offenkundig widersprechen, ihm die Eigenschaft als Forstgrundstück abzusprechen, obwohl für den Zu- und Abtransport der Waldprodukte auf diese Randfläche des Waldes nicht verzichtet werden kann.

Der VfGH hegt daher keinen Zweifel, daß es sich beim Kaufobjekt um ein Grundstück iS des §1 Abs1 Z1 GVG handelt.

5.3.2.2. Durch Versagung der Zustimmung zum beabsichtigten Rechtserwerb greift der angefochtene Bescheid in das Eigentum ein. Die Bf. wären somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt, wenn der angefochtene Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte (vgl. zB VfSlg. 9708/1983, 9720/1983). Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1983. Daß gegen diese Bestimmungen verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen, hat der VfGH wiederholt ausgesagt (vgl. VfSlg. 7538/1975, 7544/1975, 7546/1975, 7881/1976, 9063/1981).

Eine Verletzung des Eigentumsrechtes könnte daher nur bei einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung vorliegen.

Gemäß §4 Abs1 GVG darf die nach §3 Abs1 erforderliche Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bei land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken nur erteilt werden, "wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht". §6 Abs1 GVG führt einzelne Tatbestände an, bei deren Vorliegen "einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 insbesondere nicht zuzustimmen" ist, und konkretisiert derart den nur allgemein formulierten Inhalt des §4 Abs1 leg. cit. Als spezieller Versagungstatbestand ist in §6 Abs1 unter litc genannt: "... wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke ... jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird".

Der bel. Beh. kann nun nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Zustimmung zum beabsichtigten Rechtserwerb unter Berufung auf die zitierte Gesetzesstelle verweigert hat. Die Bf. behaupten selbst, lediglich ein landwirtschaftliches Grundstück im Ausmaß von 5000 Quadratmeter in einer 10 km entfernten Ortschaft zu besitzen. Unter diesen Umständen ist die von der bel. Beh. gezogene Schlußfolgerung, das Kaufobjekt würde im Falle der Zustimmung zum Rechtserwerb durch die Bf. jemandem überlassen werden, der es nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften werde, keineswegs denkunmöglich.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.

5.3.2.3. Ebensowenig kann von einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Liegenschaftserwerbsfreiheit die Rede sein.

Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann berührt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981).

Ein solcher Vorwurf kann der bel. Beh. offenkundig nicht gemacht werden; nichts spricht dafür, daß die Genehmigung des Rechtserwerbes nur versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb des in Frage stehenden Grundstückes zu bevorzugen.

5.3.2.4. Die Bf. meinen schließlich, im Recht auf freie Erwerbstätigkeit verletzt zu sein, weil der angefochtene Bescheid in ihr Recht auf freie Berufswahl verfassungswidrig eingreife.

Eine solche Verletzung würde jedoch voraussetzen, daß ihnen durch den angefochtenen Bescheid der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird (vgl. zB VfSlg. 9169/1981, 9680/1983). Auch hiefür liegen jedoch nicht die geringsten Anhaltspunkte vor.

6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- und forstwirtschaftliches, Selbstbewirtschaftung, Liegenschaftserwerbsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B194.1985

Dokumentnummer

JFT_10139380_85B00194_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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