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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Tir. GVG 1970, 1983; rechtskräftige Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litd - Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes iS des §16 Abs1; neuerlicher Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu dem (nichtigen) Vertrag; nach Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten rechtmäßige Zurückweisung des neuerlichen Antrages; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Verletzung des Art6 MRK durch das Einschreiten des LandesgrundverkehrsreferentenSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Kaufvertrag vom 11. Oktober 1977 veräußerten J und A W die Gpn. 1918, 1919 und 1920 in EZ ... KG Zirl im Gesamtausmaß von 1234 Quadratmeter um einen Kaufpreis von 60 S pro Quadratmeter an A N zur weiteren landwirtschaftlichen Nutzung.
1.2. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Zirl vom 1. Feber 1978 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litd GVG die Zustimmung versagt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 15. November 1978, Z LGv-57/3, keine Folge gegeben.
2.1. Mit Antrag vom 17. November 1983 suchte A N aufgrund des Kaufvertrages vom 11. Oktober 1977 neuerlich um grundverkehrsbehördliche Genehmigung an.
Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Zirl vom 17. Mai 1984 wurde nunmehr dem Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 lita GVG 1983, LGBl. 69, die Zustimmung erteilt.
2.2. Der gegen diesen Bescheid am 4. Juni 1984 erhobenen Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 22. Jänner 1985, Z LGv-1081/2, Folge gegeben, gemäß §66 Abs4 iVm. §6 AVG 1950 und §15 GVG 1983 der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde Zirl behoben und der Antrag auf Erteilung der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zurückgewiesen.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den VfGH gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht, eine Verletzung der Begrundungspflicht behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 ein.
Mit Erk. vom 17. Oktober 1985, G152/85 ua., wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.
Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
5.1. Zunächst ist festzuhalten, daß sich im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides weder der in diesem Zeitpunkt zum Landesgrundverkehrsreferenten bestellte Dr. H A noch dessen Stellvertreter Dr. J G gegenüber einem Mitglied der bel. Beh. in dessen beruflicher Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Überordnung befand. Eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek vom EuGMR gerügt wurde, liegt daher nicht vor.
5.2.1. Der angefochtene Bescheid ist wie folgt begründet:
"Voraussetzung für die Durchführung eines grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ist der Rechtserwerb an einem Grundstück; im vorliegenden Fall der Eigentumserwerb. Dem gegenständlichen Rechtserwerb liegt - wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung aufgezeigt - der Kaufvertrag vom 11. Okt. 1977 zugrunde, dem mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde vom 15. 11. 1978 die Zustimmung rechtskräftig versagt worden ist. Die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bewirkt nach §16 Abs1 GVG 1983, daß der der Eigentumsübertragung zugrunde liegende Vertrag rückwirkend (ex tunc) unwirksam geworden ist (vergl. etwa OGH vom 9. 12. 1953, 10 b 33, und vom 20. 11. 1957, Erkenntnis Bl.Nr. 30/1958). Dies bedeutet für den Anlaßfall weiter, daß dem Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung kein rechtswirksamer Vertrag zugrunde liegt, zumal sich weder aus dem Parteienantrag noch aus dem Inhalt der Verwaltungsakten ein Hinweis dafür ergibt, daß das seinerzeit für nichtig erklärte Rechtsgeschäft zu einem späteren Zeitpunkt neuerlich - wirksam - zustande gekommen wäre. Der gegenständliche Antrag auf Erteilung der Zustimmung nach den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes vermochte sohin eine Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde(n) für eine - neuerliche - Sachentscheidung nicht zu begründen. Nachdem die Zuständigkeit der Behörde in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist (vergl. hiezu etwa VfGH-Slg. 5363 und 6301) war - ohne auf das Berufungsvorbringen des Landesgrundverkehrsreferenten näher eingehen zu müssen - der Bescheid der Erstinstanz wegen Unzuständigkeit dieser Behörde zu beheben und dem Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung mangels Vorliegen von Prozeßvoraussetzungen zurückzuweisen."
5.2.2. Der Bf. behauptet zunächst, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein, weil ihm eine Sachentscheidung verweigert werde. Die Ansicht der bel. Beh., daß dem Antrag kein Vertrag zugrunde liege, sei unrichtig; es gehe ja gerade darum, daß über die Genehmigung des Kaufvertrages vom 11. Oktober 1977 zu entscheiden sei. Mit der Genehmigung, für die nunmehr die Voraussetzungen vorlägen, werde ja der Vertrag ex tunc rechtswirksam. Im angefochtenen Bescheid werde res iudicata angenommen. Davon könne aber keine Rede sein, da sich seit 1977 zufolge der viel intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung der in Frage stehenden Parzellen eine wesentliche Änderung ergeben habe.
5.2.3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 9737/1983).
Im angefochtenen Bescheid wird zu Recht darauf verwiesen, daß die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung die Nichtigkeit eines Rechtserwerbes nach sich zieht (§16 Abs1 GVG 1983). Einem neuerlichen Zustimmungsverfahren zufolge einer Änderung der Sachlage steht - bei der gegebenen Rechtslage - die kraft Gesetzes eingetretene Rechtsfolge der Nichtigkeit des Rechtserwerbes entgegen. Ein nichtiger Vertrag ist einer Genehmigung nicht zugänglich, da ein geeignetes Substrat für eine Genehmigung fehlt. Vorliegendenfalls wurde dem Kaufvertrag vom 11. Oktober 1977 mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde vom 15. November 1978 die Zustimmung versagt; das dennoch gestellte neuerliche Ansuchen ist, wie die bel. Beh. richtig erkennt, zurückzuweisen, da ein für die Zustimmung vorausgesetztes - iS des Grundverkehrsgesetzes - genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft nicht vorliegt (vgl. auch das bereits von der bel. Beh. zitierte Erk. des VwGH vom 18. September 1984, 84/07/0205).
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt somit nicht vor.
5.3. Da die bel. Beh. das Ansuchen des Bf. zu Recht zurückgewiesen hat, kommt es nicht in Frage, daß der Bf. in den von ihm weiters geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
5.4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Nichtigkeit absolute, LandesgrundverkehrsreferentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B183.1985Dokumentnummer
JFT_10139380_85B00183_00