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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Tir. GVG 1970, 1983; Vorschreibung einer Kaution an beide Vertragspartner für eine unter Auflage erteilte grundverkehrsbehördliche Zustimmung zur Eigentumsübertragung gemäß §3 Abs1 lita iVm. §7 Abs2 litc; keine Bedenken - vor allem auch nicht solche mangelnder Determinierung - gegen §7 Abs2; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung - keine Verletzung im EigentumsrechtSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Kaufvertrag vom 9. August 1969 übertrug J H, der Bruder des Bf., 500 Quadratmeter der Gp. ..., damals Bestandteil des geschlossenen Hofes in EZ ... KG Hart, an den deutschen Staatsangehörigen A L um einen Kaufpreis von 50000 S. Nachdem mit Übergabsvertrag vom 5. Mai 1970 J H den Hof dem Bf. übergeben hatte, trat der Bf. am 24. Juli 1971 anstelle von J H mit allen Rechten und Pflichten in den Kaufvertrag vom 9. August 1969 ein.
1.2. In der Folge wurde nach einer Parzellenteilung für das Kaufobjekt die Liegenschaft EZ ... KG Hart neu gebildet und errichtete der Bf. auf dieser nach baubehördlicher Bewilligung ein Wohnobjekt auf Rechnung und Gefahr des A L.
1.3. Mit Schenkungsvertrag vom 24. Oktober/15. November 1982 schenkte A L die kaufgegenständliche Liegenschaft dem österreichischen Staatsangehörigen Dr. W A.
2.1. Nachdem A L am 22. November 1982 unter gleichzeitiger Vorlage des Schenkungsvertrages vom 24. Oktober/15. November 1982 um Genehmigung des Kaufvertrages vom 9. August 1969 angesucht hatte, wurde mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Hart, Bezirkshauptmannschaft Schwaz, vom 5. Jänner 1983 der "mit Kaufvertrag vom 9. Aug. 1969, abgeschlossen zwischen J bzw. J H" als Verkäufer und A L als Käufer, vereinbarten Eigentumsübertragung gemäß §4 Abs2 des Grundverkehrsgesetzes 1970 idgF - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung versagt.
2.2. Der dagegen erhobenen Berufung des A L, in der er auf sein Einverständnis zu einer von der Grundverkehrsbehörde aufzuerlegenden Auflage (daß er im Falle der Genehmigung des Kaufvertrages die Liegenschaft an Dr. W A zu übertragen habe) hinwies und seine Bereitschaft erklärte, eine Kaution zu leisten, wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 20. Mai 1983, Z LGv-770/3, Folge gegeben und der Eigentumsübertragung der Liegenschaft EZ ... KG Hart an A L gemäß §3 Abs1 lita iVm. §7 Abs2 litc GVG unter der Auflage die Zustimmung erteilt, daß in EZ ... KG Hart die Einverleibung des Eigentumsrechtes an Dr. W A binnen drei Monaten zu erfolgen habe, wobei gemäß §7 Abs2 GVG zur Sicherung der Erfüllung dieser Auflage eine Kaution in der Höhe von 100000 S vorgeschrieben wurde.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des J H, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird, verfassungsrechtliche Bedenken gegen §7 GVG vorgebracht werden und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift, A L als Beteiligter eine Gegenäußerung erstattet, in der jeweils beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita sowie des Buchstaben "c" in der litb des §13 Abs4 Z2 GVG 1983 ein.
Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
5.1. Die bel. Beh. hat den angefochtenen Bescheid im wesentlichen wie folgt begründet:
"Nunmehr ist es richtig, daß dem Eigentumserwerb durch A L für sich allein betrachtet gemäß der gesetzlichen Bestimmungen des §4 Abs2 unter Berücksichtigung der Spruchpraxis der Grundverkehrsbehörden beider Instanzen eine Genehmigung nach §3 Abs1 lita GVG. nicht erteilt werden könnte. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und der vorgelegten Unterlagen ergibt sich aber eindeutig, daß im konkreten Fall nicht das Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft für den ausländischen Staatsangehörigen einverleibt werden soll, sondern diese Liegenschaft an einen österr.
Staatsangehörigen weiter übereignet wird. ... Es ist aber den Aktenunterlagen zu entnehmen, daß eine ... Eigentumsübertragung" -
unmittelbar vom Bf. an Dr. A - "auf Grund der in der Privatrechtssphäre der Vertragsteile gelegenen Umstände nicht möglich ist. Es steht aber des weiteren fest, daß für eine Einverleibung des Eigentumsrechtes für den österr. Staatsangehörigen Dr. A der vorausgehende Eigentumserwerb durch den ausländischen Staatsangehörigen A L einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf. ... Es steht auch fest, daß das auf der Liegenschaft errichtete Wohnobjekt aus alleinigen Mitteln des ausländischen Staatsangehörigen errichtet worden ist, wobei die nunmehrige Vorgangsweise des seinerzeitigen Veräußerers nach Ansicht der Berufungsbehörde dem Grundsatz von Treu und Glauben eindeutig widerspricht. Dazu erscheint es aber nach Ansicht der Berufungsbehörde nun nicht tunlich, nunmehr unter Ausnützung der grundverkehrsrechtlichen Normen durch die Nichtgenehmigung eines Eigentumserwerbes für einen völlig sorglos und in Gesetzesunkenntnis handelnden ausländischen Staatsangehörigen Eigentum an einem Objekt zu erhalten, das mit alleinigen Mitteln dieses Ausländers errichtet worden ist, obwohl andererseits gesichert erscheint, daß diese Liegenschaft einem anderen österr. Staatsangehörigen zufallen soll. Die von der Erstbehörde geltend gemachten öffentlichen Interessen des §4 Abs2 GVG. kommen nach Ansicht der Berufungsbehörde im konkreten Fall dann nicht in Betracht, wenn ausreichend gesichert erscheint, daß die Liegenschaft in das Eigentum des österr. Staatsangehörigen gelangt. ... Die Berufungsbehörde ist daher zur Ansicht gelangt, daß der Erteilung der Zustimmung zum Eigentumserwerb unter Erteilung der Auflage, daß lediglich der Eigentumserwerb des österr. Staatsangehörigen Dr. A im Grundbuch einverleibt werden darf, die zitierten öffentlichen Interessen des §4 Abs2 GVG. nicht berührt werden. Da überdies die Auflage unter einer Frist von drei Monaten erteilt und überdies zur Sicherung der Auflagenerfüllung eine Kaution von S 100.000,- vorgeschrieben wurde, ist es nach Ansicht der Berufungsbehörde ausreichend gesichert, daß sich insbesondere hinsichtlich der Überfremdungsgefahr für die Gemeinde Hart i. Z. keine negative Veränderung ergibt. ..."
5.2. Die Beschwerdebehauptung, der Bf. werde durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, wird darauf gestützt, daß der in Frage stehende Rechtserwerb zwischen A L und J H vereinbart worden sei, sodaß die bel. Beh. gegenüber dem Bf. in gesetzwidriger Weise eine Zuständigkeit in Anspruch nehme. Der Bf. habe zwar im Verfahren vor der bel. Beh. durch seinen Vertreter zum Ausdruck gebracht, Parteistellung im Berufungsverfahren geltend zu machen. Die Inkompetenz der bel. Beh. gegenüber dem Bf. ergebe sich aber auch daraus, daß eine Genehmigung auf den Abschluß des Rechtsgeschäftes zurückwirke. Ein grundverkehrsrechtlich relevantes Rechtsgeschäft mit dem Bf. sei der bel. Beh. nicht vorgelegen. Der Kaufvertrag vom 9. August 1969 weise als Vertragsgegenstand lediglich eine Grundfläche im Ausmaß von zirka 500 Quadratmeter auf, sodaß selbst dann, wenn der bel. Beh. gegenüber dem Bf. eine Zuständigkeit zukomme, diese einen Rechtserwerb an einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Wohnobjekt keinesfalls erfaßt habe. Selbst wenn auch dies bejaht werde, habe die bel. Beh. durch Erteilung der Auflage ihre Zuständigkeit überschritten, da eine solche nur dem Veräußerer oder dem Erwerber auferlegt werden könne, wohingegen im angefochtenen Bescheid eine dritte Person in die Auflage einbezogen werde. Für die in Frage stehende Auflage fehle auch "jede Gesetzesbestimmung (mangelnde Determinierung Art18 B-VG)".
5.3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 9737/1983).
Allenfalls unterlaufene Verfahrensmängel oder eine inhaltliche Unrichtigkeit der - positiven oder negativen - Sachentscheidung berühren jedoch den ausschlaggebenden Umstand, daß die Entscheidung von der sachlich zuständigen Behörde getroffen worden ist, nicht (vgl. VfSlg. 7645/1975).
Die nicht zielführenden Ausführungen der Beschwerde sind zum Nachweis der behaupteten Rechtsverletzung offensichtlich ungeeignet.
Mit dem Bescheid der bel. Beh. wird jedoch verbunden mit der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung dem Erwerber nicht nur eine Auflage erteilt, sondern zur Sicherstellung der Erfüllung der Auflage - den Vertragsparteien - der Erlag einer Kaution vorgeschrieben. Der Bf. könnte somit durch den bekämpften Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt sein. Dies wäre dann der Fall, wenn die Kaution ohne jede Rechtsgrundlage festgesetzt worden wäre, auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die Bestimmung, die die Festsetzung einer Kaution erlaubt, in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dies mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 9708/1983, 9720/1983).
Die materiell-rechtliche Grundlage für die Festsetzung der Kaution findet sich in §7 Abs2 GVG. Demnach kann zur Sicherstellung der Erfüllung einer Auflage eine Kaution in einer der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtserwerbes im Hinblick auf die Verwendung des Grundstückes angemessenen Höhe bis zu 500000 S vorgeschrieben werden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung sind beim VfGH aus der Sicht des Beschwerdefalles nicht entstanden. Insbesondere hegt der Gerichtshof keine Bedenken, daß die Regelung zum Determinierungsgebot im Widerspruch stünde - in diese Richtung deutet wohl die Bezugnahme der Beschwerde auf "mangelnde Determinierung"; der VfGH meint vielmehr, daß die Regelung jedenfalls in einer nachprüfbaren Weise vollzogen werden kann.
Bei der Unbedenklichkeit der Bestimmung käme eine Eigentumsverletzung somit nur im Fall einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung in Frage. Sachverhaltsmäßig ist die Festsetzung der Kaution offensichtlich vertretbar; auch die Höhe der Kaution ist nicht unangemessen. Durch die Festsetzung der Kaution hat eine Verletzung des Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums somit ebenfalls nicht stattgefunden.
5.4. Da im grundverkehrsbehördlichen Verfahren der Landesgrundverkehrsreferent nicht eingeschritten ist, kommt auch eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek gerügt wurde, nicht in Frage.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer im Betrage von 1000 S enthalten.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
6. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerde - wie sich bereits aus dem Gesetzesprüfungsverfahren ergibt - als rechtzeitig eingebracht erachtet wurde, erübrigte es sich, auf den Wiedereinsetzungsantrag weiter einzugehen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B218.1984Dokumentnummer
JFT_10139379_84B00218_00