TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/23 B362/84

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Veröffentlicht am 23.06.1986
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36 Wirtschaftstreuhänder
36/01 Wirtschaftstreuhänder

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 10931/1986

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; Rechtsverletzung im Anlaßfall (Vorschreibung einer Grundgebühr und einer Umsatzgebühr für eine Buchprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH) wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der Umlagenordnung und des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 12. Dezember 1981 zur Gänze sowie des §15 litc und einiger Worte in §17 Abs1 litb Wirtschaftstreuhänder-KammerG - Anwendung der Verordnungen offenkundig nachteilig

Spruch

Die bf. Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit einem vom Präsidenten und vom Kammeramtsdirektor der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gefertigten Bescheid vom 22. September 1983 wurde unter Bezugnahme auf §6 Abs1 und 4 und auf §7 Abs1 der Umlagenordnung sowie auf den Kammertagsbeschluß vom 12. Dezember 1981 der Dr. J S Buchprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH für das Jahr 1982 eine Grundgebühr von 800 S und eine Umsatzgebühr von 13120 S (5 Promille des angegebenen Jahresumsatzes von 2624033 S) vorgeschrieben.

b) Gegen diesen Bescheid erhob die Gesellschaft Einspruch.

Der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wies mit dem am 27. April 1984 ausgefertigten Bescheid diesen Einspruch gemäß §10 Abs2 und 3 der Umlagenordnung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ab.

2. Gegen diesen Bescheid des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Sache nach die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetzes) und wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V (nämlich der Umlagenordnung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) behauptet wird.

Der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

II. 1. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH mit Beschl. vom 12. Oktober 1985, B362/84-14, von Amts wegen Normenprüfungsverfahren ein, und zwar

a) gemäß Art139 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit

aa) der Umlagenordnung, betreffend die Einhebung von Umlagen und Gebühren durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 17. Dezember 1955 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 3/1956, S 41 f. und Nr. 4/1956, S 65), idF der Novellen vom 15. Feber 1965 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 5/1965, S 77), vom 16. Dezember 1972 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/1973, S 28 ff.), vom 11. Dezember 1976 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 2/1977, S 50) und vom 27. März 1982 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 6/1982, S 155 - im folgenden kurz als "Umlagenordnung" zitiert - und

bb) des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 12. Dezember 1981, betreffend die Festsetzung der Grundgebühr und der Umsatzgebühr für das Jahr 1982 (kundgemacht im ABl. der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 1/1982, S 16), sowie

b) gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §15 litc und der Worte "Einhebung der Mitgliedsbeiträge (Umlagenordnung)," im §17 Abs1 litb des BG vom 10. Dezember 1947, BGBl. 20, betreffend die Errichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz) idF vor der Nov. BGBl. 301/1984.

2. Mit Erk. vom heutigen Tag, G12/86, V1, 2/86 stellte der VfGH fest, daß die (gesamte) Umlagenordnung und der Beschluß des Kammertages vom 12. Dezember 1981 gesetzwidrig und die in Prüfung gezogenen Stellen des Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetzes verfassungswidrig waren.

III. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Beschwerde ist - wie im soeben zitierten Erk. unter IV.1.a dargetan - zulässig.

2. Die bel. Beh. wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig befundenen Verordnungen (nämlich die Umlagenordnung und den Kammertagsbeschluß vom 12. Dezember 1981) an. Nach Lage des Falles ist es offenkundig, daß sich ihre Anwendung für die Rechtsstellung der bf. Gesellschaft als nachteilig erweist.

Es ist daher auszusprechen, daß die bf. Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung von gesetzwidrigen Verordnungen in ihren Rechten verletzt wurde (zB VfSlg. 10303/1984).

Der Bescheid ist infolgedessen aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B362.1984

Dokumentnummer

JFT_10139377_84B00362_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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