TE Vfgh Erkenntnis 1986/6/25 B680/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.1986
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §73
Tir GVG 1983 §1

Leitsatz

Art83 Abs2 B-VG; AVG §73 Abs2; nach Übergang der Entscheidungsbefugnis infolge eines Devolutionsantrages keine Auseinandersetzung mit der nicht zugestellten Erstentscheidung; kein Entzug des gesetzlichen Richters Tir. GVG 1983; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Kaufvertrag über Grundstücke, die keine landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften iS des §1 Abs1 Z1 darstellen - Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird daher aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 6. Dezember 1983 verkaufte H W,

Pensionsinhaberin, aus ihrer Liegenschaft EZ ... KG Aurach die neu zu

bildende Gp. .../1 im Ausmaß von 1720 Quadratmeter um einen Kaufpreis von 4200000 S an F M, Bankkaufmann in Bad H, BRD.

Laut Punkt 1. des Kaufvertrages besteht die EZ ... KG Aurach aus den

Bp. ... (266 Quadratmeter), ... (75 Quadratmeter) und den Gp. ...

(340 Quadratmeter), ... (1074 Quadratmeter), ... (183 Quadratmeter)

und ... (693 Quadratmeter). Lau angeschlossenen Lageplan eines

Zivilgeometers wurde die Liegenschaftsfläche ... unterteilt in die

Gp .../1 sowie .../2 und wurden mit der kaufgegenständlichen Gp. .../1 die Bp. .../1 und .../2, und die Gp. ..., .../1 sowie eine Teilfläche von 139 Quadratmeter der Gp. .../2 vereinigt.

2.1. Am 31. Jänner 1983 suchten die Bf. bei der Grundverkehrsbehörde Aurach um Ausstellung einer Negativbescheinigung gemäß §1 Abs3 GVG 1970 an.

2.2. Dieses Begehren wurde keiner Erledigung zugeführt, daher suchten die Bf. über Aufforderung der Grundverkehrsbehörde Aurach am 6. Mai 1983 um Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung an.

Da auch aufgrund dieses Antrages keine bescheidmäßige Erledigung erfolgte, wurde von den Bf. mit Eingabe vom 29. November 1983 ein Devolutionsantrag gemäß §73 Abs2 AVG eingebracht.

2.3. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 6. Juli 1984, LGv-942/4-83, wurde dem Devolutionsbegehren Folge gegeben, der beabsichtigten Eigentumsübertragung jedoch gemäß §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc und e GVG 1983, LGBl. Nr. 69, die Zustimmung versagt.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des §13 Abs4 Z1 GVG 1983 ein.

Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 M RK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.

5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:

5.1. Im angefochtenen Bescheid wird - zunächst auf die Zuständigkeitsvoraussetzungen eingehend - ausgeführt:

"Es ist jedenfalls unbestritten, daß die Liegenschaft EZl. ... einen Landwirtschaftsbetrieb darstellt, der jedoch nicht von der Eigentümerin H W selbst, sondern seit vielen Jahren pachtweise bewirtschaftet wird. Von diesem Betrieb soll nunmehr eine neugebildete 1720 Quadratmeter große Grundfläche abgetrennt werden, auf der verschiedene Objekte errichtet sind. In der Hauptsache handelt es sich um das Wohngebäude dieses landwirtschaftlichen Betriebes, das in Einheit mit dem Wirtschaftsgebäude Gp. .../3 erstellt ist. Dieses Wirtschaftsgebäude ist auch derzeit in Verwendung und befinden sich dort zirka 30 Stück Vieh. Auch das weitere auf dem Grundstück errichtete Objekt hatte einst landwirtschaftliche Funktion und ist nur durch die fehlende Selbstbewirtschaftung der Eigentümerin eine Zeitlang nicht genutzt worden. Damit steht aber nach Ansicht der Berufungsbehörde eindeutig fest, daß es sich beim gegenständlichen Objekt um eine Hofstelle eines ortsüblichen landwirtschaftlichen Betriebes handelt, wenn auch das Wohnobjekt, aus welchen Gründen immer, größeres Bauausmaß aufweist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß an dem Wohnobjekt bereits größere Umbaumaßnahmen vorgenommen wurden, da dadurch im Sinne der Judikatur des VfGH die landwirtschaftliche Widmung des Objektes nicht untergeht, zumal dies in jedem Fall zur Umgehung des Grundverkehrsgesetzes führen würde. Wenn nun die Antragsteller behaupten, daß zwar das Wirtschaftsgebäude landwirtschaftliche Zweckwidmung aufweise, nicht jedoch das Wohngebäude, das durch viele Jahre nicht mehr bewohnt worden sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß Wohn- und Wirtschaftsgebäude eine bauliche Einheit darstellen, wobei durch die gegenständliche Parzellenteilung mitten durch die einheitliche Bausubstanz ein Trennungsstrich gezogen würde ..."

Hievon ausgehend schließt die bel. Beh. auf einen Widerspruch der beabsichtigten Eigentumsübertragung zu §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc und e GVG, da nicht auszuschließen sei, daß das Wirtschaftsgebäude in späterer Zeit abgerissen und sodann der gegenständliche Landwirtschaftsbetrieb ohne die für die Bewirtschaftung erforderlichen Objekte bleiben würde; des weiteren würde die Kauffläche einem Landwirtschaftsbetrieb ohne zureichenden Grund entzogen, da dem Käufer das Kaufobjekt nur zu Ferienzwecken dienen würde, was auch mit der Widmung des Grundstückes als Freiland nicht vereinbar wäre; zudem werde durch das Rechtsgeschäft die Arrondierung eines Besitzes ohne zwingenden Grund gestört; durch die Abtrennung des Wohngebäudes werde die landwirtschaftliche Nutzung des Landwirtschaftsbetriebes erheblich erschwert, wenn auch die derzeitige Bewirtschaftung durch einen Pächter erfolge, der in einem weiteren Zuhaus wohnhaft sei, da dies "keinesfalls als ordnungsgemäße und wirtschaftliche Nutzung" angesehen werden könne.

5.2. In der Beschwerde wird demgegenüber betont, daß das

"gegenständliche Herrschaftshaus und das Zuseherhaus mit dem zur

Gp. .../1 gehörigen Grund" niemals landwirtschaftlich genutzt worden

sei. Das Herrschaftshaus sei schon einmal, angeblich 1920,

abgebrannt, dann aber wieder aufgebaut worden. In weiterer Folge sei

dann ein Stall bzw. Wirtschaftsgebäude zur Bewirtschaftung des -

ebenfalls im Eigentum der Verkäuferin stehenden -

landwirtschaftlichen Komplexes A EZ ... KG Aurach auf der Bp. .../3

errichtet worden; dieses Gebäude befinde sich jedoch nicht auf der

Kaufliegenschaft. Daß es sich bei der EZ ... und der EZ ... KG Aurach

um unabhängige Objekte handle, zeige sich schon aus einer

Versicherungspolizze vom 20. Dezember 1981. Die klare Trennung der

EZ ... KG Aurach, geschlossener Hof A, vom sogenannten

Herrschaftshaus ergebe sich weiters daraus, daß dieses eine II-Einlage darstelle; eine "Abtrennung" durch den vorliegenden Kaufvertrag finde weiters auch deshalb nicht statt, weil es sowohl eine bauliche als auch eine vermessungstechnische Grenze gebe, an der nicht gerührt werde. Tatsächlich sei der geschlossene Hof A schon bisher ohne jegliche Inanspruchnahme der kaufgegenständlichen Grundparzelle genutzt worden, was sich auch aus einem mit der Beschwerde vorgelegten Pachtvertrag ergebe. Schließlich erweise sich dies aber auch daraus, daß im Jahre 1936 nach einem Konkurs des damaligen Besitzers der betreffenden Liegenschaften das Bezirksgericht Kitzbühel in den Versteigerungsbedingungen zwischen zwei gesonderten Versteigerungsmassen, nämlich dem landwirtschaftlichen Grundstück und dem herrschaftlichen Grundbesitz, unterschieden habe.

Die Bf. hätten daher zunächst vergeblich um Ausstellung einer Negativbestätigung angesucht. Wie sich aus den Aktenunterlagen ergebe, habe die Grundverkehrsbehörde erster Instanz über den sodann an sie gestellten Genehmigungsantrag am 16. Mai 1983 einen Beschluß gefaßt, eine Zustellung des Bescheides jedoch unterlassen. In diesem Vorgehen werde von den Bf. eine schwerwiegende Mangelhaftigkeit des Verfahrens und ein Akt der Willkür erblickt. Auch die bel. Beh. habe sich jedoch mit dem Antrag auf Ausstellung einer Negativbestätigung nicht befaßt und sich mit der Frage, welchen Beschluß die Grundverkehrsbehörde erster Instanz am 16. Mai 1983 gefaßt habe, nicht auseinandergesetzt, obwohl sie, um Klarheit zu schaffen, hiezu verpflichtet gewesen sei. Die bel. Beh. sei aber auch durch Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit leichtfertig vorgegangen; sie habe sich nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, daß schon bei der Versteigerung im Jahre 1936 zwei Versteigerungsmassen gebildet worden seien. Die bel. Beh. habe die Situation völlig verkannt und entgegen den tatsächlichen Verhältnissen einen Zusammenhang des Kaufobjektes mit dem landwirtschaftlichen Grundbesitz angenommen. Hieraus habe die bel. Beh.

unverständlicherweise den Schluß gezogen, daß durch die Abtrennung des Wohngebäudes die landwirtschaftliche Nutzung des Landwirtschaftsbetriebes erheblich erschwert würde. Ebenso verfehlt seien die Ausführungen des angefochtenen Bescheides betreffend das Wirtschaftsgebäude: Von einer baulichen Einheit mit dem Herrschaftshaus könne nicht die Rede sein, da sich zwischen beiden Objekten eine Feuermauer befinde; auch die Ausführungen des Bescheides, wonach sich in dem Wirtschaftsgebäude zirka 30 Stück Vieh befänden, seien unrichtig. Dazu komme noch, daß seit dem Tod der Voreigentümer der Verkäuferin, somit also seit 7 Jahren, die kaufgegenständlichen Gebäude leer stünden, da die Verkäuferin die Erhaltung beider Häuser finanziell nicht tragen konnte. Das Zuseherhaus sei baufällig und zum Teil schon eingefallen, das Herrschaftshaus bedürfe umfangreicher Sanierungen. Da die bel. Beh. zu Unrecht davon ausgegangen sei, daß die kaufgegenständliche Liegenschaft landwirtschaftlich genutzt bzw. landwirtschaftlich nutzbar sei, habe sie die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt. Der angefochtene Bescheid verstoße im Hinblick auf das Vorgehen der Behörde und wegen der gehäuften Verkennung der Rechtslage auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Schließlich verletze der angefochtene Bescheid die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, da sich die bel. Beh. mit dem Umstand, daß die Grundverkehrsbehörde erster Instanz ihre Entscheidung niemandem mitgeteilt habe, gar nicht befaßt habe.

5.3. Der VfGH hatte sich zunächst mit der Frage einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zu befassen. Verfehlt ist allerdings die Ansicht der Bf., eine solche Rechtsverletzung sei darin zu erblicken, daß die Grundverkehrsbehörde erster Instanz trotz einer erfolgten Beschlußfassung keinen Bescheid zugestellt und daß sich die bel. Beh. mit dieser Beschlußfassung nicht auseinandergesetzt habe. Die Sanktion für die Säumnis der Behörde erster Instanz ist nämlich die über Antrag der Bf. eingetretenen Devolution an die bel. Beh.; durch die Devolution ist die Entscheidungsbefugnis gemäß §73 AVG auf die bel. Beh. übergegangen. Damit hatte sie in der Sache selbst zu entscheiden, wie dies auch geschehen ist, und nicht eine nachprüfende Kontrolle über die Behörde erster Instanz auszuüben.

Mit dem Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sind die Bf. dennoch im Recht:

Nach der vom VfGH vertretenen grundsätzlichen Auffassung (vgl. zB VfSlg. 8718/1979, 9005/1981, 9063/1981) ist bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 GVG davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Grundverkehrs (soweit es sich um den Rechtserwerb durch Inländer handelt) nur den Verkehr mit solchen Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterworfen hat, die gegenwärtig einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind; das sind solche, auf denen Land- und Forstwirtschaft betrieben wird (VfSlg. 8257/1978). Das trifft jedenfalls hinsichtlich solcher Grundstücke zu, die von einem Land- oder Forstwirt auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Art genutzt werden und ist vor allem danach zu beurteilen, was und auf welche Weise auf dem Grundstück produziert wird und welchen primären Verwendungszweck das Grundstück hat. Die Umstände, auf die es ankommt, können hiebei nicht nach starren Regeln beurteilt werden, können also nach Maßgabe des jeweiligen Falles unterschiedliches Gewicht besitzen; entscheidend ist, daß Sachverhalte verwirklicht werden, wie sie sich in der Land- und Forstwirtschaft, wenn auch in verschiedenen Spielarten, finden. Ein land- oder forstwirtschaftliches, dem GVG unterliegendes Grundstück ist daher ein solches, auf dem gegenwärtig Land- oder Forstwirtschaft iS der vorstehenden Ausführungen betrieben wird, wobei, um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, aber auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden dürfen; der Entfall der Widmung darf daher nur so weit zurückliegen, als dies aus diesem Zweck erklärbar ist (VfSlg. 7838/1976).

Der VfGH hatte sich daher mit der Frage zu befassen, ob die Kaufgrundstücke in einer für die Land- oder Forstwirtschaft signifikanten Art genutzt werden und ob der Entfall einer derartigen Nutzung allenfalls auf eine Umgehungshandlung zurückzuführen ist.

Hiezu hat der VfGH aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde und der Gegenschrift, in den wechselseitigen Schriftsätzen sowie aufgrund der vorgelegten Urkunden (insbesondere des Kaufvertrages vom 6. Dezember 1982, des Pachtvertrages mit J W, der "Vorlage von Versteigerungsbedingungen an das Bezirksgericht Kitzbühel, E4096/36", der Grundbuchsauszüge, der planlichen Darstellungen und des Erhebungsberichtes der bel. Beh.) im Zusammenhalt mit dem Ergebnis der am 25. Juni 1986 vor dem VfGH durchgeführten mündlichen Verhandlung folgende Feststellungen getroffen:

Der bel. Beh. ist zuzugestehen, daß die zur EZ ... KG Aurach

gehörigen Grundstücke, bevor sie 1936 zu einem eigenen

Grundbuchskörper zusammengefaßt wurden, eine Einheit mit dem

Landwirtschaftsbetrieb A EZ ... KG Aurach bildeten. Ebenso ist die

Annahme der bel. Beh. richtig, daß die kaufgegenständlichen Grundstücke eine Enklave im genannten Landwirtschaftsbetrieb bilden. Schließlich trifft auch zu, daß an das kaufgegenständliche Wohnhaus ein Wirtschaftsgebäude angebaut ist, sodaß beide Gebäude optisch als Einheit in Erscheinung treten. Das allein erweist aber noch keineswegs, daß es sich beim Kaufobjekt um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke iS des §1 Abs1 Z1 GVG handelt.

Was zunächst das als "Herrenhaus" bezeichnete Wohnhaus betrifft, steht fest, daß dieses Wohngebäude und das Wirtschaftsgebäude durch eine Feuermauer getrennt sind und daß sie auf selbständigen Grundstücken (nämlich das "Herrenhaus" auf der zur Kaufliegenschaft gehörigen Bp. .../1, das Wirtschaftsgebäude demgegenüber auf der zum A gehörigen Bp. .../3) errichtet sind. Die Trennung dieser Grundstücke geht, ebenso wie die Trennung der EZ ... KG Aurach von

der EZ ... KG Aurach auf eine Bewilligung der Höfekommission für

Aurach vom 22. September 1936 zurück. Fest steht weiters, daß nur das Wirtschaftsgebäude, nicht aber das Wohnhaus im Jahre 1980 - zusammen mit den anderen landwirtschaftlich genutzten Grundstücken der EZ ... KG Aurach - an J W verpachtet wurde. Die mündliche Verhandlung hat zusätzlich ergeben, daß auch nach Beendigung dieses Pachtverhältnisses die Kaufgrundstücke von der mit J H mündlich getroffenen Nutzungsvereinbarung ausgenommen sind. Aber auch die an das Wohnhaus anschließenden kaufgegenständlichen Grundflächen und das sogenannte "Zuseherhaus" werden landwirtschaftlich nicht genutzt. Die an das Wohnhaus anschließende Wiese dient als Parkplatz, das schon verfallende Wohnhaus, welches früher von einer Schweizer Familie bewohnt war, die ebenfalls nur als Verpächter auftrat, wurde im Laufe der letzten sieben Jahre adaptiert, wobei drei Wohneinheiten geschaffen wurden. Auch das zur kaufgegenständlichen Liegenschaft gehörige "Zuseherhaus" wurde renoviert und dient, wie die bel. Beh. bei der mündlichen Verhandlung über Befragen zugestand, nicht als landwirtschaftliches Gebäude. Aber schon zur Zeit, als noch die Familie T Eigentümerin der Liegenschaften war, wurde das sogenannte "Herrenhaus" von der Familie nur bewohnt, während die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke des A vom sogenannten R aus - dieses ist vom beschwerdegegenständlichen Kaufvertrag nicht umfaßt - durch einen Pächter erfolgte. Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH steht fest, daß jedenfalls ab 1936, als die gesamten Liegenschaften versteigert worden waren, eine landwirtschaftliche Nutzung der Kaufliegenschaften nicht mehr stattfand. Abschließend ist noch festzuhalten, daß der Teil des Grundstückes, über den dem Pächter J W laut Pachtvertrag ein Geh- und Fahrtrecht zum Wirtschaftsgebäude (Stall) eingeräumt gewesen war, nicht Gegenstand des Kaufvertrages ist, sondern beim landwirtschaftlich genutzten Teil verbleibt.

Aufgrund der Verfahrensergebnisse kann auch keine Rede davon sein, daß der Entfall der landwirtschaftlichen Widmung auf eine Umgehungshandlung zurückzuführen ist.

Da es sich demnach beim Kaufobjekt um keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke iS des §1 Abs1 Z1 GVG handelt, hat die bel. Beh. mit dem angefochtenen Bescheid eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zustand.

5.4. Damit sind aber die Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Der bekämpfte Bescheid ist daher aufzuheben.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Devolution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B680.1984

Dokumentnummer

JFT_10139375_84B00680_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten