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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Tir. GVG 1970, 1983 §3 Abs1 lith und §4 Abs2; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung der Einräumung eines Pfandrechtes zur Besicherung von bereits geleisteten - und nunmehr als Darlehen bezeichneten - Kaufpreisteilzahlungen an die Liegenschaftseigentümerin, nachdem die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Rechtserwerbes der Liegenschaft gemäß §3 Abs1 lith und §4 Abs2 versagt worden war; nachfolgende Ersteigerung der Liegenschaft durch den Bf. sowie allfällige Unmöglichkeit der amtswegigen Pfandrechtslöschung ohne Folgen für die Beschwer; keine Bedenken gegen die in §3 Abs1 lith getroffene Regelung betreffend die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zur Begründung von Pfandrechten im Hinblick auf mögliche wirtschaftliche Abhängigkeiten; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung - keine Verletzung im Eigentumsrecht; kein Kostenzuspruch an Beteiligte wegen Sittenwidrigkeit ihres Vorgehens gegen die Bf.Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Kosten werden an die Beteiligte nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Kaufvertrag vom 6. November 1980 erwarben die Bf. von A M die EZ ... KG St. Sigmund - es handelt sich bei dieser Liegenschaft um die Pension H - um einen Kaufpreis von 3500000 S, der zum Teil durch Übernahme einer auf der Liegenschaft lastenden Darlehensforderung, zum Teil in Ratenzahlungen entrichtet werden sollte; die Bf. sind deutsche Staatsangehörige.
1.2. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde St. Sigmund, Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, vom 28. Dezember 1982 wurde dem beabsichtigten Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 lita und §4 Abs2 GVG 1970 - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung versagt.
Begründend wurde ausgeführt, es bestünden Bedenken dahin gehend, daß die ausländischen Erwerber nicht in der Lage seien, die mit dem Vertrag übernommenen Verpflichtungen sowie die öffentlichen Abgaben zu bezahlen.
2.1. Da die Käufer während des Schwebezustandes des Kaufvertrages bereits Kaufpreisteilzahlungen geleistet hatten, kamen die Vertragspartner überein, diese als Darlehen zu bezeichnen, und hielten mit Schuld- und Pfandurkunde vom 5. Mai 1981 fest, daß A M von den Bf. bis 29. April 1981 einen Betrag von 775322,35 S als Darlehen zugezählt erhalten habe und verpflichtet sei, diesen Betrag mit 10 vH Zinsen bis 31. Dezember 1984 wertgesichert zurückzuzahlen; zur Sicherstellung dieser Verbindlichkeiten wurde die Einverleibung eines Pfandrechtes ob der Liegenschaft EZ ... KG St. Sigmund vereinbart. Die Einverleibung des Pfandrechtes im Grundbuch wurde vom Bezirksgericht Innsbruck bewilligt, weil aus der Urkunde nicht ersichtlich war, daß es sich bei den Begünstigten um deutsche Staatsangehörige handelt, nachträglich wurde jedoch ein Genehmigungsansuchen gemäß §3 GVG gestellt.
2.2. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde St. Sigmund vom 31. März 1983 wurde der Einräumung des Pfandrechtes jedoch gemäß §3 Abs1 lith und §4 Abs2 GVG die Zustimmung versagt.
Dies wurde damit begründet, daß mit der in Frage stehenden Schuld- und Pfandurkunde vom 5. Mai 1981 Kaufpreisteilzahlungen abgesichert werden sollten, mit Bescheid vom 28. Dezember 1982 jedoch dem mit Kaufvertrag vom 6. November 1980 beabsichtigten Rechtserwerb die Zustimmung verweigert worden sei; in Entsprechung dieses Bescheides sei auch der Pfandrechtsbegründung die notwendige Zustimmung zu versagen.
2.3. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 16. Dezember 1983, Z LGv-841/3, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung gemäß §3 Abs1 lita (richtig: h) iVm. §4 Abs2 GVG als unbegründet abgewiesen.
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet. Im Hinblick darauf, daß der VfGH der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe, werde nämlich eine Löschung des in Frage stehenden Pfandrechtes im Grundbuch bei Ergehen des Erk. des VfGH nicht mehr möglich sein, weil der Ablauf der in §16 Abs5 GVG für eine amtswegige Löschung vorgesehenen Frist bevorstehe. Zudem wurde mitgeteilt, daß die Liegenschaft EZ ... KG St. Sigmund inzwischen W G im Versteigerungsweg zugeschlagen worden sei; die Grundverkehrsbehörde St. Sigmund habe diesem exekutiven Eigentumserwerb mit Bescheid vom 9. Jänner 1984 "erstaunlicherweise" die Zustimmung erteilt; eine dagegen erhobene Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten sei "aus völlig unbekannten Gründen" zurückgezogen worden.
Auch die Beteiligte A M verweist darauf, daß W G im Zuge einer Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ ... KG St. Sigmund um ein Meistbot von 2100000 S am 16. März 1984 der Zuschlag erteilt worden sei. Hiedurch sei W G durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr beschwert; der Umstand, daß der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis 3,5 Millionen Schilling betragen habe, der Zuschlag jedoch um 2,1 Millionen Schilling erteilt worden sei, zeige aber zusätzlich, daß die Beschwerde in allen Punkten unbegründet sei.
4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita sowie des Buchstaben "c" in der litb des §13 Abs4 Z2 GVG 1983 ein.
Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.
5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:
5.1. Zunächst ist festzuhalten, daß im grundverkehrsbehördlichen Verfahren der Landesgrundverkehrsreferent nicht eingeschritten ist und damit eine Verletzung des Art6 MRK, wie sie im Fall Sramek gerügt wurde, nicht in Frage kommt.
5.2. Entgegen der Meinung der Beteiligten A M kann aus dem Umstand, daß der Bf. W G inzwischen die Liegenschaft EZ ... KG St. Sigmund ersteigert hat, aber auch nicht abgeleitet werden, daß die Bf. durch den bekämpften Bescheid nicht mehr beschwert seien, weil nicht auszuschließen ist, daß dem Bescheid für Ansprüche der Bf. aus der Verteilung des Meistboterlöses Bedeutung zukommen kann; ebensowenig ist von Belang, ob eine amtswegige Pfandrechtslöschung zufolge des Fristablaufes iS des §16 Abs5 GVG überhaupt noch möglich ist, da dennoch Auswirkungen zivilrechtlicher Art denkbar sind, denen nicht vorgegriffen werden kann.
5.3.1. Der angefochtene Bescheid ist im wesentlichen wie folgt begründet: Gemäß §3 Abs1 lita (richtig: h) GVG bedürfe jede Art der Begründung von Pfandrechten an Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 GVG angehören, soweit das Pfandrecht der Besicherung einer Forderung im Zusammenhang mit einem Rechtserwerb diene, der nach diesem Gesetz der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, ebenfalls einer Zustimmung der genannten Behörde. Gemäß §4 Abs2 GVG dürfe ein solcher Rechtserwerb den in dieser Bestimmung geschützten öffentlichen Interessen nicht widersprechen. Eine solche Interessensverletzung liege jedoch vor. §3 Abs1 lith GVG habe - wie sich aus den EB zur Novelle LGBl. 6/1974 ergebe - zum Ziel, dem Druck der Ausländer auf den heimischen Grund und Boden entgegenzuwirken und den "Ausverkauf des Landes" zu verhindern. Eine Verletzung der in Frage stehenden öffentlichen Interessen werde vom Gesetzgeber nicht nur im Erwerb von Eigentum durch Ausländer, sondern auch im Erwerb wirtschaftlicher Verfügungsrechte über Grundstücke erblickt; gerade durch die Einräumung von Pfandrechten würden derartige Verfügungsrechte begründet. Sodann heißt es wörtlich:
"... Der gegenständlichen Entscheidung kommt sohin nach Ansicht der Berufungsbehörde erhebliche generalpräventive Bedeutung zu. Der geltend gemachte Umstand, daß das Pfandrecht nur deshalb eingeräumt worden sei, da dem vorausgehenden Eigentumserwerb die Zustimmung versagt worden sei, obwohl der Kaufpreis bereits vorher entrichtet worden wäre, kann im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung vor allem aus diesen generalpräventiven Erwägungen heraus nicht berücksichtigt werden."
5.3.2. Die Bf. behaupten, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt zu sein, weil der angefochtene Bescheid unter Heranziehung der Bestimmung des §3 Abs1 lith GVG erlassen wurde, diese Regelung jedoch verfassungswidrig erscheine. Die Begründung eines Pfandrechtes diene grundsätzlich der Absicherung eines Darlehens. Ein Pfandrecht sei ein akzessorisches Recht und demgemäß vom Bestand eines Darlehens abhängig. Der Pfandgläubiger erhalte durch das Pfandrecht wohl Sicherheit, jedoch keine Verfügungsgewalt über die Liegenschaft. Demnach könne es durch die Einräumung eines Pfandrechtes auch zu keiner Überfremdung einer Ortschaft kommen; ebensowenig sei ein Widerspruch zu den gemäß §4 Abs2 GVG geschützten öffentlichen Interessen denkbar. Selbst wenn ein Pfandgläubiger, der zur Hereinbringung seiner Forderung eine Liegenschaft versteigern lasse, diese ersteigere, habe die Grundverkehrsbehörde noch immer die Möglichkeit, der Zuschlagserteilung die Genehmigung zu versagen. §3 Abs1 lith GVG sei somit sachlich nicht zu rechtfertigen. Die Bf. regen daher an, ein Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen einzuleiten.
5.3.3. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 9708/1983, 9720/1983) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §3 Abs1 lith GVG. Die Bf. regen an, hinsichtlich dieser Bestimmung ein Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen einzuleiten; der VfGH sieht hiefür jedoch keine Veranlassung. Nach der in Frage stehenden Regelung bedarf die Begründung eines Pfandrechtes an Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 GVG angehören, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, soweit das Pfandrecht der Besicherung einer Forderung im Zusammenhang mit einem Rechtserwerb dient, der nach diesem Gesetz der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf. In der RV zur Novelle LGBl. 6/1974, mit welcher die in Frage stehende Bestimmung erlassen wurde, wird ausgeführt:
"Es hat sich gezeigt, daß Ausländer ihre vermögensrechtlichen Ansprüche gegen Inländer und ihre Forderungen aus - grundverkehrsbehördlich nicht genehmigten - Verträgen durch Pfandrechte sicherstellen, die zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Eigentümer von Grundstücken führen können. Die Unterwerfung solcher Pfandrechtsbegründungen unter die grundverkehrsbehördliche Kontrolle erscheint daher notwendig."
Der VfGH hält diese Überlegungen für systemimmanent; es ist dem Gesetzgeber durchaus beizupflichten, daß Pfandrechte die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Grundeigentümers nach sich ziehen können. Es ist daher nicht sachfremd, wenn im GVG vorgesehen ist, daß der Grundverkehrsbehörde die Zuständigkeit zukommt zu prüfen, ob die Einräumung des Pfandrechtes, das der Besicherung einer Forderung im Zusammenhang mit einem grundverkehrsbehördlich genehmigten Rechtserwerb dient, den in §4 Abs2 GVG geschützten Interessen widerspricht.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §3 Abs1 lith GVG käme somit eine Eigentumsverletzung nur in Frage, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte.
Der VfGH kann nicht finden, daß die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hat. Es ist jedenfalls vertretbar, wenn die Behörde der pfandrechtlichen Sicherstellung der während des Schwebezustandes des Kaufvertrages bereits entrichteten Kaufpreisteilzahlungen auf dem Kaufobjekt unter Hinweis auf die erheblichen generalpräventiven Wirkungen, die von einer Genehmigung ausgingen, die Zustimmung versagt hat, nachdem sie bereits festgestellt hatte, daß der beabsichtigte Eigentumserwerb aufgrund des besagten Kaufvertrages mit den durch das Grundverkehrsgesetz geschützten Interessen nicht vereinbar ist. Ob die Behörde richtig entschieden hat, war hiebei nicht zu prüfen; ein so schwerer Fehler, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, liegt jedenfalls nicht vor.
5.4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Dem Begehren der Beteiligten auf Ersatz der Prozeßkosten war im Hinblick darauf, daß ihr Vorgehen gegenüber den Bf. - unbeschadet der ihr im Beschwerdeverfahren zustehenden Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Interessen - als sittenwidrig zu bezeichnen und daher unzulässig ist, nicht stattzugeben (§88 VerfGG).
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Ausländergrunderwerb, Eigentumseingriff, Exekutionsrecht, Zivilrecht, Pfandrecht, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B107.1984Dokumentnummer
JFT_10139374_84B00107_00