Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
ARHG §34 Abs1 idF 2004/I/015;Rechtssatz
Zwar hat der Bundesminister für Justiz bei seiner Entscheidung gemäß § 34 Abs. 1 ARHG durchaus - wie jedes Staatsorgan - die gesamte Rechtsordnung und damit auch die subjektiven Rechte des Betroffenen zu achten. Jedoch besitzt der Betroffene darauf kein subjektives Recht, weil die Zulässigkeit der Auslieferung als möglicher Eingriff in seine Rechte bereits vom Gericht auf umfassende Weise geprüft und für zulässig befunden worden ist. Die subjektiven Rechte des Auszuliefernden sind im gerichtlichen Verfahren umfassend zu prüfen, dabei insbesondere ob und welche Zusicherungen des ersuchenden Staates erforderlich bzw. ob die angebotenen ausreichend sind. Da eine Genehmigung der Auslieferung durch den Bundesminister nur dann erfolgen darf, wenn im gerichtlichen Verfahren die Auslieferung für zulässig erklärt wurde, besteht angesichts des Kognitionsumfanges des Bundesministers, der sich aus der nunmehrigen Rechtslage (Fassung BGBl. I Nr. 15/2004) ergibt (staatspolitische Aspekte und Interessen der Republik Österreich und allgemeine völkerrechtliche Verpflichtungen) auch aus dem Blickwinkel des Schutzes der Interessen des Auszuliefernden kein zwingendes oder auch ausreichendes Bedürfnis, ihm die Möglichkeit der Bekämpfung der Entscheidung des Bundesministers einzuräumen. Wurde die Auslieferung von den Gerichten für unzulässig erklärt, darf der Bundesminister sie nicht bewilligen. Würde er sie dennoch bewilligen (etwa versehentlich oder wegen unrichtiger Auslegung der gerichtlichen Entscheidung uam.), fehlte es an einer wesentlichen Voraussetzung für eine rechtmäßige Auslieferung, was nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein Übergabehindernis darstellte (§ 36 ARHG) und im fortgesetzten gerichtlichen Verfahren wahrzunehmen wäre. Ohne Bewilligung der Auslieferung durch den Bundesminister für Justiz darf das Gericht die Auslieferung gemäß § 36 ARHG nicht veranlassen. Wurde die Auslieferung im gerichtlichen Verfahren für zulässig erklärt, ergeben sich aber neue Tatsachen oder Beweismittel iS des § 39 ARHG, so hat das Gericht das Auslieferungsverfahren über Antrag oder von Amts wegen wieder aufzunehmen, wenn sich neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben, die zu einer anderen Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung führen können. Bei dieser Prüfung hat sich das Gericht zu vergewissern, dass die Zulässigkeit der Auslieferung nach der nunmehr bestehenden Sach- und Rechtslage weiterhin gegeben ist. Nur wenn gewährleistet ist, dass das Gericht neu auftretende Auslieferungshindernisse aufgreift und berücksichtigt, kann die Bewilligung der Auslieferung durch den Bundesminister für Justiz gemäß § 34 Abs. 1 ARHG als nicht bekämpfbarer Regierungsakt angesehen werden. (Auch) daraus ist daher nicht abzuleiten, dass die Entscheidung des Bundesministers aus Rechtsschutzgründen anfechtbar zu sein hätte.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008060019.X04Im RIS seit
19.06.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013