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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
ARHG §19;Rechtssatz
Sämtliche subjektiven Rechte einer auszuliefernden Person, insbesondere auch auf dem Gebiet des Asylrechtes, sind umfassend wie auch ausschließlich im gerichtlichen Auslieferungsverfahren wahrzunehmen (und nicht von der belangten Behörde (Bundesminister für Justiz)). Es trifft nicht zu, dass der Prüfungsumfang des Gerichtes betreffend die Fragen auf dem Gebiet des Asylwesens durch § 33 Abs. 2 ARHG eingeschränkt wäre, weil diese Norm nur die Prüfung des Tatverdachtes zum Inhalt hat. Der Umstand, dass ein Asylverfahren anhängig ist, ist (mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung) kein Auslieferungshindernis, was kein Wertungswiderspruch ist, sind doch im gerichtlichen Verfahren nach dem ARHG die subjektiven Rechte des Auszuliefernden auch auf dem Gebiet des Asylrechtes (der Beschwerdeführer meint "asylrechtliche" Auslieferungshindernisse) umfassend zu prüfen, und zwar nach den in Österreich maßgeblichen asylrechtlichen Normen in ihrer jeweils relevanten Fassung, also auch nach der aktuellen Rechtslage, insbesondere Art. 1 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie Art. 2, 3, 6 und 8 EMRK. Lägen die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl vor, so wäre die Auslieferung vom Gericht nicht für zulässig zu erklären, was allerdings der umfassenden Prüfung durch das Gericht unterliegt. Die Durchführung des Asylverfahrens braucht das Gericht aber nicht abzuwarten. Da die gerichtliche Prüfung gemäß § 33 Abs. 3 ARHG "umfassend" vorzunehmen ist, ist sie auch nicht auf die in § 19 ARHG eigens hervorgehobenen Gründe beschränkt, sollten sich (allenfalls) darüber hinaus gehende Gründe aus der österreichischen Rechtsordnung ergeben. Die von der belangten Behörde wahrzunehmenden Interessen und völkerrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich beziehen sich eben nicht auch auf subjektive Rechte der auszuliefernden Person. Hinsichtlich solcher subjektiven Rechte ist auch keine konkurrierende (kumulative) Zuständigkeit sowohl der Gerichte als auch der belangten Behörde gegeben (vielmehr eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte). Die belangte Behörde ist daher nicht dazu berufen, die Entscheidung des Oberlandesgerichtes auf eine allfällige Verletzung seiner subjektiven Rechte inhaltlich zu prüfen. Dies unbeschadet ihrer Möglichkeit, allenfalls eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (früher § 33, nun § 23 StPO) zu veranlassen oder allfälliger anderer Rechtsschutzmöglichkeiten des Beschwerdeführers im gerichtlichen Verfahren (die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in analoger Anwendung des § 363a StPO in einer Auslieferungssache verwiesen).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008060019.X05Im RIS seit
19.06.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013