RS Vwgh 2008/3/7 2008/06/0019

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 07.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
25/01 Strafprozess
25/04 Sonstiges Strafprozessrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

ARHG §19;
ARHG §33 Abs2 idF 2004/I/015;
ARHG §33 Abs3 idF 2004/I/015;
FlKonv Art1;
FlKonv Art33;
MRK Art2;
MRK Art3;
MRK Art6;
MRK Art8;
StPO 1975 §23;
StPO 1975 §363a;
VwGG §34 Abs1;

Rechtssatz

Sämtliche subjektiven Rechte einer auszuliefernden Person, insbesondere auch auf dem Gebiet des Asylrechtes, sind umfassend wie auch ausschließlich im gerichtlichen Auslieferungsverfahren wahrzunehmen (und nicht von der belangten Behörde (Bundesminister für Justiz)). Es trifft nicht zu, dass der Prüfungsumfang des Gerichtes betreffend die Fragen auf dem Gebiet des Asylwesens durch § 33 Abs. 2 ARHG eingeschränkt wäre, weil diese Norm nur die Prüfung des Tatverdachtes zum Inhalt hat. Der Umstand, dass ein Asylverfahren anhängig ist, ist (mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung) kein Auslieferungshindernis, was kein Wertungswiderspruch ist, sind doch im gerichtlichen Verfahren nach dem ARHG die subjektiven Rechte des Auszuliefernden auch auf dem Gebiet des Asylrechtes (der Beschwerdeführer meint "asylrechtliche" Auslieferungshindernisse) umfassend zu prüfen, und zwar nach den in Österreich maßgeblichen asylrechtlichen Normen in ihrer jeweils relevanten Fassung, also auch nach der aktuellen Rechtslage, insbesondere Art. 1 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie Art. 2, 3, 6 und 8 EMRK. Lägen die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl vor, so wäre die Auslieferung vom Gericht nicht für zulässig zu erklären, was allerdings der umfassenden Prüfung durch das Gericht unterliegt. Die Durchführung des Asylverfahrens braucht das Gericht aber nicht abzuwarten. Da die gerichtliche Prüfung gemäß § 33 Abs. 3 ARHG "umfassend" vorzunehmen ist, ist sie auch nicht auf die in § 19 ARHG eigens hervorgehobenen Gründe beschränkt, sollten sich (allenfalls) darüber hinaus gehende Gründe aus der österreichischen Rechtsordnung ergeben. Die von der belangten Behörde wahrzunehmenden Interessen und völkerrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich beziehen sich eben nicht auch auf subjektive Rechte der auszuliefernden Person. Hinsichtlich solcher subjektiven Rechte ist auch keine konkurrierende (kumulative) Zuständigkeit sowohl der Gerichte als auch der belangten Behörde gegeben (vielmehr eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte). Die belangte Behörde ist daher nicht dazu berufen, die Entscheidung des Oberlandesgerichtes auf eine allfällige Verletzung seiner subjektiven Rechte inhaltlich zu prüfen. Dies unbeschadet ihrer Möglichkeit, allenfalls eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (früher § 33, nun § 23 StPO) zu veranlassen oder allfälliger anderer Rechtsschutzmöglichkeiten des Beschwerdeführers im gerichtlichen Verfahren (die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in analoger Anwendung des § 363a StPO in einer Auslieferungssache verwiesen).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060019.X05

Im RIS seit

19.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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