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40 VerwaltungsverfahrenNorm
B-VG Art137 / AllgLeitsatz
Art137 B-VG; Klage auf Rückzahlung einer im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens als vorläufige Sicherheit nach §37a VStG 1950 erlegten Betrages; Zuständigkeit des VfGH (Hinweis auf VfSlg. 10533/1985); passive Klagslegitimation des beklagten Bundeslandes; Freiwerden der Sicherheitssumme nach §37a Abs2 VStG 1950 (idF vor d. Nov. BGBl. 176/1983); Klagsbegehren auf Ersatz der Sicherheitssumme gerechtfertigt; kein Nachweis für den Beginn des Zahlungsverzuges - Zuspruch der Verzugszinsen ab dem KlagstagSpruch
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zuhanden des Klagevertreters den Betrag von 5000 S samt 4% Zinsen seit 16. Mai 1983 sowie die mit 970,52 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Das Mehrbegehren auf Bezahlung von 4% Zinsen aus 5000 S vom 10. Feber bis 15. Mai 1983 wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In der auf Art137 B-VG gestützten Klage bringt der nicht in Österreich wohnhafte Kläger im wesentlichen vor, daß er im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 9. November 1982 eine Sicherheitssumme von 5000 S erlegt habe. Der Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten bei sonstigem Verfall der Sicherheitssumme bekanntzugeben, sei er fristgerecht nachgekommen. Nach Ergehen eines Beschuldigten-Ladungsbescheides habe er sich im Verwaltungsstrafverfahren schriftlich gerechtfertigt. Zugleich habe er die Rückzahlung der Sicherheitssumme begehrt; dieser Aufforderung habe die Behörde jedoch nicht entsprochen. Eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis sei bis zur Klagseinbringung nicht ergangen.
Der Kläger begehrt die Bezahlung von 5000 S samt 4% Zinsen seit 10. Feber 1983.
2. Das beklagte Bundesland Tir. erstattete eine Gegenschrift, in der die Zurückweisung der Klage begehrt wird. Dem Kläger sei am 9. November 1982 wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem BG über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. 209/1979, von einem hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan eine vorläufige Sicherheit von 5000 S abverlangt worden. Nachdem der Kläger über Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht habe, sei an ihn ein Beschuldigten-Ladungsbescheid ergangen. Nach Einbringung einer Rechtfertigung am 18. Feber 1983 sei der Akt in Verstoß geraten; seit dieser Eingabe habe der Kläger weder schriftlich mit der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Kontakt aufgenommen noch in der Angelegenheit vorgesprochen. Am 12. August 1983 sei ein Straferkenntnis erlassen worden. Das Verfahren über den Wiederausfolgungsantrag des Klägers sei mit einem verfahrensrechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. August 1983 bis zur Entscheidung des VfGH über die vorliegende Klage ausgesetzt worden. Die "Klagslegitimation im Sinne des Art137 B-VG" liege nicht vor, weil die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck über den Ausfolgungsantrag des Klägers bescheidmäßig zu erkennen hätte (Hinweis auf die Erk. des VwGH 17. März 1982, Z 81/03/0276 und VwSlg. 7571/A/1969).
II. 1. Die Klage ist zulässig.
Zu der unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VwGH (der Sache nach) erhobenen Einrede der beklagten Partei, der VfGH sei im Verfahren nach Art137 B-VG nicht zuständig, bemerkt der Gerichtshof, daß er bei der mit seinem Erk. VfSlg. 10533/1985 eingeleiteten Rechtsprechung bleibt. Er findet keine Veranlassung, sich mit dem Erk. des VwGH Z 81/03/0276 sowie dem darin bezogenen Erk. VwSlg. 7571/A/1969 im einzelnen auseinanderzusetzen und bleibt im Hinblick auf die seither eingetretene Änderung der Gesetzeslage auf dem eingenommenen Standpunkt, daß eine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit, im Streitfall über das Freiwerden der vorläufigen Sicherheit nach §37a VStG mit Bescheid abzusprechen, nicht gegeben ist. Sowohl §37 als auch §37a VStG wurden durch die (mit 1. April 1983 in Kraft getretene, im vorliegenden Fall nicht anzuwendende Nov. BGBl. 176/1983 - s. deren ArtI Z5 sowie ArtII Abs1 und 2) neu gefaßt und es wurden vom Gesetzgeber hiebei verwaltungsstrafbehördliche Zuständigkeiten nicht festgelegt. Der VfGH vermag auch für die vor der Novelle bestandene Gesetzeslage eine solche Kompetenz der Verwaltungsbehörde nicht anzunehmen, wozu festgehalten sei, daß die - eine Klagsführung nach Art137 B-VG ausschließende - Annahme einer solchen verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit im Fall des Untätigbleibens der angerufenen Behörde zu einer äußerst unbefriedigenden Rechtschutzsituation führte, weil eine Devolution nach §73 AVG nicht in Betracht kommt (§24 zweiter Satz VStG) und Art132 B-VG seit der B-VG-Nov. BGBl. 296/1984 in Verwaltungsstrafsachen (ausgenommen Privatanklage- und Finanzstrafsachen) nicht anwendbar ist.
2. Das Klagebegehren ist im wesentlichen berechtigt.
a) Da keine die Passivlegitimation betreffende Einwendung erhoben wurde (s. dazu VfSlg. 9281/1981 mit Bezugnahme auf VfSlg. 7001/1973 sowie Literaturhinweise), ist ohne weitere Prüfung (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 5079/1965) davon auszugehen, daß das beklagte Bundesland in Ansehung des Klagsanspruchs passiv legitimiert ist.
b) Nach §37a Abs2 VStG (idF vor der Nov. BGBl. 176/1983) wird die Sicherheitssumme insbesondere dann frei, wenn binnen drei Monaten nach ihrem Erlag kein Straferkenntnis (Strafverfügung) erflossen ist. Wie aus dem eigenen Vorbringen der beklagten Partei hervorgeht, ist diese Voraussetzung gegeben, weil das Straferkenntnis erst nach Ablauf von drei Monaten nach dem Erlag der Sicherheitssumme erlassen wurde. Ein Verfall der Sicherheit iS des §37 Abs3 iVm. §37a Abs3 VStG wird von der beklagten Partei jedoch nicht behauptet; sie weist vielmehr selbst darauf hin, daß der (im Ausland wohnhafte) Kläger einen Bevollmächtigten bestellte, daß ein Ladungsbescheid erging sowie daß der Kläger als Beschuldigter eine schriftliche Rechtfertigung erstattete.
Das Begehren auf Ersatz der Sicherheitssumme ist sohin gerechtfertigt.
c) Nicht zur Gänze begründet ist hingegen das Zinsenbegehren.
Der Kläger verlangt den Zuspruch von Verzugszinsen ab dem 10. Feber 1983, weist aber nicht nach, daß der Zahlungsverzug mit diesem Tag eingetreten ist. Verzugszinsen waren ihm sohin - unter Abweisung des Mehrbegehrens - erst ab dem Klagstag zuzusprechen.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §41 VerfGG iVm. §41 Abs2 ZPO (§35 Abs1 VerfGG); vom zugesprochenen Betrag entfallen 88,21 S auf die Umsatzsteuer.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Verwaltungsstrafrecht, Sicherheitsleistung, Verwaltungsverfahren, VfGH / Zuständigkeit, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:A8.1983Dokumentnummer
JFT_10139074_83A00008_00