TE Vfgh Erkenntnis 1986/9/29 G167/85

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Veröffentlicht am 29.09.1986
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG ArtV Abs1 39. Novelle BGBl 590/1983
ASVG §447g idF BGBl 590/1983
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Nov. BGBl. 590/1983, gemäß dem die Vbg. Gebietskrankenkasse zur Leistung bestimmter Beträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger verpflichtet ist; hinsichtlich des zweiten und dritten Satzes des ArtV Abs1 ist es der Vbg. Gebietskrankenkasse zumutbar, die Erlassung eines Bescheides des Hauptverbandes betreffend die Festsetzung der Höhe des von ihr zu leistenden Ergänzungsbetrages zu beantragen; in diesem Umfang Zurückweisung des Antrages; hinsichtlich des ersten, vierten und fünften Satzes des ArtV Abs1 kein zumutbarer anderer Weg - Zulässigkeit des Antrages in diesem Umfang 39. ASVG-Nov. BGBl. 590/1983 ArtV Abs1, erster, vierter und fünfter Satz; Versicherungs-(Risken-)Gemeinschaft im weiteren Sinn zwischen den in der Krankenversicherung nach dem ASVG Versicherten und den Versicherten in der Pensionsversicherung; sachlicher und persönlicher Zusammenhang, insbesondere auch zwischen den Beiträgen der Angehörigen der einen Versicherungsgemeinschaft und dem Leistungsanspruch der Angehörigen der anderen Versicherungsgemeinschaft; sachliche Rechtfertigung der in ArtV Abs1 enthaltenen gesetzlichen Anordnung der Überweisung von Geldbeträgen durch die Krankenversicherungsträger nach dem ASVG an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger nach §447g ASVG dadurch, daß der weitaus überwiegende Teil der nach dem ASVG Krankenversicherten auch Leistungen aus der Pensionsversicherung erhält - keine Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmungen; die Bundesverfassung enthält keine Gewährleistung einer vollständig autonomen Gebarung der Selbstverwaltungskörper; hinreichende Determinierung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen; ArtV Abs1 erster, vierter und fünfter Satz sind nicht verfassungswidrig

Spruch

I. Der Antrag, ArtV Abs1 zweiter und dritter Satz des BG vom 29. November 1983, BGBl. 590, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz abgeändert wird (39. Nov. zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz), als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

II. Dem Antrag, ArtV Abs1 erster, vierter und fünfter Satz des BG vom 29. November 1983, BGBl. 590, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz abgeändert wird (39. Nov. zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz), als verfassungswidrig aufzuheben, wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Vbg. Gebietskrankenkasse (im folgenden GKK) stellte gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG beim VfGH den Antrag, ArtV Abs1 des BG vom 29. November 1983, BGBl. 590, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (im folgenden 39. ASVG-Nov. genannt) kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben.

Dieser hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die Träger der Krankenversicherung, soweit sie zur Durchführung der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gemäß §26 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sachlich zuständig sind, haben am 20. April 1984 und am 20. September 1984 je 1,5 vH der Summe ihrer Erträge an Beiträgen des Geschäftsjahres 1983 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) zu überweisen. Ferner haben sie am 20. September 1984 einen Ergänzungsbetrag in einer solchen Höhe zu überweisen, daß die gesamten Überweisungen den Betrag von 1300 Millionen Schilling erreichen. Der auf die einzelnen Träger der Krankenversicherung entfallende Ergänzungsbetrag ist nach einem Schlüssel zu ermitteln, der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger unter Bedachtnahme auf die von den einzelnen Trägern der Krankenversicherung in den Geschäftsjahren 1982 und 1983 erzielten Mehrerträge festzusetzen ist. Die einzelnen Träger der Krankenversicherung haben für das Geschäftsjahr 1983 eine Rücklage in der Höhe von 1,5 vH der Summe ihrer Erträge an Beiträgen dieses Geschäftsjahres zu bilden. Aus dieser Rücklage ist die am 20. April 1984 fällige Überweisung zu bestreiten."

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages führte die GKK aus, daß durch die angefochtene Gesetzesstelle die Antragstellerin unmittelbar und ohne weiteres Verfahren verpflichtet worden sei, bestimmte Beträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger zu überweisen. Demnach sei diese Bestimmung iS des §62 VerfGG "ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides" für die Antragstellerin wirksam geworden. Die Antragstellerin habe in Erfüllung dieses Gesetzesauftrages an diesen Fonds folgende Zahlungen zu leisten gehabt:

a) Mit Fälligkeit 20. April 1984 1,5 vH der Beitragserträge, das waren 21434886,22 S;

b) Mit Fälligkeit 20. September 1984 1,5 vH der Beitragserträge, das waren 21434886,22 S;

c) Am 20. September 1984 den auf die GKK entfallenden Ergänzungsbetrag in Höhe von 14441918 S.

In Summe daher 57311690,44 S.

2. Die Antragstellerin erhob gegen den Bund gemäß Art137 B-VG beim VfGH auch Klage auf Rückersatz der durch die angefochtene Gesetzesstelle ihr zur Überweisung an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger vorgeschriebenen 57311690,44 S sA. Diese Klage wurde vom VfGH mit Erk. vom 26. September 1985, A29/84, abgewiesen.

3. In der Sache selbst wurde der Antrag der GKK wie folgt begründet:

"I. Problemstellung

Die als 'Schlußbestimmung' bezeichnete Bestimmung des Art5 Abs1 der 39. ASVG-Novelle, BGBl. 590/1983, ordnet an:

'Die Träger der Krankenversicherung, soweit sie zur Durchführung der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gemäß §26 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sachlich zuständig sind, haben am 20. April 1984 und am 20. September 1984 je 1,5 vH der Summe ihrer Erträge an Beiträgen des Geschäftsjahres 1983 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) zu überweisen. Ferner haben sie am 20. September 1984 einen Ergänzungsbetrag in einer solchen Höhe zu überweisen, daß die gesamten Überweisungen den Betrag von 1300 Millionen Schilling erreichen. Der auf die einzelnen Träger der Krankenversicherung entfallende Ergänzungsbetrag ist nach einem Schlüssel zu ermitteln, der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger unter Bedachtnahme auf die von den einzelnen Trägern der Krankenversicherung in den Geschäftsjahren 1982 und 1983 erzielten Mehrerträge festzusetzen ist. Die einzelnen Träger der Krankenversicherung haben für das Geschäftsjahr 1983 eine Rücklage in der Höhe von 1,5 vH der Summe ihrer Erträge an Beiträgen dieses Geschäftsjahres zu bilden. Aus dieser Rücklage ist die am 20. April 1984 fällige Überweisung zu bestreiten.'

Ein besonderer materieller Rechtsgrund für diese gesetzliche Anordnung besteht nicht. Der Ausschußbericht 80 BlgNR 16. GP S 3 führt dazu lediglich aus: 'Die von den Trägern der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz erzielten Gebarungsüberschüsse betrugen im Jahre 1982 rund 1525 Millionen Schilling. Die Gebarungsüberschüsse werden durch den Antrag zu ungefähr 85% abgeschöpft.'

Es stellt sich daher die Frage, ob die zitierte Bestimmung verfassungsmäßig ist.

II. Die Bedeutung der Bestimmung

Die zitierte Bestimmung der 39. ASVG-Novelle ist ein Teil des im Dezember 1983 beschlossenen 'Maßnahmenpaketes'. Sie dient der Entlastung des Bundeshaushaltes. Dazu ist folgendes in Erinnerung zu rufen:

Gemäß §80 Abs1 ASVG hat der Bund jährlich in einem bestimmten - in den letzten Jahren stets verringerten Maß - den Abgang der Pensionsversicherung nach dem ASVG, dem BSVG und dem GSVG zu finanzieren. §447g Abs7 ASVG bestimmt jedoch, daß bei der Ermittlung des Bundesbeitrages nach §80 ASVG die Überweisungen aus dem Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§447g ASVG) als Erträge gelten. Dies bedeutet, daß die Leistungspflicht des Bundes umso geringer ist, je größer die im Rahmen des Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger - aus welchen Quellen auch immer - verteilten Mittel sind.

Durch die vorliegende Bestimmung verpflichtet der Bundesgesetzgeber die Träger der Krankenversicherung, bestimmte Beträge an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger zu überweisen. Der Bund reduziert daher durch diese Anordnung seine eigene Beitragspflicht.

III. Die Träger der Krankenversicherung als Selbstverwaltungskörper

Die Träger der Krankenversicherung sind vom Gesetzgeber als 'Körperschaften des öffentlichen Rechts' mit Rechtspersönlichkeit eingerichtet (§32 Abs1 ASVG). Eine nähere Analyse der einschlägigen Bestimmungen über die Versicherungspflicht (§§4 ff. ASVG), über die Beitragspflichten (§§44 ff. ASVG), über die selbständige Gebarung (Jahresvoranschlag, Rechnungsabschluß, Vermögensanlage: §§443 ff. ASVG, Unterstützungsfonds: §84 ASVG), über die selbständige Haftung (§1 Abs1 AHG), über die eigenen Organe (§§418 ff. ASVG), über deren Unabhängigkeit (§§448 ff. ASVG iVm. Art10 Abs1 Z11 B-VG) zeigt, daß die Krankenversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper eingerichtet sind. Zu dieser Beurteilung kommen in der Tat sowohl die Lehre (vgl. z. B. Korinek in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, S 443 ff) als auch die Rechtsprechung (vgl. z. B. VfSlg. 3708/1960, 8215/1977).

Diese Feststellung ist deshalb von Bedeutung, da damit dargetan ist, daß die Krankenversicherungsträger keine unselbständigen Verwaltungsfonds sind, über deren Mittel von staatlichen Behörden disponiert werden dürfte; diesen Versicherungsträgern obliegt vielmehr - ebenso wie den Gemeinden, den Kammern und anderen Selbstverwaltungskörpern - eine autonome Gebarung.

Mit der verfassungsmäßigen Systementscheidung für eine soziale Krankenversicherung durch Selbstverwaltungskörper hat der Gesetzgeber auch zum Ausdruck gebracht, daß die im Selbstverwaltungskörper zusammengefaßte Personengemeinschaft durch ihre eigenen Organe über ihre eigene Gebarung entscheiden soll. Dem zuständigen Gesetzgeber ist es zwar nicht verwehrt, 'allgemeine' (vgl. Art116 Abs2 B-VG) Bestimmungen über die Gebarung der Krankenversicherung zu erlassen; eine punktuelle Konfiskation von Mitteln der Selbstverwaltungskörper ist ihm jedoch verwehrt.

Aus den grundlegenden Überlegungen des VfGH zur Selbstverwaltung in VfSlg. 8215/1977 ergibt sich, daß die finanzielle Selbständigkeit auf der Grundlage einer 'allgemeinen Gesetzgebung' eine notwendige Voraussetzung für die Führung einer Angelegenheit in Selbstverwaltung ist, da nur nach Maßgabe der eigenen finanziellen Mittel und Möglichkeiten Angelegenheiten 'geeignet sein (können), von einer Gemeinschaft eigenverantwortlich besorgt zu werden'. Daher hat Korinek (aaO S 450 unter Hinweis auf Merkl) zu Recht hervorgehoben:

'Der Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit der Selbstverwaltungskörper ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil in ihm eine der stärksten Stützen für die Unabhängigkeit der Selbstverwaltung gelegen ist'; denn in dieser finanziellen Selbständigkeit gründet die Zuständigkeit der Krankenversicherungsträger, 'die Einnahmen und Ausgaben in einem Voranschlag nach eigenem Ermessen festzusetzen'. Der Gesetzgeber hat den Krankenversicherungsträgern die Befugnis eingeräumt, in der Form der Satzung Versicherungsleistungen vorzusehen, die über die gesetzlichen Pflichtleistungen hinausgehen (§121 Abs3 ASVG). Die Festsetzung dieser 'freiwilligen Leistungen' ist im Rahmen der Gesetze ausschließlich die Aufgabe des Selbstverwaltungskörpers. Auch aus diesem Grund sind punktuelle Konfiskationen von Mitteln der Krankenversicherungsträger sachlich nicht zu rechtfertigen.

Letztlich ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen Ableitung des Selbstverwaltungsbegriffes in VfSlg. 8215/1977 folgendes: eigene Angelegenheiten sind nur solche, 'die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefaßten Personen gelegen sind'. Dem entspricht auch, daß schon das Sozialversicherungsrecht zum 'Versteinerungszeitpunkt' ausdrücklich zwischen dem eigenen und dem übertragenen Wirkungsbereich der Versicherungsanstalten unterschied (vgl. z. B. §146 AngVG). Es kann nun zweifellos keine 'eigene' Angelegenheit der Krankenversicherungsträger sein, Teile ihres Beitragsaufkommens an einen Ausgleichfonds der Pensionsversicherungsträger zu überweisen. Den Krankenversicherungsträgern wird daher ein gleichheitswidriges 'Sonderopfer' auferlegt.

IV. Die gesetzliche Regelung der Gebarung

Dem zuständigen Gesetzgeber obliegt es, die Finanzgebarung der Sozialversicherungsträger in einer dem Art18 B-VG entsprechenden Weise zu regeln. Insoweit besteht die Gebarungsautonomie der Krankenversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper nur im Rahmen und auf Grund der Gesetze.

In diesem Licht sind die allgemeinen Bestimmungen über die Beitragspflicht der Versicherten (§§44 ff. ASVG), über die Leistungspflicht der Krankenversicherungsträger (§§81, 84, 85 ff., 116 ff. ASVG) und über die Vermögensverwaltung (§§84, 443 ff. ASVG) zu sehen. In diesem Licht sind aber auch die Bestimmungen über den Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger (§§447a ff. ASVG) zu sehen: Danach haben die Gebietskrankenkassen und andere Krankenversicherungsträger einen Beitrag im Ausmaß von 1,4 vH ihrer Beitragseinnahmen an den beim Hauptverband eingerichteten Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger zu entrichten. Die beitragspflichtigen Krankenversicherungsträger können nach Maßgabe ihrer Vermögenslage aus diesem Ausgleichsfonds Zuschüsse, Zuwendungen, Darlehen und Zweckzuschüsse erhalten. Somit verbleiben diese Mittel nicht nur im Rahmen der Krankenversicherung, es ist auch jedem beitragspflichtigen Versicherungsträger prinzipiell möglich, in den Genuß von Leistungen aus diesem Fonds zu kommen.

In diesem Licht ist letztlich auch die Mittelaufbringung für die Krankenanstaltenfinanzierung zu sehen (§447f ASVG), die im Zusammenhang mit dem Korrektiv des §322a ASVG steht.

Soweit sich auf dieser Rechtslage Schwierigkeiten bei der Finanzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen ergeben, obliegt es dem Gesetzgeber, - wie zB im Rahmen der 37. ASVG-Novelle - durch allgemeine Bestimmungen Korrekturen auf der Beitragsseite oder Einschränkungen auf der Leistungsseite vorzusehen, die die Erfüllbarkeit der Aufgaben ermöglichen.

Diese dem Art18 B-VG Rechnung tragende Regelungsbefugnis des Gesetzgebers ermächtigt in Anbetracht des Art7 B-VG jedoch nicht, in die sich auf dieser allgemeinen Gesetzeslage ergebenden Gebarungsergebnisse konkreter einzelner Anstalten durch Individual- und Maßnahmengesetze korrigierend einzugreifen. Unter dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz darf der Gesetzgeber gegenüber den Sozialversicherungsträgern ebensowenig wie gegenüber den Gemeinden und Kammern oder an deren Rechtsträgern konkrete Konfiskationsmaßnahmen ergreifen.

Der Umstand, daß sich bei den Krankenversicherungsträgern Gebarungsüberschüsse ergeben, mag den Gesetzgeber zu allgemeinen Korrekturen des Beitrags- und Leistungsrechts veranlassen. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Krankenversicherungsträger gemäß §447c Abs2 ASVG nicht nur zur Beachtung 'der Grundsätze einer wirtschaftlichen Verwaltung' verhalten sind, sondern daß der einzelne Krankenversicherungsträger seine 'Vermögenslage' so 'günstig' gestalten soll, 'daß seine finanzielle Leistungsfähigkeit auch ohne Zuwendung gesichert ist'. Bedenkt man, daß etwa der von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse im Jahre 1982 erwirtschaftete Überschuß von 87,85 Mio S in diesem Jahr nur zur Deckung von 22 Tagesaufwänden (a 4 Mio S!) ausgereicht hätte, so kann von einem 'abschöpfbaren Gebarungsüberschuß' wohl nicht die Rede sein. Immerhin sieht §84 ASVG Überweisungen an den Unterstützungsfonds vor, verpflichten die §§447a und 447f. ASVG zu Überweisungen an den Ausgleichsfonds, statuiert §1 AHG die selbständige Haftung der Krankenversicherungsträger und bestehen jährlich stark schwankende Leistungspflichten gegenüber ausländischen Versicherungsträgern. Bedenkt man letztlich, daß zwei Gebietskrankenkassen nur aufgrund der Zuschüsse und Zuwendungen aus dem Ausgleichsfonds überhaupt eine positive Gebarung aufweisen, so erweist sich eine 'Ertragskonfiskation' der vorliegenden Art ('Gebarungsüberschüsse werden zu ungefähr 85% abgeschöpft') als unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Es soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, daß durch derartige gesetzliche Maßnahmen die Kassenbediensteten jeder Motivation beraubt werden, durch das Eintreiben von Außenständen, durch Betriebsprüfungen und durch Krankenkontrollen für das bestmögliche Gebarungsergebnis zu sorgen, da die auf diese Weise hereingebrachten Beträge ohnehin nur an eine kassenfremde Institution überwiesen werden müssen.

V. Die Gleichheitswidrigkeit im Verhältnis zwischen Krankenversicherung und Pensionsversicherung

Dieser Befund der Verfassungswidrigkeit der vorliegenden Bestimmung wird durch die Zweckzusammenhänge dieser Regelung wesentlich bekräftigt. Die vorliegende Bestimmung sieht eine Überweisung von Mitteln der Krankenversicherung eines bestimmten - sich selbst finanzierenden - Versichertenkreises an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger eines - wesentlich vom Bund finanzierten - anderen Versichertenkreises vor.

Dazu ist zu sagen: Die Beiträge zur Krankenversicherung nach dem ASVG sind gesetzlich so bemessen, daß sie zur Finanzierung der gesetzlichen Leistungspflichten ausreichen. Die im §447a Abs3 ASVG prinzipiell vorgesehenen Beiträge zum Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger werden daher seit Jahren nicht geleistet (ArtVII Abs5 der 34. ASVG-Novelle BGBl. 530/1979, ArtIX Abs6 der 35. ASVG-Novelle, BGBl. 585/1980, ArtVIII Abs4 der 37. ASVG-Novelle, BGBl. 588/1981, ArtIX Abs4 der 38. ASVG-Novelle, BGBl. 647/1982, ArtV Abs3 der 39. ASVG-Novelle, BGBl. 590/1983).

Die Pensionsversicherung ist dagegen von vornherein nach einem Modell konzipiert, nach dem der Bund im Wege der 'Ausfallhaftung' (§80 ASVG in Verbindung mit ArtIX Abs2 der 38. ASVG-Novelle BGBl. 647/1982 und ArtV Abs4 der 39. ASVG-Novelle BGBl. 590/1983) ca. ein Drittel der Aufwendungen tragen soll. Mit der Einführung des §447g Abs7 ASVG hat der Bund nunmehr bewirkt, daß seine Beitragspflicht umso niederer ist, je größer die vom Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger - aus welchen Quellen auch immer - verteilten Mittel sind. Die vorliegende Bestimmung verpflichtet die Krankenversicherungsträger somit zu einer Finanzierung der Pensionsversicherung an Bundes statt. Eine sachliche Rechtfertigung für diese gesetzliche Verpflichtung ist nicht ersichtlich.

Vielmehr ist bedeutsam, daß die Gruppe der Krankenversicherten und der Pensionsversicherten einander zwar zT überschneiden, aber nicht deckungsgleich sind. Um nur größere Gruppen zu nennen, die nur kranken-, nicht aber auch pensionsversichert sind, sei hingewiesen auf:

+ die Empfänger von Arbeitslosengeld

+ die Bezieher von Karenzurlaubsgeld

+ die Präsenzdiener

+ die Zivildienstleistenden

+ die Rechtsanwaltsanwärter

+ die in §8 Abs1 Z4 genannten freiberuflich Tätigen und vor allem + die Bezieher einer Pension aus der sozialen Pensionsversicherung

Diese doch beträchtlichen Unterschiede der beiden Personenkreise weisen eine Finanzierung der Pensionsversicherung aus den Beitragserträgen der Krankenversicherung als unsachlich aus, da nicht erkennbar ist, warum die Nicht-ASVG-pensionsversicherten Personen zu einem Versichertensystem beitragen sollen, aus dem sie bei keiner denkmöglichen Betrachtungsweise in den Genuß einer Versicherungsleistung kommen können.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine Klarstellung, zu der sich der Gesetzgeber im Rahmen der Regelung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger veranlaßt sah: In 1286 BlgNR 13. GP wird im Hinblick auf einen Krankenversicherungsträger ausdrücklich hervorgehoben, 'daß Mittel des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger nicht auch für Zwecke der von dieser Anstalt durchzuführenden Pensionsversicherung verwendet werden dürfen'!

Nichts anderes wird jedoch im Ergebnis mit der vorliegenden Bestimmung bewirkt.

VI. Der Zusammenhang zu §73 ASVG

Gemäß §73 ASVG werden die Mittel für die Krankenversicherung der Bezieher einer Pension aus der Pensionsversicherung durch Beiträge aufgebracht. Der von den Pensionsversicherungsträgern zu entrichtende Beitrag beträgt 10,5 v. H. des für das laufende Geschäftsjahr erwachsenden Aufwandes an Pensionen. Die Pensionsversicherungsträger haben von den Pensionen und Pensionssonderzahlungen zu diesem Zweck einen Betrag von 3 v. H. einzubehalten.

Diese Bestimmung bekräftigt den Befund der Unsachlichkeit der Bestimmung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle. Es wäre nämlich sachlich geboten, daß dann, wenn sich bei den Krankenversicherungsträgern aus den Überweisungen der Pensionsversicherungsträger Überschüsse ergäben, zunächst der im §73 ASVG geregelte Beitragssatz geändert wird. Dagegen ist es sachlich nicht zu rechtfertigen, daß durch die unveränderte Geltung des §73 ASVG die Rücküberweisungspflicht der vorliegenden Bestimmung alle Krankenversicherten - auch soweit sie selbst nicht pensionsversichert sind - trifft.

Tatsächlich stellt sich die Frage aber nicht, da der Beitragssatz des §73 ASVG schon derzeit zu niedrig bemessen ist! Da die Krankenversicherungsbeiträge der Pensionisten nicht kostendeckend sind und da gleichzeitig im Schnitt des Jahres 1982 bei den Gebietskrankenkassen auf 100 erwerbstätige Versicherte 48,1 versicherte Pensionisten entfielen, wird die Pensionsversicherung schon derzeit von den Trägern der Krankenversicherung durch beträchtliche Beträge subventioniert. Eine zusätzliche Überweisungspflicht, wie sie durch die Bestimmung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle statuiert wird, ist in Anbetracht dieser Gegebenheiten sachlich nicht zu rechtfertigen.

Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmung mit §73 ASVG ergibt sich noch eine weitere unsachliche Konsequenz: Gemäß §73 Abs5 ASVG leisten die Pensionisten einen Krankenversicherungsbeitrag in der Höhe von 3%. Da nunmehr aus dem Gesamtaufkommen der Krankenversicherungsbeiträge der Betrag von 1,3 Mrd S an die Pensionsversicherungsträger überwiesen werden soll, bedeutet das, daß die Pensionisten über ihren Krankenversicherungsbeitrag einen Teil ihrer Pension mitfinanzieren. Daß eine solche Konstruktion mit dem Grundgedanken des §55 ASVG nicht in Einklang zu bringen ist, liegt auf der Hand.

VII. Die Belastung der Selbstversicherten

Dieser Befund der Gleichheitswidrigkeit des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle wird aus den konkreten Verhältnissen der Vorarlberger Gebietskrankenkasse wesentlich bekräftigt.

§16 ASVG lädt seit jeher 'Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, (ein), sich, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist, in der Krankenversicherung selbst (zu) versichern'. Die so Versicherten zahlen gemäß §77 ASVG mit 5% der Bemessungsgrundlage den doppelten Satz, den die Pflichtversicherten gemäß §51 ASVG als Dienstnehmeranteil zu leisten haben. Die Zahl dieser Selbstversicherten ist bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse mit 9,1% der Versicherten besonders hoch; es handelt sich insbesondere um Grenzgänger, um gewerblich Selbständige und um Freiberufler.

Wie in der gemäß §444 Abs4 ASVG erstellten Teil-Erfolgsrechnung für das Jahr 1982 ausgewiesen ist, ergab sich gerade aus der Gebarung dieser Versichertengruppe - unter Einrechnung der Abgänge aus der Gebarung der Gruppe der Pensionisten - ein Mehrertrag von 24,6 Mio S. Das bedeutet, daß diese Versichertengruppe nicht nur den Abgang aus der Krankenversicherung der Pensionisten auffängt, sie erbrachte darüber hinaus im Jahre 1982 28% des Mehrertrages dieses Jahres (87,85 Mio S).

Die Selbstversicherten haben nur Anspruch auf die Leistungen aus der Krankenversicherung (§117 ASVG), sie können jedoch bei keiner denkmöglichen Betrachtungsweise je in den Genuß von Leistungen der Pensionsversicherung kommen, zu deren Finanzierung ihre Beiträge nunmehr verwendet werden sollen.

Dies ist nicht nur sachlich nicht zu rechtfertigen, es ergibt sich vielmehr auch folgendes Problem: Die Zahl der Pflichtversicherten ist in der Krankenversicherung bekanntlich rückläufig. Es ist daher wünschenswert, daß weitere Personen (Selbstversicherte) gewonnen werden können, um das Niveau des Beitragsaufkommens im Interesse aller Krankenversicherten zu halten. Dies ist aber nur dann möglich, wenn für diese Personen, die immerhin den Dienstgeberanteil selbst bezahlen müssen, die Selbstversicherung hinlänglich 'attraktiv' gemacht werden kann. Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse war daher seit Jahren bemüht, durch ein immer dichteres Netz von Vertragsärzten für eine optimale Versorgung der Versicherten in allen ärztlichen Behandlungsbereichen zu sorgen. Sie war aber auch um die im gesetzlichen Rahmen möglichste Großzügigkeit bei der Zuerkennung von Leistungen bemüht, nicht zuletzt auch durch die Unterstützung der Vorarlberger Hauskrankenpflegevereine sowie durch die als 'Vorarlberger Modell' bekannte Forcierung der vorbeugenden Gesundenuntersuchung (Gesamtaufwand 1982: 25,8 Mio S; dazu ist anzumerken, daß die Beitragsrücküberweisung gemäß ArtVIII Abs15 der 37. ASVG-Novelle BGBl. 588/1981 für die Geschäftsjahre 1983 und 1984 nicht mehr vorgesehen ist).

Aus allen diesen Gründen war es der Vorarlberger Gebietskrankenkasse möglich, die Zahl der Selbstversicherten von 12.000 im Jahre 1978 auf

14.600 im Jahre 1982 zu steigern. Diese die wachsende Belastung aus der sich nicht selbst tragenden Gruppe der Pensionisten kompensierende Entwicklung wird durch Maßnahmen der vorliegenden Art naturgemäß gefährdet.

VIII. Die Verfassungswidrigkeit der Ausgestaltung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle

Selbst wenn man von den prinzipiellen Einwänden, der eine Bestimmung der vorliegenden Art begegnet, absehen wollte, ist die Ausgestaltung der Regelung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle jedenfalls unsachlich.

Zunächst ist es nur aus den finanziellen Wünschen des Bundes, nicht aber aus dem Tatsächlichen zu rechtfertigen, daß den Trägern der Krankenversicherung ein fixer Betrag in der Höhe von 1,3 Mrd S vorgegeben wird, ohne daß darauf Rücksicht genommen wird, ob und inwieweit dadurch in finanzielle Dispositionen und in die Substanz der zur Zahlung verpflichteten Selbstverwaltungskörper eingegriffen wird. Ein solches Vorgehen gleicht einer Vermögensbesteuerung, bei der - ohne Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Pflichtigen - nur die Gesamteinnahmen des Bundes aus dieser Steuer gesetzlich fixiert werden. Die Formulierung des Ausschußberichtes (80 BlgNR 16. GP S 3), daß dadurch die Gebarungsüberschüsse - wohl: 'im Durchschnitt' - zu 85% abgeschöpft werden, kann über die Unsachlichkeit dieser zwingenden Vorgabe eines fixen Betrages nicht hinwegtäuschen.

Mit Art18 B-VG nicht zu vereinbaren ist, angesichts der Judikatur des VfGH (VfSlg 9227/1981), die Ausgestaltung der Aufteilung dieses Fixbetrages. Zunächst sollen insgesamt 3% der Summe der Erträge an Beiträgen an den Ausgleichsfonds überwiesen werden. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht scheinbar dafür, daß alle Beiträge zu berücksichtigen sind. Im vergleichbaren Zusammenhang bestimmt dagegen z. B. §447 Abs1 ASVG, daß 'als Beiträge zur Krankenversicherung hiebei ausschließlich gelten:

1.

die Beiträge für pflichtversicherte Erwerbstätige,

2.

die Beiträge für freiwillig Versicherte

3.

die Beiträge für Arbeitslose'

-

somit nicht die Beiträge für Pensionisten und für Kriegshinterbliebene. Die analoge Berücksichtigung dieser - einen vergleichbaren Überweisungszusammenhang regelnden - Bestimmung hätte immerhin den Vorteil der Sachgerechtigkeit, da auf diese Weise vermeiden würde, daß die Pensionisten einen Teil ihrer Pensionen mitfinanzieren.

Des weiteren ist im Wege der Auslegung nicht zu klären, ob die Rücküberweisungen gemäß §332a ASVG zu den 'Erträgen an Beiträgen' zu zählen sind. Schließlich ist unklar, ob den 'Erträgen an Beiträgen' zum Zeitpunkt der Fälligkeit der ersten Rate (Anfang April 1984) vorläufige Schätzwerte für das noch nicht endgültig abgerechnete Jahr 1983 oder z. B. bestimmte Durchschnittswerte im Sinne des §447b Abs3 ASVG zugrunde zu legen sind.

Insgesamt ist festzustellen, daß jede der vergleichbaren gesetzlichen Überweisungsregelungen präzisere Bestimmungen über die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen enthält. Daher ist in Anbetracht des zitierten Erkenntnisses des VfGH festzustellen, daß eine genauere Regelung des Berechnungsvorganges angesichts der Art des Regelungsgegenstandes nicht nur möglich, sondern auch verfassungsrechtlich geboten ist, da 'jede der oben skizzierten Berechnungen zu einem völlig anderen Ergebnis führt' (VfSlg. 9227/1981). Die vorliegende Regelung ist daher mit Art18 B-VG nicht zu vereinbaren.

Sie ist aber auch mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren, da sie mit dem erklärten rechtspolitischen Ziel des Gesetzgebers - die Abschöpfung der Gebarungsüberschüsse zu ca. 85% - nicht in Einklang zu bringen ist. Das primäre Abstellen auf die 'Erträge aus Beiträgen' steht zur Abschöpfung der Gebarungsüberschüsse in keinerlei sachlichem Zusammenhang; vielmehr wird dadurch bewirkt, daß die Überschüsse einzelner Krankenversicherungsträger in höherem Maße, die anderer in geringerem Maße abgeschöpft werden.

Der danach auf die einzelnen Träger der Krankenversicherung entfallende Ergänzungsbetrag ist nach einem Schlüssel zu ermitteln, der vom Hauptverband unter Bedachtnahme auf die von den einzelnen Krankenversicherungsträgern in den Geschäftsjahren 1982 und 1983 erzielten Mehrerträge festzusetzen ist. Hiezu ist wiederum festzuhalten, daß diese Regelung mit Art18 B-VG nicht zu vereinbaren ist. In allen vergleichbaren Bestimmungen, in denen zu Zwecken einer Überweisung 'Schlüssel' festzusetzen sind, sind diese Schlüssel gesetzlich näher determiniert. Daher bleibt im vorliegenden Zusammenhang unklar, ob Abgrenzungsberichtigungen im Sinne des §447b Abs6 ASVG vorzunehmen sind, ob der Schlüssel im Sinne des §447f Abs3 ASVG oder aber im Sinne des §447g Abs8 ASVG zu ermitteln ist, ob nur die Nettowerte der Geschäftsberichte heranzuziehen sind oder aber im Sinne der §§322a und 447g auf das konkrete Verhältnis von 'Aufwendungen und Erträgen' Rücksicht zu nehmen ist, u. a. m. Es ist also auch in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß eine nähere gesetzliche Determinierung nach der Art des Regelungsgegenstandes nicht nur möglich, sondern auch verfassungsrechtlich geboten ist, da bei jeder dieser Berechnungswege ein anderer Schlüssel ermittelt wird (VfSlg. 9227/1981).

Darüber hinaus ist diese Regelung auch mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Mit der pauschalen Verweisung auf die 'Mehrerträge' werden die konkreten Quellen dieser Mehrerträge verdeckt. Es wird damit in unsachlicher Weise überspielt, daß Mehrerträge - wie z. B. im Falle der Vorarlberger Gebietskrankenkasse - zT auch auf außerordentliche Einnahmen (Liegenschaftsverkäufe) zurückzuführen sind.

Schließlich ist der doppelte Berechnungsmodus, der einmal auf die 'Erträge aus Beiträgen' und das andere Mal auf die 'Mehrerträge' abstellt, mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. Aus dieser gestuften Berechnungsweise ergibt sich nämlich, daß die Mehrerträge des Jahres 1983 in vollem Umfang zugrunde zu legen sind, obwohl daraus bereits die 3% der Erträge aus Beiträgen finanziert werden mußten. Das bedeutet nicht nur eine 'doppelte Besteuerung' dieses Teiles der Mehrerträge, es wird dadurch auch bewirkt, daß einzelne Krankenversicherungsträger mehr als 100% ihrer 'Mehrerträge' abführen müssen. Eine solche Konstruktion ist in Anbetracht des erklärten rechtspolitischen Zieles des Gesetzgebers sachlich nicht zu rechtfertigen.

IX. Ergebnis

Die vorliegende Bestimmung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Novelle ist in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig:

+ Sie bedeutet einen unsachlichen Eingriff in die Befugnis sozialversicherungsrechtlicher Selbstverwaltungskörper zu einer autonomen Gebarung, der diese Selbstverwaltungskörper zu einem nicht zu rechtfertigenden Sonderopfer nötigt.

+ Durch ein gleichheitswidriges Individual- und Maßnahmengesetz werden Mittel dieser Selbstverwaltungskörper konfisziert, mit der bloßen - unzureichenden - Begründung, daß es Gebarungsüberschüsse gebe.

+ Dies ist auch deshalb gleichheitswidrig, da die Mittel der Krankenversicherung zur Finanzierung der gesetzlich nach anderen Gesichtspunkten umschriebenen Pensionsversicherung an Bundes statt verwendet werden.

+ Dadurch ergibt sich weiters, daß die Krankenversicherungsträger die Pensionsversicherung - über die schon derzeit mit den zu nieder angesetzten Beiträgen gemäß §73 ASVG hinaus - ein zweites Mal subventionieren müssen, aber auch, daß die Pensionisten mit ihren Krankenversicherungsbeiträgen einen Teil ihrer Pensionen mitfinanzieren müssen.

+ Unsachlich ist es aber auch, daß der Gesetzgeber nicht berücksichtigt hat, daß die Gebarungsüberschüsse zu einem erheblichen Teil von der Gruppe der Selbstversicherten stammen, die bei keiner denkmöglichen Betrachtungsweise je in den Genuß einer Leistung aus der Pensionsversicherung gelangen können.

In jeder dieser Hinsichten verstößt die zitierte Bestimmung gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz.

Überdies ist die Bestimmung selbst in einer mit den Art7 und 18 B-VG nicht zu vereinbarenden Weise ausgestaltet, da sie nicht in der vom verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip geforderten Deutlichkeit determiniert ist und da sie in ihren konkreten Auswirkungen im Widerspruch zu der rechtspolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers steht."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragte, den Antrag der GKK auf Aufhebung des ArtV Abs1 der 39. ASVG-Nov., soweit er über den ersten Satz des ArtV Abs1 hinausgeht, zurückzuweisen, im übrigen aber die Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Äußerung enthält folgende Begründung:

"I.

Im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 14. Juni 1985, G66, 67/83-11, G74/83-12, ist davon auszugehen, daß - soweit eine Parallelität zu den dort angefochtenen Bestimmungen besteht - die Vorarlberger Gebietskrankenkasse im Sinne des Art140 Abs1 B-VG antragslegitimiert ist.

Nach Ansicht der Bundesregierung liegt diese Parallelität aber nur hinsichtlich des ersten Satzes der nunmehr in Prüfung gezogenen Vorschrift vor. Aus dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung ergibt sich eindeutig, daß der am 20. September 1984 zu überweisende Ergänzungsbetrag erst durch die Festsetzung des Aufteilungsschlüssels durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger konkretisiert wird. Nach Art140 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, 'die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist'. Nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. zuletzt das o. z. Erkenntnis) setzt die Antragslegitimation auch voraus, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht. Nach Ansicht der Bundesregierung wäre hinsichtlich der Regelung des Ergänzungsbetrages primär die Festsetzung des Aufteilungsschlüssels durch den Hauptverband als die konkretere Norm zu bekämpfen. Die Bundesregierung übersieht nicht, daß nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. zuletzt das o. z. Erkenntnis) die Antragslegitimation voraussetzt, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht. Ob diese Subsidiarität der Individualbeschwerde nach Art140 Abs1 B-VG auch im Verhältnis zu einer Individualbeschwerde nach Art139 Abs1 B-VG besteht, mag zweifelhaft sein. Nach Ansicht der Bundesregierung ist aber jedenfalls davon auszugehen, daß es zu keiner Doppelgeleisigkeit des Rechtschutzes kommen soll (vgl. VfSlg. 8652). Nach Ansicht der Bundesregierung sollte im Sinne dieser Zielsetzung der Individualantrag gegen Gesetze auch hinter den Individualantrag gegen Verordnungen zurücktreten.

Die Bundesregierung stellt daher den

Antrag,

der VfGH wolle den Antrag der Vorarlberger Gebietskrankenkasse auf Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung - soweit er über den ersten Satz des ArtV Abs1 der 39. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. 590/1983 hinausgeht - zurückweisen.

II.

Bezüglich der am 20. April und am 20. September 1984 an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger zu zahlenden Beträge weist die Bundesregierung darauf hin, daß der VfGH im Erkenntnis vom 14. Juni 1985, G66, 67/83-11 und G74/83-12, zum Ausdruck gebracht hat, daß die Versicherungsgemeinschaft in der Sozialversicherung jedenfalls so weit reicht, als einer Beitragsverpflichtung im Prinzip ein Leistungsanspruch gegenübersteht. Unter Zugrundelegung dieser Prämisse ist die Auffassung der Antragstellerin, die gesetzliche Verpflichtung der Krankenversicherungsträger zur Beitragsleistung an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger sei sachlich nicht gerechtfertigt, nicht zutreffend.

Zwischen den Versicherten des belasteten Krankenversicherungsträgers und der begünstigten Pensionsversicherungsträger besteht vielmehr eine Versicherungs(risken)gemeinschaft in der Form, daß den beitragspflichtigen Versicherten der Vorarlberger Gebietskrankenkasse prinzipiell Leistungsansprüche gegenüber den vom §447g ASVG erfaßten Pensionsversicherungsträgern zustehen. Weiters ist der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 zu dem Ergebnis gekommen, daß die Überweisung von Überschußbeträgen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt an die Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG nicht verfassungswidrig sein könne, da auch hier eine Riskengemeinschaft bestehe, innerhalb der ein finanzieller Ausgleich möglich ist. Dazu führt der VfGH in der Begründung des Erkenntnisses vom 14. Juni 1985, G66, 67/83-11 und G74/83-12, aus, daß die Pensionsversicherten, zu deren Gunsten die Überweisung der AUVA an die oben genannten Pensionsversicherungsträger erfolgte, für den Versicherungsfall des Unfalls bei der AUVA versichert waren. Zwischen den Versicherten der belasteten und der begünstigten Sozialversicherungsträger habe daher eine Versicherungsgemeinschaft im weiteren Sinn bestanden, sodaß diese Überweisungen vom VfGH als sachlich gerechtfertigt angesehen werden konnten. Damit geht auch der Vorwurf der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, daß die Gruppe der Krankenversicherten und der Pensionsversicherten nach dem ASVG sich nur zum Teil überschneiden, ins Leere. Betrachtet man nämlich die Krankenversicherung und die Pensionsversicherung nach dem ASVG insgesamt, ist der Kreis der aktiven Versicherten nahezu deckungsgleich, da Empfänger von Arbeitslosengeld, Bezieher von Karenzurlaubsgeld, Präsenzdiener und Zivildienstleistende zwar nicht pensionsversichert sind, aber ihnen diese Zeiten sehr wohl als Ersatzzeiten für die Pensionsversicherung beitragsfrei angerechnet werden. Weiters entstehen die Überschüsse der Krankenversicherung ausschließlich durch die Krankenversicherung der Aktiven, wie die Vorarlberger Gebietskrankenkasse selbst ausführt. Die Krankenversicherungsbeträge der Pensionisten in der Höhe von 3% reichen bei weitem nicht aus, die Aufwendungen zu diesen Personenkreis zu decken. Die weitaus größeren Mittel für die Abdeckung der Leistungen in der Krankenversicherung der Pensionisten werden daher aus Beiträgen der aktiven Pensionsversicherten beigesteuert, der Rest muß aus den Krankenversicherungsbeiträgen der Aktiven aufgebracht werden.

Hinsichtlich der gemäß §8 Abs1 Z4 ASVG genannten freiberuflich Tätigen, die nur kranken-, aber nicht pensionsversichert sind, wird darauf hingewiesen, daß auch bei dem dem Erkenntnis VfSlg. 6039/1969 zugrundeliegenden Fall die genannte Personengruppe zwar unfallversichert, nicht aber auch pensionsversichert war. Dennoch hat es der VfGH - wie ausgeführt - als ausreichend angesehen, wenn zumindest die Pensionsversicherten, zu deren Gunsten die Überweisung erfolgt, bei dem die Überweisung leistenden Sozialversicherungsträge versichert sind. Da alle nach dem ASVG Pensionsversicherten bei den jeweiligen Gebietskrankenkassen auf Grund §8 Abs1 Z1 lita ASVG krankenversichert sind, ist damit eindeutig klargestellt, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Riskengemeinschaft analog jener nach VfSlg. 6039/1969 relevanten handelt. Das Argument der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung deswegen unsachlich sei, da die Gruppe der Krankenversicherten und der Pensionsversicherten nach dem ASVG nicht deckungsgleich sei, kann daher unter Hinweis auf die zitierte Judikatur entkräftet werden.

III.

Die Antragstellerin behauptet ferner einen verfassungswidrigen Eingriff in die autonome Gebarung eines Sozialversicherungsträgers.

Soweit von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang nicht wieder auf den Aspekt der behaupteten Unsachlichkeit der Regelung abgestellt wird, kann die Bundesregierung auf ihre in diesem Punkte nach wie vor aufrechten Ausführungen in ihrer Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren G74/83 vom 24. Jänner 1984 wiederholen.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist auch im gegebenen Zusammenhang davon auszugehen, daß von einer verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung nur dort die Rede sein kann, wo das B-VG bestimmte Verwaltungsbereiche ausdrücklich und zwingend der Selbstverwaltung überantwortet, wie im Fall der Gemeinden (Art115 ff. B-VG). Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde kann als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht qualifiziert werden (Art116 Abs1 B-VG), das freilich die rechtliche Existenz der einzelnen Gemeinde verfassungsrechtlich nicht garantiert (VfSlg. 8108). Von dieser verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung sind jene Fälle zu unterscheiden, in denen der Gesetzgeber im Sinne der neueren Judikatur des VfGH im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung Einrichtungen der Selbstverwaltung schaffen kann (VfSlg. 8215). In VfSlg. 8544 hat der VfGH die Strukturmerkmale des vom B-VG vorgefundenen Begriffes 'Selbstverwaltung' beleuchtet und damit die Schranken des (einfachen) Gesetzgebers gezogen. Von einem Grundsatz der 'finanziellen Autonomie' ist in diesem Erkenntnis nicht die Rede. Wenn die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf eine Lehrmeinung von Korinek verweist, derzufolge der Grundsatz der finanziellen Selbständigkeit der Selbstverwaltungskörper besonders bedeutsam sei, so mag dies aus der idealtypisierenden Sicht des allgemeinen Verwaltungsrechtes durchaus zutreffend sein. Die vom positiven Gesetzgeber geregelte konkrete Einrichtung der Selbstverwaltung kann aber hinsichtlich der finanziellen Seite entsprechend verfassungsrechtlich zulässigen rechtspolitischen Vorstellungen gestaltet werden. Demnach ist der offenbar zugrundeliegenden Vorstellung einer 'verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltung' entgegenzuhalten, daß die Vorarlberger Gebietskrankenkasse nach Art18 Abs1 B-VG dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip unterworfen ist:

Die Träger der Sozialversicherung haben die Sozialversicherungsgesetze zu vollziehen und zählen angesichts dieser Aufgabenbetrauung zu den Behörden des Bundes (vgl. VfSlg. 4591). Wenn auch die Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper eingerichtet und als solche weisungsfrei sind, so ändert dies nichts daran, daß sich die Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben nach den für sie geltenden Gesetzesbestimmungen zu richten hat. Nach ihrem Ermessen zu verfahren, ist den Sozialversicherungsträgern nur in den Fällen gestattet, in denen der Gesetzgeber eine solche Vorgangsweise ausdrücklich zuläßt.

Die strenge Bindung der Sozialversicherungsträger an das Gesetz gilt insbesondere hinsichtlich der Verwendung der Mittel und der Vermögensverwaltung. So dürfen gemäß §81 ASVG die Mittel der Sozialversicherung nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden; für die Verwaltung des Vermögens der Versicherungsträger, insbesondere hinsichtlich der Vermögenslage, treffen die Bestimmungen im Abschnitt V des ASVG die näheren Anordnungen. §444 Abs6 ASVG enthält überdies eine Ermächtigung an den Bundesminister für soziale Verwaltung, Weisungen für die Rechnungsführung, Rechnungslegung, für die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes sowie für die statistischen Nachweisungen zu erlassen, von der auch entsprechender Gebrauch gemacht wurde.

Die Finanzplanung jedes Sozialversicherungsträgers wird damit in einem entscheidenden Maß durch den Gesetzgeber bestimmt. Autonom ist ein Versicherungsträger nur in den Fällen, in denen der Gesetzgeber einen Spielraum ausdrücklich offen läßt. Beispiele für Bereiche, in denen eine autonome Finanzplanung eines Sozialversicherungsträgers bis zu einem gewissen Grad möglich ist, sind etwa die Errichtung, der Erwerb und der Betrieb der im §23 Abs6 ASVG genannten Einrichtungen, die Dotierung des Unterstützungsfonds (§84 Abs2 ASVG) und die Gewährung freiwilliger Leistungen. Wenn also die Antragstellerin behauptet, daß den Versicherungsträgern eine 'autonome Gebarung' obliegt, so trifft diese Behauptung nur mit den obgenannten Einschränkungen zu. Ist die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Sozialversicherungsträgers in Frage gestellt, d. h. übersteigen in einem Zweig der Sozialversicherung die Aufwendung die Erträge nicht nur kurzfristig, so hat der Gesetzgeber - und nicht die Selbstverwaltung - entsprechende Maßnahmen zu setzen, um eine ausgeglichene Gebarung zu ermöglichen. Die Wirtschaftsentwicklung ab dem Jahre 1981 mit niedrigen Wachstumsraten hatte auf dem Arbeitsmarkt ab dem Jahre 1982 eine Verringerung der Zahl der Beschäftigten und damit auch der Zahl der pflichtversicherten Erwerbstätigen in der Pensionsversicherung und in der Krankenversicherung nach dem ASVG zu Folge. Die Zahl der pflichtversicherten Erwerbstätigen sank im Jahre 1982 um rund 36.000 und im Jahre 1983 um weitere 37.000. Erst ab dem Jahr 1984 ist wieder ein leichter Anstieg der Zahl der pflichtversicherten Erwerbstätigen zu verzeichnen. Die Auswirkungen dieser Wirtschaftsentwicklung auf die Zweige Krankenversicherung und Pensionsversicherung waren in finanzieller Hinsicht diametral entgegengesetzt. Während in der Pensionsversicherung durch die niedrigere Zahl der pflichtversicherten Erwerbstätigen und die vermehrte Inanspruchnahme der Pensionen die Deckungsrate der Gesamtaufwendungen durch Eigenmittel ab dem Jahre 1982 rasant abnahm, konnte die Krankenversicherung durch einen signifikanten Rückgang der Krankenstände - bewirkt durch die Situation auf dem Arbeitsmarkt - ab diesem Zeitpunkt hohe Überschüsse erzielen. Der Gesetzgeber hätte daher die Möglichkeit gehabt, den Beitragssatz in der Krankenversicherung entsprechend zu senken und in der Pensionsversicherung anzuheben. Da die finanziellen Schwierigkeiten der Pensionsversicherung einerseits und die hohen Überschüsse der Krankenversicherung andererseits jedoch fast ausschließlich durch die als vorübergehend anzunehmende wirtschaftliche Situation bedingt sind, hat sich der Gesetzgeber im Sinne einer langfristigen Finanzplanung für einen einmaligen Transfer von Mitteln der Krankenversicherung an die Pensionsversicherung entschlossen, um nicht in relativ kurzen Abständen Beitragssätze verändern zu müssen.

IV.

Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse behauptet, daß die Regelung der Aufteilung der Überweisung von 1,3 Mrd. S auf die einzelnen Krankenversicherungsträger sowohl mit Art7 B-VG als auch mit Art18 B-VG nicht zu vereinbaren sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß bei der Festsetzung des Aufteilungsschlüssels der Gesetzgeber sehr wohl - gerade durch die gewichtete Berechnung einerseits auf Grund der Beitragseinnahmen und andererseits auf Grund der Mehrerträge - auf die Leistungsfähigkeit der einzelnen Kassen Rücksicht genommen hat. Durch diese Berechnungsweise werden 'sparsame' Kassen begünstigt, um - wie die Vorarlberger Gebietskrankenkasse selbst ausführt - nicht allzusehr in die Dispositionsmöglichkeiten der Selbstverwaltungskörper einzugreifen. Außerdem ist die Behauptung der Vorarlberger Gebietskrankenkasse unzutreffend, daß die Mehrerträge des Jahres 1983 im vollen Umfang zugrunde zu legen sind, obwohl daraus bereits 3% der Erträge an Beiträgen finanziert werden mußten. Die der Berechnung für das Jahr 1983 zugrundegelegten Mehrerträge sind nämlich die Mehrerträge nach der Bildung der Rücklage von 1,5 v. H. der Beitragseinnahmen.

Die von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse behauptete und als verfassungswidrig angesehene ungenügende Determinierung der Ausgestaltung der Aufteilung des Fixbetrages von 1,3 Mrd. S ist zu entkräften. Die theoretischen Überlegungen der Kasse, was unter dem Ausdruck 'Beitragseinnahmen' bzw. 'Mehrerträge' zu verstehen ist, gehen ins Leere, da die Rechnungsvorschriften für die Sozialversicherungsträger, die im Stufenbau der Rechtsordnung im Range von Verordnungen stehen, eindeutige Weisungen für diese Begriffe und die Erstellung der Erfolgsrechnung beinhalten. Hätte der Gesetzgeber andere als die von den Rechnungsvorschriften eindeutig definierten Rechnungsgrundlagen (Beitragseinnahmen bzw. Mehrerträg

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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