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E000 EU- Recht allgemeinNorm
11997E056 EG Art56;Beachte
Besprechung in:GeSaktuell Nr 4/2008, S 164 - 167; SWK Nr 18/2008, S 511 - S 512; SWI 9/2008, 400 - 411;Rechtssatz
§ 10 Abs. 2 KStG 1988 in der im Jahr 2002 geltenden Fassung normiert eine Körperschaftsteuerbefreiung für die inländische Muttergesellschaft erst ab einem Ausmaß der Beteiligung an der ausländischen Tochtergesellschaft von zumindest 25%. Im Vergleich zur Regelung für Inlandsbeteiligungen (§ 10 Abs. 1 KStG 1988) sind daher Beteiligungen niedrigeren Ausmaßes benachteiligt. Solche Beteiligungen stellen im Regelfall Beteiligungen ohne Einfluss auf die Gesellschaft dar und sind durch die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 Abs. 1 EG geschützt; sie unterliegen daher auch im Drittlandsfall dem Schutz des Gemeinschaftsrechts. Weil der österreichische Gesetzgeber im Inlandsfall eine Steuerentlastung stets gewährt, indem gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 auch Dividenden aus inländischen Minderheitsbeteiligungen bei der Muttergesellschaft steuerfrei sind, muss aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts auch für den vergleichbaren Auslandsfall eine Entlastung bestehen. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts ist dabei allerdings einerlei, ob in Bezug auf die ausländische Dividende eine Steuerbefreiung oder eine Steueranrechnung gewährt wird. Die Verdrängung von nationalem Recht durch Gemeinschaftsrecht hat zur Folge, dass nationales Recht in jenem Ausmaß unangewendet bleibt, das noch hinreicht, um einen gemeinschaftsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Der Befund des Verstoßes von § 10 Abs. 2 KStG 1988 gegen Art 56 Abs. 1 EG führt zu einer Verdrängung von nationalem Recht. Diese kann - wie vom EuGH im Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation dargelegt - in einer Steueranrechnung bestehen. Die Steuererhebung ist dabei - vergleichbar den Überlegungen im hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2006, 2006/14/0109 - der Höhe nach verdrängt, und zwar insoweit, als dies erforderlich ist, um im Ergebnis in ausreichendem Ausmaß die "Anrechnung" der ausländischen Steuern zu bewirken. Falls die Besteuerung im Ausland gleich hoch oder höher ist als im Inland, führen Anrechnungsmethode einerseits und Befreiungsmethode andererseits zum gleichen Ergebnis [vgl. Haslinger, SWI 2007, 175 (184, FN 58)]. Im Falle eines niedrigeren Steuerniveaus im Ausland vermag nur die Anrechnungsmethode zu bewirken, dass die im Ausland erzielten Kapitalerträge im Ergebnis gleich hoch besteuert werden wie im Inland erzielte Erträge. Solcherart wird in das Konzept des österreichischen Gesetzgebers, der für Dividenden aus nicht von § 10 Abs. 2 KStG 1988 erfassten ausländischen Beteiligungen keine Begünstigung vorgesehen hat, durch die Anrechnung der ausländischen Steuer (maximal bis zum Betrag der österreichischen Steuer) weniger eingegriffen als durch die Befreiung der ausländischen Erträge. Die belangte Behörde hätte daher die Verdrängungswirkung nur in diesem Ausmaß annehmen dürfen.
Gerichtsentscheidung
EuGH 62004J0446 Test Claimants in the FII Group Litigation VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008150064.X15Im RIS seit
19.05.2008Zuletzt aktualisiert am
21.05.2013