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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des Art26 Abs4 Nö. Landesverfassung 1979 und des §5 Abs3 letzter Satz Nö. Initiativ- und EinspruchsG; die bekämpften Bestimmungen sind keineswegs derart beschaffen, daß sie unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen könnten; Zurückweisung des Antrages als unzulässigSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit seiner als Beschwerde bezeichneten, den Umständen nach als Antrag iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zu wertenden Eingabe vom 1. Dezember 1985 begehrte Mag. F G die Aufhebung sowohl des Art26 Abs4 der Nö. Landesverfassung 1979 - Nö. Landesverfassung 1979, LGBl. 0001-3, als auch des §5 Abs3 letzter Satz des Nö. Initiativ- und Einspruchsgesetzes (Nö. IEG), LGBl. 0060-0, wegen Verstoßes gegen Art7 Abs1, Art83 Abs2 B-VG und Art11 StGG.
Durch die in Rede stehenden landesgesetzlichen Bestimmungen werde ihm nämlich eine beabsichtigte Einbringung von (Initiativ-)Anträgen auf Aufhebung bzw. Abänderung von Landesgesetzen, die noch nicht drei Jahre in Kraft stehen, unmöglich gemacht; dadurch werde er in seinem durch Art11 StGG garantierten Petitionsrecht verletzt sowie im Verhältnis zu den "Bürgern anderer Länder" in unsachlicher Weise benachteiligt.
1.2. Art26 der Nö. Landesverfassung 1979, LGBl. 0001-3, hat folgenden Wortlaut:
"Initiativrecht der Landesbürger und der Gemeinden
(1) Das Initiativrecht umfaßt das Verlangen auf Erlassung, Abänderung oder Aufhebung von Landesgesetzen einschließlich der Landesverfassungsgesetze.
(2) Die Initiative kann in Form einer einfachen Anregung oder eines Gesetzesentwurfes erfolgen.
(3) Eine Initiative muß von der Landesregierung dem Landtag als Vorlage der Landesregierung zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung vorgelegt werden, wenn sie von wenigstens 5 v.H. der zum Landtag wahlberechtigten Landesbürger oder von mindestens 15 v.H. der Gemeinden des Landes Niederösterreich ausgeht.
(4) Eine Initiative auf Aufhebung oder Abänderung eines Landesgesetzes ist erst drei Jahre nach Inkrafttreten desselben zulässig.
(5) Die näheren Bestimmungen über die Ausübung des Initiativrechtes sind durch ein Landesgesetz zu treffen."
§5 des Nö. IEG, LGBl. 0060-0, lautet:
"Antrag
(1) Die Einleitung des Verfahrens zur Ausübung des Initiativrechtes gemäß Art26 NÖ LV 1979 ist bei der Landeswahlbehörde schriftlich zu beantragen.
(2) Der Antrag muß von mindestens 5.000 in der Wählerevidenz eingetragenen Personen unterstützt sein. Die hiezu erforderlichen Unterstützungserklärungen müssen innerhalb eines Jahres vor der Antragstellung gemäß Abs1 abgegeben worden sein.
(3) Der Antrag hat das ausdrückliche Verlangen auf Erlassung, Abänderung oder Aufhebung eines Landesgesetzes bzw. Landesverfassungsgesetzes entweder in Form einer einfachen Anregung oder eines Gesetzesentwurfes zu enthalten. Er hat sich jeweils auf nur ein Landesgesetz bzw. Landesverfassungsgesetz zu beziehen und ist zu begründen. Eine Initiative auf Aufhebung oder Abänderung eines Landesgesetzes ist erst drei Jahre nach Inkrafttreten desselben zulässig.
(4) Im Antrag ist eine Person, die den Antrag unterstützt, als Bevollmächtigter und eine weitere als ihr Stellvertreter namhaft zu machen. Ist im Antrag kein Bevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt die auf der ersten dem Antrag angeschlossenen Unterstützungserklärung genannte Person als Bevollmächtigter und die folgende Person als ihr Stellvertreter."
2.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides (für diese Person) wirksam geworden ist.
Bei Prüfung der Antragslegitimation ist lediglich zu untersuchen, ob die angefochtene Gesetzesstelle für den Antragsteller die im Antrag ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen hat und ob diese Wirkungen den Anforderungen des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG genügen. Nicht zu untersuchen ist hingegen, ob die besagte Gesetzesstelle für den Antragsteller sonstige (unmittelbare) Wirkungen entfaltet. Es kommt nämlich im vorliegenden Zusammenhang ausschließlich auf die Behauptungen des Antragstellers an, in welcher Hinsicht das bekämpfte Gesetz seine Rechtssphäre berührt und - im Fall der Verfassungswidrigkeit - verletzt (vgl. zB VfSlg. 8060/1977, 9185/1981).
2.2.1. Angesichts dieses Prüfungsmaßstabs und in Anbetracht des Umstandes, daß die aus Art26 Abs4 Nö. Landesverfassung 1979 und §5 Abs3 letzter Satz Nö. IEG erfließenden Einschränkungen lediglich die Ausübung des (erst) durch Art26 Nö. Landesverfassung 1979 (und durch das Nö. IEG) eingeräumten, einzelnen Landesbürgern gar nicht zukommenden "Initiativrechtes" betreffen, ist offenkundig, daß die bekämpften Bestimmungen keineswegs derart beschaffen sind, daß sie iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG (§62 Abs1 letzter Satz VerfGG 1953) unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen könnten.
2.2.2. Der Antrag auf Aufhebung des Art26 Abs4 Nö. Landesverfassung 1979 und des §5 Abs3 letzter Satz Nö. IEG war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, LandesverfassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:G163.1985Dokumentnummer
JFT_10139071_85G00163_00