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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
StudienförderungsG; keine Sachlichkeitsbedenken dagegen, daß der Gesetzgeber in der Bestimmung des §2 Abs1 litc für den Regelfall die Gewährung einer Studienbeihilfe am Beginn eines Studiums unmittelbar an die für die Erlangung der Hochschulreife erforderliche Reifeprüfung knüpft, vor allem auch im Hinblick auf Abs2 leg. cit.; keine gleichheitswidrige Abweisung eines Ansuchens auf Nachsicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des §2 Abs1 litcSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung hat nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Wien, der das Ansuchen nicht befürwortet hatte, mit dem Bescheid vom 14. Dezember 1984 dem Ansuchen der Bf. vom 1. Oktober 1984 auf Nachsicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des §2 Abs1 litc des Studienförderungsgesetzes 1983, BGBl. 436/1983 (StudFG) - Aufnahme des Universitätsstudiums innerhalb von 10 Jahren nach Erlangung der Hochschulreife - nicht stattgegeben.
Der Bescheid ist nach Anführung des Wortlautes der Bestimmung des §2 Abs1 litc StudFG wie folgt begründet:
"Sie haben am 4. Juni 1968 die Voraussetzung für die Aufnahme eines Universitätsstudiums erlangt, dieses Studium im Wintersemester 1984/85 an der Universität Wien begonnen.
Gemäß §2 Abs2 StudFG kann allerdings nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde Nachsicht erteilt werden, wenn aufgrund der besonderen Begabung oder der besonderen beruflichen Leistungen des Antragstellers die Gewährung einer Studienbeihilfe gerechtfertigt erscheint. Weder aus Ihrem Antrag noch aus Ihrer beruflichen Laufbahn ist zu entnehmen, daß Sie eine besondere Begabung für das von Ihnen gewählte Studium haben. Die von Ihnen angeführten Gründe, mangelnde Deutschkenntnisse für ein Universitätsstudium sowie der Umstand, daß Ihre in Polen lebende Mutter außerstande ist, Sie zu unterstützen, erfüllen zweifellos nicht die Voraussetzungen der oben angeführten Gesetzesstelle.
Es war daher auch spruchgemäß zu entscheiden."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Mit der Anregung, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs1 litc StudFG einzuleiten, wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Bestimmungen des § 2 Abs1 litc und Abs2 StudFG lauten:
"(1) Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende
a) ...
b) ...
c) das Studium innerhalb von zehn Jahren nach Erlangung der Hochschulreife (der Aufnahmsvoraussetzung) und vor Vollendung des 35. Lebensjahres begonnen hat; die Altersgrenze gilt nicht für Absolventen der höheren Lehranstalten für Berufstätige sowie für Absolventen des Aufbaugymnasiums und des Aufbaurealgymnasiums;
(2) Vom Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs1 litc hat der jeweils zuständige Bundesminister nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde Nachsicht zu erteilen, wenn auf Grund der besonderen Begabung oder der besonderen beruflichen Leistungen des Antragstellers die Gewährung der Studienbeihilfe gerechtfertigt erscheint."
2. a) In der Beschwerde wird angeregt, die Bestimmung des §2 Abs1 litc StudFG auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen, "da es die verfassungsrechtlichen Grundsätze auf Gleichbehandlung gem. Art7 B-VG nach Ansicht des Beschwerdeführers verletzt, wenn als Voraussetzung für die Gewährung der Studienbeihilfe grundsätzlich gefordert wird, daß binnen 10 Jahren nach Erlangung der Hochschulreife das Studium begonnen wird".
Die Bf. vermöge nicht einzusehen, warum jene, die aus welchen Gründen immer erst später in der Lage seien, ihr Studium zu beginnen, hinsichtlich der Erlangung einer Studienbeihilfe schlechter gestellt werden sollten, als jene, welchen es möglich sei, sofort oder innerhalb eines Zeitraumes einer bestimmten Anzahl von Jahren das Studium zu beginnen.
b) Der Gesetzgeber hat durch die Bestimmung des §2 Abs1 litc StudFG zunächst Personen, die erst nach Ablauf von 10 Jahren nach Erlangung der Hochschulreife mit dem Studium beginnen, von der Gewährung einer Studienbeihilfe ausgeschlossen. Der VfGH ist der Auffassung, daß es nicht unsachlich ist, wenn der Gesetzgeber für den Regelfall die Gewährung einer Studienbeihilfe am Beginn eines Studiums unmittelbar an die für die Erlangung der Hochschulreife erforderliche Reifeprüfung knüpft, zumal er in §2 Abs2 StudFG die Möglichkeit einräumt, einen der Reifeprüfung gleichwertigen Leistungsnachweis durch besondere Berufserfolge zu substituieren.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des §2 Abs1 litc StudFG bestehen keine Bedenken.
3. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von der Bf. behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes nur vorliegen, wenn die bel. Beh. Willkür geübt hätte.
Der VfGH findet keinen Anhaltspunkt für ein willkürliches Vorgehen der bel. Beh., da aus den vorgelegten Verwaltungsakten offenkundig ist, daß dem Ansuchen der Bf. vom 1. Oktober 1984 Unterlagen zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Nachsicht gegeben sind, nicht angeschlossen waren. Die Ausführungen in der Beschwerde erweisen sich schon allein deshalb als nicht zutreffend, weil die Unterlagen, deren Anschluß an das Ansuchen behauptet wird, ein Datum tragen, das nach dem 14. Dezember 1984 (dem Bescheiddatum) liegt.
Die Bf. ist im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.
4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Bf. in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Hochschulen, StudienbeihilfenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B115.1985Dokumentnummer
JFT_10139070_85B00115_00