TE Vfgh Erkenntnis 2006/10/4 B8/06

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Veröffentlicht am 04.10.2006
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Krnt GVG 2002 §3 Abs1 lita, §10

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht bei Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes durch Unterlassung eines ausreichenden Ermittlungsverfahrens zur Frage der weiteren landwirtschaftlichen Nutzung des kaufgegenständlichen Grundstücks aufgrund des Vorbringens der - Kraftwerke betreibenden - Beschwerdeführerin

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 10. Dezember 2004 hat die Beschwerdeführerin die Liegenschaften GST-NRn 718, 720/1 und 723/1, alle KG Wernberg I, im Ausmaß von 10.505 m² erworben. Die Grundstücke sind im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Wernberg als Grünland - landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen und werden im Pachtwege landwirtschaftlich bewirtschaftet. Laut Pkt. 6 des Kaufvertrages ist die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängig.

1.1. Mit Eingabe vom 1. Februar 2005 stellte die beschwerdeführende Gesellschaft bei der zuständigen Grundverkehrskommission unter Vorlage des Kaufvertrages den Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäftes nach den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes. Im Rahmen dieser Eingabe führte die damals noch unvertretene antragstellende Partei aus, dass das kaufgegenständliche Grundstück für die Deponierung von nicht gewerblich verwertbarem Geschiebematerial aus dem Stauraum des Kraftwerkes Rosegg - St. Jakob benötigt werden würde.

1.2. Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 übermittelte die zuständige Grundverkehrskommission die im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens eingeholte Stellungnahme der Gemeinde Wernberg vom 17. Februar 2005 sowie die Stellungnahme des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 5. Mai 2005 und räumte der antragstellenden Partei sowie der Verkäuferin als mitbeteiligten Partei die Möglichkeit zur Äußerung ein.

Die mitbeteiligte Partei nahm mit Schreiben vom 1. Juni 2005 zu den Ermittlungsergebnissen Stellung. Auch die beschwerdeführende Gesellschaft, zwischenzeitlich vertreten durch einen Notar, erstattete mit Eingabe vom 2. Juni 2005 eine Stellungnahme.

1.3. Mit Bescheid der Grundverkehrskommission beim Sitze der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 12. Juli 2005 wurde die beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Kärntner Landesregierung.

1.5. Mit Bescheid der Grundverkehrslandeskommission vom 14. November 2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet wird. In der Beschwerde wird diesbezüglich zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde - ohne das erforderliche Ermittlungsverfahren durchgeführt zu haben - davon ausgehe, dass das in Rede stehende Grundstück der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und ausschließlich zu Zwecken der Ablagerung von Geschiebematerial verwendet werden würde. Da die belangte Behörde daher in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und darüber hinaus wesentliches Parteivorbringen ignoriert habe, sei der Behörde Willkür vorzuwerfen.

Darüber hinaus erachtet sich die beschwerdeführende Gesellschaft in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt. Diesbezüglich wird auf das Vorbringen zum Gleichheitssatz verwiesen.

3. Die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Kärntner Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der das Beschwerdevorbringen bestritten und die Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

3.1. In ihrer Gegenschrift vom 6. April 2006 weist die belangte Behörde insbesondere darauf hin, dass die Frage, ob durch den Rechtserwerb sonst Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden, von der Grundverkehrsbehörde nur im Rahmen einer Prognoseentscheidung beantwortet werden könne. Bei dieser Prognoseentscheidung seien insbesondere die Behauptungen des Antragstellers und objektive Kriterien als Indizien heranzuziehen, wobei den Genehmigungswerber eine entsprechende Mitwirkungspflicht treffe.

3.2. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergebe, habe die Einschreiterin im verfahrenseinleitenden Antrag selbst ausdrücklich erklärt, dass das gegenständliche Grundstück für die Deponierung von nicht gewerblich verwertbarem Geschiebematerial aus dem Stauraum des Kraftwerkes Rosegg - St. Jakob benötigt werde. Angesichts dieser Angaben liege es auf der Hand, dass das Grundstück ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werde. Dies werde auch durch die vorliegenden Ermittlungsergebnisse, insbesondere aber durch die Stellungnahme des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen untermauert.

Zwar habe die Genehmigungswerberin in der Stellungnahme vom 2. Juni 2005 erklärt, die Kaufliegenschaften weiterhin landwirtschaftlich verwenden und lediglich zwecks Qualitätsverbesserung der Grundstücke notwendige Aufschüttungen vornehmen zu wollen; eine nähere Begründung für diese Änderung der ursprünglichen Verwendungsabsicht sei jedoch nicht erfolgt. Da in der Berufung die Erklärungen des erstinstanzlichen Verfahrens lediglich wiederholt, die Einschreiterin jedoch keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht habe, sei eine Wiederholung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde nicht erforderlich gewesen.

3.3. Die belangte Behörde räumt zwar ein, dass einmal gestellte Anträge im Laufe des Verfahrens geändert werden können, eine entsprechend nachvollziehbare Begründung zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit sei im Regelfall jedoch unerlässlich. Dies umso mehr, wenn die Entscheidung auf eine Prognose über die künftige Verwendung des Grundstückes, dessen Erwerb beabsichtigt sei, gestützt werden müsse und die Behörde auf die Mitwirkung der Partei in vermehrtem Maße angewiesen sei. Im gegenständlichen Fall sei jedoch mangels näherer Begründung, insbesondere mangels konkreter Angaben über die Bewirtschaftungsart bzw. -modalität eine entsprechende Gewichtung der nachfolgend erklärten Verwendungsänderung bezüglich deren Nachvollziehbarkeit und damit allfälliger Stichhaltigkeit nicht möglich. Nach Auffassung der belangten Behörde war daher die im Genehmigungsantrag erstattete Erklärung bezüglich der Erwerbs- bzw. Verwendungsabsicht der verfahrensgegenständlichen Grundstücke als rechtlich relevant zu werten. Auch aus berufungsbehördlicher Sicht sei daher eine allfällige Genehmigung des gegenständlichen Rechtsgeschäftes nicht zu rechtfertigen gewesen.

4. Die beschwerdeführende Gesellschaft weist in ihrer Replik vom 17. Mai 2006 nochmals darauf hin, dass sich die belangte Behörde nicht umfassend mit den vorgebrachten Argumenten und Erklärungen zur geplanten landwirtschaftlichen Nutzung auseinandergesetzt habe. Gerade die in dieser Rechtssache relevante Prognoseentscheidung erfordere nicht nur ein Auseinandersetzen mit dem Genehmigungsantrag vom 1. Februar 2005, sondern genauso auch die Auseinandersetzung mit der Äußerung vom 2. Juni 2005 sowie dem Berufungsvorbringen. Trotz der im erstinstanzlichen Verfahren aufgetretenen Widersprüchlichkeiten habe sich die Berufungsbehörde nur auf das Vorbringen im Genehmigungsantrag gestützt, ohne sich mit den vorgebrachten Argumenten und Erklärungen zur geplanten landwirtschaftlichen Nutzung auseinanderzusetzen. Zu diesem entscheidungsrelevanten Punkt habe die belangte Behörde somit jegliche Ermittlungstätigkeiten unterlassen bzw. Parteivorbringen ignoriert, weshalb der Behörde schon aus diesem Grunde willkürliches Verhalten vorzuwerfen sei.

II. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften des Kärntner Grundverkehrsgesetzes 2002 (im weiteren K-GVG), LGBl. Nr. 9/2004, lauten:

"§3

Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke

(1) Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind

a) Grundstücke, die im Flächenwidmungsplan für die Land- und Forstwirtschaft oder als Grünland - Erholung, ohne dass eine spezifische Erholungsnutzung festgelegt ist (§5 Abs2 litc Gemeindeplanungsgesetz 1995 - K-GplG 1995), bestimmt sind, sofern diese

1. zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder

2. land- oder forstwirtschaftlich genutzt sind oder

3. land- oder forstwirtschaftlich genutzt waren und weiterhin land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sind;

b) - c) ...

(2) ..."

"2. Abschnitt

Beschränkungen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs mit land- oder

forstwirtschaftlichen Grundstücken

§8

Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte, Ausnahmen

(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück (§3) betreffen, bedürfen - unbeschadet der Bestimmungen des 3. Abschnittes - der Genehmigung der Grundverkehrskommission, wenn sie zum Gegenstand haben:

a) die Übertragung des Eigentums,

b) - d) ...

(2) - (3) ..."

"§10

Genehmigungsvoraussetzungen, besondere Versagungsgründe

(1) Die Grundverkehrskommission hat das Rechtsgeschäft zu genehmigen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen oder wirtschaftlich leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe - und zwar auch in Form wirtschaftlich gesunder mittlerer und kleiner land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe - nicht widerspricht. Ein Widerspruch liegt jedenfalls nicht vor, wenn das Grundstück, auf das sich das Rechtsgeschäft bezieht, nur vorübergehend bergbaulichen Zwecken oder dem Abbau von Sand oder Schotter dienen soll oder für diese Zwecke erforderlich ist.

(2) Ein Rechtsgeschäft widerspricht jedenfalls dem in Abs1 erster Satz beschriebenen Interesse, wenn

a) - h) ...

i) sonst Grundstücke ohne zureichendem Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden;

j) - l) ...

(3) - (4) ..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet, die belangte Behörde habe bei Erlassung des bekämpften Bescheides Willkür geübt und sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

1.1. Gegen die zitierten, von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Vorschriften des Kärntner Grundverkehrsgesetzes 2002, sind weder aus Sicht des Beschwerdefalles verfassungsrechtliche Bedenken entstanden, noch wurde seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen behauptet. Abgesehen davon haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die belangte Behörde den herangezogenen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat. Auch seitens der Beschwerdeführerin ist dies nicht behauptet worden.

1.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte durch den angefochtenen Bescheid daher nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde bei der Bescheiderlassung Willkür geübt hätte.

2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Nach Auffassung der beschwerdeführenden Gesellschaft liege gerade ein solcher Fall vor, zumal die belangte Behörde ohne entsprechendes Ermittlungsverfahren davon ausgegangen sei, dass die in Rede stehenden Grundstücke der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden würden. Außerdem habe es die belangte Behörde unterlassen, die im erstinstanzlichen Verfahren aufgetretenen Widersprüchlichkeiten betreffend die Bonität der verfahrensgegenständlichen Grundstücke aufzuklären.

3. Der Vorwurf der Verletzung im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ist im Ergebnis berechtigt.

3.1. Im verfahrenseinleitenden Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft wird ausgeführt, dass die Kaufliegenschaften für die Deponierung von nicht gewerblich verwertbarem Geschiebematerial aus dem Stauraum des Kraftwerkes Rosegg - St. Jakob benötigt werden. Zu diesem Antrag wurde im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens eine Stellungnahme der Gemeinde Wernberg sowie des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen eingeholt.

Der landwirtschaftliche Amtssachverständige führte in seiner Stellungnahme aus, dass der Ankauf nicht der landwirtschaftlichen Nutzung, sondern der Deponierung von nicht verwertbarem Geschiebematerial aus dem Stauraum des Kraftwerkes Rosegg - St. Jakob diene. Inwieweit eine landwirtschaftliche Nutzung nach der Deponierung möglich sei bzw. ob die Ablagerung nachteilige Auswirkungen auf die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen habe, könne derzeit noch nicht beantwortet werden. Allerdings handle es sich um wertvolle Ackerflächen, die für die Verstärkung einkommensschwacher Betriebe auf Grund ihrer Bonität und Ausformung bestens geeignet seien, weshalb der Kaufvertrag aus landwirtschaftlicher Sicht nicht befürwortet werde.

Die Gemeinde Wernberg äußerte ebenfalls Bedenken gegen die Erteilung der Genehmigung, da die Flächen im Nahbereich der Drauschleife gelegen und daher als Naherholungsgebiet zur Freizeitgestaltung genutzt werden würden. Abgesehen davon stelle die geplante Deponierung und Anschüttung in einem sehr großen Flächenausmaß einen erheblichen Eingriff in die Natur dar und sei auf Grund der geplanten Maßnahme eine nachhaltige Veränderung des Landschaftsbildes zu befürchten.

Zu diesem Ermittlungsergebnis nahm die beschwerdeführende Gesellschaft mit Eingabe vom 2. Juni 2005 Stellung und wies unter anderem darauf hin, dass die kaufgegenständlichen Liegenschaften weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden würden. Es sei jedoch so, dass die Grundstücke infolge ihrer Nähe zur Drauschleife erhebliche Nassbereiche aufwiesen. Entgegen den Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen sei daher nicht von einer optimalen Bonität dieser Flächen auszugehen. Um die Qualität der Grundstücke aus landwirtschaftlicher Sicht zu verbessern sei daher geplant, durch entsprechende Aufschüttungen diese Nassflächen zu beseitigen.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2005 nahm auch die Verkäuferin als mitbeteiligte Partei zu dieser Frage Stellung und wies darauf hin, dass die Grundstücke GST-NR 723/1, 720/1 und 718 im Zuge des Kraftwerkbaues mit Abraum und Flussbettmaterial angeschüttet und sehr stark verdichtet worden seien. Aus diesem Grunde könne bei starkem Regen das Niederschlagswasser nicht versickern. Zudem komme es durch die Ausformung der Parzelle (Westgrenze Damm zur Drau, im Süden Eisenbahndamm) immer wieder zu längeren Stauperioden und damit zu Ernteausfällen.

3.2. Der Gerichtshof geht davon aus, dass der Frage, ob die kaufgegenständlichen Grundstücke aus landwirtschaftlicher Sicht überhaupt entsprechend nutzbar sind, schon im Hinblick auf §10 Abs1 sowie §10 Abs2 liti K-GVG entscheidende Bedeutung zukommt. Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten bzw. aus der Begründung des bekämpften Bescheides ergibt, hat sich die belangte Behörde trotz der dargestellten widersprüchlichen Angaben im Ermittlungsverfahren zur Qualität der Flächen, weder im Rahmen der Beweiswürdigung mit den vorgebrachten Argumenten in nachvollziehbarer Weise auseinandergesetzt, noch zusätzliche Erhebungen zur Klärung dieser Frage durchgeführt. Im bekämpften Bescheid wird diesbezüglich lediglich auf die nicht näher begründeten Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen verwiesen.

Der belangten Behörde ist daher vorzuwerfen, dass sie das Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft und der Verkäuferin als mitbeteiligten Partei betreffend die Eignung der in Rede stehenden Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung nicht hinreichend gewürdigt und es in weiterer Folge unterlassen hat, zu dieser Frage ergänzende Ermittlungen durchzuführen.

3.3. Abgesehen davon hat es die belangte Behörde im gegenständlichen Fall unterlassen, ein ausreichendes Ermittlungsverfahren zur Frage der weiteren landwirtschaftlichen Nutzung durchzuführen.

Im bekämpften Bescheid wird diesbezüglich ausgeführt:

" ... In der Stellungnahme zum seitens der Erstbehörde in Wahrung des Parteiengehörs den Verfahrensparteien bekannt gegebenen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde nunmehr vom (zwischenzeitigen) Rechtsvertreter der Erwerberin nebst weiteren Bemerkungen erklärt, dass der gegenständliche Grunderwerb ausschließlich zur weiteren landwirtschaftlichen Nutzung des Kaufobjektes erfolge. Eine - zumal nachvollziehbare - Begründung für die gegenüber der ursprünglichen Erklärung ins Auge gefasste Verwendungsänderung erfolgte ebenso wenig wie eine nähere Beschreibung des Zwecks der landwirtschaftlichen Nutzungsabsicht seitens der Erwerberin. Gleichermaßen entbehrt diese Stellungnahme konkreter Angaben über die Bewirtschaftungsart bzw. -modalität.

Mit Blick darauf, dass auch in der vorliegenden Berufungsschrift bzw. in der berufungsbehördlichen Verhandlung am 11.10.2005 seitens der Erwerberin bzw. deren Rechtsvertreters keine die ins Treffen geführte Änderung in der Verwendungsabsicht der kaufgegenständlichen Grundstücke näher begründenden bzw. rechtfertigenden Äußerungen erstattet wurden, war (auch) der Berufungsbehörde eine entsprechende Gewichtung der nachfolgend erklärten Verwendungsänderung bezüglich deren Nachvollziehbarkeit und damit allfälliger Stichhältigkeit nicht möglich. ..."

Tatsächlich ist es so, dass die beschwerdeführende Gesellschaft im verfahrenseinleitenden Antrag erklärte, die kaufgegenständlichen Grundstücke für die Deponierung von nicht gewerblich verwertbarem Geschiebematerial aus dem Stauraum des Kraftwerkes Rosegg - St. Jakob zu benötigen. In der Stellungnahme vom 2. Juni 2005 wurde schließlich ausgeführt, dass geplant sei, durch entsprechende Aufschüttungen die Qualität der Grundstücke aus landwirtschaftlicher Sicht zu verbessern und die Grundstücke weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen.

Eine nachvollziehbare Begründung für die Annahme, dass die Beschwerdeführerin mit dieser Erklärung ihre ursprüngliche Verwendungsabsicht geändert haben soll, bleibt die belangte Behörde schuldig. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann angesichts der vorliegenden Beweisergebnisse im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass die Stellungnahme vom 2. Juni 2005 der Erklärung im verfahrenseinleitenden Antrag hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung der Grundstücke widerspricht. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob die beabsichtigte Aufschüttung tatsächlich eine Qualitätsverbesserung darstellt und ob danach eine landwirtschaftliche Nutzung möglich und auch tatsächlich beabsichtigt ist. Die belangte Behörde hat es jedoch verabsäumt, diese Frage durch zusätzliche Ermittlungen zu klären.

Auch in diesem Zusammenhang ist der Behörde daher vorzuwerfen, zu einem entscheidungserheblichen Punkt kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt zu haben.

4. Die Beschwerdeführerin wurde somit durch den bekämpften Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

Aus diesem Grunde war der Bescheid aufzuheben, ohne dass zu prüfen war, ob die beschwerdeführende Gesellschaft auch in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, insbesondere in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden ist.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Kostenbetrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von € 360,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabegebühr (§17a VfGG) in Höhe von € 180,--.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- und forstwirtschaftliches, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B8.2006

Dokumentnummer

JFT_09938996_06B00008_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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