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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
StGG Art5; Art83 Abs2 B-VG; 1939 erfolgte unentgeltliche Grundabtretung an das öffentliche Gut in Übereinstimmung mit dem damals geltenden Bebauungsplan für straßenbauliche Zwecke; Zurückweisung eines ausdrücklich auf §40 Abs2 litd Linzer Bauordnungs-Nov. 1946 gestützten Antrages auf entschädigungslose Rückübereignung im Devolutionsweg; abweisliche Vorstellungsentscheidung der Landesregierung; "für den Stadtsenat" von einem Stadtrat unterfertigter Bescheid - dem Stadtsenat zuzurechnen; keine Bedenken gegen diese Vorgangsweise; Zuständigkeit des Stadtsenates; sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Bf. - "Zurückweisung" statt "Abweisung" hier bloßes Vergreifen im Ausdruck; kein Entzug des gesetzlichen Richters; durch die von der Behörde angewendeten baurechtlichen Bestimmungen (§40 Abs2 litd Linzer Bauordnungs-Nov. 1946 und §18 Abs4 Oö. BauO) ist die Grundabtretung für Straßenzwecke zur Gänze, also auch die Rückgängigmachung, öffentlich-rechtlich gestaltet; Anspruch auf Rückgängigmachung einer Enteignung gehört dem öffentlichen Recht an, ist aber von der Eigentumsgarantie des Art5 StGG umfaßt (VfSlg. 8981/1980 und 8982/1980); hier anderer Sachverhalt - Anspruch nicht von der Eigentumsgarantie des Art5 StGG erfaßt; Gesamtbild des Verhaltens der Behörde; keine WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bf. haben die Liegenschaft EZ ... KG Katzbach Gerichtsbezirk Linz Stadt, bestehend aus dem unbebauten Grundstück .../2 mit einem Flächenausmaß von 1215 Quadratmeter mit Kaufvertrag vom 16. Jänner 1980 käuflich erworben. Mit Bescheid vom 27. Feber 1980 des Magistrates der Landeshauptstadt Linz wurde die Bauplatzbewilligung erteilt; eine Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen wurde darin nicht vorgeschrieben. Mit Bescheid derselben Behörde vom 30. Oktober 1980 wurde als Anliegerleistung ein Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen vorgeschrieben.
Mit Schriftsatz vom 12. Juni 1981 stellten die Bf. an den Magistrat
Linz den Antrag auf unentgeltliche Übereignung - entschädigungslose
Rückübereignung - eines Teilstückes von 44 Quadratmeter des an das
Grundstück .../2 angrenzenden Grundstückes .../23 EZ ... KG Katzbach
(öffentliches Gut, Straße) und "auf Ausstellung verbücherungsfähiger
Urkunden, mit denen dieses Teilstück im Ausmaß von 44 Quadratmeter
vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ ... ab- und dem Gutsbestandsblatt
der EZ ..., dem Grundstück .../2, KG Katzbach, zugeschrieben werden kann". Das Grundstück sei im Jahre 1939 mit der gesamten Parzelle .../23 in Übereinstimmung mit dem damals geltenden Bebauungsplan an das öffentliche Gut unentgeltlich abgetreten worden. Es hätte darauf eine Umkehrschleife errichtet werden sollen. Dies sei jedoch nicht geschehen, sodaß das Teilstück "auch nie in den physischen Besitz des öffentlichen Guts" (der Gemeinde) übergegangen sei. Im Jahre 1965 sei dann der Bebauungsplan dahin abgeändert worden, daß die nie errichtete Umkehrschleife nicht mehr als Straßengrund aufschien. Da "zur Zeit der Beschlußfassung über die Änderung des Bebauungsplanes 30 Jahre seit der Abschreibung und Übergabe des Straßengrundes noch nicht verstrichen" gewesen seien, sei damit gemäß §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 LGBl. 9/1947 dem Eigentümer des Grundstückes .../2 der Anspruch auf unentgeltliche Rückgabe der in Rede stehenden Teilfläche entstanden.
Der von den Bf. zur Stützung ihres Antrages angeführte §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 LGBl. 9/1947 betrifft die Verpflichtung zur unentgeltlichen Zurückstellung von Grundflächen, die anläßlich einer Teilungsbewilligung unentgeltlich für Verkehrsflächen abgetreten (die Verpflichtung zu einer solchen Abtretung ist in §6 leg. cit. geregelt), jedoch durch spätere Änderung des Bebauungsplanes in den Baugrund einbezogen worden sind; dabei steht der Anspruch nur zu, wenn zur Zeit der Beschlußfassung über die Änderung des Bebauungsplanes dreißig Jahre "seit der Abschreibung und Übergabe des Straßengrundes" noch nicht verstrichen sind.
Mit Schriftsatz vom 5. Jänner 1982 machten die Bf. gemäß §73 Abs2 AVG sowohl beim Stadtsenat Linz als auch bei der Oö. Landesregierung die Entscheidungspflicht des Magistrates Linz geltend und stellten diesbezügliche Devolutionsanträge. Die Bf. erhoben am 8. Juli 1982 Beschwerde an den VwGH wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Stadtsenat. Der VwGH hat das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß §36 Abs2 VwGG 1965 eingestellt, da der Stadtsenat innerhalb der gesetzten Frist mit Datum 8. Juli 1982 den versäumten Bescheid erlassen hat.
Mit diesem "für den Stadtsenat" unterfertigten Bescheid vom 8. Juli 1982 wurde der Antrag der Bf. "gemäß §18 Abs4 Oö Bauordnung und §69 Abs1 Oö Bauordnung zurückgewiesen". In der Begründung wird ausgeführt, die gesamte Parzelle .../23 KG Katzbach, zu der auch die in Rede stehende Teilfläche gehöre, sei im Jahre 1939 in das öffentliche Gut übertragen worden. Im Jahre 1939 sei die Linzer Bauordnung aus dem Jahre 1887 in Geltung gestanden, die das Rechtsinstitut der Grundabtretung iS der Oö. Bauordnung nicht vorgesehen habe. Dies bedeute, daß die Übertragung der Parzelle .../23 und damit auch der genannten Teilfläche keine Grundabtretung iS der Oö. Bauordnung darstelle. Dies habe zur Folge, daß die Bestimmungen des §18 Abs4 Oö. Bauordnung auf das Ansuchen der Bf. um unentgeltliche Übereignung der Teilfläche keine Anwendung finden könne. Ein Anspruch auf unentgeltliche Übereignung sei auch nicht bereits aufgrund der Bestimmung des §40 Abs2 litd Linzer Bauordnungsnovelle 1946 entstanden, da auch für die Anwendung dieser Bestimmung eine wesentliche Voraussetzung, nämlich das Vorliegen einer Grundabtretung iS dieses Gesetzes, fehle. Abgesehen davon sei im Zeitpunkt der Antragstellung, das ist der 12. Juni 1981, die Linzer Bauordnungsnovelle 1946 bereits außer Kraft getreten gewesen und sähen die Übergangsbestimmungen der seit 1. Jänner 1977 in Geltung stehenden Oö. Bauordnung keine Regelung iZm. der Anwendbarkeit des §40 Abs2 litd Linzer Bauordnungsnovelle 1946 vor.
Der vom Stadtsenat herangezogene §18 Abs4 der mit 1. Jänner 1977 in Kraft getretenen Oö. Bauordnung, LGBl. 35/1976, (mit der ua. die Linzer Bauordnungsnovelle 1946 aufgehoben worden ist) betrifft die Verpflichtung zur Zurückstellung von Grundflächen, die für im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsflächen abgetreten werden mußten, jedoch infolge einer Änderung des Bebauungsplanes nicht mehr unter diese Widmung fallen; eine solche Verpflichtung besteht gemäß §18 Abs6 nicht mehr, wenn seit der Abtretung der Grundflächen mehr als dreißig Jahre vergangen sind.
2. Gegen den Bescheid des Stadtsenates erhoben die Bf. Vorstellung an die Oö. Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde mit dem Antrag, die Landesregierung möge den angefochtenen Bescheid wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt verweisen. Die Bf. als Vorstellungswerber führten aus, beide Gesetzesbestimmungen (§40 Abs2 litd Linzer Bauordnungsnovelle 1946 und §18 Abs4 Oö Bauordnung) enthielten lediglich die Voraussetzung, daß eine Grundabtretung iS der allgemeinen baurechtlichen Terminologie vorliege sowie daß die Grundflächen, die für im Bebauungsplan vorgesehene öffentliche Verkehrsflächen abgetreten werden mußten, nicht mehr unter diese Widmung fielen, weiters, daß der Zeitraum zwischen Grundabtretung und Widmungsänderung nicht mehr als 30 Jahre betrage. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Unabhängig davon, ob man die vor (wie die Bf. meinen) oder nach dem 1. Jänner 1977 bestehende Rechtslage auf den gegenständlichen Fall anwende, hätten die Bf. einen Anspruch auf unentgeltliche Rückgabe der in Rede stehenden Teilfläche. Der angefochtene Bescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil er in Form einer Zurückweisung des Antrages ergangen sei. Wenn die Behörde der Ansicht sei, die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Rückübereignung seien nicht erfüllt, hatte sie den Antrag abweisen müssen; dadurch verletze der angefochtene Bescheid die Bf. auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG).
Die Oö. Landesregierung hat mit Bescheid vom 16. November 1982 BauR-5809/3-1982 Fa/Ko der Vorstellung der Bf. gemäß §67 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz 1980 LGBl. 10/1980 keine Folge gegeben. Die Vorstellungsbehörde meint in Übereinstimmung mit der Gemeindebehörde, daß sowohl §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 als auch §18 Abs4 Oö. Bauordnung sich nicht auf Grundabtretungen bezögen, die vor dem Inkrafttreten dieser Gesetze abgewickelt worden wären. Nach Meinung der Vorstellungsbehörde könne auch das Vorbringen, daß der Antrag nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen hätte werden müssen, den nunmehrigen Bf. nichts bringen, weil die Zurückweisung zum selben Ergebnis führe, nämlich, daß dem Antrag keine Folge gegeben werden könne. Eine Rechtsverletzung der nunmehrigen Bf. könne aus der verfahrensrechtlichen Vorgangsweise der Baubehörde nämlich nur dann resultieren, wenn dadurch die materielle Rechtsstellung beeinträchtigt werde; die formal-rechtliche Verfolgung von Rechten fände nämlich in der Durchsetzbarkeit materiell-rechtlicher Ansprüche ihre Grenzen.
3. Gegen den Vorstellungsbescheid der Oö. Landesregierung vom 16. November 1982 richtet sich die Beschwerde an den VfGH, in der "Grundrechtswidrigkeit", insbesondere die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die Bf. führen zunächst unter Hinweis auf das Erk. des VfGH vom 3. Dezember 1980 B206/75 (VfSlg. 8981/1980) aus, ihr Anspruch auf unentgeltliche Rückübereignung könne unmittelbar auf die Verfassung, nämlich das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gestützt werden. Dieser Anspruch könne aber auch auf die Bestimmungen des §40 Abs2 litd Linzer Bauordnungsnovelle 1946 bzw. §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung gestützt werden.
Der genannte §40 Abs2 litd stelle lediglich eine einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes dar, daß im Falle eines Wegfalles des Abtretungszweckes ein Anspruch auf Rückübereignung bestehe. Da dieser Grundsatz bereits vor dem Inkrafttreten der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 Geltung gehabt hätte (Hinweis auf das zitierte Erkenntnis des VfGH), sei §40 Abs2 litd auch auf Abtretungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgten, anwendbar. Die Aufhebung dieser Rechtsvorschrift durch die Oö. Bauordnung mit 1. Jänner 1977 bedeute "nur die Beendigung des zeitlichen Bedingungsbereiches, nicht aber das Ende des zeitlichen Rechtsfolgenbereiches". Die Bestimmungen der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 und die darin angeordneten Rechtsfolgen seien daher nach wie vor auf Sachverhalte anwendbar, die sich vor dem 1. Jänner 1977 ereignet hätten. Da der Anspruch der Bf. auf unentgeltliche Rückübereignung bereits im Zeitpunkt der Widmungsänderung im Bebauungsplan im Jahre 1965 entstanden sei, seien die Bestimmungen der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 nach wie vor anwendbar.
Auch die Rechtsansicht der bel. Beh., daß der Antrag der Bf. auch nicht auf §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung gestützt werden könne, da dies eine rückwirkende Anwendung der Bauordnung voraussetzen würde, sei unrichtig. Auch diese Bestimmung stelle lediglich eine einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung des dargelegten verfassungsrechtlichen Grundsatzes dar und habe den Regelungsinhalt des §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 vollinhaltlich übernommen; die Bestimmung stelle daher im materiellen Sinne kein neues Gesetz dar, sodaß von einer rückwirkenden Anwendung nicht gesprochen werden könne.
Die von der bel. Beh. vertretene Auslegung des §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung hätte im übrigen zur Folge, daß alle vor dem 1. Jänner 1977 durchgeführten Grundabtretungen nicht mehr rückabgewickelt werden könnten, was einer Enteignung gleichkommen würde. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation müsse daher §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung dahin ausgelegt werden, daß er auch auf Grundabtretungen vor dem 1. Jänner 1977 anwendbar sei.
4. Die Oö. Landesregierung als bel. Beh. hat im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides von der Vorlage einer Gegenschrift Abstand genommen.
Die Stadt Linz als mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt und für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung den Ersatz der Prozeßkosten begehrt.
Sie bemerkt, der VfGH gehe im Erk. vom 3. Dezember 1980 B206/75 (VfSlg. 8981/1980) von einer der im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten der Enteignung aus. Auf Grund welchen Rechtstitels der Eigentumsübergang im Jahre 1939 stattgefunden habe, sei nicht feststellbar, zu dieser Frage seien auch von den Bf. keinerlei Beweise erbracht worden. Die zu diesem Zeitpunkt geltende Linzer Bauordnung habe weder das Rechtsinstitut der entgeltlichen noch das der unentgeltlichen Grundabtretung vorgesehen. Daraus müsse der Schluß gezogen werden, daß eine Übertragung der in Rede stehenden Teilfäche an die Parzelle .../23 nicht nach baurechtlichen Vorschriften durchgeführt worden sei. Dies habe zur Konsequenz, daß ein allfälliger Anspruch auf Rückübertragung nicht auf dem Wege von baurechtlichen Vorschriften geltend gemacht bzw. durchgesetzt werden könne.
Aus den Feststellungen des VfGH in dem genannten Erkenntnis ergebe sich, daß eine Entscheidung über einen allfälligen Rückübereignungsanspruch nur aufgrund jener verwaltungsrechtlichen Bestimmung getroffen werden könne, nach der die Enteignung bzw. Grundabtretung verfügt worden sei. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeute dies, daß der von den Bf. auf die baurechtlichen Vorschriften des §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 und des §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung gestützte Rückübertragungsanspruch nur dann mit dem Instrumentarium des Baurechts durchgesetzt werden könne, wenn auch die Grundabtretung nach baurechtlichen Vorschriften durchgeführt worden sei. Dies sei auszuschließen, da zum Zeitpunkt des Eigentumsüberganges in der damals geltenden Linzer Bauordnung eine Grundabtretung nicht vorgesehen gewesen sei. Daher könne der von den Bf. geltend gemachte Rückübereignungsanspruch weder auf die Bestimmungen des §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 noch auf die des §18 Abs4 und 6 Oö. Bauordnung gestützt werden. Dies habe aber auch zur Folge, daß der von den Bf. angesprochenen Frage des Zeitpunktes der Entstehung des Rückübereignungsanspruches keine Bedeutung mehr zukomme.
5. Sowohl der im Devolutionswege eingeschrittene Stadtsenat und die Vorstellungsbehörde als auch die Bf. gehen davon aus, daß die Grundfläche, um die es sich handelt, im Jahre 1939 in Übereinstimmung mit dem damals geltenden Bebauungsplan an das öffentliche Gut, Grundstück .../23 KG Katzbach, zum Zwecke der Errichtung einer Umkehrschleife unentgeltlich übertragen worden ist. Die dem VfGH vorgelegten Verwaltungsakten des gemeindebehördlichen Verfahrens beginnen mit dem Jahre 1980. In der möglichen Annahme, daß eine derartige Grundabtretung aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung erfolgte, hat der VfGH die bel. Beh. um Nachforschungen ersucht, ob die Grundabtretung im Jahre 1939 allenfalls nach anderen baurechtlichen Vorschriften als den in den vorstehend angeführten Schriftsätzen in Betracht gezogenen Bauordnungsbestimmungen, etwa nach dem im Jahre 1939 in Österreich eingeführten Gesetz über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten, erfolgt sein könnte. Die bel. Beh. und auch die Bauverwaltung der Stadt Linz gaben bekannt, daß darüber keine Aktenunterlagen aufgefunden werden konnten. Der Vertreter der Bf. gab bekannt, daß diesen keinerlei Unterlagen über die seinerzeitige Eigentumsübertragung an die Stadt Linz zur Verfügung stünden; nach den Berichten der damaligen Liegenschaftseigentümer sei jedoch davon auszugehen, daß es sich um eine Abtretung iZm. baurechtlichen Maßnahmen gehandelt habe.
Der VfGH hat sodann von Amts wegen beim BG Linz als Grundbuchsgericht Erhebungen dahin gepflogen, ob sich dort Akten befänden, aus denen sich der Rechtsgrund für die Übertragung der genannten Teilfläche von 44 Quadratmeter in das öffentliche Gut im Jahre 1939 ergibt. Das Gericht konnte als Grundlage hiefür lediglich auf den Anmeldungsbogen Nr. 105/1938 verweisen. Eine weitere Erhebung beim Vermessungsamt Linz verlief ebenso ergebnislos.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die in der Beschwerde behauptete "Grundrechtswidrigkeit" des angefochtenen Vorstellungsbescheides könnte - wie sich aus dem Administrativverfahren ergibt - auch darin liegen, daß die vom Stadtsenat ausgesprochene Zurückweisung des Antrages der Bf. (anstatt richtig seine Abweisung) rechtswidrig war, diese Rechtswidrigkeit aber von der Vorstellungsbehörde nicht wahrgenommen worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr zukommende Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung in gesetzwidriger Weise verweigert (so schon VfSlg. 1443/1932 und aus jüngerer Zeit zB 8828/1980 und 9105/1982 sowie 10374/1985). Eine derartige Verletzung läge auch vor, wenn eine Vorstellungsbehörde im gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahren die Nichtzuständigkeit der Gemeindebehörde, insbesondere die rechtswidrige Verweigerung einer Sachentscheidung durch die Gemeindebehörde, nicht wahrnimmt (zB VfSlg. 9026/1981, 9816/1983 und 10347/1985).
Die Zurückweisung eines Antrages ist in der Regel die Verweigerung einer Sachentscheidung; sie ist eine verfahrensrechtliche Erledigung, die darin besteht, daß die Behörde aus Gründen formeller Art (Unzuständigkeit, Unzulässigkeit des Antrages, bereits entschiedene Sache, Fristversäumnis, Nichtbehebung eines formellen Mangels, Mangel der Legitimation) in eine Sachentscheidung nicht eingeht. Dafür, ob die Behörde in ihrer Erledigung einen Antrag zurückgewiesen hat, ist nicht allein die sprachliche Fassung des Spruches maßgebend. Ob die Bezeichnung der Erledigung als Zurückweisung zutrifft, ist vielmehr aus der Begründung zu entnehmen; liegt nach dem Inhalt der Begründung ein meritorischer Abspruch vor, hat sich die Behörde lediglich im Ausdruck vergriffen, worin nach der Rechtsprechung keine Rechtsverletzung liegt. Im vorliegenden Fall hat zwar der Stadtsenat mit seinem durch den angefochtenen Vorstellungsbescheid überprüften Bescheid vom 8. Juli 1982 den Antrag der Bf. zurückgewiesen, er hat sich jedoch in der Begründung seines Bescheides mit dem Vorbringen der Bf. sachlich auseinandergesetzt. In einem solchen Fall stellt die Verwendung des Ausdruckes "Zurückweisung" statt "Abweisung" ein unschädliches bloßes Vergreifen im Ausdruck dar.
Im übrigen hat der VfGH gegen den "für den Stadtsenat" von einem Stadtrat unterfertigten Bescheid keine Bedenken dahin, daß dieser Bescheid dem Stadtsenat nicht zuzurechnen wäre. Dem Bescheid liegt zwar keine kollegiale Beschlußfassung zugrunde, der Bescheid wurde vielmehr namens des Stadtsenates erlassen; gegen diese Vorgangsweise bestehen keine Bedenken. (Vgl. hiezu §61 und §31 Abs6 bis 8 des Statuts für die Landeshauptstadt Linz 1980, Anlage zur Wiederverlautbarungs-Kundmachung LGBl. 10/1980, iVm. der Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 8. November 1979, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 21/1979.)
Der Bescheid ist auch zulässigerweise vom Stadtsenat erlassen worden:
diese Behörde hatte über einen auf eine konkrete baurechtliche Regelung (den §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946) gestützten Rückübereignungsantrag zu entscheiden; der Fall liegt insoweit - worauf in den folgenden Ausführungen noch eingegangen wird - anders als die mit den Erk. VfSlg. 8981/1980 und 8982/1980 und dem Beschl. VfSlg. 8980/1980 entschiedenen Fälle.
Durch den angefochtenen Bescheid hat somit eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht stattgefunden.
2. Die Bf. machen geltend, daß ihr behaupteter Rückübereignungsanspruch unmittelbar aufgrund des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art5 StGG bestehe; sie verweisen dazu auf das Erk. des VfGH vom 3. Dezember 1980 B206/75 (VfSlg. 8981/1980). Die Bf. machen dazu weiters geltend, daß ihr Rückübereignungsanspruch auch auf die Bestimmungen des §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 sowie auf §18 Abs4 und 6 der Oö Bauordnung gestützt werden könne.
a) In dem von den Bf. angeführten Erkenntnis hat der VfGH ausgeführt (S 369 ff.), daß dem durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht von vornherein die Einschränkung immanent sei, daß eine Enteignung zu einem vom Gesetz bestimmten öffentlichen Zweck möglich ist, diese Einschränkung aber ihrer Natur nach an die Voraussetzung geknüpft sei, daß der vom Gesetz bestimmte Zweck verwirklicht werde. In der Eigentumsgarantie des Art5 StGG sei somit auch die Rückgängigmachung der Enteignung für den Fall grundgelegt, daß die enteignete Sache dem vom Gesetz als Enteignungsgrund genannten öffentlichen Zweck nicht zugeführt wird, sei es, weil dieser Zweck überhaupt nicht, sei es weil er nicht in dem ursprünglich beabsichtigten Umfang verwirklicht wird. Auch eine einfachgesetzliche Regelung, die eine Enteignung für einen bestimmten öffentlichen Zweck (dem Art5 StGG entsprechend) für zulässig erklärt, enthalte wesensgemäß den Vorbehalt, daß es unzulässig sei, die Enteignung aufrecht zu erhalten, wenn der öffentliche Zweck vor seiner Verwirklichung wegfällt. Dieser Inhalt einer Enteignungsnorm fließe auch in den Enteignungsbescheid ein. Jeder bescheidmäßig verfügten Enteignung hafte daher in der Wurzel der Vorbehalt an, daß sie erst endgültig wirksam sei, wenn der vom Gesetz als Enteignungsgrund normierte öffentliche Zweck verwirklicht sei, daß sie aber rückgängig zu machen sei, wenn dieser Zweck nicht verwirklicht werde. In diesem Erkenntnis (S 378) sowie ergänzend dazu in den Entscheidungen vom 3. Dezember 1980 VfSlg. 8980/1980 (S 356) und 8982/1980 (S 388) hat der VfGH ausgeführt, daß bei Rückgängigmachung einer Enteignung mangels anderer gesetzlicher Regelung mit der Aufhebung eines Enteignungsbescheides der Bereich des öffentlichen Rechtes erschöpft sei. Dabei hat der Gerichtshof (S 356) auf seine dem Erk. VfSlg. 959/1928 zugrunde gelegte Auffassung verwiesen, daß durch den damals maßgebenden §14 der Bauordnung für NÖ, LGBl. 36/1883, die eine Enteignungsmaßnahme darstellende Grundabtretung für Straßenzwecke (vgl. VfSlg. 3666/1959) zur Gänze, also auch die Rückgängigmachung, öffentlich-rechtlich gestaltet sei.
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand der behördlichen Entscheidung ein auf §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 gestützter Antrag der Bf. Der im Devolutionsweg entscheidende Stadtsenat und auch die Oö. Landesregierung als Vorstellungsbehörde haben sich in ihren Bescheiden auch auf §18 Abs4 der mit 1. Jänner 1977 in Kraft getretenen (und ua. die Linzer Bauordnungsnovelle 1946 aufhebenden) Oö. Bauordnung bezogen. Beide Regelungen sehen die Zurückstellungsverpflichtung nur bezüglich Grundflächen vor, die gemäß einer baurechtlichen Grundabtretungsverpflichtung (also einer Enteignungsmaßnahme; s. VfSlg. 3666/1959) abgetreten worden sind.
Durch diese von der Behörde angewendeten baurechtlichen Bestimmungen ist - iS der Erk. VfSlg. 959/1928 und 3666/1959 - die Grundabtretung für Straßenzwecke zur Gänze, also auch die Rückgängigmachung, öffentlich-rechtlich gestaltet.
3. Es ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, daß die Bf. - wie sie geltend machen - durch die Abweisung des Antrages vom 12. Juni 1981 auf Rückübereignung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sind.
Wenn die bel. Beh., in Übereinstimmung mit der Gemeindebehörde, ausführte, der geltend gemachte Rückübereignungsanspruch könne nicht auf §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 und auch nicht auf §18 Abs4 und 6 der Oö. Bauordnung gestützt werden, weil beide Bestimmungen eine Grundabtretung iS des jeweiligen Gesetzes voraussetzten und wenn sie deshalb die Auffassung vertrat, dem Antrag der Bf. sei (in der Sache) keine Folge zu geben, so hat sie damit über einen behaupteten im öffentlichen Recht gegründeten Anspruch entschieden, der nicht an der verfassungsgesetzlichen Eigentumsgarantie gemessen werden kann und dessen Abweisung daher auch nicht das durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht verletzen kann.
Es braucht diesbezüglich nur darauf hingewiesen zu werden, daß nach ständiger Rechtsprechung des VfGH durch Eingriffe in ein öffentliches Recht das durch - Art5 StGG verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht nicht verletzt werden kann, denn unter Eigentum iS des Art5 StGG sind nur private Vermögensrechte, nicht dagegen öffentlich-rechtliche Ansprüche zu verstehen (s. zB VfSlg. 6808/1972 und aus jüngerer Zeit VfSlg. 8786/1980, 9139/1981, 10104/1984 jeweils mit Vorjudikatur). Wenngleich diese allgemeine Aussage, wie dargelegt, insoweit zu modifizieren ist, als ein Anspruch auf Rückgängigmachung einer Enteignung jedenfalls bis zur Aufhebung des seinerzeitigen Enteignungsbescheides zwar dem öffentlichen Recht angehört, aber von der Eigentumsgarantie des Art5 StGG umfaßt ist (vgl. auch dazu VfSlg. 8981/1980 S 380 und 8982/1980 S 389), so ist daraus für den vorliegenden Fall - wegen anderen Sachverhaltes - nichts zu gewinnen.
4. Daß die bel. Beh. mit dem angefochtenen Bescheid die Bf. in einem anderen, von ihnen nicht besonders angesprochenen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß die Behörde - etwa durch eine willkürliche Vorgangsweise - gegen das verfassungsgesetzliche Gleichheitsgebot verstoßen hätte.
Abgesehen davon, daß die Bf. nichts vorgebracht haben, was auf ein willkürliches Verhalten der Behörde schließen ließe, gibt das sich dem Gerichtshof darbietende Gesamtbild des Verhaltens der Behörde (vgl. zu diesem Beurteilungskriterium zB VfSlg. 8383/1978 und 10520/1985) keinerlei Hinweis auf eine willkürliche Vorgangsweise. Das Verwaltungsgeschehen zeigt überdies, daß die Behörde bemüht war, dem Gesetz die von ihr als richtig erkannte Geltung zu verschaffen; ein solches Bemühen schließt Willkür aus, selbst wenn es nicht von Erfolg begleitet gewesen sein sollte (vgl. VfSlg. 6680/1972, 9847/1983, 10065/1984, 10104/1984). Insbesondere ist der Behörde kein denkunmögliches Verhalten anzulasten, das zwar für sich allein noch keine Gleichheitsverletzung bewirken würde, aber Willkür andeuten könnte (vgl. zB VfSlg. 5096/1965, 7038/1973, 9945/1984).
Die Rechtsansicht der bel. Beh., daß sowohl die Rückübereignung nach der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 als auch die nach der Oö. Bauordnung eine vorangegangene auf einer Enteignungsmaßnahme beruhende Grundabtretung zur Voraussetzung hat, ist keinesfalls mit einer vom VfGH wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit behaftet. Dafür, daß die Grundabtretung im Jahre 1939 aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung erfolgte, haben die Bf. aber keinen Nachweis erbracht; sie haben keine Unterlagen über den Rechtsgrund der seinerzeitigen Übertragung des Eigentums an Grundstücken in das öffentliche Gut beigebracht. Ihr Vertreter hat auf ausdrückliche Anfrage des Gerichtshofes nur mitgeteilt, daß den Bf. keine Unterlagen zur Verfügung stünden, jedoch davon auszugehen sei, daß es sich um eine Abtretung iZm. baurechtlichen Maßnahmen gehandelt habe. Auch die hierauf vom VfGH von Amts wegen über den Rechtsgrund der seinerzeitigen Übertragung veranlaßten Nachforschungen der bel. Beh. waren ebenso ergebnislos wie Erhebungen beim BG Linz und beim Vermessungsamt Linz. Somit ist, obgleich angenommen werden kann, daß die seinerzeitige Grundabtretung "im Zusammenhang mit baurechtlichen Maßnahmen" gestanden ist, keineswegs erwiesen, daß eine behördliche Enteignungsmaßnahme getroffen worden ist.
5. Die Bf. sind somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt worden wären.
Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.
Der VfGH sieht sich noch zu folgenden Bemerkungen veranlaßt:
Sollten die Bf. ihren Antrag vom 12. Juni 1981 dahin verstanden wissen wollen, daß trotz der ausdrücklichen Bezugnahme auf §40 Abs2 litd der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 der Anspruch auf Rückübereignung des nicht für Verkehrsflächen verwendeten Grundes unmittelbar auf Art5 StGG zu stützen sei, ist darauf hinzuweisen, daß auch ein solcher Anspruch - wie sich aus den angeführten Entscheidungen des VfGH VfSlg. 8980/1980, 8981/1980 und 8982/1980 ergibt - eine vorangegangene Enteignung zur Voraussetzung hätte. Im übrigen wäre zur Entscheidung über einen unmittelbar auf Art5 StGG gestützten Rückübereignungsantrag, soweit er nicht die Aufhebung eines vorangegangenen Enteignungsbescheides zum Gegenstand hat, - wie sich gleichfalls aus den angeführten Entscheidungen ergibt - die Verwaltungsbehörde nicht zuständig.
Sollte die seinerzeitige Grundabtretung durch Rechtsgeschäft vorgenommen worden sein, so entzieht es sich überhaupt der Beurteilung durch die Verwaltungsbehörde, welchen Einfluß auf den weiteren Bestand des Rechtsgeschäftes die Nichtverwirklichung des mit der Grundabtretung verfolgten Zweckes hätte.
Schlagworte
Baurecht, Bebauungsplan, Straßenbau, Grundabtretung, Enteignung, Rückübereignung, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Devolution, Gemeinderecht Organe, Gemeindevorstand, Behördenzuständigkeit, Bescheidbegründung, EigentumseingriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B14.1983Dokumentnummer
JFT_10139070_83B00014_00