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68 Invalideneinstellung, sonstiges SozialrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
InvalideneinstellungsG 1969; Vorschreibung einer Ausgleichstaxe gemäß §9; keine Bedenken gegen §9 Abs1 (unter Hinweis auf VfSlg. 9705/1983) - seither keine wesentliche Änderung der gesetzlichen Regelung; Erreichung der dem G zugrundeliegenden Ziele hat die Festlegung einer Beschäftigungspflicht in §1 Abs1 zur Voraussetzung; Möglichkeit, die Beschäftigungspflicht nach einem Pflichtzahlschlüssel, der von der generellen Festlegung dieses Schlüssels im Abs1 abweicht, zu erfüllen, trägt den verschiedenen Voraussetzungen für die Beschäftigung Invalider nach dem Produktionsbereich in den verschiedenen Betrieben Rechnung - keine Gleichheitsbedenken gegen §1 Abs2; der Begriff "die technischen Gründe" in §1 Abs2 iZm. der Zielrichtung des G hinreichende Determinierung für das Verhalten des Verordnungsgebers bei der Festsetzung des Pflichtzahlschlüssels - hinreichende Bestimmtheit des §1 Abs2; (durch Verordnung festgelegte) Änderungen der Pflichtzahl für gewisse Betriebsarten nicht gleichheitswidrig - Wirtschaftsart, der das Unternehmen der Bf. zuzuordnen ist, wurde berücksichtigt; kein Hinweis auf denkunmögliche Gesetzesanwendung oder WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Bescheid des Landesinvalidenamtes für OÖ vom 12. Oktober 1982 wurde die bf. Gesellschaft (Bf.) gemäß §9 des Invalideneinstellungsgesetzes, BGBl. 22/1970 idF BGBl. 360/1982, verpflichtet, für das Kalenderjahr 1981 eine Ausgleichstaxe in der Höhe von 35640 S zu entrichten.
Der gegen diesen Bescheid von der Bf. erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von OÖ mit dem Bescheid vom 26. Mai 1983 keine Folge gegeben.
Der Bescheid ist wie folgt begründet:
"Gemäß §9 Abs1 IEinstG ist vom Landesinvalidenamt die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist.
Den Berufungsausführungen ist entgegenzuhalten, daß nach den Erhebungen im Zuge des Berufungsverfahrens das Unternehmen folgende Produkte herstellt:
Brillenhalbteile, -scharniere, -schrauben, -bügel, -schließblöcke, -einlagen auf Metall bzw. Neusilber. Vereinzelt werden auch auf Wunsch Brillenteile vernickelt oder vergoldet.
In der vom Dienstgeber genannten V vom 17. 9. 1976, BGBl. Nr. 552/1976, deren Gültigkeit er auch für sein Unternehmen reklamiert, wurde für folgende Wirtschaftstätigkeiten (Betriebssystematik 1968) der Wirtschaftsklasse 51 die Pflichtzahl auf 45 erhöht.
Wirtschaftsart Bezeichnung
511.1 Eisen- und Stahlhütten, Warmwalzwerk
511.2 Kaltwalzwerk und Ziehereien
512.1 Nichteisen-Metallhütten
512.2 Nichteisen-Metallhalbzeugwerke
513.1 Grau-, Stahl- u. Tempergießereien
513.2 Nichteisen-Metallgießereien
Da die Produktionspalette des Unternehmens offensichtlich nicht unter diese Wirtschaftsarten eingereiht werden kann, wurde weiters überprüft, ob die ebenfalls begünstigte Wirtschaftsart 521.3 'Vergütung und Veredlung von Metallflächen' auf die Firma zutrifft. Nach der Betriebssystematik 1968 umfaßt die Wirtschaftsart folgende Arbeiten:
Eloxierwerk, Emaillierwerk, galvanische Anstalt, Metallätzerei, -härterei, Metalloberflächenveredelung, Metalloberflächenvergütung, Metallplattierwerk, Werkzeugregeneration.
Diese Wirtschaft würde zwar auf Teile der Produktion der R-Werke Präzisionsteile Ges.m.b.H. zutreffen (nämlich auf die auf Wunsch durchgeführten Vernickelungs- und Vergoldungsarbeiten). Für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer bestimmten Wirtschaftsart ist aber die ausschließliche oder doch überwiegende Durchführung von Arbeiten dieser Wirtschaftsart notwendig. Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings bei den durchgeführten Vernickelungs- oder Vergoldungsarbeiten nur um einen Randbereich der Produktion, da sie nur vereinzelt durchgeführt werden.
Die Berechnung der Ausgleichstaxe aufgrund einer Pflichtzahl von 25 erfolgte daher zu Recht.
Bemerkt wird noch, daß die Vorläuferfirma der Präzisionsteile Ges.m.b.H., nämlich die Firma 'S R Witwe' in den Genuß eines begünstigten Pflichtzahlschlüssels nach der Wirtschaftsart 531.2 (Erzeugung von Schneidwaren, Bestecken und blanken Waffen) gekommen war, da sie damals Schneidwaren, insbesondere Sensen, produziert hatte. Die Einordnung in die Wirtschaftsart kann aber nicht mehr vorgenommen werden, da die Produktion inzwischen auf die oben zitierten Bereiche umgestellt wurde.
Der weiteren Einwendung in der Berufung muß entgegengehalten werden, daß nach der derzeit geltenden Bestimmung des §9 IEinstG die Ausgleichstaxe generell bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht - gleichgültig aus welchen Gründen - zu entrichten ist. Die Bestimmung, wonach ein Dienstgeber dann von der Zahlung der Ausgleichstaxe befreit war, wenn nachgewiesen werden konnte, daß die Zuweisung von Behinderten beim Arbeitsamt erfolglos angesprochen worden war, ist seit der Novelle zum IEinstG vom 23. 1. 1975, BGBl. Nr. 96, aufgehoben."
2. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 26. Mai 1983 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie "durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt" worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Nach §19a Abs1 IEinstG 1969, BGBl. 22/1970, idF BGBl. 329/1973 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landesinvalidenamtes in Durchführung des genannten Gesetzes der Landeshauptmann. Gegen seine Entscheidung ist eine weitere Berufung unzulässig. Damit ist der Instanzenzug erschöpft; die Beschwerde ist, da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bf. die Entrichtung einer Ausgleichstaxe für das Kalenderjahr 1981 vorgeschrieben.
Die Vorschreibung stützt sich auf §1 Abs1 des IEinstG 1969, BGBl. 22/1970, idF BGBl. 111/1979. Diese Bestimmung lautet:
"(1) Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§4 Abs1) beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Invaliden (§2) einzustellen. ..."
(Ausnahmebestimmung, die für das vorliegende Beschwerdeverfahren ohne Belang ist) ...
§1 Abs2 IEinstG 1969 idF BGBl. 360/1982 (in Kraft getreten nach ArtII dieses Gesetzes am 1. August 1982), lautet:
"(2) Der Bundesminister für soziale Verwaltung kann nach Anhörung des Beirates (§10 Abs2) die Zahl der nach Abs1 zu beschäftigenden Dienstnehmer (Pflichtzahl) für bestimmte Gebiete oder Wirtschaftszweige durch Verordnung derart abändern, daß, wenn nicht genügend für Invalide geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, schon auf je 20 Dienstnehmer oder, wenn bestimmte Wirtschaftszweige aus technischen Gründen der Beschäftigungspflicht nicht nachkommen können, nur auf je höchstens 50 Dienstnehmer mindestens ein Invalider zu beschäftigen ist. Der Bundesminister für soziale Verwaltung kann ferner nach Anhörung des Beirates durch Verordnung bestimmen, daß Dienstgeber Arbeitsplätze, die sich für die Beschäftigung von Invaliden besonders eignen, diesen Invaliden oder bestimmten Gruppen von Invaliden vorzubehalten haben".
Nach §9 Abs1 IEinstG 1969 idF BGBl. 96/1975 hat das Landesinvalidenamt die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist. (In der für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch nicht anzuwendenden Nov. des §9 Abs1 durch das Gesetz BGBl. 567/1985 wurde der Wortlaut durch die Einfügung ergänzt, daß die Entrichtung einer Ausgleichstaxe mittels Bescheides vorzuschreiben ist).
3. In der Beschwerde wird neben der Behauptung der Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums vorgebracht, daß die bf. Gesellschaft durch die Anwendung des Invalideneinstellungsgesetzes in der derzeit gültigen Fassung und der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verordnung in ihren Rechten verletzt worden sei, da das Gesetz in den präjudiziellen Bestimmungen verfassungswidrig und die Verordnung gesetzwidrig seien.
Das Invalideneinstellungsgesetz sei kompetenzrechtlich saniert worden, das sage jedoch nichts über seine inhaltliche Verfassungsmäßigkeit aus. Das System vor der Nov. BGBl. 96/1975 sei durch die Pflicht zur Einstellung von Invaliden bestimmt gewesen. Die Bf. könne sich nicht vorstellen, daß die Zahlung der Ausgleichstaxe eine Strafe für die Nichterfüllung der Einstellungspflicht sei. Würde die Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichstaxe einen Strafanteil bzw. Strafcharakter enthalten, dann wäre jeder in seinem Recht auf Gleichheit verletzt, der Invalide einstellen wolle, aber keine zugewiesen bekomme. Nach Rechtsansicht der Bf. könne daher das neue System nur gekennzeichnet sein durch die Wahlmöglichkeit zwischen Einstellung von Invaliden und Zahlung der Ausgleichstaxe. Die Bf. sei nun der Ansicht, "daß der Gesetzgeber in §1 Abs1, erster Satz des Invalideneinstellungsgesetzes und Abs2 dieses Gesetzes ein Regel-Ausnahmeverhältnis untrennbarer Art geschaffen habe". Der Gesetzgeber hätte die in §1 Abs1 normierte Regelung nicht ohne die Ausnahme des Abs2 des Gesetzes geschaffen, da die Beweglichkeit des Systems ein integrierender Bestandteil seiner selbst sei. Bei der Änderung des oben beschriebenen Systems vor der Nov. BGBl. 96/1975 zu dem derzeit gültigen Rechtsbestand sei jedoch vergessen worden, wesentlich neuen Gesichtspunkten ausreichend Rechnung zu tragen. Unter Hinweis auf die aufgrund des §1 Abs2 des Invalideneinstellungsgesetzes erlassenen Verordnung wird weiter ausgeführt, der Gesetzgeber normiere im §1 Abs2 die Abänderungsmöglichkeit der starren Regeln des §1 Abs1, "wenn bestimmte Wirtschaftszweige aus technischen Gründen der Beschäftigungspflicht nicht nachkommen können, daß nur auf je höchstens 50 Dienstnehmer mindestens ein Invalider zu beschäftigen ist". Die Bf. sei der Ansicht, "daß in das derzeit gültige System nicht mehr die Herabsetzung der Verhältniszahlen auf bis zu 50:1 durch ministerielle Verordnung" passe. Enthalte die Ausgleichstaxe keinen Strafcharakter, was nach Ansicht der Bf. ohnehin verfassungswidrig wäre, dann sei nicht einzusehen, weshalb aus "technischen Gründen" für bestimmte Wirtschaftszweige mit der Herabsetzung der Pflicht zur Einstellung auch die Pflicht zur Herabsetzung der Ausgleichstaxe verbunden sei. Sei es nur aus "technischen Gründen" nicht möglich, Invalide einzustellen, dann könne man ohne weiteres hier eine Zahlungspflicht annehmen. Der Gesetzesbegriff "technische Gründe" sei aber derart unbestimmt und vage, daß er kein ausreichender Grund für eine finanzielle Begünstigung sein könne. In den vom Ministerium erlassenen Verordnungen würden eine ganze Reihe von Wirtschaftsarten begünstigt, bei denen man dies teilweise einsehen könne, teilweise wieder nicht. Auch die Bf. gehöre zu denjenigen Betrieben, bei denen die Voraussetzungen genau so gegeben wären wie bei den Wirtschaftsarten, die in der V BGBl. 549/1976 aufgezählt seien. Der Ausschluß der Bf. im angefochtenen Bescheid von dieser Wirtschaftsart sei sachlich nicht gerechtfertigt und verletze den Gleichheitsgrundsatz.
Zusammenfassend sehe die Bf. "das Schwergewicht" ihrer Beschwerde "in der Bekämpfung der Anwendung gesetzwidriger Verordnungen, da §1 Abs1 des Invalideneinstellungsgesetzes in Verbindung mit Abs2, erster Satz, ein Regel-Ausnahmeverhältnis untrennbarer Art darstellt, wobei die Beweglichkeit des Systems sicherlich ein integrierender Bestandteil ist". Es fehle jedoch an sachlich differenzierten Anknüpfungspunkten für die einzelnen Wirtschaftszweige bei der Erlassung der diesbezüglichen Verordnung und es komme in der Praxis durch die Anwendung der Verordnung zur Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.
Abschließend wird angeregt, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 iVm. §1 Abs2 und mit §9 Abs1 IEinstG einzuleiten.
Ferner wird angeregt, "die auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung ergangenen Verordnungen einer Prüfung zu unterziehen". In der von der Bf. eingebrachten Ergänzung der Beschwerde wird zur Vorjudikatur des VfGH grundlegend bemerkt, daß der VfGH zum Invalideneinstellungsgesetz nur in Beschwerdeverfahren, nicht aber in Gesetzesprüfungsverfahren Stellung genommen habe.
Der VfGH habe lediglich von der sog. "Exzeß-Formel" Gebrauch gemacht. Die Bf. halte die bisherige Befassung mit der Problematik nicht für ausreichend und vermisse in den bisherigen Begründungen der Erkenntnisse die Frage nach der sachlichen Rechtfertigung der Norm. Stelle man auch hier diese wohl zuerst nötige Frage, dann ergebe sich, daß der Gesetzgeber zumindest das Gesetz nicht den gewandelten Umständen angepaßt habe und das Gesetz damit invalidierte. Die Wirkungen des Gesetzes seien in Wahrheit in einer Mittelaufbringung zu sehen, die gegenüber der auch kompetenzrechtlich zulässigen Aufgabe der Invalidenvorsorge in einer Weise Gewicht erhalte, daß von einer Regelung mit Härtefällen nicht mehr die Rede sein könne. Diesen Sachverhalt gelte es in einem Gesetzesprüfungsverfahren zu erheben. "Wenn mehr als doppelt so viel oder gar dreifach so viel Taxzahlungen als Invalideneinstellungen vorliegen, obgleich sich die Unternehmen um solche Einstellungen bemühen, dann" liege "eine sachliche Regelung nicht mehr vor".
4. Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat in der auf Ersuchen des VfGH abgegebenen Stellungnahme auf die im Erk. VfSlg. 9705/1983 wiedergegebene Äußerung verwiesen, "da weder in der Rechtslage, auch nicht durch die letzte Novelle zum Invalideneinstellungsgesetz 1969, BGBl. Nr. 567/85, noch in der Sachlage eine wesentliche Änderung eingetreten" sei.
Nach wie vor schwanke die Zahl der Pflichtstellen - je nach Anzahl der Gesamtbeschäftigten in Österreich - nur geringfügig (1975: 36650, 1980: 37658, 1984: 36168). Hingegen sei die Zahl der nicht besetzten Pflichtplätze von 16359 im Statistikmonat August 1980 auf 19429 im Statistikmonat August 1984 angestiegen. Dies bestätige die bereits in der Stellungnahme im angeführten Erkenntnis vertretene Ansicht, daß die hohe Zahl der nicht besetzten Pflichtplätze nicht überwiegend auf das "Nichtvorhandensein" von geeigneten Behinderten, sondern bedauerlicherweise ua. auch auf den Umstand zurückzuführen sei, daß Pflichtplätze, die mit aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Kriegsbeschädigten besetzt gewesen seien, nicht "im wünschenswerten Ausmaß durch nachdrängende Zivilbehinderte" besetzt worden seien, obwohl durch laufende Novellierungen des IEinstG 1969 zusätzlich finanzielle Anreize für Arbeitgeber, Behinderte einzustellen, geschaffen worden seien und solche Arbeitskräfte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Nach der statistischen Aufzeichnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung ("Amtliche Nachrichten" des Bundesministeriums für soziale Verwaltung und des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, Heft Nr. 3/1982, S 194/195 und Heft Nr. 4/1985, S 214/215 - Tabellen 2.21 und 2.22 -) sei allein die Zahl der wegen körperlicher oder geistiger Behinderung als nur bedingt vermittlungsgeeignet vorgemerkten Arbeitslosen von Ende Feber 1982 bis Ende Feber 1985 von 10116 auf 13630, also um rund 3500 gestiegen.
In der auf Ersuchen des VfGH ergänzten Stellungnahme zur Frage:
"Welche sachlichen Erwägungen sind ausschlaggebend, ob und für welche Wirtschaftstätigkeiten Verordnungen gemäß §1 Abs2 Invalideneinstellungsgesetz erlassen werden?" sowie zur Frage "Welche sachlichen Erwägungen bestehen dafür, daß bezüglich des Unternehmens der Beschwerdeführerin keine Verordnung zur Änderung der Pflichtzahl erlassen wurde, bzw. aus welchen Gründen das Unternehmen der Beschwerdeführerin keiner der Verordnungen BGBl. 546 bis 570/1976 zuzuordnen ist?" wird nach Darlegung der Entwicklung der Rechtslage auf dem Gebiet der Invalideneinstellung im wesentlichen dargelegt, daß sich "beim heutigen Stand der Technik ... nur mehr wenige Sparten, bei denen im Produktionsbereich keine oder nur wenige Behinderte einsetzbar sind" ergeben, "so zB überall dort, wo vom Gesundheitszustand des einzelnen Arbeitnehmers auch das Wohl anderer Personen abhängt (Buslenker, Eisenbahnbereich usw.) oder wo auch heute noch schwerer körperlicher Einsatz erforderlich ist (wie zB Hochöfen, Walzwerke, Gerüster usw.)".
Aus der vom Bundesministerium für soziale Verwaltung vorgelegten Broschüre geht hervor, daß gerade jene Gesellschaften, die eigens zum Zwecke der Behindertenbeschäftigung gegründet und nach §11 des IEinstG gefördert werden, wesentliche Teile ihres Produktionsprogrammes im Metallbereich mit der Erzeugung von Kleinteilen einschließlich kleiner Drehteile bestreiten und daß dementsprechend das Produktionsprogramm der Bf. gerade dort liegt, wo der Einsatz von Behinderten angestrebt und forciert wird. Im Rahmen "der Verordnungen, die Änderungen in der Pflichtzahl für die eisen- und metallverarbeitenden Unternehmungen" vorsehen (BGBl. 549, 550, 551 und 552/1976), seien "nur die Sparten mit erschwerten Anforderungen berücksichtigt" worden.
Die Stellungnahme des Bundesministeriums für soziale Verwaltung ist der Bf. zur Kenntnis gebracht worden. Sie ist unwidersprochen geblieben.
5. a) Der VfGH hat sich im Erk. VfSlg. 9705/1983 unter Hinweis auf die Erk. VfSlg. 8337/1978 und 5997/1969 mit der Verfassungsmäßigkeit des §9 Abs1 IEinstG eingehend auseinandergesetzt und ausgeführt, daß gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung weder unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes noch unter dem Gesichtspunkt einer allfälligen Überschreitung der dem Bundesgesetzgeber durch Art1 IEinstG 1969 eingeräumten Zuständigkeit Bedenken bestehen. Insbesonders geht aus dem angeführten Erkenntnis hervor, daß die Regelung, nach der alle - zunächst in gleicher Weise primär mit der Beschäftigungspflicht belasteten - Dienstgeber verpflichtet werden, im Falle der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht - gleichgültig, aus welchen Gründen - anstelle der mit ihrer Erfüllung verbundenen wirtschaftlichen Belastung eine Geldleistung zu erbringen, nicht unsachlich ist.
Der VfGH sieht aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde keine Veranlassung, von der im angeführten Erkenntnis vertretenen Auffassung abzugehen, weil - wie sich aus der vom Bundesministerium für soziale Verwaltung abgegebenen Stellungnahme ergibt - eine wesentliche Änderung der gesetzlichen Regelung für die Vorschreibung der Ausgleichstaxe nicht eingetreten ist.
b) Der VfGH ist des weiteren der Auffassung, daß die Erreichung des dem Invalideneinstellungsgesetz zugrundeliegenden Zieles, die im öffentlichen Interesse liegende Wiedereingliederung der Invaliden in das normale Berufsleben zu fördern, Zuschüsse für Investitionen zur Erleichterung der Beschäftigung eingestellter oder einzustellender Invalider zu gewähren und schließlich sonstige Fürsorgemaßnahmen zu treffen (vgl. VfSlg. 8337/1978), die Festlegung der Beschäftigungspflicht in §1 Abs1 IEinstG zur Voraussetzung hat.
Daß die Voraussetzungen für die Normierung dieser allgemeinen Beschäftigungspflicht nicht gegeben wären, behauptet die Bf. nicht. Der Gesetzgeber hat nun nicht - wie die Bf. meint - hinsichtlich des Bestandes der Beschäftigungspflicht in den Bestimmungen des §1 Abs1 und Abs2 ein "Regel-Ausnahmeverhältnis untrennbarer Art" geschaffen. Vielmehr wurde im Abs2 der Bundesminister für soziale Verwaltung ermächtigt, durch Verordnung Ausnahmen von der Anordnung des Abs1, nach der die Erfüllung der Beschäftigungspflicht allgemein nach dem Pflichtzahlschlüssel 1:25 zu erfolgen hat, vorzusehen und anzuordnen, daß die allgemein geltende Beschäftigungspflicht nicht nach dem im Abs1 festgelegten, sondern nach einem davon abweichenden und in der Verordnung zu bestimmenden Pflichtzahlschlüssel zu erfüllen ist. Der VfGH ist der Auffassung, daß die Schaffung der Möglichkeit, die Beschäftigungspflicht nach einem Pflichtzahlschlüssel, der von der generellen Festlegung dieses Schlüssels im Abs1 abweicht, zu erfüllen, den verschiedenen Voraussetzungen für die Beschäftigung Invalider nach dem Produktionsbereich in den Betrieben der einzelnen Wirtschaftszweige Rechnung trägt. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, daß die Regelung des §1 Abs2 - für sich betrachtet - mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stünde.
Der VfGH ist aber auch der Auffassung, daß die Bestimmung des §1 Abs2 hinreichende Determinanten iS des Art18 B-VG für das Verhalten des Verordnungsgebers enthält. Da es dabei auf das Verhalten des Verordnungsgebers bei der Festsetzung des Pflichtzahlschlüssels - und nicht wie die Bf. meint - auf die im Falle der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht davon abhängigen finanziellen Auswirkungen - ankommt, ist dem Begriff "die technischen Gründe" iZm. der Zielrichtung des Gesetzes ein das Verhalten des Verordnungsgebers hinreichend bestimmender Inhalt beizumessen.
Der VfGH hat zu prüfen, ob die vom Verordnungsgeber getroffenen Regelungen, nach denen für gewisse Betriebsarten Erhöhungen der Pflichtzahl vorgesehen wurden, mit dem Gleichheitsgebot im Einklang stehen.
Eine solche Erhöhung ist - wie in der Stellungnahme des Bundesministeriums für soziale Verwaltung überzeugend dargelegt wurde - nur dann vorzunehmen, wenn entsprechende technische Gründe (Abhängigkeit des Wohls anderer Personen vom Gesundheitszustand des einzelnen Arbeitnehmers, schwerer körperlicher Einsatz) - vorliegen. Daß solche Gründe im Bereich des Unternehmens der Bf. nicht vorliegen, ist ebenfalls überzeugend dargelegt worden. Damit ist es ausgeschlossen, daß die Regelungen, nach denen Änderungen des nach §1 Abs1 allgemein geltenden Pflichtzahlschlüssels getroffen wurden, aus dem Grunde gleichheitswidrig sein könnten, weil die Wirtschaftsart, der das Unternehmen der Bf. zuzuordnen ist, nicht berücksichtigt wurde.
Zusammenfassend ergibt sich, daß unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides nicht bestehen.
6. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von der Bf. behauptete Verletzung des Eigentumsrechtes nur vorliegen, wenn der Vorschreibung der Ausgleichstaxe eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zugrundeläge, ein Fall, der nur dann gegeben wäre, wenn die bel. Beh. so fehlerhaft vorgegangen wäre, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte (vgl. VfSlg. 9693/1983).
Im Gleichheitsrecht könnte die Bf. nur verletzt worden sein, wenn dem angefochtenen Bescheid ein willkürliches Verhalten zur Last gelegt werden müßte (vgl. VfSlg. 9726/1983, 9600/1983).
Die Beschwerde enthält keinerlei Hinweise auf eine denkunmögliche Gesetzesanwendung oder auf ein willkürliches Verhalten der bel. Beh.
Im Verfahren vor dem VfGH haben sich Anhaltspunkte dafür, daß die Bf. in den angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre, nicht ergeben. Auch ist nicht hervorgekommen, daß die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, deren Verletzung von ihr nicht geltend gemacht wurde, verletzt worden wäre. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides ist die Bf. auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Ob der Bescheid in richtiger Anwendung der verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsvorschriften ergangen ist, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Invalideneinstellung, Kompetenz Bund - Länder Invalideneinstellung, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B446.1983Dokumentnummer
JFT_10138994_83B00446_00