TE Vfgh Erkenntnis 1986/10/8 A24/85

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Veröffentlicht am 08.10.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonszige zulässige Klagen
ABGB §1334
VfGG §41
ZPO §41 Abs2

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage auf Rückzahlung einer für eine Verwaltungsübertretung verhängten und bereits bezahlten Geldstrafe sowie eines geleisteten Kostenbeitrages nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VfGH; Beginn des Verzuges; Angemessenheit der Nachfrist von 14 Tagen; auf Zahlung von Kosten eingeschränktes Klagebegehren nach Zahlung der Klagsforderung berechtigt; Kostenersatzforderung für das Verfahren vor dem VfGH war gemäß §41 iVm. §35 VerfGG und §41 Abs2 ZPO anhand des Rechtsanwaltstarifes auszumessen

Spruch

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 965,44 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG am 14. August 1985 erhobenen Klage brachte der Kläger im wesentlichen vor, daß die Wr. Landesregierung mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. Mai 1980 über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 200 S verhängt und ihm Kostenbeiträge von 40 S für die Verfahren erster und zweiter Instanz auferlegt habe; er habe die Geldstrafe und den Kostenbeitrag am 23. Juli 1980 eingezahlt.

Obwohl der VfGH mit Erk. vom 27. Juni 1985 B387/80 den Bescheid der Wr. Landesregierung vom 23. Mai 1980 aufgehoben habe und obwohl der Kläger am 30. Juli 1985 die Rückzahlung der bezahlten Beträge binnen 14 Tagen gefordert habe, habe die beklagte Partei eine Refundierung des Betrages von insgesamt 240 S nicht vorgenommen.

Der Kläger begehrt den Zuspruch von 240 S samt 4% Zinsen seit 23. Juli 1980 sowie den Ersatz der Verfahrenskosten für Schriftsatzaufwand, Umsatzsteuer und Stempelgebühren, zusammen 11240 S.

2. Das Land Wien trat in der Gegenschrift dem Sachverhaltsvorbringen des Klägers nicht entgegen, beantragte jedoch die Abweisung der Klage. Der Kläger habe die Rückzahlung mit einer an den Magistrat Wien gerichteten, dort am 31. Juli 1985 eingelangten Eingabe begehrt. Darin sei der Magistrat Wien aufgefordert worden, den Eingang von 240 S auf dem Konto des Klägers binnen 14 Tagen zu bewirken. Die vom Kläger eingeräumte Zahlungsfrist von vierzehn Tagen, wobei innerhalb dieser Frist der Betrag bereits am klägerischen Konto hätte eingelangt sein müssen, sei als unangemessen kurz zu betrachten. Das beklagte Land Wien habe am 10. September 1985 die Überweisung von 240 S auf das klägerische Konto veranlaßt. Angesichts der verfächerten Behördenorganisation, des erforderlichen Tätigwerdens mehrerer Dienststellen sowie der damals herrschenden Urlaubszeit sei daher die Rücküberweisung innerhalb angemessener Frist bewirkt worden. Die Klage sei daher verfrüht eingebracht worden.

Betreffend das auf die Erstattung der Verzugszinsen gerichtete Begehren führte das Land Wien aus, daß diese nur für den Zeitraum zwischen der Stellung des Rückforderungsbegehrens (31. Juli 1985) bis zur tatsächlichen Anweisung (10. September 1985) gebühren und sich daraus bei einem Zinssatz von 4% pa. um ein wohl zu vernachlässigender Betrag von zirka 1 S ergebe.

Es wird daher beantragt, das Klagsbegehren abzuweisen.

Weiters führte das Land Wien aus, daß der geltend gemachte Kostenersatzbetrag mit 11240 S überhöht sei, da nur Kosten nach dem Rechtsanwaltstarif (Tarifpost 3 C) zustünden.

3. Mit Schriftsatz vom 1. August 1986 schränkte der Kläger im Hinblick auf die - wenngleich seiner Meinung nach verspätete - Zahlung das Klagebegehren auf den Zuspruch von Kosten ein.

II. Der VfGH hat über die - auf Kosten eingeschränkte - Klage erwogen:

1. Nach der ständigen Judikatur des VfGH ist die Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG in Ansehung der klagsweise geltendgemachten Forderung auf Erstattung des Strafbetrages samt Verfahrenskosten nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VfGH (vgl. hiezu VfSlg. 9498/1982 und die dort weiteren Rechtsprechungshinweise; VfSlg. 10496/1985) gegeben.

2. Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, wonach in sinngemäßer Anwendung des §1334 ABGB (vgl. insbesondere VfSlg. 5079/1965) der Beginn des Verzuges erst anzunehmen ist, wenn der im verfassungsgerichtlichen Verfahren obsiegende Bf. die Refundierung begehrt hat und eine (von ihm gesetzte) angemessene (s. unter II.3.) Nachfrist abgelaufen ist. Ein solches Refundierungsbegehren wurde vom Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 1985 erhoben. Innerhalb der vom Kläger gesetzten 14tägigen Frist ist dem Rückzahlungsbegehren seitens des Landes Wien nicht entsprochen worden. Diese Frist ist als angemessen zu bezeichnen (vgl. VfSlg. 10496/1985). Es war daher ein Zahlungsverzug gegeben.

Das beklagte Land Wien hat erst mit 10. September 1985 die Überweisung des Klagsbetrages an den Kläger bewirkt.

3. Da die Klage begründet erhoben wurde (s. oben II.2.) und das Klagebegehren in der Folge eingeschränkt wurde (s. oben I.3.), ist die Kostenersatzforderung des Klägers gerechtfertigt.

Diese war allerdings gemäß §41 VerfGG iVm. §35 VerfGG und §41 Abs2 ZPO anhand des Rechtsanwaltstarifes auszumessen und nicht - wie der Kläger begehrt - anhand der im Verfahren nach Art144 B-VG gemäß §88 VerfGG gebührenden Pauschalsätze (vgl. VfSlg. 10495/1985); dies deshalb, weil in Verfahren nach Art137 B-VG der Rechtsanwaltstarif sinngemäß anzuwenden ist, während sich bei Beschwerdeverfahren eine analog anwendbare Position im Rechtsanwaltstarif nicht findet (vgl. VfSlg. 10938/1986).

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 55,04 S enthalten.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Kosten, Verzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:A24.1985

Dokumentnummer

JFT_10138992_85A00024_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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