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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Beachte
Kundmachung am 30. Dezember 1986, BGBl. 714/1986, Anlaßfall B525/82 vom selben Tag - Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Muster VfSlg. 10600/1985Leitsatz
StVO 1960; Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 17. August 1976 betreffend verschiedene Verkehrsbeschränkungen im Bereich von Autobahnen im Land OÖ; mangelnde gesetzliche Grundlage nach Aufhebung des §43 Abs1 litb StVO mit Erk. des VfGH (VfSlg. 10949/1986); Aufhebung der Verordnung als gesetzwidrigSpruch
Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 17. August 1976, Z 69.164/3-IV/5-1976, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im BGBl. verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. August 1982 wurde über den Bf. wegen einer Verwaltungsübertretung nach §52 lita Z10a StVO 1960 gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt, weil er am 27. März 1981 auf der Westautobahn A 1 von Mondsee kommend, als Lenker eines PKWs die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 18 km/h überschritten habe. Die Verhängung der Strafe wurde im wesentlichen damit begründet, daß am Tatort eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h kundgemacht gewesen sei, die auf der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 17. August 1976, Z 69.164/3-IV/5-76, beruhe.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. unter Berufung auf Art144 B-VG Beschwerde beim VfGH, beantragte die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides und behauptete, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
3. Die bezogene Verordnung lautet:
"Auf Grund des §43 Abs1 StVO 1960 wird verordnet:
Zur Durchführung von Instandsetzungs-, Erhaltungs- oder Nebenarbeiten werden im Bereich von Autobahnen im Land OÖ nach Maßgabe und für die Dauer solcher Arbeiten nachstehende Verkehrsbeschränkungen erlassen:
a) Im Bereich von drei Fahrstreifen auf einer Richtungsfahrbahn werden abschnittsweise jeweils ein oder zwei Fahrstreifen oder der Abstellstreifen einer Richtungsfahrbahn für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Im Bereich der jeweiligen Sperre eines Fahrstreifens wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt. Im Bereich der Sperre von zwei Fahrstreifen wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt und überdies ist in diesem Bereich das Überholen mehrspuriger Kraftfahrzeuge verboten.
b) Im Bereich von zwei Fahrstreifen auf einer Richtungsfahrbahn werden abschnittsweise jeweils ein Fahrstreifen oder der Abstellstreifen einer Richtungsfahrbahn für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Im Bereich der jeweiligen Sperre eines Fahrstreifens wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt; weiters ist in diesem Bereich das Überholen mehrspuriger Kraftfahrzeuge verboten.
Diese Verordnung ist gemäß §44 StVO durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundzumachen.
..."
In der Verordnung wird nach dem Hinweis auf die Aufhebung der Verordnung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 3. April 1969, Z 184.508-II/19-69, bestimmt, daß sie nur anzuwenden ist, wenn wenigstens ein Fahrstreifen auf einer Richtungsfahrbahn für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung bleibt und daß die allfällige Sperre einer gesamten Richtungsfahrbahn wie bisher jeweils beim Bundesministerium zu beantragen ist.
Ausfertigungen der Verordnung sind
1. dem Amt der Oö. Landesregierung - Autobahnverwaltung,
2. dem Oö. Landesgendarmeriekommando - Verkehrsabteilung,
3. dem Magistrat der Stadt Linz - Straßenverwaltung und
4. der Bundespolizeidirektion Linz
"zur gefälligen Kenntnis" gebracht worden.
II. Der VfGH leitete ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerdesache gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen das gegenwärtige Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der im Spruch bezeichneten Verordnung sowie gemäß Art140 das Verfahren G80/86 und Folgezahlen zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §43 Abs1 litb und des §44b StVO 1960 idF der Nov. BGBl. 412/1976 ein; er hob die erstgenannte Gesetzesstelle mit Erk. VfSlg. 10949/1986, als verfassungswidrig auf.
Im Verordnungsprüfungsverfahren hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Gesetzmäßigkeit der Verordnung verteidigt.
III. 1. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist - wie sich aus den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses im Gesetzesprüfungsverfahren ergibt - zulässig.
2. Die in Prüfung gezogene Verordnung findet ihre Basis - wie ebenfalls das Erkenntnis im Gesetzesprüfungsverfahren darlegt - in der als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des §43 Abs1 litb StVO 1960 und kann sich materiell auf keine andere Bestimmung der StVO 1960 stützen. Sie ist darum nunmehr - entsprechend dem im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken - so zu beurteilen, als ob sie ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden wäre, weshalb sie infolge Widerspruchs zu Art18 B-VG aufzuheben ist.
3. Eine Fristsetzung, die auch vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nicht beantragt wurde, schien dem VfGH nicht erforderlich, weil die Aufhebung die zuständige Behörde nicht hindert, im Regelungsbereich der aufgehobenen Verordnung die notwendigen Verkehrsbeschränkungen unverzüglich zu verfügen.
Die Entscheidung über die Kundmachungspflicht stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Schlagworte
Straßenpolizei, Verkehrsbeschränkungen, VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:V27.1986Dokumentnummer
JFT_10138992_86V00027_00