Das BDG gilt als Grundlagenkodifikation für Beamt:innen in Österreich. Es beinhaltet Bestimmungen, die ua auf der Stärkung der Legitimation der staatlichen Verwaltung beruhen.
§ 43 Abs 2 BDG umfasst das sog „Vertrauensprinzip“ als dienstrechtliche Bestimmung, das mit dem spezifischen Status von Beamt:innen verbunden ist und im Speziellen die besondere Rolle hervorhebt, die Beamt:innen aufgrund ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und den Bürger:innen einerseits (= Gesellschaft) und dem hoheitlichen Handeln andererseits (= Staat) zukommt. Die in § 43 Abs 2 BDG geregelte Pflicht hat zudem disziplinarrechtlichen Charakter. Dies bedeutet, dass die gesetzliche Bestimmung im Wesentlichen präventiv auf die Beamt:innen wirken sollte, wobei darüber hinaus auch Sanktionen (= Ermahnung, Entlassung, etc) ergriffen werden können. Ob der sog „Untragbarkeitsgrundsatz“ für eine Entlassung erfüllt ist, muss aufgrund der häufigen Komplexität der Fälle einzeln juristisch beurteilt werden und hängt immer vom jeweiligen Sachverhalt ab. Disziplinarvergehen verjähren grundsätzlich sechs Monate, nachdem die Dienstbehörde von der Tat Kenntnis erlangt hat. Eine absolute Verjährung tritt drei Jahre nach der Tatbegehung ein, es sei denn, die gerichtlichen Verjährungsfristen sind länger (dann finden diese entsprechend Geltung). Eine Entlassung kann nur einstimmig und im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens vor der Disziplinarkommission beschlossen werden. Einen Sonderfall iSd Entlassung bildet die strafgerichtliche Verurteilung, die zu einer sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses der Beamt:innen ohne Disziplinarverfahren führt (zB dann, wenn eine Verurteilung nach den Bestimmungen der §§ 201 bis 217 StGB vorliegt).
§ 43 Abs 2 BDG fordert von Beamt:innen sowohl Neutralität als auch Unparteilichkeit im Rahmen ihres Handelns ein. Dies umfasst, so sieht es Abs 2 explizit vor, das gesamte Verhalten von Beamt:innen mit dem Ziel, das gesellschaftliche Vertrauen betreffend die Aufgabenwahrnehmung der Beamt:innen zu stärken. Die Wortfolge „gesamtes Verhalten“ umfasst demgemäß zweierlei Sphären, nämlich den privaten und den öffentlichen Bereich von Beamt:innen. Mittels § 43 Abs 2 BDG soll jedweder Anschein einer Einflussnahme oder Voreingenommenheit verhindert und Sachlichkeit in der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben der Verwaltung sichergestellt werden. Dies betrifft va die Wahrung der Würde des Amtes und die Wahrung der Integrität. Die Bestimmung des § 43 Abs 2 BDG geht also über die bloße Erfüllung dienstlicher Pflichten hinaus und bezieht sich auf das gesamtheitliche Verhalten der Beamt:innen, dh sowohl im als auch außerhalb des Dienstes (= Treuepflicht).
Unter der in § 43 Abs 2 BDG statuierten „Sachlichkeit“ wird nach hM die Objektivität der Entscheidungsfindung (bspw aufgrund von Fakten bzw geltender Bestimmungen) durch die Beamt:innen verstanden. Persönliche Interessen oder andere Einflussnahmen sind auszuschließen und die Öffentlichkeit muss darauf vertrauen können, dass die Beamt:innen ihre Aufgaben gemäß den Prinzipien der Rechtmäßigkeit und Objektivität wahrnehmen. Diese Verpflichtung zur Sachlichkeit gilt wiederum nicht nur im Kontext dienstlicher Angelegenheiten, sondern auch im privaten Verhalten von Beamt:innen, wobei das Verhalten dazu geeignet sein muss, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Verwaltung zu minimieren.
Unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 43 Abs 2 BDG wird exemplarisch auf die höchstgerichtliche Entscheidung des österr VwGH zu AZ Ra 2024/09/0011[1] vom 28. März 2024 hinsichtlich einer Entlassung wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verwiesen. In diesem Fall wurde einem Exekutivbeamten zunächst von der Bundesdisziplinarbehörde und anschließend (im September 2023) vom Bundesverwaltungsgericht die Entlassung als Disziplinarstrafe ausgesprochen. Der Beamte war zuvor strafrechtlich wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt worden. In den Jahren 2016 und 2017 hatte er mehrere einschlägige Chatnachrichten versendet und im Jahr 2017 vor Kolleg:innen Äußerungen getätigt, die den Nationalsozialismus billigten. Im Disziplinarverfahren wurde ihm deshalb zur Last gelegt, seine Dienstpflicht als Beamter verletzt zu haben, da er darauf hätte achten müssen, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Ausübung seiner dienstlichen Aufgaben zu bewahren.[2]
[1] Rechtsinformationssystem des Bundes der Republik Österreich (2024): Entscheidungstext zu Ra 2024/09/0011 vom 28.03.2024 (VwGH). Online: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2024090011_20240328L00&q=v [abgerufen am: 25.09.2024]
[2] vgl Rechtsinformationssystem des Bundes der Republik Österreich (2024): Entscheidungstext zu Ra 2024/09/0011 vom 28.03.2024 (VwGH). Online: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2024090011_20240328L00&q=v [abgerufen am: 25.09.2024]