Kommentar zum § 1 UStG 1994

Rechtsanwalt Dr. Clemens Lintschinger; MSc am 30.12.2016

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Zur Abgrenzung eines steuerbaren Umsatzes von einer nicht umsatzsteuerpflichtigen Förderung

Die Umsatzsteuer (oder „Mehrwertsteuer“) ist eine Verbrauchsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 wird der Umsatz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 nach dem „Entgelt“ bemessen. Eine Dienstleistung wird nur dann gegen Entgelt erbracht und ist somit steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Der Begriff der Dienstleistung gegen Entgelt setzt voraus, dass zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. EuGH 22.06.2016, Rs C-­11/15, Cesky rozhlas, Rn 21f).

Unerheblich ist, ob diese Tätigkeit in der Wahrnehmung von Aufgaben besteht, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz geregelt werden (vgl. EuGH 02.062016, Rs C-­263/15, Lajver Melioracios Nonprofit Kft., Rn 42).

Steuerbare Umsätze im Rahmen des Mehrwertsteuersystems setzen demnach das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den Parteien über einen Preis oder einen Gegenwert voraus (vgl. EuGH vom 03.031994, Rs C-­16/93, Tolsma, Rn 12). Es ist aber auch möglich, dass ein Entgelt von einem Dritten geleistet wird. Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. gehört zum Entgelt nämlich auch, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt. Mit anderen Worten: wenn jemand eine Zahlung leistet, kann dies ein Entgelt für eine selbst empfangene Leistung sein oder ein (zusätzliches) Entgelt für eine Leistung, die ein Dritter empfangen hat oder überhaupt kein Entgelt darstellen, weil die Zahlung nicht auf Grund einer Leistung, sondern als Subvention  gewährt wird.

Eine Verpflichtung, die niemandem einen Vorteil bringt, stellt keine Dienstleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts dar. Erforderlich ist, dass einem identifizierbaren Verbraucher eine Dienstleistung erbracht wird oder ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte (vgl. EuGH vom 18.12,1997, Rs C-384/95, Landboden­ Agrardienste GmbH & Co KG, Rn 23). Eine Leistung an den Zuschussgeber verlangt sohin, dass die Leistung ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Zuschussgebers befriedigt, insbesondere wenn dem Zuschussgeber ein verbrauchsfähiger Nutzen zukommt (vgl. VwGH 10.05.2016, Ra 2015/15/0049). Keine Leistung liegt etwa vor bei einem Verhalten, das im öffentlichen Interesse liegt und bei dem keinem speziellen Leistungsempfänger ein verbrauchbarer Nutzen zukommt (vgl. VwGH 30. 04.2015, 2012/15/0163, mwN).

Beispiel (vgl. VwGH 21.09.2016, Ra 2015/13/0050­8):

Eine GmbH ­hat lt. ihrer Errichtungserklärung die Schaffung und den Betrieb eines Museums als Unternehmensgegenstand. Die Gesellschaft steht zunächst zu 100%, dann zu 49% im Eigentum einer Gemeinde, welche die Gesellschaft im Wege von Förderverträgen fördert. Stellt die Zahlung der Gemeinde ein steuerbarer Umsatz dar?

1. Frage: Ist die Zahlung der Gemeinde ein Entgelt für eine von der GmbH erbrachte Dienstleistung?

Nein. Durch den Betrieb des Museums wird der Gemeinde kein Vorteil in ihrer Eigenschaft als Verbraucherin oder Beteiligte am Wirtschaftsleben verschafft. Die GmbH hat sich in den Förderverträgen nicht dazu verpflichtet, Dienstleistungen im Sinne einer Übernahme der Führung eines Betriebes für die Gemeinde zu erbringen, vielmehr übernahm sie nur die Garantie, ihren eigenen Museumsbetrieb auf längere Zeit zu führen. Eine derartige Verpflichtung, den eigenen Betrieb ­ im Sinne des Gesellschaftszweckes der Mitbeteiligten ­ zu führen, verschafft der Gemeinde keinen verbrauchsfähigen Nutzen. Auch aus der Gesellschafterstellung der Gemeinde ergibt sich keine andere Beurteilung. Der Betrieb des Museums ist (ein) Gesellschaftszweck. In der Erfüllung des Gesellschaftszweckes liegt für sich allein in der Regel keine Leistung gegenüber den Gesellschaftern. Es ist für das Vorliegen eines Leistungsaustausches auch nicht von Relevanz, ob die Leistungen einer Gesellschaft an die Gesellschafter auf besonderen schuldrechtlichen Beziehungen beruhen oder im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Entscheidend ist, ob der Gesellschafter (schuldrechtlich oder gesellschaftsrechtlich) Anspruch auf ein konkretes Verhalten der Gesellschaft hat, das ihm einen verbrauchsfähigen (konsumfähigen) Nutzen vermittelt, was hier nach Ansicht des VwGH nicht der Fall war. 

2. Frage: Ist die von der Gemeinde geleistete „Förderung“ ein Entgelt von dritter Seite?

Das wäre dann der Fall, wenn die Subvention zu einer Senkung der Eintrittspreise führt. Allein die Möglichkeit, dass eine Subvention sich auf die Preise der von der subventionierten Einrichtung erbrachten Dienstleistungen auswirken könnte, macht eine Subvention aber nicht schon steuerbar (vgl. VwGH 01.06.2016, 2013/13/0053). Auch der EuGH hat bereits erkannt, dass zu fordern sei, „dass die Subvention an die subventionierte Einrichtung gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstandes oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt wird. Nur in diesem Fall kann die Subvention als Gegenleistung der Lieferung eines Gegenstandes oder der Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden und ist damit steuerbar“ (vgl. EuGH, 22.11. 2001, Rs C-184/00, Office des produits wallons).

 


§ 1 UStG 1994 | 1. Version | 2652 Aufrufe | 30.12.16
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Rechtsanwalt Dr. Clemens Lintschinger; MSc
Zitiervorschlag: Rechtsanwalt Dr. Clemens Lintschinger; MSc in jusline.at, UStG 1994, § 1, 30.12.2016
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