1) Das Kartellgesetz regelt selbständig nur die Antragsbefugnisse, nicht aber die sonstige Parteistellung, insbesondere nicht die Passivlegitimation. Es ist daher insoweit auf das subsidiär anzuwendende Außerstreitgesetz zurückzugreifen. Dessen § 2 Abs 1 Z 3 normiert, dass auch jene Personen Parteien sind, deren rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde (16 Ok 3/11).
2) Nach Abs 2 sind zum Antrag auf Prüfung von Zusammenschlüssen (sowie zum Antrag auf Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern) nur die Bundeswettbewerbsbehörde uder Bundeskartellanwalt berechtigt. Abs 2 enthält also eine Ausnahmeregelung, die die allgemeinen Bestimmung über die Antragslegitimation (Abs 4) einschränkt. Ausnahmebestimmungen sind nach der Rechtsprechung im Allgemeinen nicht ausdehnend auszulegen (16 Ok3/12; RIS-Justiz RS0008903; vgl auch RS0111009; RS0069264; RS00047300 [T16]; RS0044503 [T10]).
3) Auch nach der Lehre darf eine Ausnahmebestimmung, die ein allgemeines Rechtsprinzip durchbricht, nicht ausdehnend interpretiert werden (16 Ok 3/12; vgl Posch in Schwimann/Kodek, ABGB 4. Aufl, § 6 Rz 30; Egger in Schwimann, ABGB TaKomm § 6 Rz 11).
4) Für eine Antragslegitimation nach § 36 Abs 4 Z 4 KartG reicht ein wirtschaftliches Interesse an der begehrten Entscheidung aus. Bei einer Schwestergesellschaft ist das wirtschaftliche Interesse zu bejahen (16 Ok 14/08).
Inhaltserfordernisse für Anträge
5) Das KartG enthält keine Bestimmungen über allgemeine Inhaltserfordernisse von Anträgen. Es ist daher auf das gem § 38 anwendbare Außerstreitgesetz zurückzugreifen. § 9 AußStrG ordnet an, dass ein Antrag zwar kein bestimmtes Begehren enthalten, jedoch hinreichend erkennen lassen muss, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit aufgrund welchen Sachverhalts angestrebt wird. Um Schlüssigkeit des Vorbringens herzustellen, muss zumindest ein gewisses Vorbringen zu den Elementen des geltend gemachten Tatbestands erstattet werden (16 Ok 3/12; vgl auch Solé, das Verfahren vor dem Kartellgericht Rz 128; Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG, § 36 Rz 10 ff).
6) In einem Antrag nach dem Kartellgesetz müssen Behauptungen zu den Elementen des geltend gemachten Tatbestands aufgestellt werden (vgl RIS-Justiz RS0123676 [T2]). Bloßen Vermutungen hat das Kartellgericht auch im Rahmen eines nach dem Untersuchungsgrundsatz abzuführenden Verfahrens nicht nachzugehen, setzt doch die Durchführung eines Verfahrens Schlüssigkeit des Antrags (allenfalls nach Erteilung eines Verbesserungsauftrags) voraus (16 Ok 3/12).
Inhaltserfordernisse für Geldbußenanträge (Abs 1a)
7) Die allgemeine Regelung des Abs 1 mag für das vom Rechtsfürsorgegedanken geprägte AußStrG passen; das Geldbußenverfahren soll sich dagegen stärker an den Rechtsschutzstandards für das Strafverfahren orientieren, wobei hier insbesondere an die Verteidigungsrechte zu denken ist. Zu diesen Verteidigungsrechten gehört auch, dass das einer Rechtsverletzung beschuldigte Unternehmen ausreichend bestimmt über die erhobene Beschuldigung in Kenntnis gesetzt wird. Durch das KaWeRÄG 2012 wurde daher iin Abänderung des § 9 AußStrG ein „bestimmtes Begehren" als Erfordernis für Geldbußenanträge sowie eine Begründungspflicht hiefür eingeführt. Das Begehren hat nicht nur die belangten Unternehmer oder Unternehmervereinigungen zu bezeichnen, sondern auch die vorgeworfenen Tathandlungen durch Anführung näherer Umstände des Verstoßes zu individualisieren, wozu in der Regel auch die Angabe von Zeit und Ort der Tathandlung gehören wird (RV, 1804 d Blg XXIV GP).
8) In der Begründung eines Antrages sind auch die Beweise anzuführen, die vom Kartellgericht aufgenommen werden sollen. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht angeführte Beweismittel präkludiert sind und es den Amtsparteien verwehrt wäre, im weiteren Verfahren Beweisanträge zu stellen. Darüber hinaus ist kein ausdrückliches Begehren zur Höhe einer Geldbuße erforderlich. Dazu muss sich die Bundeswettbewerbsbehörde im Verfahren nur äußern, wenn sie von der Möglichkeit der Beschränkung einer Geldbuße nach § 36 Abs. 2 KartG Gebrauch machen will (RV, 1804 d Blg XXIV GP). Auch für diese Fälle sieht § 36 idF KaWeRÄG 2012 eine Begründungspflicht vor.
Beschränkung der Antragsbefugnis auf die Amtsparteien (Abs 2)
9) Abs. 2 beschränkt die Berechtigung zur Stellung von Anträgen auf Prüfung eines Zusammenschlusses auf die Amtsparteien, um der Gefahr von Verzögerungen im Interesse der Wirtschaft entgegen zu wirken. Der Zweck der Zusammenschlusskontrolle liegt darin, präventiv das allgemeine Interesse an der Aufrechterhaltung einer Marktstruktur, die einen funktionierenden Wettbewerb verspricht, zu fördern. Die Interessen von Mitbewerbern hingegen werden durch die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmer geschützt (RV, 1804 d Blg XXIV GP).
10) Eine Antragsbefugnis von Mitbewerbern bezüglich nachträglicher Maßnahmen nach § 16 könnte zu Problemen für den Fall des § 16 Z 1 führen, in dem nachträgliche Maßnahmen aufgetragen werden sollen, weil die Nichtuntersagung eines Zusammenschlusses auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruht, die von den beteiligten Unternehmen zu vertreten sind. Die Zusammenschlussanmeldung liegt nur den Amtsparteien und dem Gericht vor, die die Anmeldung somit auch prüfen können, ob sie „unrichtig oder unvollständig" war. Ein Dritter hat keine Parteistellung im Zusammenschlussverfahren und damit auch keine Einsicht in dessen Akten. Er kann diesen Vergleich daher nicht durchführen und müsste sich auf bloße Mutmaßungen und Verdächtigungen beschränken. Ferner liefe die Berechtigung von Mitbewerbern zur Antragstellung nach § 16 Z 1 auf eine Zusammenschlusskontrolle auf Antrag von Mitbewerbern „durch die Hintertür" hinaus (RV, 1804 d Blg XXIV GP). Durch das KaWeRÄG 2012 (neuer erster Satz in § 36 Abs 2) wurde daher ausdrücklich klargestellt, dass im Fall des § 16 Z 1 KartG die Antragsbefugnis auf die Amtsparteien beschränkt ist.
11) Bezüglich der durch das KaWeRÄG 2012 eingeführten Beschränkung der Antragsbefugnisse für Feststellungsanträge gegen Kronzeugen vgl die Kommentierung zu § 28 Abs. 1a.
§ 36 Abs. 3
12) Die durch das KaWeRÄG 2012 vorgenommene Änderung des Abs. 3 passt den Verweis auf § 11 Abs 3 WettbG auf die gleichzeitig erfolgte Änderung dieser Bestimmung an.
Nebenintervention im Außerstreitverfahren
13) Von der Einführung des Instituts der Nebenintervention habe der Gesetzgeber im Außerstreitverfahren explizit abgesehen. Dies werde auch in der Literatur nicht in Frage gestellt. Nach § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG solle nur eine „rechtlich geschützte Stellung", die durch eine gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst werde, zu einer Parteistellung im Außerstreitverfahren führen. Ein Kartellverfahren diene aber nicht dem Schutz von Kartellvereinbarungen, sodass eine materielle Parteistellung von Kartellmitgliedern bzw Personen, die daraus Rechte ableiten, zu verneinen sei. Nichts anderes könne für das Nahversorgungsgesetz gelten (16 Ok 9/09).
14) Ein Beschluss, durch den (eine Streitverkündung und) ein Beitritt als Nebenintervenient zurückgewiesen wird, ist abgesondert anfechtbar. Dabei handelt es sich um keine bloß verfahrensleitende Entscheidung im Sinne des § 45 AußStrG, wird damit doch die Nebenintervenientin ausgeschlossen. Auch im Streitverfahren, dessen Regelung des aufgeschobenen Rekurses Vorbild für die Bestimmung des § 45 AußStrG war (vgl die ErläutRV zu § 45 AußStrG, abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG 176), war die Zurückweisung der Nebenintervention stets abgesondert anfechtbar. Seit der Aufhebung des § 18 Abs 4 ZPO durch Art III Z 2 ZVN 2009 gilt dies auch für die Zulassung der Nebenintervention. Vor diesem Hintergrund ist die abgesonderte Anfechtbarkeit der Zurückweisung einer Nebenintervention auch im Außerstreitverfahren zu bejahen, zumal der Oberste Gerichtshof die abgesonderte Anfechtbarkeit bereits in einer Reihe von Entscheidungen - wenn auch ohne nähere Erörterung - implizit bejaht hat (16 Ok 9/09; vgl auch 10 Ob 29/06x; 6 Ob 236/06h; 1 Ob 147/07k).
15) Der Gesetzgeber hat entgegen mehrfachen Vorschlägen im Schrifttum (Rechberger, LBI XVI, 30; Klicka, LBI XX, 33) im Außerstreitverfahren die Verankerung des Instituts der - nach der bisherigen Rechtslage in der Lehre teilweise für möglich gehaltenen (Burstaller in Jabornegg, HGB § 18 FBG Rz 5; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren, 3. Aufl., Rz 32; vgl auch 6 Ob 121/00p) - Nebenintervention ausdrücklich abgelehnt (ErläutRV AußStrG 2003, 224 BlgNR 22. GP 23; abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG 43). Für ein derartiges Institut bestünden - zumindest im allgemeinen Teil - keine überzeugenden Bedürfnisse. Derjenige, dessen rechtliches Interesse nicht durch das Verfahren geschützt sei, solle im Allgemeinen keine Verfahrensrechtsstellung haben (ErläutRV AußStrG 2003, 224 BlgNR 22. GP 23; G. Kodek/G. Nowotny, Das neue Außerstreitgesetz und das Verfahren vor dem Firmenbuchgericht, NZ 2004, 257 [260]). Aus diesem Grund wurde auch die noch im Kralik-Entwurf enthaltene Bestimmung, wonach dem Außerstreitverfahren als Nebenintervenient beitreten kann, wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Standpunkt einer Partei durchdringe, nicht in das Gesetz aufgenommen (16 Ok 9/09; vgl auch Rechberger, Bemerkungen zum allgemeinen Teil des Ministerialentwurfs für ein AußStrG 2000, NZ 2001, 60 [62]).
16) Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 10 Ob 29/06x (= Zak 2006/445 = FamZ 2006/63 [Deixler-Hübner]) die Zulässigkeit der Streitverkündigung in einem Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG verneint. Diese Entscheidung wurde von Deixler-Hübner in einer Anmerkung gebilligt (Fam/ 2006/63, 175).
17) Auch in einer Reihe weiterer Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof durchwegs die Nebenintervention bzw die Streitverkündigung nach dem AußStrG 2003 für unzulässig angesehen (6 Ob 236/06h = SZ 2006/164; 1 Ob 147/07k; 6 Ob 282/07z). Die Entscheidungen betrafen dabei so heterogene Materien wie das Aufteilungsverfahren (10 Ob 236/06h und 6 Ob 282/07z) und das Wasserrechtsverfahren nach § 117 WRG (1 Ob 147/07k; 16 Ok 9/09). Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung im Schrifttum (Rechberger in Rechberger, AußStrG § 2 Rz 3; Deixler-Hübner in Rechberger, AußStrG § 82 Rz 12).
18) Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die neue Regelung des Außerstreitverfahrens von der Absicht des Gesetzgebers getragen war, eine Angleichung an den im Streitverfahren bestehenden Rechtsschutzstandard und die dort gegebenen Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung zu erreichen (Kodek, Die Anforderungen an ein modernes Verfahren am Beispiel von Strukturfragen des Außerstreitgesetzes, in Rechberger, Außerstreitverfahren zwischen 1854 und 2005 [2006] 41 [52]). Diese Verfahrensgarantien betreffen nämlich ausschließlich den unmittelbaren Verfahrensgegenstand und nicht zwangsläufig auch damit allenfalls verbundene Reflexwirkungen (6 Ob 236/06h). Aus diesem Grund kann auch die Bestimmung des Art 6 MRK an der vorliegenden Beurteilung nichts ändern (zu dessen Bedeutung für die Außerstreitreform allgemein Kodek aaO 47 ff; 16 Ok 9/09).
19) Die mangelnde Bindungswirkung einer Entscheidung gegenüber einer nicht beigezogenen Einschreiterin reicht ebenfalls nicht aus, ihre Parteistellung zu begründen. Weder § 46 Abs 2 AußStrG noch § 43 Abs 2 AußStrG schaffen zusätzliche Gründe, eine Person als Partei beizuziehen. Sie setzen die Parteistellung vielmehr voraus (16 Ok 3/11).
Nebenintervention im Verfahren vor dem Kartellgericht
20) Gründe für eine abweichende Lösung dieser Frage im Verfahren nach dem KartG bzw dem NVG sind nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Erlassung des AußStrG und des AußStrBeglG die gesamte Rechtsordnung nach einem allfälligen Anpassungsbedarf geprüft und, sofern ein solcher Bedarf gesehen wurde, durch das AußStrBeglG die erforderlichen Anpassungen vorgenommen. Vor allem aber ist das - aufgrund des Verweises in § NVG auch auf das Verfahren nach dem NVG anzuwendende - KartG 2005 insgesamt jünger als das AußStrG 2003, wurde dieses doch erst durch BGBl I 2005/61 eingeführt. Das Nahversorgungsgesetz wurde durch die Wettbewerbsnovelle 2005, BGBl I 2005/62, novelliert, ohne dass der Gesetzgeber eine Notwendigkeit zur Anpassung an das neue AußStrG gesehen hätte (16 Ok 9/09).
21) Dazu kommt, dass zahlreiche Bestimmungen des KartG 2005 auf die Besonderheiten des Kartellverfahrens Rücksicht nehmen und entsprechende Abweichungen vom AußStrG normieren. Hierzu gehören neben der abweichenden Zuständigkeit und Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (§ 39 KartG, § 47 Abs 1 Satz 2 KartG) gerade auch Bestimmungen über die Parteistellung von Amtsparteien (§ 40 KartG) und die Möglichkeit für Kammern und Regulatoren, Stellungnahmen in allen Kartellverfahren zu erstatten (§§ 45, 46 KartG; 16 Ok 9/09).
22) Die Antragslegitimation im Kartellverfahren unterscheidet sich von § 2 AußStrG insofern, als nicht nur die Amtsparteien und Kammern sowie Regulatoren antragslegitimiert sind, sondern auch jeder Unternehmer und jede Unternehmervereinigung, der oder die ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat (§ 36 Abs 4 Z 4 KartG 2005, § 7 Abs 2 Z 3 NVG). Hingegen sah der Gesetzgeber keinen Grund, auch auf der Antragsgegnerseite eine entsprechende Erweiterung der Passivlegitimation vorzusehen. Ein bloß wirtschaftliches Interesse reicht daher für die Aktivlegitimation, nicht aber für die Passivlegitimation aus. Durch die Erweiterung der Antragslegitimation soll offenbar die Anrufung des Kartellgerichts erleichtert werden, während für eine korrespondierende Erweiterung der Passivlegitimation schon deshalb kein Bedarf besteht, weil hier im Regelfall das Eigeninteresse des Antragsgegners ausreichend Gewähr dafür bietet, dass dieser sich gegen den Antrag entsprechend zur Wehr setzt (16 Ok 9/09).
23) Vor diesem Hintergrund bleibt aber für die Annahme einer planwidrigen Lücke, die Voraussetzung für die analoge Anwendung von Bestimmungen aus dem Streitverfahren wäre, kein Raum (16 Ok 9/09).
24) Eine Differenzierung zwischen Rechtsfürsorgeverfahren und „streitigen" Außerstreitverfahren hat der Oberste Gerichtshof implizit in einer Reihe von Entscheidungen abgelehnt, betreffen doch auch das Aufteilungsverfahren (10 Ob 29/06x), der Erbrechtsstreit (6 Ob 236/06h; 6 Ob 282/07z) und die Kostenersatzpflicht nach dem WRG (1 Ob 147/07k) nicht klassische Rechtsfürsorgeverfahren, sondern „streitige" Außerstreitverfahren (dazu Rechberger in Rechberger, AußStrG § 1 Rz 4). Dazu kommt, dass die Zulassung der Nebenintervention gerade auch vor dem Hintergrund des Charakters des Kartellverfahrens als Mehrparteienverfahren die Übersichtlichkeit des Verfahrens und damit letztlich die Prozessökonomie beeinträchtigen würde (16 Ok 9/09).
25) Das NVG sieht lediglich die Abstellung der Zuwiderhandlung und die Verpflichtung zum Vertragsabschluss (§ 4 NVG) sowie die Versorgungspflicht (§ 5 NVG) vor, nicht aber die Entscheidung über die zivilrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des NVG (vgl zum Kartellgesetz hierzu bereits 16 Ok 13/08). Aus diesem Grund hat der Oberste Gerichtshof bereits im Kartellverfahren ausgesprochen, dass für eine Nichtigerklärung der zwischen der Antragsgegnerin und Dritten abgeschlossenen Verträge im Kartellverfahren keine Grundlage besteht (16 Ok 9/09; 16 Ok 14/04; 16 Ok 13/08).
26) Das Kartellverfahren hat nicht den Zweck, dem Marktmissbrauchsverbot widersprechende Verträge und die sich daraus ergebende Rechtsstellung der Vertragspartner zu schützen. Vielmehr kann ein solcher Verstoß Nichtigkeit eines Vertrags bzw Vertragsbestandteils begründen, mit dem das missbräuchliche Verhalten verwirklicht wird (16 Ok 3/11; 16 Ok 14/04; 4 Ob 187/02g; Reidlinger/Hartung, Das österreichische Kartellrecht, 152; Vartian in Petsche/Urlesberger/Vartian, Kartellgesetz, § 5 Rz 106 ua).
27) Dass die Beiziehung einer Einschreiterin (als Nebenintervenientin) der Effektivität der Rechtsverfolgung dienlich sein könnte, ist keine rechtliche Grundlage für die Beiziehung als Partei in einem Kartellverfahren (16 Ok 3/11).
Nebenintervention und MRK
28) Auch aus Sicht der MRK ist die Zulässigkeit der Nebenintervention eine rein prozessuale Frage, sodass die Garantien des Art 6 MRK hier nicht anzuwenden sind (6 Ob 236/06h). Ein Recht auf Beitritt als Nebenintervenient bzw dessen Abwehr ist von der MRK nicht geschützt (16 Ok 9/09; vgl auch Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens ÖJZ 2004, 534, 589 [592]; 6 Ob 236/06h).
Einheitliche Streitpartei
29) Eine einheitliche Streitpartei einer Antragsgegnerin (oder Antragsstellerin) mit einer Einschreiterin iSd § 14 ZPO ist nur dann anzunehmen, wenn sich die Wirkungen der Entscheidung kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf alle erstrecken(16 Ok 3/11).
30) Das Prozessrecht übt keinen generellen Zwang zur Geltendmachung von Ansprüchen von oder gegen alle Berechtigten aus. Es bleibt daher nur die materiellrechtliche Beurteilung des Streitgegenstands als Kriterium für das Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei (Schubert in Fasching/Konecny, 2. Aufl., II/1 § 14 Rz 1). Von solcher einheitlicher (notwendiger) Streitgenossenschaft spricht man, wenn es das materielle Recht gebietet, den Anspruch für oder gegen alle übrigen Partner zu erheben. Eine solche Streitpartei bilden zB Miteigentümer bei der Klage auf Feststellung des Miteigentums, bei Streitigkeiten über Servituten oder die Eigentumsfreiheitsklage (nicht aber bei schlichten Unterlassungsklagen), oder Gesellschafter, zB bei Feststellung der Beteiligungsverhältnisse an einer Gesellschaft (16 Ok 3/11; Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 14 ZPO Rz 6 und 14).
31) Eine Wirkungserstreckung in diesem Sinn wird angenommen, wenn die Wirkungen der zu fällenden Entscheidung sich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstrecken. Die Voraussetzungen sind aber streng und jeweils gesondert zu prüfen (16 Ok 3/11; Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 14 Rz 4).